Kapitel 19
Mittlerweile ist es 11.00, aber meine Brüder schlafen immer länger als ich.
Mir bleiben noch ein paar Stunden, bis ich zum Training muss.
Die Zeit verbringe ich damit, die Küche und das Wohnzimmer aufzuräumen, denn da Mama immer noch nicht wieder da ist und unsere Putzfrau nur zweimal die Woche kommt, sieht es hier nicht besonders toll aus und glaubt mir, die Jungs rühren keinen Finger, um mir beim sauber machen zu helfen.
Überall steht benutztes Geschirr und Pizzakatons liegen herum.
Widerlich.
Nach zwei weiteren Stunden geruhen dann auch mal die Jungs ihren Schönheitsschlaf zu beenden und sich aus ihren Betten zu erheben.
Wie nett von ihnen.
In der Zeit habe ich alles schön aufgeräumt und das Frühstück vorbereitet.
Einer nach dem anderen kommen verschlafen die Treppen runter.
Sie beachten mich nicht, setzen sich wie in Trance auf einen Stuhl und greifen nach den Brötchen.
Als sich endlich alle unten am Tisch versammelt haben, bin ich schon längst fertig mit dem Essen.
Ich stehe auf und suche in meinem Zimmer ein paar neue Bandagen, die ich in der Gym brauche, damit ich meine alten wegwerfen kann.
Wieder unten laufe ich am Esszimmer vorbei und rufe meinen Brüdern zum Abschied zu.
Draußen schwinge ich mich auf mein Motorrad und düse los.
In der Gym ist jetzt noch nicht viel los.
Vereinzelt trainieren Männer an Gewichten und an Sandsäcken.
Erst nachher wird es sich hier noch weiter füllen.
Alex, ein Typ der ein paar Jahre älter ist als ich, steht hinter dem Tresen und begrüßt mich fröhlich.
"Onkel Marc hat gesagt, dass ich heute erst mal mit dir hierbleiben soll, um dir noch ein bisschen unter die Arme greifen."
Darauf nicke er und ich helfe ihm dabei Supplements, die wir verkaufen, aus dem Lager zum Tresen rüber zu schleppen und einzusortieren.
Es kommen ein paar Boxer rein, die hier schon länger trainieren.
Ich unterhalte mich noch ein bisschen mit den beiden und einigen Boxern, die dazu gekommen sind, bis ich mich dann selber in meine Boxklamotten werfe und meine Handschuhe überziehe.
Heute lasse ich es langsam angehen, weil ich die letzte Zeit nicht trainiert habe und der Arzt mir dazu geraten hat mich erstmal noch ein bisschen zu schonen.
Am Anfang mache ich eine kleine Aufwärmeinheit, bis ich zu Techniktraining am Sandsack übergehe.
Sparring lasse ich lieber für das Erste.
Nach dem Training bin ich echt fertig, also ziehe ich mich schnell um und verabschiede mich von Marc.
Draußen will ich grade auf mein Motorrad steigen, als ich spüre, wie mir jemand eine Pistole an den Kopf hält.
Blitzschnell drehe ich mich um.
Fünf Männer stehen vor mir, bewaffnet mit Pistolen und Messern.
Ich muss hart schlucken und versuche ein Zittern zu unterdrücken.
"Was wollt ihr?"
Obwohl ich vor Angst wie erstarrt bin, klingt meine Stimme hart und selbstsicher.
Der Typ, der mir immer noch die Pistole an den Kopf hält, grinst schief.
"Grüße von Hektor. Das ist die Rache für unsere Männer, die du die letzten Wochen umgelegt hast."
Bevor ich weiß, was ich eigentlich tue oder was grade passiert, habe ich ihm die Pistole aus der Hand geschlagen und er hat mir ein Messer in den Bauch gerammt.
Geschockt starre ich ihn an.
Er tritt mir in den Bauch, ich falle nach hinten und schlage auf dem harten Asphalt auf.
Dabei löst sich das Messer und das Blut fließt nur so aus der Wunde.
Es brennt so sehr und ich kann mich nicht mehr auf die Männer vor mir konzentrieren.
Trotzdem höre ich wie sich ihre Schritte von mir wegbewegen.
Denken die wirklich, dass ich zulasse, dass ich einfach so abtrete?
Bei allem was ich bis jetzt durchgemacht habe, lasse ich mich nicht von ein paar Möchtegern Gangstern umlegen.
Mit einer Hand drücke ich mir auf die Wunde und mit der anderen Hand ziehe ich zittrig mein Handy aus der Tasche.
Ich drücke mühsam den Knopf für Wahlwiederholung.
Immer wieder bekomme ich schwarze Flecken vor den Augen, doch ich strenge mich an und verdränge die wieder.
Irgendwann hebt endlich Mason am anderen Ende der Leitung ab.
"Mason." flüstere ich. "Hilf mir!"
"Was? Wo bist du? Was ist passiert? Ich dachte, du bist beim Training" schreit er panisch.
"Hektor...Messer... vor Gym"
Bekomme ich noch zwischen zusammen gepressten Zähnen hervor.
Damit endet meine Erinnerung.
Ich wache in einem weißen Raum auf.
Jemand hält meine Hand.
Mason.
"Krankenhaus?" frage ich mit großer Anstrengung.
Er hatte den Kopf bis jetzt gesunken gehalten und zuckt erschrocken hoch.
Ich drehe leicht den Kopf und sehe auch Derek, Marc und Jace im Zimmer stehen.
"Wir haben Marc angerufen. Er hat dich gefunden und schnellstmöglich hierhergebracht. Was ist passiert? Wieso greifen Hektors Männer dich hier an?"
Ratlos sind alle Augen auf mich gerichtet.
"Er meinte." Ich räuspere mich "Er meinte, es wäre die Rache für seine Männer, die ich angeblich in den letzten Wochen getötet haben soll... aber wie kommen die darauf? Ich war doch die ganze Zeit hier? Weshalb würden sie denken, ich würde mich auf einen Rachefeldzug befinden? Außer...?"
Gespannt sehen mich alle an und ich lache kurz auf.
Vor Schmerz keuche ich laut auf.
"Nein das kann nicht sein. Ich dachte, er wäre nur untergetaucht. Wieso...? Wegen ihm."
Jetzt wird mir alles klar.
"Was redest du für wirres Zeug?" fragt mich Jace.
"Ich glaub, ich weiß wer Hektors Männer tötet. Denkt doch mal drüber nach. Wer hasst Hektor genau so sehr wie Miranda und ich es tun?"
"Dean?" fragt Jace und ich lache trocken auf.
"Du meinst, er ist wieder in der Stadt?" fragt Mason und ignoriert dabei Jace dummen Kommentar.
"Ja. Ich dachte schon, dass ich mich geirrt hätte, als ich ihn bei meinem Kampf gegen Fury gesehen habe."
"Von wem redet ihr?" fragt Jace verzweifelt.
Er kommt anscheinend nicht mehr hinterher.
"Wie kann er es wagen, dich so in Gefahr zu bringen?" Aufgebracht fährt sich Mason durch seine kurzen Haare.
Ich senke traurig meinen Kopf.
"Das habe ich verdient." murmle ich, während ich mit meinen Augen meine Hände fokussiere.
"So ein Unsinn." brüllt Mason, springt auf und verlässt wütend den Raum.
Einige Minuten später stürmt er wieder durch die Tür herein.
In seiner Hand hält er ein Telefon, dass er mir entgegenstreckt.
Vorsichtig greife ich danach und halte es an mein Ohr.
„Hallo?" frage ich zaghaft.
Keine Antwort.
Ich höre jemanden am anderen Ende der Leitung atmen, dann wird plötzlich die Verbindung beendet.
Er hat aufgelegt.
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