Kapitel 10

Ich saß auf dem Bett, als er hereinkam.

Die Tür wurde zwar schwungvoll aufgemacht, doch sein Gesicht war eine kalte Maske. Keine Emotionen.

Nur der rote Abdruck meiner Handfläche ließ erahnen, was geschehen war.

Kurz bevor er die Tür zu machte, konnte ich eine hitzige Diskussion hören. Doch das war auch alles, bevor es vollkommen still wurde und ich mit Jiyong alleine in dem Zimmer war.

Er durchbohrte mich mit seinen finsteren Augen.

Natürlich hatte ich Angst und wollte mich am liebsten verstecken.
Doch ich war ebenfalls wütend und hatte einen guten Grund für die Ohrfeige. Er konnte glücklich sein, dass es nur bei der geblieben war.

"Was sollte das?" Jedes einzelne Wort klang herausgepresst. In seinem Kiefer zuckte es ununterbrochen. Auch erschien immer deutlicher eine Ader an seinem Hals.

Innerhalb der kurzen Zeit, die ich nun hier war, hatte ich ihn noch nie so wütend erlebt. Dennoch hatte er sich viel besser unter Kontrolle, als zuvor.

Ich stand aufgebracht von dem riesigen Bett auf und lief auf ihn zu.
Kurz zuckte sein Knie, doch er blieb standhaft stehen. Auch als ich ihm zornig mit dem Zeigefinger gegen die Brust stach.

Er schaute einfach zu mir herunter.

"Du bist ein krankhafter Stalker und fragst mich, was das sollte?", rief ich. "Du kannst glücklich sein, dass es nur eine gewesen war."

Ich hätte an dem kurzen Funkeln in seinen Augen und wie er leicht die Augenbrauen hob, bemerken müssen, dass ich aufhören sollte. Doch ich war verletzt und auf Hochtour.

"Ich habe in diesem beschissenen Ding mein ganzes Leben gefunden. Sogar meine Beziehung und wie weit wir gegangen sind stand da drinnen. Das ist widerlich! Kein normaler Mensch würde sowas machen! Wieso fragst du mich nicht gleich persönlich, ob sie mich gefickt haben? Da würde doch das Feeling viel be-"

Weiter kam ich nicht, da Jiyong mich an den Schultern packte und nach hinten schob. Überrascht keuchte ich auf und hielt mich reflexartig an ihm fest. Doch das brachte nicht viel, da er mich harsch auf das Bett schmiss.

Angepisst versuchte ich wieder aufzustehen und ihm erneut eine zu verpassen, aber dazu kam ich nie, da er meine Handgelenke festhielt und mich wieder in die weiche Decke zurückdrückte.

Mit weiten Augen und absolut sprachlos schaute ich zu ihm auf. Er war über mich gebeugt und ich spürte sein Gewicht. Seine Augen so dunkel wie noch nie zuvor und der Mund zu einer geraden Linie verzogen.

"Du hast absolut keine Ahnung. Von nichts", knurrte er dunkel.

"Weil ich entführt wurde und du-"

"Sei still!", brüllte er laut und direkt in mein Gesicht.

Ich zuckte zusammen und schloss instinktiv die Augen. Jiyong hatte mich noch nie angeschrien. Nie solche Gefühle gezeigt.

"Glaubst du, ich wollte meine zukünftige Frau auf solch eine Weiße kennenlernen? Weil ihre Mutter erschossen wurde und wir sie vor demselben Schicksal retten mussten? Dass sie misstrauisch und verängstigt ist?", sprach er gehetzt auf mich ein. Ich schaute ihn nur mit großen Augen an.

Was sagte er da?

"Das war die Mappe meines Vaters. Er hatte sie haben wollen. Ich bekam sie halt, als er starb. Davor kannte ich nur deinen Namen und wusste, wie du aussiehst. Damals als sie mir dein Foto zum ersten Mal gezeigt hatten, war ich schon 16 und eigentlich in einer Beziehung. Ich brauche wahrscheinlich nicht erwähnen, dass ich sie noch am selben Tag beendet habe. Ich habe mich sofort in das süße Mädchen auf dem Bild verliebt. Und jeder hat mir glücklich erzählt, dass sie meins wäre. Und nun bist du hier und sagst mir, dass du niemals meins sein wirst. Es war zwar nur eine Strategie, um deinen Vater in die Knie zu zwingen, aber mir war das egal! Ich war einfach nur aufgeregt und wollte dich endlich treffen! Aber du bist so stur und vorlaut! Du hast mich geschlagen und meinst, das wäre okay! Sag mir einen Grund, weshalb ich den anderen verbieten sollte, Hanbin aufzuhalten, damit er dich nicht sofort erschießt!", brüllte er erneut in mein Gesicht.

Bei jedem weiteren Satz wurde sein Griff enger und schmerzhaft. Meine Haut brannte und pochte. Wimmern kniff ich die Augen zusammen.

"Du tust mir weh", brachte ich leise hervor. Es war kaum hörbar.

Was ich durch die geschlossenen Augen nicht sah, war wie Jiyongs Augen sanfter wurden und er in mein vor Schmerz verzogenes Gesicht blickte. Wie die Schuldgefühle ihn bei dem Anblick meiner Tränen erfüllten. Wie er wütend auf sich selbst von mir abließ und zur Tür ging.

"Du bleibst hier, bis ich dich wieder sehen möchte", sagte er kalt, doch war er innerlich verwirrt und unsicher.

Was er nicht sah, als er die Tür schloss und absperrte, war, wie ich mich erneut weinend im Bett zusammenrollte und nicht mehr wusste, wer ich überhaupt bin und was überhaupt noch in meinen Leben der Wahrheit entspricht.

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