Kapitel 9
Amalia Pov.:
Fröhlich lächelte ich Sebastian an. „Guten Morgen! Na, was gibt's denn heute zum Morgentee?"
Zufrieden bemerkte ich das er sich leicht erschreckt hatte, was ein Außenstehender natürlich nie bemerkt hätte, aber ich konnte inzwischen seine versteckten Gefühlsregungen ganz gut lesen.
Außer einen leicht prüfenden Blick verhielt er sich mir gegenüber wie immer, also konnte gestern nichts Ernstes Vorgefallen sein oder?
Denn er antwortete höflich mit „Guten Morgen Lady Amalia. Heute erwartet den Earl eine Tasse amerikanischer Mate Tee, passend zu der Reise. Soll ich dir auch eine Tasse zubereiten?"
Nachdenklich wiegte ich den Kopf. „Nein danke. Ich hab schon gefrühstückt."
Mit einem leichten nicken nahm er es zur Kenntnis, ehe er sich wieder dem Tee widmete. Ich lehnte mich entspannt an die Anrichte und beobachtete ihn dabei. Irgendwie beruhigte es mich ihm bei der Arbeit zuzusehen. Seine Bewegungen waren fließend und gingen geschickt ineinander über.
„Sag mal Sebastian... was machst du eigentlich die ganze Nacht? Hier auf dem Schiff hast du ja nix weiter zu tun."
Ohne mich anzuschauen fing er an zu erzählen. „Das was meine Hauptaufgaben sind. Für das Wohlergehen meines jungen Herrn sorgen oder Informationen sammeln."
Mit einem Blick der mehr als deutlich ‚Dein Ernst?!' ausdrückte, lehnte ich mich in sein Blickfeld. „Ach komm schon, du kannst mir nicht erzählen, dass du die 9-10 Stunden der Nacht nur damit verbringst. Wetten du klaust dir ein paar schnurrende, plüschige Freunde zum Zeitvertreib?"
Das entlockte ihn ein leichtes schmunzeln. HA! Sieg für mich!
„Bis jetzt noch nicht, aber die Idee gefällt mir. Schlafen ist ja nicht meine Spezialität. Hast du wenigsten eine erholsame Nachtruhe gehabt? Gestern wirktest du etwas neben der Spur."
Sofort war er wieder ernst und musterte mich erneut kurz mit diesem prüfenden Blick.
Verdammt! Da hatte ich mich am Anfang wohl zu früh gefreut. Gekünstelt lachte ich auf und winkte ab. „Jaja alles wieder bestens. Ich hoffe ich hab mich gestern nicht zu daneben benommen. Wenn ich müde bin ist benehmen Glückssache."
Nervös kaute ich auf meiner Unterlippe. Ich hoffte so sehr das nichts passiert war.
Der Dämon warf mir einen kritischen Blick zu, als wolle er damit meine Gedanken erraten.
„Nein, alles in bester Ordnung. Du warst zwar etwas aggressiv veranlagt, aber mein junger Herr hat es ja beinahe darauf angelegt dich zu provozieren. Du musst ihn, uns, verstehen. Wir wissen du kannst dich verteidigen, aber du neigst dazu dich in Schwierigkeiten zu bringen und hier auf dem Luxusliner könntest du schneller in die Schusslinie geraten.", versuchte er die Angelegenheit klar zu stellen.
Seufzend drehte ich mich von ihm weg. Er hatte Recht, natürlich hatte er das, aber egal wie sehr er mich davon abhalten wollte, ich würde helfen! Ich war nicht schwach. Gott verdammt, ich war nicht mal menschlich... Doch was mich mehr beschäftigte war seine Aussage über mein Verhalten. Ich sollte aggressiv gehandelt haben? Das entsprach normalerweise gar nicht meinen Wesenszügen. Klar gingen mir nicht gerade selten einige Leute auf die Nerven, doch ich würde offen nie nach diesem Gefühl agieren. Dafür fürchtete ich meine Kräfte zu sehr. Wenn ich meinen Gefühlen freien Lauf lassen würde, könnte sonstiges passieren.
Mit einem aufgesetzten Lächeln, verabschiedete ich mich: „Dann will ich dich mal nicht weiter stören. Wir sehen uns! Bis dann."
Im einen Moment winkte ich noch kurz und im nächsten stand ich schon einige Flure weiter. Schon praktisch wenn man sich so schnell bewegen konnte, das man beinahe unsichtbar für das menschliche Auge war. Doch so sehr ich das Gefühl der Freiheit genoss in Momenten in denen ich meine Fähigkeiten nutzte, umso schwerer war es sie wieder in mir einzusperren. Ich hatte in den letzten Monaten gelernt nur auf einen Teil von ihnen zuzugreifen, doch mit jedem Mal in denen ich meine Energiequelle anzapfte, riskierte ich das sich meine Schutzbarriere dadurch Risse bekam, irgendwann zerbarst und die ganze Energie ihren Weg durch mich hindurch nach draußen fand. Diese Vorstellung machte mir Angst. Zu gerne hätte ich mich jemanden anvertraut, doch die einzige Person der ich jemals zu hundert Prozent vertraut hatte, bei der ich mich sicher und geborgen gefühlt hatte war weder hier, noch war sie überhaupt in einem Leben.
Seit unserem Streit als er mich eingesperrt hatte, hatte ich Undertaker nicht mehr gesehen. Auch geschrieben hatte er mir kein einziges Mal, dabei hatte ich angenommen das wir gute Freunde, wenn nicht mehr geworden waren. Am Anfang hatte ich ihn schrecklich vermisst und die Schuldgefühle hatten ihr übriges getan. So oft hatte ich unsere letzte Unterhaltung wieder und wieder durchgespielt und jedes Mal bereute ich mein Verhalten ihm gegenüber. Ich war nicht fair zu ihm gewesen. Genau wie jetzt Ciel und Sebastian, hatte er mich nur beschützen wollen, vor dem irren Engel und mir selbst. Doch ich hatte mich nur von Wut leiten lassen. Wieso wusste ich nicht mehr, nur das zu der Zeit alles zu viel gewesen war. Es wunderte mich also nicht das er keinen Kontakt mehr mit mir suchte. Das Schicksal hatte mich noch nie gemocht, weshalb sollte es jetzt einen Menschen, naja wohl eher Shinigami, den ich vielleicht viel zu sehr ins Herz geschlossen hatte, an meiner Seite lassen. Wahrscheinlich war es besser so.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top