Amalia Pov.:
Zwei Stunden später saß ich wieder in der Kutsche zurück zu meinem Anwesen.
Die Medaillons hielt ich fest umklammert in meiner Hand. In meinem Kopf herrschte eine erschreckende Leere. Es war das erste Mal, dass mir vor Augen geführt wurde wie alt Undertaker wirklich war. Diese Kette war der existierende Beweis dafür. All diese Anhänger symbolisierten eine Person, die er einmal in seinem Leben gehabt hatte, nicht wenige davon weiblich. Ob es sich dabei auch um Geliebte, Freundinnen, wenn nicht sogar mit ihm verheiratete Frauen handelte? So viele Menschen hatte er schon gekannt und auch verloren, die Anhänger als einzige Erinnerung an sie. Kein Wunder das sie ihm so viel bedeuteten, aber was war ich dann für ihn? War ich nur eine von vielen? Oder hatte ich mir unsere Verbindung nur eingebildet und es war meine Unwissenheit gewesen, die mehr hinein interpretiert hatte?
Nein, das durfte ich nicht denken. Ich hatte gewusst auf was ich mich einließ, als ich mich in ihn verliebte. Er war ein Shinigami, ein gottverdammter Todesgott! Ich wusste dass er unsterblich ist und sein psychisches Alter meines um Jahrhunderte übersteigt.
Dennoch hatte ich mich ihm genähert und nur weil seine Vergangenheit ihn jetzt einholte, würde ich mich nicht aufhalten lassen seine Nähe zu suchen. Seine Welt schien aus den Fugen zu geraten, er hatte den Halt verloren und versuchte sich zwanghaft an etwas zu klammern.
Keine Ahnung wie lange das schon ging, aber es musste aufhören.
Mein Blick wanderte zu der Familienchronik die mir Heller mitgegeben hatte und auf den Zettel der darin steckte.
Mein nächstes Ziel war klar. Die Adresse auf der Notiz gehörte Dietrich einem Freund von meinem Vater und den Phantomhives. Er würde laut Heller mehr wissen und darauf hoffte ich auch.
Schritt für Schritt näherte ich mich meinen Antworten und wenn ich sie hatte, dann würde ich Undertaker finden.
Undertaker, bitte, warte auf mich! Ich werde eine Lösung finden und dann können wir wieder zusammen sein.
Tick, Tack, Tick, Tack... Der Uhrzeiger der großen Standuhr in meinem Arbeitszimmer bewegte sich unerbittlich voran. Schweigend lauschte ich dem Geräusch während ich in die Flammen des Kamines starrte. Eigentlich war es viel zu warm für ein Feuer, aber die Atmosphäre half mir beim Nachdenken. Hin und wieder ließ ich die Flammen mit einem kleinen Windstoß aufflammen und die Funken fliegen. Mein Treffen mit Louis war noch gute 1 1/2 Stunden entfernt und die Zeit wollte einfach nicht vergehen. Sobald ich zurück in der Villa gewesen war, hatte ich ihn in der Firma angerufen. Doch er hatte an diesem Nachmittag etliche Treffen mit den Arbeitern, wodurch er verhindert wurde. Auf meinem Schreibtisch stapelten sich auch noch dutzende Papiere, die lieber früher als später bearbeitet werden mussten, aber ich konnte mich nicht darauf konzentrieren. Letztendlich hatte ich mich vor dem Kamin zusammengekauert und versuchte meine Gedanken zu ordnen.
Zu sagen ich war nervös, war noch untertrieben. Ich wusste nicht was ich noch finden und was ich in Erfahrung bringen würde. Es schien als würde ich nicht einem Licht aus der Dunkelheit des Ungewissen folgen, sondern direkt in den Schlund eines Monsters, das mich mit Haut und Haar verschlingen wollte.
Frustriert stieß ich einen erstickten Schrei aus und ließ dabei ausversehen einen starken Luftzug frei. Das Feuer loderte wild auf, sodass Funken und Asche aufstoben.
Fluchend sprang ich auf, um mein Kleid vor Brandflecken zu bewahren. Der Teppich hatte leider nicht so viel Glück, obwohl ich schnell die Funken austrat ehe es zu schlimmeren kommen konnte. Ich wollte die Flammen schon endgültig löschen, als mir eine Idee kam. Ich hatte seit den Geschehnissen auf der Campania keinen Luft leeren Raum mehr geschaffen, aber das Feuer würde sich dafür perfekt eignen. Ich konnte die Zeit zum Üben nutzen. Konzentriert starrte ich in die Flammen und versuchte jegliche Luftströme darum abzulenken. Doch es schien mir nicht zu gelingen ihm die Luftzufuhr zu kappen. Enttäuscht ließ ich nach einiger Zeit von meinem Vorhaben ab und schüttete einfach Wasser und Sand darauf, bevor ich den Rauch mit einer einfachen Handbewegung durch den Schornstein entweichen ließ, damit er nicht in den Raum gelang.
Zumindest so viel beherrschte ich. Dennoch war es entmutigend, dass ich mit meiner Macht nicht mehr als ein paar kleine Partytricks zustande brachte. Es war als würde ich die ganze Zeit am falschen Hebel ziehen oder als hätte man mir den Saft abgedreht. Und ich hatte niemanden der mir dabei helfen konnte ihr ganzes Potential zu meistern.
Nachdenklich stand ich auf und lies meine Hand an dem riesen Bücherregal entlangwandern, das einen Teil des Büros einnahm. All diese Bücher die ich schon gelesen hatte, die mir meine Langeweile vertrieben und so viel beigebracht hatten.
Beigebracht.... Das ist es! Ich brauchte niemanden der mir meine Kräfte beibrachte, ich brauchte eine Anleitung mit der ich selbst lernen konnte. Und die fand ich in Büchern.
Ich wusste auch schon genau wo ich diese Bücher finden würde. Die Bibliothek der Shinigami verfügte über tausende von Cinematic Records und literarische Werke von etlichen Jahrhunderten und aus allen Welten. Wenn ich dort nichts finden würde, wo dann?
In meinem Kopf formte sich langsam ein Plan. Irgendwie musste ich wieder in die Welt der Shinigami gelangen und mir Zutritt zu ihren heiligen Hallen verschaffen. Eilig kramte ich ein leeres Blattpapier hervor und begann einen Brief an Grell zu verfassen. Wozu hatte man den einen so tollen Freund, der wortwörtlich für einen über Leichen gehen würde? Im Gegensatz zu Will war er kein Paragraphenreiter und würde mir sicher helfen mich in die Bibliothek zu schleichen. Der Brief würde ein paar Tage brauchen bis er den Empfänger erreichte und der Rotschopf würde seinerseits etwas Zeit benötigen, um sich was auszudenken und mich zu erreichen. Da ich nicht tatenlos rumsitzen wollte bedeutete das, dass ich die Lehrstunde zu meinen Fähigkeiten hintendran stellen musste. Zuerst würde ich also zu Dietrich fahren und von ihm aus dann weiter nach England. Von dort würde ich dann mit Grells Hilfe ins Britische Shinigami Dispatch gelangen.
Verdutzt hielt ich inne. Stimmt ja, Will hatte das letzte Mal irgendetwas von der Britischen Abteilung geschwafelt. Das musste heißen, dass es weltweit Ableger davon gab. Müsste es dann folglich hier in Deutschland auch eine Abteilung geben? Das musste ich die Shinigamis unbedingt fragen, wenn ich sie wiedersah. Irgendjemand von den dreien, die ich kannte, wird mir sicher mehr dazu sagen können. Denn wenn es ein Deutsches Shinigami Dispatch gab, dann müssten dort die Cinematic Records von meinem Vater verwahrt werden und vielleicht auch etwas zu meiner Mutter. Doch das waren alles erst einmal nur Vermutungen. Wenn ich vorankommen wollte musste ich Nägel mit Köpfen machen und alles Schritt für Schritt abarbeiten. Mein Plan stand und sobald ich alles mit Louis abgesprochen hatte, würde ich aufbrechen. Ich hatte genug Zeit vergeudet. Nun hieß es jetzt oder nie!
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