Kapitel 35

Ich bummelte durch die Stadt. Verlor mich ab und zu in Geschäften. Probierte Sachen an, die zwei Kleidergrößen kleiner waren, als noch vor einem Jahr. Einige Dinge kaufte ich mir. Andere legte ich einfach zurück in die Regale. In letzter Zeit war ich selten shoppen gewesen. Für wen sollte ich mir auch neue Dinge kaufen? Für mich? Sicher nicht! So viel war ich mir im Moment einfach nicht wert.
"Freunde?" eine Nachricht von Pete, die ich las, während ich meinen Coffee to go trank.
"Ja Freunde." tippte ich, bevor das Handy wieder in der Tasche verschwand. Freunde zu sein war mehr, als wir in den letzten Wochen hatten. Freunde zu sein bedeutete, Zeit miteinander verbringen zu können. Freunde zu sein bedeutete für einander da zu sein, ohne sich zu nah kommen zu müssen. Genau so  war es perfekt.  Ich lächelte. Atmete tief durch. Die Drei waren tot. Ich konnte endlich wieder leben. Vielleicht war es der perfekte Zeitpunkt die Vergangenheit zu verarbeiten.
"Na Chelsea." Leland lief plötzlich neben mir. "Soll ich dir tragen helfen?"
"Oh hi." ich reichte ihm einige Tüten.
"Du siehst glücklich aus heute."
"Bin ich auch irgendwie." gab ich zu. Klar, konnte ich das, was Pete und seine Jungs getan hatten,  nicht gut heißen. Aber wenn ich ehrlich war, fühlte es sich toll an. Es gab mir die innere Ruhe, die ich brauchte. Die Gewissheit, dass ich in Sicherheit war. Ich hätte die ganze Welt umarmen können, so unbeschreiblich schön war dieses Gefühl. Diese Macht, die sich in mir ausbreitete. Diese Macht zu wissen, dass Jeder leiden musste, der mir was tat. Niemand würde ungestraft davon kommen. Ein winziges Stück Selbstbewusstsein kehrte zurück. Pete hatte Recht, als er gesagt hatte, ich wäre in diesem Transporter gestorben. Denn als Sascha mich im Park rausgeworfen hatte, war ich nicht mehr ich. Ich war ein Schatten meiner Selbst. Bemüht mich von einem zum anderen Tag zu hangeln,  ohne mich komplett zu verlieren. Und Pete's Geständnis,  über das, was er getan hatte, hatte ein wenig Leben in mich zurück gebracht.
Gemeinsam mit Leland betrat ich die Wg. Sunny und Cora stritten wie immer. Edward hängte Wäsche auf und Jonas brutzelte das Abendessen in der Küche. Matt, der eigentlich kein Bewohner war, aber ständig wegen Cora da war, saß am Thresen. Genüsslich trank er einen Schluck Bier aus der Flasche,  die vor ihm stand. "Danke!" sagte ich leise zu ihm. Meine Tüten hatte ich neben den Barhocker gestellt,  als ich mich neben ihn setzte.
"Wofür?"
"Ich war bei Pete."
Das reichte, damit er verstand was ich meinte. "Schon in Ordnung." er hatte nach meiner Hand gegriffen.  Lächelte mich an. "Geht's dir jetzt, wo du es weißt, wenigstens etwas besser?"
"Ja. Auch wenn ich nicht wirklich weiß, wie ich mit dieser Tatsache umgehen soll."
"Gar nicht Chelsea." er lachte leise, als er meinen verwirrten Blick sah. "Genieß es einfach."
"Na, habt ihr Geheimnisse vor mir?" Cora stellte sich gespielt eifersüchtig zwischen uns.
"Ich hab Matt nur gefragt, ob ihr mich heute Abend mit ins Vereinsheim nehmt." zwinkerte ich ihm schmunzelnd zu, obwohl ich mit Cora sprach. Lässig rutschte ich vom Barhocker, schnappte meine Tüten und verschwand in meinem Zimmer.
Ich steckte mir eine Zigarette an, als ich mein Handy aus der Tasche nahm, um dann Pete anzurufen. "Ja Chelsea! " seine vertraute Stimme.
"Gelangst du oft in solch gefährliche Situationen?"
"Ab und an! Wieso?"
"Was ist, wenn dich mal eine Kugel im Kopf trifft und nicht da, wo du eine schusssichere Weste trägst?" ich kannte die Antwort und doch wollte ich sie von ihm bestätigt bekommen.
"Dann bin ich wohl weg vom Fenster." lachte er in den Hörer.
Mir stockte der Atem. Neue Übelkeit stieg in mir empor. "Pete aber..."
"Jetzt weißt du, wie ich mich gefühlt habe,  bei dem Gespräch wo es ums Ritzen ging."
"Hm." ich drückte die Zigarette im Aschenbecher vor mir aus. "Ich hab Angst um dich."
"Und ich um dich Chelsea."
"Gibt es dafür eine Lösung?"
"Du könntest aufhören mit dem Ritzen."
Er sagte das so leicht. "Und du mit dem Club und dem ganzen gefährlichen Zeug..." ich hörte ihn mal wieder lachen, noch bevor ich meinen Satz beendet hatte.
"So einfach ist das nicht Chelsea."
"Ach, aber mit dem Ritzen aufzuhören stellst du dir einfach vor?" hatte ich ihm meine Frage gestellt. Seine Antwort jedoch nicht abgewartet. Hatte einfach aufgelegt. Liefen wir zwei halt auf Messersschneide. Wenn es sonst nichts weiter war.

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