Kapitel 2 I Zusammenstoß

Jemand kam aus der Tür.

Ein junger Mann mit zersausten Haaren blickte rauchend auf mich hinab.

"Sorry, ich bin auf deiner Wiese ausgerutscht." sagte ich krächzend mit schmerverzerrtem Gesichtsausdruck, und versuchte dabei aufzustehen. Bei dem Versuch rutschte ich erneut weg.

Der junge Mann kam die Treppe runter auf mich zu, reichte mir seine Hand und zog nochmal an seiner Zigarette, bevor er sie auf dem nassen Gras ausdrückte.

"Alles okay?" fragte er und zog dabei eine Augenbraue hoch.

"War schonmal besser." murmelte ich vor mich hin und packte mir an die Schläfe, an der langsam Blut hinabfloss. Panisch sah ich mich um, ob Esther und ihre Wachhunde irgendwo in der Nähe waren, aber ich konnte niemanden sehen.

Er beäugte mich mit düsterer Miene. Fast schon ein bisschen beängstigend, dieser Blick.

Aber er sah gut aus. Wirklich gut, für jemanden der in so einem ranzigen Ding wohnte. Er hatte stechend blaue Augen, war ungefähr anderthalb köpfe größer als ich und sein markantes Gesicht war von dunklen Bartstoppeln gesäumt. Er trug eine graue Jogginghose, ein weißes Tshirt, durch das sich deutlich Muskeln abzeichneten. Aus dem Augenschein konnte ich an seinen Armen Tattoos erkennen, aber da nur spärliches Licht aus dem Wohnwagen drang, konnte ich nicht sehen, was genau abgebildet war. Er hatte ein Gesicht, das sich sofort bei mir einprägte.

Aber vielleicht lag es auch an seiner etwas bedrohlich wirkenden Gesamterscheinung, zu der auch sein finsterer, eindringlicher Blick beitrug, mit dem er mich musterte. Keine Person, der man nachts alleine unbedingt begegnen möchte.

Aber er wirkte reserviert, nicht aufdringlich oder in sonstiger Weise angespannt oder auffällig.

"Ich weiß ja nicht nach wem du dich so panisch umdrehst." fing er an und ich fühlte mich ertappt. Seine Stimme klang tief und gefestigt.

"Aber wenn dich jemand sucht, würde ich vorschlagen du kommst rein und verarztest erstmal deine Wunden oder du siehst zu dass du Land gewinnst, nach dem Krach den du gemacht hast. Hab echt keinen Bock, dass irgendwer hier auftaucht." fügte er entschieden hinzu und sah mich fragend an.

Ich konnte unmöglich in dem Zustand nach Hause, ich würde auch keine zwei Meter weit kommen.

"Ja, ich kann so nirgendwohin. Die würden mich direkt einholen wenn die mich finden." gab ich zu. Er schien zu verstehen und nickte.

In der Ferne hörte ich jemanden meinen Namen rufen und ich zuckte zusammen. Panik kam in mir auf. Der Typ schien das zu bemerken, packte mich unsanft am Arm und hob mich hoch. So schnell konnte ich gar nicht reagieren.

Er brachte mich in seinen Wohnwagen und schlug mit einem lauten Knall die Tür hinter sich zu. "Kannst dich da hinten auf das Sofa setzen." wies er mich an und ließ mich wieder runter. "Aber fass bitte nichts an." brummte er. Er sah gestresst aus.

Es roch nach angebranntem Speck und kaltem Zigarettenrauch. Die einzige Lichtquelle war eine Glühbirnenkonstruktion, die provisorisch mit ein paar Kabeln an der Decke befestigt war. Die Küche war gerademal groß genug für eine Person, also folgte ich seiner Anweisung und ging nach rechts in das Wohnzimmer. Im hinteren Teil des kleinen Raumes war eine große Fensterfront, die allerdings mit alten, schmuddeligen, beigen Vorhängen bedeckt war. Unter dem Fenster stand ein altes Sofa, mit 80er Jahre Blümchenmuster und einigen Löchern, Brandflecken und ordentlich Staub. Wahrscheinlich war es schon älter als ich selber.

In der Mitte stand ein kleiner, schwarzer Wohnzimmertisch, auf dem alle möglichen Unterlagen, Briefe, Papiere, kleine Tütchen, Zigaretten und jeder mögliche andere Kram verteilt herumlagen. Zu meiner linken stand ein High Tech Flachbildfernseher, auf dem leise irgendeine Doku den Raum beschallte. Insgesamt ziemlich heruntergekommen, aber trotzdem war es irgendwie gemütlich und ich fühlte mich für den Augenblick erstmal sicher.

Endlich mal hinsetzen und kurz entspannen, dachte ich und ließ mich auf das Sofa fallen, aus dem eine kleine Staubwolke kam. Erst jetzt spürte ich, wie sehr mir alles weh tat und Blut lief mir ins Auge.

"Autsch." zischte ich leise und wischte es mir mit der flachen Hand weg. Als ich meine Hand betrachtete, war sie halb mit Blut verschmiert. Die Wunde war tiefer, als zuerst angenommen.

Der Typ betrat mit einem kleinen Erste Hilfe Koffer das Zimmer, warf ihn mir rüber und setzte sich auf einen ebenfalls geblümten Sessel neben dem Sofa, zündete sich eine Zigarette an und musterte mich mit einem Blick, den ich nicht ganz deuten konnte, während ich versuchte mit kleinen Tupfern und Pflastern mein Gesicht zu retten.

"Das kann sich ja kein Mensch mit ansehen. Gib mal her." brummte er und setzte sich neben mich aufs Sofa mit der Zigarette zwsichen seine Ober- und Unterlippe geklemmt. Er nahm mir den Tupfer und das Desinfektionsmittel aus der Hand und fing an meine Wunde am Kopf zu verarzten.

"Danke für die Hilfe." bemerkte ich leise und lächelte ihn müde an. "Kein Problem." gab er kühl zurück und konzentrierte sich jetzt auf einen tiefen Schnitt an meinem Arm.

"Man das brennt!" schrie ich auf, als er anfing zu desinfizieren. Er sah kurz zu mir auf mit einem Blick, der mich augenblicklich verstummen ließ. "Da ist Dreck drin. Entzündet sich sonst." entgegnete er. "Außerdem.." fing er an und fokussierte sich mit seinem Blick auf einen kleinen Metallsplitter, der in der Wunde steckte. "Was macht ein junges Mädchen wie du alleine und verletzt draußen vor meinem Wagen?" wollte er wissen.

"Hab ein bisschen Stress mit.." ich zögerte. "Mit einer Bekannten. Sie und ihre Freundinnen können mich nicht besonders gut leiden und machen sich einen Spaß daraus mich zu verfolgen und mir weh zu tun. Naja und zu dritt gegen einen ist dann schon relativ unfair, musste wegrennen und bin wegen dem Regen auf deiner Wiese einfach weggerutscht." antwortete ich ehrlich, denn so war es - da gab es auch nichts schönzureden. Außerdem kannte er mich eh nicht, also was soll's.

Er runzelte die Stirn.

"Ganz schön feige, wenn du mich fragst." bemerkte er beiläufig und mir fielen die vielen Adern an seinen Händen und Armen auf.

"Allerdings." sagte ich knapp und stieß einen lauten Seufzer aus.


Was passiert danach und wie geht es weiter mit dem Unbekannten? Ist er vertrauenswürdig oder nicht?

Bleibt dran und kommentiert gerne alles, was euch dazu einfällt :) Gerne auch Kritik oder Verbesserungsvorschläge!

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