Mino & Irene

Irene hatte sich schon während der Pausenaufsicht unwohl gefühlt. 

Nicht nur, dass ihre Kollegen immer wieder zu einem schwarzen Wagen schauten, nein, man ließ sie, eine Lehrerin frisch aus der Uni, alleine auf die rund 180 Schüler aufpassen, weil das ganze komisch war. Als würde diese Aussage ihre ansteigende Panik lindern.

Was sie aber linderte, war, dass der Wagen keine fünf Minuten später weg fuhr und sie normal aufatmen konnte. 

Bis jetzt zumindest.

Sie kam gerade aus der Bäckerei, da sie Hunger auf einen Kuchen hatte, als sie das schwarze Auto wieder sah. 

Irene blieb sofort stehen und suchte hektisch nach einer Erklärung.

Das ist Zufall. Purer Zufall. 

Das redete sie sich zumindest ein, als ihr Griff um die Papiertüte enger wurde und sie sich zwang weiterzulaufen.

Zu ihrem Entsetzten, öffneten sich die Türen des Wagens und zwei Männer in Anzügen stiegen aus. Sie richteten ihre Sonnenbrillen, die bei dem Regen nicht nötig waren, und schauten sich um.

Es herrschte der übliche Andrang an Menschen, die nach der Arbeit noch etwas benötigten. Irene war nicht alleine. Da waren einfach zu viele.

Innerlich schlug sie sich für diese Gedanken, da diese Männer bestimmt nur etwas brauchten. Sie hatte nie etwas getan, weswegen sie so jemand verfolgen musste. Sie war ganz normal. Das war alles nur Zufall.

Sie stellte sich zu einer Gruppe von Menschen an die Ampel und hoffte, dass sie bald grün wurde. Als sie zum dritten Mal bis zehn gezählt hatte, erschien das heiß ersehnte grüne Männchen und ließ sie endlich über die Straße gehen. In einem Schaufenster auf der anderen Seite, konnte sie die Spiegelbilder der Männer hinter ihr sehen. Und das Lächeln, welches einer von ihnen ihr gab, als er ihren Blick bemerkte.

Ab da wusste sie, dass sie hinter ihr her waren.

Und dass sie sie auch auf offener Straße mitnehmen würden.

Ihr logischer Menschenverstand schrie schon fast, dass das Schwachsinn wäre, da sie nie etwas getan hatte. Nie. 

Doch ihr Instinkt war diesmal stärker und innerhalb ein paar Sekunden rannte sie durch die Menge und schob Menschen beiseite. 

Ihr Ziel war der Laden mit dem Schaufenster. Da rein und alles war gut. Dann konnte sie jemanden anrufen. Am besten Mino, ihr Freund. Ihre Eltern waren auf dem Land und wü-

Mino!

Wie ein Blitz schlug die Erkenntnis in sie ein. 

Deswegen waren sie hier. 

Sie hatte schon immer geahnt, dass da etwas war. Dass seine langen Reisen und die Menge an Geld nicht zu seinem einfachen Beruf als Arbeiter einer Werbeagentur passten. 

Ihr wurde schlecht bei diesem Gedanke, doch sie durfte sich davon nicht beeinflussen lassen. Die Tür war keine zwei Meter von ihr entfernt. Doch genau jetzt schmiss sich jemand gegen sie und riss sie auf den kalten Boden. Sämtliche Luft entwich ihrem Körper und sie meinte, dass sie nie wieder atmen könnte. Ihr Gesicht landete direkt auf dem nassen Beton und fing keine Sekunde nach der unangenehmen Berührung höllisch zu brennen an. Ihre Schulter fühlte sich taub an. Tränen stiegen in Irenes Augen auf und sie konnte erkennen, wie Menschen anhielten und schockiert zu ihnen schauten.

Der zweite Mann blieb nun ebenfalls neben ihnen stehen, während der andere sie schroff am Arm hochzog. 

"Nein.", keuchte sie auf und versuchte schwach los zu kommen. Hektisch blickte sie sich um. In die Gesichter der Büromenschen, alten Frauen und Schülern. "Helfen sie mir! Ich-"

"Maul.", knurrte der Fremde und zog sie weiter. Die Menschen immer noch in Starre. Ein paar Männer fingen jedoch langsam an sich zu bewegen.

"Was machen sie mit der Frau."

"Ist sie in Ordnung?"

"Bestimmt hat sie Geld geliehen"

"Eine Prostituierte?"

Der Schmerz und die Hilflosigkeit ließen ihr schwirr werden.

Wieso half ihr niemand?!

Genau in diesem Moment, zog sie jemand von dem Griff des Fremden fort. Sie stolperte gegen seine Brust.

"Finger weg von ihr, oder ich bring dich um.", sagte ihr Retter kalt. 

Ihr kam die Stimme bekannt vor und als sie hochblickte, wusste sie auch woher. 

Es war Seungyoon. Der Freund von Mino mit den ganzen Diskotheken. Er war immer sehr nett und höfflich zu ihr gewesen. Auch war er für Mino eine wichtige Person. Fast schon ein Bruder.

"Verdammt.", sagte der eine Mann im Hintergrund.

"Sagt euren alten Sack von Boss, dass er zu ihm persönlich gehen soll, wenn er etwas möchte." Leicht legte er seinen Kopf schief. "Obwohl...Wenn er das sieht, wird er ihn und euch umbringen."

Dann drehte er sich um und drängte sich mit Irene durch die angesammelte Menge.

Die Männer folgten ihnen nicht.

Erst als er sie auf den Beifahrersitzes seines Auto schob und selbst einstieg, realisierte sie, dass sie ihm widerspruchlos gefolgt war.

Mit zittrigen Händen schnallte sie sich an und bemerkte, dass ihr Mantel durchnässt war. Ihr Gesicht brannte noch immer wie Feuer und ihre Schulter pochte stark.

Doch das schlimmste war, dass der Schock nachließ und das Zittern stärker wurde. Leise schluchzte sie auf und versuchte langsam Luft zu holen.

Seunyoon schaute besorgt zu ihr, während er fuhr, doch sagte weder etwas, noch fasste er sie an.

Als wolle er ihr Zeit für sich geben. Sie nicht bedrängen wollen.

Sie war ihm dafür dankbar. Denn nichts hätte die Tränen und das Schluchzen anhalten können.

Sie konnte nicht verstehen wie alles zusammen hang und sie da reingeraten war. Sie dachte sich jede mögliche Möglichkeit aus und versuchte es zu verstehen. Aber sie wusste zum ersten Mal in ihrem Leben nicht wie sie reagieren sollte. Kein Unterricht und kein Lehrbuch hatte sie davor gewarnt oder vorbereitet.

Irene war in solch einem tiefen Gedankengang, dass sie nicht merkte, wie das Auto vor einem Haus hielt und mehrere Jungs rausgestürmt kamen.

Unter ihnen Mino.

Erst als die Tür von ihrem Freund aufgerissen wurde und er sie in den Arm nahm, bemerkte sie seine Anwesenheit.

Seine Wärme umschloss sie und ließ das Zittern verschwinden. Dafür kamen mehr Tränen und laute Schluchzer.

Er hielt sie so fest wie es ging an sich und versuchte sie mit seinem Körper zu schützen.

Alleine der Anblick der Wunden ließ ihn vor Wut erbeben, doch wusste er dass seine Irene wichtiger war, als Rache.

Denn das würde er diesen alten Bastard spüren lassen. Sein Zorn. Und wenn er dafür seinen Boss widersprechen müsste.

Doch nun fokussierte er sich auf seine Liebe und hielt sie fest.

"Es tut mir leid.", flüsterte er ihr ins Ohr. Die Jungs standen um sie in einer wütenden Stille.

"Lasst uns rein gehen." Vorsichtig brachte er sie in das Gebäude.

Sie war noch nie hier gewesen. Es war eine alte Lagerhalle, welche neu renoviert und nun anscheinend eine Bar war. Es war ziemlich schön und sah extrem teuer aus.

Ein paar Männer standen an der Bar und putzen Gläser oder zählten Geld. Ihr Blick fiel auf die kleine Gruppe.

Irene fühlte sich unwohl. Doch Minos Anwesenheit machte das ganze ertragbar.

Er ignorierte alles und jeden und führte sie nach hinten in ein Büro, indem ein Tisch war, auf dem zu ihrer Überraschung vereinzelte Waffen und jede Menge Geldbeutel lagen.

Sofort zwang sich einer von Minos Freunde vor und fing an, dass Zeug wegzubringen.

Doch Mino winkte ab und machte eine Kopfbewegung, dass sie gehen sollten. Was sie alle auch taten. Nicht jedoch ohne einen besorgten Blick zu wechseln.

Kaum waren sie draußen, setzte er sie auf einem roten Ledersessel ab und kniete sich vor ihr hin. Sein Blick war besorgt und irgendwie komisch. Als wäre er kurz davor durchzudrehen.

Seine Finger, die sie mittlerweile so gut kannte, strichen langsam über ihr Gesicht, was sie wimmern ließ.

Sein Gesichtsausdruck verdüsterte sich.

"Ich werde sie dafür leiden lassen.", murmelte er.

Irenes Aufmerksamkeit war erweckt.

"Wer waren die, Mino?", brachte sie leise hervor. Ihre Stimme klang gebrochen.

"Es tut mir einfach nur leid, dass sie dich gefunden haben. Ich wollte das nicht.", wich er ihre Frage aus.

"Wieso hast du nichts erzählt?" Sie hatte so viele Fragen, denn sein Versuch ihre Fragen auszuweichen, war Antwort genug.

"Was hätte ich den sagen sollen? Hey, mein Bruder ist nebenbei der Kopf eines Mafiaclans und ich mache für ihn die Geschäfte in Japan? Mein Engel hättest du dann überhaupt versucht mich zu lieben?"

Seine wunderschönen Augen scannten sie und sie erkannte, dass er Recht hatte.

"Ich hatte solche Angst, Mino.", stammelte sie deswegen.

Sofort huschte Zorn über sein Gesicht, welcher aber dann sofort von Liebe ersetzt wurde.

"Pschh...Ich bin nun da, mein Schatz. Niemand wird dir jetzt jemals etwas antun können."

"Aber alles was wir haben ist auf Lügen gebaut. Hast du irgendetwas gesagt, was nicht erlogen war.", schluchzte sie unbeholfen und spürte wie ihr Herz sich zusammen zog.

Was sollte sie tun? Wie konnte sie hier bleiben und einen Kriminellen lieben? Ihr Verstand drang sie zu gehen. Ihn zu vergessen.

"Ich liebe dich. Das war immer die Wahrheit gewesen.", sagte er sanft.

Und mit diesem einem Satz wusste sie nicht nur, dass er sein Leben für sie geben würde, sondern es nicht wichtig war, was er war. Denn sie liebte ihn auch und das zu sehr, als ihn zu verlassen.

Sie würden das schon schaffen.

Gemeinsam.

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Hello!

So das ist mal so ein Beispiel für ein Zwischenkapitel! Ich hoffe es ist in Ordnung?

Ich lade es heute hoch, weil morgen der lange Tag in der Schule ist...Allgemein habt die nächste Woche mit mir Nachsicht, da es die erste Schulwoche nach den Ferien ist und bestimmt viel auf mich zukommen wird...

Aber ihr hattet ja schon diese und letzte Woche viele neue Kapitel!😄

Viel Spaß beim Lesen!💖

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