Kapitel 3


Nach einiger Zeit kommt meine Mutter in mein Zimmer.

Ich sitze immer noch still da und starre die Wand an.

Sie setzt sich neben mich, auf mein Bett, und umarmt mich fest.

"Es tut mir leid mein Schatz. Das ist jetzt bestimmt nicht der richtige Zeitpunkt, um es dir zu sagen, aber George und ich wollten heute Abend eigentlich verkünden, dass wir zusammenziehen werden. Ich weiß, ich bin selten da und er arbeitet auch sehr viel. Deshalb dachten wir, es wäre besser für euch Kinder, wenn ihr zusammenleben würdet. Nach dem was heute aber passiert ist, bin ich allerdings nicht sehr überzeugt davon. George wird mit Aidan reden und er wird sich bei dir entschuldigen. Wenn er dir weiter Probleme macht, sagst du uns bitte Bescheid. Aber wir denken trotzdem, dass es praktischer ist, wenn ihr zusammenlebt. Ich liebe ihn sehr und es würde mich freuen, wenn das funktioniert."

Meine Mutter sieht mich flehend, mit großen Augen, an.

Ich weiss, dass George sie glücklich macht und er ist echt ein netter Kerl, ganz im Gegensatz zu seinem Sohn.

Mir ist klar, dass sie jetzt schon viel zu lange allein gewesen ist und deshalb fasse ich einen Entschluss.

"Schon gut Mama. Ich werde ihm einfach aus dem Weg gehen. Wir bekommen das schon hin. Hauptsache du bist glücklich"

Nun steigen ihr Tränen in die Augen.

"Ach meine Süße, du bist so ein liebes Kind. Mir tut das, was mit euch und Dean passiert ist so unendlich leid. Ich wünschte ich könnte alles ungeschehen machen, aber das kann ich nicht. Irgendwann werden bessere Zeiten kommen."

Fest umarmt sie mich.

Ich spüre, wie ihre Tränen in meine Haare laufen.

Ich bin niemand der viel weint oder Gefühle zeigt, aber mit Papas Tod und den Tod meines besten Freundes und das Grauen, was wir erlebt haben...

Damit komme ich einfach nicht zurecht und so versuche ich das alles so gut wie es geht immer weiter zu verdrängen.

Ich verdränge alles beim Kämpfen.

Dabei vergesse ich alles.

Alles was passiert ist.

Alles was ich verloren habe.

Irgendwann wünscht mir meine Mutter eine gute Nacht und verlässt mein Zimmer.

Nach einiger Zeit schlafe ich ein, nur um von Albträumen geplagt zu werden, in denen mein Vater und Dean mich immer wieder verlassen.

Am nächsten Morgen werde ich von jemanden wachgerüttelt, der mich anschreit.

Grummelnd versinke ich tiefer in meine Kissen.

"Selene, ich schwöre dir, wenn du nicht gleich deinen verdammten Wecker ausschaltest, dann werfe ich das scheiß Ding aus dem Fenster und dich gleich hinterher."

Welcher Wecker?

Langsam werde ich wacher.

Ohh ach ja der.

Um meinen Problem entgegenzuwirken, dass ich morgens immer zu spät aufwache, spielt mein Wecker 'Feuer frei' von Ramstein.

Kein Wunder, dass Jace mich anschreit, denn das ist tatsächlich ziemlich laut.

Träge stehe ich auf und schalte den Wecker aus.

Mein Bruder ist schon wieder aus meinen Raum verschwunden und ich springe schnell unter die Dusche.

Als ich schließlich fertig bin, laufe ich runter in die Küche, wo auch schon Jace und Derek am Tisch sitzen und essen.

"... fangen heute wieder bei uns in der Schule an. Morgen ziehen die auch schon bei uns ein. Was hat sich Mama nur dabei gedacht?" grummelt Jace mürrisch.

Ich schalte mich dazwischen

"Jace, mach keinen Scheiß! Du kannst es dir nach der Cafeteria-Aktion echt nicht mehr leisten nochmal Probleme zu machen. Willst du von der Schule geworfen werden?"

„Da hast du wohl recht, aber das war schon eine coole Aktion, das musst du schon zugeben."

Er gibt Derek eine High Five und lacht.

Ich rolle genervt meine Augen.

Er und Mason haben doch echt einen Food Fight begonnen und der ist daraufhin ein bisschen ausgeartet.

Ach was rede ich da, die Cafeteria musste komplett neu renoviert werden, nachdem die halbe Schule sich entschieden hat, alles mit Nudeln und Tomatensauce einzusauen.

"Ich meine das ernst. Lass es einfach. Ich werde mich schon darum kümmern."

Jace zieht seine Augenbrauen zusammen.

"Du willst ihn verprügeln?"

Ich zucke einfach nur mit den Schultern und wende mich meinem Brötchen zu.

"Ich glaube, es wäre angenehmer für ihn, wenn wir das übernehmen würden. Oder hast du schon vergessen, was mit dem letzten Typen passiert ist, der was Schlechtes über Dean gesagt hat?" flüstert Derek Jace zu.

Ein fieses Grinsen schleicht sich auf mein Gesicht.

Die beiden Jungs planen irgendetwas, von wegen die Nacht durch zocken mit ihren Kumpels.

Super. Schon wieder ein Haus voller nerviger pubertärer Jungen.

Egal ich werde dann einfach den ganzen Nachmittag und Abend trainieren und danach direkt in mein Zimmer verschwinden.

Wie jeden Tag.

Es ist vielleicht traurig, aber mein Tagesablauf ist nicht wirklich sehr abwechslungsreich.

Schlafen. Schule. Training. Schlafen.

Manchmal bin ich sogar noch auf einer Party oder bei einem Kampf.

Meine abwechslungsreichen Highlights.

Mittlerweile bin ich fertig mit meinen Brötchen und mache mich auf den Weg nach draußen zu meinem Motorrad.

Ich liebe es echt über alles.

Zusammen mit Nutella natürlich.

An der Schule angekommen halte ich Ausschau nach meinen Freundinnen Emily, Jamie und Miranda.

Sie laufen auf mich zu, als ich dabei bin meinen Helm absetzte.

"Hast du schon gehört? Aidan Sullivan ist wieder da, zusammen mit seinen Bruder Jason. Sie melden sich grade an. Der Badboy der Schule ist zurückgekehrt. Omg kannst du das glauben? Ich dachte wir sehen die nie wieder."

Begeistert hüpft Emily auf der Stelle auf und ab.

Und meine Hoffnung wurde zerstört.

"Ja ich weiß, die wohnen ab morgen bei uns. Ihr Vater ist mit meiner Mutter zusammen. Die waren gestern zum Abendessen bei uns."

Ich rolle meine Augen und beobachte die Schüler, welche sich an uns vorbei in die Schule drängen.

"Wirklich? Du glückliche. Die beiden sehen so gut aus und du kannst den ganzen Tag mit ihnen verbringen. Ich wäre so gerne an deiner Stelle."

Verträumt starrt Jamie ins Nichts.

"Ja ich bin so ein Glückspilz nicht war?" frage ich sarkastisch und die beiden nicken begeistert.

Innerlich verdrehe ich erneut meine Augen.

Ich liebe die beiden, aber sie sind so auf das Aussehen von Jungs fixiert, dass ihnen deren Verhalten anderen gegenüber völlig egal ist.

Einzig meine beste Freundin Miranda sieht mich besorgt an.

"Ist das so eine gute Idee, euch beide in einem Haus wohnen zu lassen?"

Darauf schnaube ich als Antwort.

Sie weiß genau, wie er mich fertiggemacht hat, bevor er umgezogen ist und ich kam auch vorher noch nie mit ihm klar.

"Meine Mama will das unbedingt, weil sein Vater auch häufig unterwegs ist und wir dann nicht so ‚alleine' sind. Als wäre ich mit meinen drei Brüdern jemals alleine. Naja Mädels, ich muss los zum Sport. Kommst du mit, Miranda?"

Sie ist die Einzige von ihnen, mit der ich gemeinsam Sport habe.

Wir verabschieden uns von Emily und Jamie.

Auf den Weg zur Sporthalle und während des Umziehens erzähle ich ihr von dem Abendessen gestern.

"Verdammt. Warum war ich nicht dabei? Ich hätte ihm nachdem Jace fertig war nochmal eine reingehauen. So ein Arsch. Was denkt er, wer er ist?"

Sie umarmt mich kurz und wir verlassen gemeinsam die Umkleide.

Ich liebe Sportunterricht einfach.

Für mich ist es immer ein Ausgleich zum langweiligen Schulalltag.

"Hey Selene" höre ich eine Stimme und ich drehe mich um.

"Hi Jason"

Ich lächle ihn an.

Mein Lächeln verblasst jedoch, als ich sehe, wer hinter ihm steht.


Auf dem Bild: Jace

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