Kapitel 47
Während Pete wie immer Freitags bei dieser blöden Besprechung saß, wartete ich an der Theke auf ihn. Ben, der noch nicht an diesen Besprechungen Teil nehmen durfte, hatte mir eine Cola hingestellt. "Und, wie geht's dir?" fragte er. Aber ob es ihn wirklich interessierte?
"Gut! Und selbst?"
"Ja, auch gut!"
"Bekommst ja bald deinen Rückenpatch wa?" es war so belangloses Zeug, über das wir uns unterhielten. Aber alles war besser, als sich blöd anzuschweigen. Wir hatten in der Nacht vom Osterfeuer Beide einen Fehler gemacht. Es war nicht mehr zu ändern. Wir mussten miteinander klar kommen, denn bald gehörte er zu Pete's Bro's. Immerhin waren wir erwachsen und sollten mit solchen Situationen klar kommen. Hoffte ich zumindest. Ich war damals nicht wirklich zurechnungsfähig. Hätte wohl eher in eine Psychiatrie gehört, als Nachts allein in irgendwelche Clubs. Was da hätte alles passieren können. Ich wollte gar nicht dran denken. Aber zu der Zeit war alles so egal. Alles zog wie ein Film an mir vorbei, in dem ich als Komparsin mitspielte, ohne zu merken, dass ich im Grunde genommen die Hauptdarstellerin war. In der Zeit hatte ich aber auch gelernt zu lächeln, obwohl ich innerlich weinte. Beherrschte das Spiel mittlerweile so perfekt, dass selbst Pete selten merkte, wenn es mir schlecht ging. Nur manchmal, wenn ich einfach da saß und die Tränen nicht mehr halten konnte - nur dann kapierte er, wie schlecht es mir oft immer noch ging. Nahm mich dann einfach in den Arm. Hielt mich, bis die Tränen auf der Haut getrocknet waren. Am Anfang hatte er noch nach den richtigen Worten gesucht. Aber gemerkt, dass es keine gab und die Suche irgendwann aufgegeben. Nachts, wenn ich in der Sicherheit seiner Arme einschlafen durfte, war für einen winzigen Moment alles perfekt. Genau dann, wenn im Kopf alles frei war. Wenn es nur einen einzigen Gedanken gab und der Pete hieß. Wenn seine zärtlichen Küsse mich trafen. Sanft auf meine Lippen, entlang an meinem Hals. Wenn seine Hand auf meinem Bauch lag oder seine Finger mir eine meiner Locken aus dem Gesicht strich, während diese blauen Augen, so klar und rein wie funkelndes Wasser im Sonnenschein, mich verliebt anschauten. Ja, dann war ich die Chelsea, die er kennen gelernt hatte. Die, die in Allem immer nur das Gute gesehen hatte. Die gemeint hatte, dass schlimme Dinge immer nur den Anderen passierten, aber nie den Menschen die man liebte und schon erst recht nicht einem selbst.
Ich rutschte von dem Barhocker, auf dem ich saß. "Kannst du Pete sagen, dass ich in der Wg auf ihn warte?"
"Aber du kannst doch nicht einfach gehen?"
Konnte ich nicht? Wer oder was sollte mich denn dran hindern? "Mach es bitte ok?" ich war zu müde für ewige Diskussionen. Verließ deshalb das Haus ohne seine Antwort abgewartet zu haben.
Ich beobachtete die Menschen, die an mir vorbei liefen nicht. Sie interessierten mich nicht. Genauso wenig wie ich hoffte, dass ich sie in irgendeiner Weise interessieren würde. Ein leises Bedürfnis wieder sterben zu wollen, drängte sich in mir auf. Aber ich schob es schnell zur Seite. Musste stark sein für Pete. Wollte leben für ihn. Und obwohl ich Ben gesagt hatte, dass ich in die Wg fahren wollte, stand ich jetzt an der Spree. Genau an der Stelle, wo Pete mich zum ersten Mal geküsst hatte. An diesem Abend schon hatte ich mein Herz an ihn verloren. Hatte mich da schon unsterblich in ihn verliebt, auch wenn ich diese Gefühle am Anfang nicht zulassen wollte.
"Ja?" das Klingeln meines Handys hatte mich aus meinen Gedanken gerissen. Ich war rangegangen, ohne zu gucken, wer es war.
"Alles gut bei dir Baby?" erkannte ich sofort Pete's warme, aber doch männliche Stimme.
"Ja!"
"Wo bist du?"
"Weißt du noch, wo du mich das erste Mal geküsst hast?" ich zog mit dem Fuß unsichtbare Striche auf den Boden. Einige kleine Steine landeten kurz darauf auf der Wasseroberfläche der Spree.
"Wie könnte ich das vergessen?" das er schmunzelte, erkannte ich an seiner Stimme. "Soll ich zu dir kommen oder möchtest du lieber allein sein?"
"Ganz schnell zu mir kommen."
Jetzt lachte er. "Ok, bin gleich bei dir."
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