Kapitel 29

Wir hatten in getrennten Zimmern geschlafen. Ein wenig Nähe schien ich gut zu ertragen. Zu viel machte mich jedoch wahnsinnig. Ich hatte mir eine Rasierklinge geschnappt, nachdem ich am Abend die Tür hinter mir geschlossen hatte. Hatte dem inneren Druck nachgegeben, der mich den ganzen Tag von innen zerfraß. Eine kleine, aber doch tiefe Wunde auf meinem linken Unterarm, den schon einige Narben zierten. Das Gefühl von Freiheit setzte erst ein, als das warme rote Blut über meine Haut floss. Die Schmerzen des Schnittes lenkten mich von denen auf meiner Seele ab. Mit Tränen in den Augen war ich eingeschlafen. Wurde einige Male in der Nacht wach. Aber der Gedanke daran, dass Pete im Raum nebenan war, ließ mich immer wieder einschlafen.
Draußen war es schon hell, stellte ich fest, als ich endlich irgendwann ausgeschlafen hatte. "Ich vermisse es dich Nachts im Arm zu halten. Und das schon seit Monaten." eine Nachricht von Pete auf meinem Handy.
Ich seufzte, denn auch wenn ich die Nähe nicht ertrug, vermisste ich sie. "Es tut mir leid Pete." schrieb ich zurück. Wieder mal dieses blöde - tut mir leid -. Ich hatte das Gefühl, dass es nicht mehr echt klang, so oft, wie ich es in den letzten Tagen benutzt hatte.
"Ich versteh es Baby. Es ist schon schön, dich überhaupt  wieder in meiner Nähe zu haben." las ich erneute Worte, die er geschrieben hatte. Ich packte das Handy zurück auf den Nachtschrank. Ließ mich noch mal in die Kissen fallen. Vielleicht war es die richtige Entscheidung von Cora gewesen ihm alles zu erzählen. Hätte sie es nicht gemacht, wäre er jetzt nicht bei mir. Aber er hätte auch weniger Sorgen. Was machte ich hier eigentlich? Schon wieder über Dinge nachdenken, die ich nicht ändern konnte. Wie blöd das war. Wenn ich wollte, dass es mir besser ging, musste ich damit aufhören.
"Morgen Pete!" sagte ich so fröhlich es ging, als ich zu ihm in die Küche ging.
"Morgen Kleines!" wow, dieses schiefe Lächeln, welches ich so liebte. "Hast du gut geschlafen?"
"Ja hab ich. Und du?"
"Ich hab von dir geträumt." Er sagte das fast beiläufig, als er mir einen Kaffee auf den Tisch stellte, an dem ich mittlerweile saß.
"Ah ja und was?"
"Das willst du gar nicht wissen."
Jetzt musste ich lachen. Ein echtes Lachen, kein gespieltes. "Ok, ok. Reicht wohl, wenn ich's mir denke."
"Ich glaub auch." er hatte nach meiner Hand gegriffen. "Los, jetzt isst du erst mal was!"
"Ne, ich hab kein Hunger."
"Das ist mir komplett egal." protestierte er. Schüttete während dessen schon Cornflakes, die mit Nougatfüllung, die ich so sehr mochte, in eine Schale, um dann Milch drüber zu schütten. "Hier iss!" forderte er. Die Schale schob er langsam zu mir. Ich wollte ihn nicht enttäuschen, deshalb löffelte ich einige Happen in meinen Mund. Er wirkte zufrieden, was mich glücklich machte.
"Ich war vorhin im Keller und guck mal, was ich gefunden habe." er fasste neben seinen Stuhl. "Tada Schlittschuhe."
Sofort sprang ich auf. Strahlte über's ganze Gesicht. "Perfekt! Ich zieh mich schnell an." übermütig gab ich ihm einen kurzen Kuss.
Schnell rannte ich in mein Zimmer. Wühlte in meiner Reisetasche, ausgepackt hatte ich sie noch nicht, nach den passenden Sachen. Entschied mich für eine Thermoleggins und einen etwas weiteren Rollkragenpullover. Im Bad machte ich mich fertig. Dann flitzte ich ins Wohnzimmer. Zum Glück war Pete auch schon startklar. Nur noch Schlittschuhe an, Jacke, Mütze, Schal und Handschuhe. Wir verließen das Haus.
"Ich muss dich warnen Chelsea. Ich war noch nie auf dem Eis." gestand er mir,  als wir den zugefrorenen See erreicht hatten.
Ich hatte die Eisfläche schon betreten. Drehte gekonnt einige Runden. "Guck, ist ganz einfach." lachte ich. Fuhr dann zu ihm. Streckte ihm meine Hände entgegen, nach denen er griff. Unsicher setzte er einen Fuß auf's Eis. "Boah, ich hab ganz schön Muffensausen." gestand er mir, als er auch den zweiten Fuß auf's Eis stellte.
"Mehr als hinfallen kann ja nicht passieren."
"Ja, aber das tut weh."
"Ich puste es dann wieder heile." lachte ich. "Und nun los!"
Langsam setzte er einen Fuß vor den Anderen.  Ich hielt ihn immer noch an beiden Händen fest. Fuhr rückwärts, während er sich vorwärts bewegte. Ab und zu stolperte er, aber ich fing ihn auf. Wir strahlten uns an. Es war ein perfekter Wintertag. Es war so ein Tag wie damals, bevor das alles passiert war.

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