; Rückfahrt nach Köln ;

Das Prasseln der Regentropfen hatte irgendwie etwas Einschläferndes.

Das regelmäßige Geräusch, vermischt mit dem gedämpften Dröhnen der Autobahn bildete eine durchgehende Geräuschkulisse, welche die perfekte Grundlage für Langeweile und sinnloses Gedanken denken lieferte. Seinen Geburtstag hatte Patrick sich eigentlich anders vorgestellt, doch das Meeting mit seinem Netzwerk Tubeone war spontan nach vorne gerückt worden, und so musste er wohl oder übel die Hälfte des 5. Januars hier verbringen; auf der Autobahn, die ewige Rückfahrt ertragend. Sonst würde er jetzt sicher noch irgendwo in Hamburg in einer Bar sitzen, zusammen mit seinen alten Schulfreunden und wie geplant seinen Geburtstag zelebrieren. Ein paar Kumpel aus Köln hatten zwar angeboten, heute Abend als Trost mit ihm feiern zu gehen, doch nach der weiten Fahrt von Hamburg nach Köln würde er sicher viel zu müde sein, um sich in einem überfüllten Club die Ohren zudröhnen zu lassen. Aber das Angebot war eine lieb gemeinte Geste, die Patrick nur ungern ablehnen wollte. Er war einfach viel zu höflich. Das hatte zumindest Manu gesagt, nachdem er ihm heute Morgen sein Leid geklagt hatte. Vielleicht hatte er sogar Recht, ihm wären sicherlich viele unangenehme Situationen erspart geblieben gewesen, würde er sich einfach mal wie ein Arschloch verhalten und nicht immer so fürchterlich nett sein. Deshalb blieben oft Tonnen von Arbeit an ihm hängen, denen die anderen einfach auswichen, so wie damals im UFO als... Ach, er schweifte ab. Seine Finger klopften einen Rhythmus auf dem Lenkrad, den er sich bei irgendeinem Lied abgeschaut hatte, sein Blick lag ungeduldig auf der Straße. Noch 35 Kilometer bis Köln. Bei seiner Geschwindigkeit ungefähr zwanzig Minuten verbleibende Fahrt. Der Abend war auf jeden Fall noch lang, zu lang, es würde schwierig werden, eine anständige Ausrede gegen den Clubbesuch mit den anderen zu finden. Er würde später wahrscheinlich einfach Manu anrufen, der schaffte es doch immer ihm irgendwie aus der Patsche zu helfen. Na gut, fast immer, die Tubeone Sache war eine Ausnahme, und da war es ja schließlich sein eigenes Verschulden gewesen, dass Manus Vorschlag nicht geholfen hatte; er hatte ihn schließlich gar nicht befolgt. Hätte er doch nur abgesagt...

Kurz spielte Patrick trotzig mit dem Gedanken, später einfach bei seinem Netzwerk anzurufen und das Meeting abzublasen, aus Trotz, doch dann wäre er umsonst so weit gefahren. Und so eine kleinrebellische, kindische Handlung würde er zweifelsohne nur bereuen.

An dem immer dichter werdenden Verkehr konnte man bereits spüren, dass Köln nun endlich nicht mehr weit war. Köln. Sein Zuhause.

Schon lange fühlte sich diese Stadt nicht mehr nach „Zuhause" an. Mit Hamburg hatte er damals seine Familie und seine ganzen Freunde zurück gelassen, und die Beziehung zu seinen YouTube Freunden fühlte sich auch immer kommerziell-gesteuerter an. Einzig und allein zu Manu war sein Kontakt so innig wie auf YouTube, doch während einer Unterhaltung einen leeren Bildschirm anzustarren, war auch nicht das, was er sich unter wahrer Freundschaft vorstellte, geschweige denn unter dem, was er sich für ihn und den Let's Player erträumte.

Genervt schüttelte Patrick seinen Kopf, diese Einsamkeit auf der nächtlichen Autobahn machte doch depressiv. Er sollte aufhören, nur die negativen Gedanken an sich heran zu lassen. Schnell drehte Patrick das Radio auf, und lauschte der minimal den Regen übertönenden Stimme von Katy Perry, die irgendetwas von Fireworks trällerte. Es tat gut, seine Gedanken nicht hören zu müssen; sich abzulenken.

Baby you're a firework, come on let your colours burst.

Wo blieb eigentlich sein "Feuerwerk"? Dieser Jemand konnte doch nicht so schwer zu finden sein, überlegte Patrick. Die Tatsache, dass er noch im selben Atemzug an Manu dachte, ignorierte er. Allein schon Manu mit sich und „Liebe" in Verbindung zu bringen, war aussichtslos und naiv. Seine vermeintliche Zuneigung zu diesem Mann war wie ein Spiel, wie ein Spiel das man nicht gewinnen konnte, aber man trotzdem nicht aufgab. Er drehte die Musik lauter. Sein Kopf schwirrte, doch Katy Perry blendete alles andere aus, so wurde es erträglicher.

It's always been inside of you, you, you

Erleichtert machte er durch den Regen das Ausfahrtsschild nach Köln aus, und straffte die Schultern. Maximal 10 Minuten, und er könnte sich ins Bett legen.

Even brighter than the moon, moon, moon

Patrick versuchte, sich für den Rest der Fahrt nun voll und ganz auf das Radio zu fokussieren, und im Anbetracht der Lautstärke fiel es ihm gar nicht mehr so schwer. Schon bald sah er seinen Wohnblock vor sich aufragen, und er griff nach dem funkgesteuerten Öffner für die Garage. Der Anblick des sich öffnenden Tors brachte Erleichterung mit sich, und gleichzeitig Unbehagen. Er würde wieder allein sein, wenn er nachhause käme. Es würde ihn niemand begrüßen; die Wohnung würde dunkel und verstaubt sein. Seit Peter ausgezogen war, schien ein Teil zu fehlen, denn gemeinsam mit seinem lebhaften Mitbewohner war ohrenbetäubende Stille oder Einsamkeit nie ein Problem gewesen. Er vermisste ihn.

Manu, der sich deshalb regelmäßig bei Patrick erkundigte, hatte ihm vorgeschlagen doch umzuziehen, oder sich zumindest einen neuen Mitbewohner zu suchen, doch beides hatte Nachteile, die nicht von den Vorteilen überwogen werden konnten, und so blieb es bei der jetzigen Situation. Natürlich hatte Patrick darauf gehofft, dass Manu sich selbst als WG Mitbewohner vorschlagen würde, aber das wäre in etwa so realistisch wie eine Katja Krasavice mit Intelligenz.

Patrick beschloss, in seiner Wohnung nachher sofort Musik anzumachen, bevor seine Gedanken sich wieder verselbstständigen würden. Denn über das, was sein Leben unzufriedenstellend machte, wollte er um Himmels Willen nicht an seinem Geburtstag weiter nachdenken. Morgen würde er einfach Manu anrufen, und gemeinsam würden sie eine Lösung für alles finden. Wie immer. Mal wieder wurde ihm bewusst, wie sehr er ihn doch in sein Leben integriert hatte, auf ihn baute, ihm das Lösen seiner Probleme anvertraute. Nicht auszudenken, was Patrick ohne ihn, Manuel, tun würde. Einzig allein vor Patricks Gefühlen würde ihn Manu nicht retten können. Seine Gefühle, die ihn immerzu verwirrten, und von denen ihn nicht einmal die gerade heiß ersehnte Musik ablenken konnte. Ja verdammt, er redete von Liebe. Liebe, die er für genau die Person empfand, bei der es am unrealistischsten wäre, dass sie erwidert werden würde.

Ach, er wollte doch aufhören an ihn zu denken. Trotzig stapfte Patrick die Treppenstufen nach oben, und stellte seine Reisetasche ab, um die Tür zu seiner kleinen Wohnung aufzuschließen. Kurz horchte er und ein trauriges Lächeln schlich sich auf seine Lippen, als er an das laute Kläffen von Tyson dachte, das früher immer sofort ertönt war, sobald man den Schlüssel im Schloss drehte. In der Wohnung tappte er zunächst mit einer Hand nach dem Lichtschalter, fand ihn, und blinzelte anschließend gegen das ihn blendende Licht der Deckenlampe an.

Doch was er dann sah, verschlug ihm den Atem. Nicht die Luftballone, nicht der „Happy Birthday" Schriftzug, auch nicht die Kerzen waren der Grund dafür, nein, es war der schüchtern drein blickende junge Mann, der im Gang stand. Lange braune Haare, grüne, jetzt fröhlich lächelnde Augen.

„Alles Gute zum Geburtstag, Paddy." Kleine Grübchen bildeten sich auf seinen Wangen.

„Manu? Was zum... "

Patricks Stimme klang heiser, doch in seinem Bauch explodierte ein Feuerwerk.

Sein Feuerwerk.



***

Das Ende ist absichtlich offen, ich möchte euch dazu anregen, die Geschichte selbst in euren Köpfen weiterzuführen. :) Ein bisschen Fantasie schadet nie!

Wie dem auch sei, ich hoffe mein nachträgliches Weihnachtsgeschenk hat euch ein bisschen gefallen, und dementsprechend würde ich mich total über einen Vote freuen!

Ihr habt etwas Verbesserungswürdiges gefunden? Wollt etwas loswerden, oder von eurem Fantasie-Ende erzählen? Gern in die Kommentare! Ich lese die nämlich immer total gerne. :3

Kürbistumoriger Funfact: Palle hat sich das Let's Read hierzu angehört, und auf Twitter kommentiert! Wenn er Kürbistumor FF's hört, kann er doch nicht allzu abgetan von der Vorstellung sein, etwas mit Manu zu haben! :3

Wie dem auch sei, LG Minilemin! :*

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