Kapitel 26

In dieser Nacht hatte ich nicht so gut geschlafen wie die zuvor. Ich hatte mich am Abend mit einer kurzen Umarmung verabschiedet. War dann ins Gästezimmer im zweiten Stock gegangen. Es lag genau gegenüber dem eigentlichen Schlafzimmer, in welchem Pete schlief. Ich hatte seine Nähe nicht mehr ertragen. Und doch war ich froh in seinem Haus sein zu dürfen.
Schon sehr früh war ich aufgestanden. War nur in schwarzen Hotpants und einem pinken Top, barfuß in die Küche geschlichen. Hatte Pete nicht wecken wollen.
"Guten Morgen!" lächelte er mich jedoch an. "Magst du auch Kaffee?" Ich nickte,  während ich mich zu ihm an den Tisch setzte. Eine bekannte Vertrautheit durchzog meinen Körper. Es war fast so wie damals. Nur das wir nicht in der Wg oder meiner Miniwohnung saßen, sondern in dem schönsten Haus, welches ich je gesehen hatte. Ich nahm einen Schluck aus meiner Tasse. Lächelte Pete zufrieden an. "Es ist schön, wenn du lächelst." gestand er mir seine Gedanken."
"Es ist im Moment halt einfach schön bei dir."
"Im Moment?" er biss von seinem Brötchen mit Kirschmarmelade ab.
"Ich weiß nicht, was morgen oder übermorgen ist. Ich weiß nicht, ob ich deine Nähe ertragen kann." gestand ich meine Gefühle. Das meine Worte ihn verletzt hatten, sah ich an seinem Blick. "Es tut mir leid Pete. Aber ich war seit der Sache komplett allein. Ich wollte das so für mich. Und genau deshalb weiß ich nicht, wie es ist, wenn ich plötzlich wieder ständig jemanden um mich habe."
Er war aufgestanden. Räumte Marmelade, Margarine und Milch in den Kühlschrank. Das dreckige Geschirr landete im Spüler. Erst dann drehte er sich zu mir. "Ok." war das Einzige was er sagte. Hatte er ne Macke oder was? Irgendwie war ich wütend auf ihn. Deshalb verließ ich die Küche, um zurück ins Gästezimmer zu gehen. Ich duschte mich im anliegenden Bad und machte mich so weit zurecht, dass ich rausgehtauglich war. Erst dann ging ich wieder zu Pete, der unten in der Küche war und eine rauchte.
"Chelsea, es tut mir leid, wie ich grad reagiert habe."
"Schon in Ordnung. Für dich ist das bestimmt auch nicht alles so einfach, wie ich mir das vielleicht vorstelle."
"Da hast du Recht." Er war aufgestanden und zu mir gekommen, berührte mich aber nicht, sondern stand mir einfach nur gegenüber. "Ich weiß im Moment auch nicht, was richtig und was falsch ist. Das Einzige, was ich weiß ist, dass ich dich immer noch genauso liebe wie damals und das ich in Berlin bleiben will."
"Ich liebe dich auch immer noch genauso." ich hatte mich auf die Zehenspitzen gestellt.  Ihm ein kleines Küsschen auf seine vollen Lippen gedrückt. "Lass uns erst mal ein paar Tage weg fahren, so wie wir es gestern besprochen haben und dann sehen wir weiter. Ok?" Er hatte mit dem Kopf genickt. Dann hatten wir das wunderschöne, große, helle Haus, mit den Erkern nach vorne, verlassen. Waren in sein Auto gestiegen.
"Ich hab Angst Pete." hatte ich gesagt, bevor er seinen Wagen startete.
"Vor was denn?"
Viel zu sanft hatte er mir meine Haare aus dem Gesicht gestrichen, die wie ein Schleier vor meine traurigen Augen gefallen waren, als ich meinen Kopf gesenkt hatte. "Das du nicht bleiben darfst und auf die Reaktion der Anderen, auf die Wahrheit."
"Dich wird Niemand verurteilen. Aber es ist der einzige Weg, damit ich eventuell bleiben  kann." hatte er gesagt, dann war er los gefahren. Ich hatte das Radio angestellt. Es lief irgendein bekloppter Sender, viel zu laut, der auch noch total alte Lieder spielte. Ja, ich hätte umschalten oder leiser machen können, aber ich tat es nicht. Es war mir nämlich egal. Ich wollte nur einfach nicht mit Pete reden. Hoffte das diese Schnulzen meine Gedanken in meinen Kopf übertönten. Dieser Versuch scheiterte jedoch, denn die Gedanken ließen  sich nicht übertönen. Sie waren immer lauter als Musik. Ließen sich nur mit Alkohol oder Ritzen betäuben. Ich hatte im Augenblick aber weder Alkohol zur Hand, noch konnte ich mich ritzen, also musste ich die Gedanken ertragen. Zulassen, dass sie sich durch mein Gehirn fraßen, wie eine Made durch einen Apfel.
Irgendwann hatte Pete vor dem Vereinsheim geparkt. "Bereit?" Ich hatte den Kopf geschüttelt, war aber trotzdem ausgestiegen. Hatte unsicher nach seiner Hand gegriffen, als wir kurz vor der Tür des Hauses waren. "Alles wird gut Baby."
Mein Herz schlug laut in meiner Brust. "Ich kann da nicht rein gehen."
"Warum nicht?" ich zuckte mit den Schultern. Pete hatte mich zu sich gedreht. "Vertrau mir Chelsea." und genau das tat ich, als wir das Gebäude betraten.
"Schön, dass du dich auch mal blicken lässt." wetterte Evelyna. "Ist die der Grund, dass man dich gestern nicht erreicht hat?"
"Mom..."
"Du weißt,  dass du gestern fest eingeplant warst für einen Einsatz und das du danach los solltest."
"Es reicht Mom!" Pete sah ernst aus bei seinen Worten. Seine Hand hielt meine fest.
"Pete, ich werde nicht zulassen, dass die dir noch mal dein Herz bricht."
"Halt dich endlich aus meinen Angelegenheiten raus! Verstanden?" hatte er mit forschem Ton gesagt. Zog mich dann hinter sich her zum Thresen, an dem Matt und Cora standen. "Hast du alles vorbereitet?"
"Ja Pete! Sie warten schon alle im Besprechungsraum." Matt sprach mit Pete, schaute aber mich an. An seinem Blick sah ich sofort, dass er alles wusste. Verlegen schaute ich zu Boden.
"Chelsea?"
"Hm?"
Pete schaute mich besorgt an. "Alles okay bei dir?"
"Ja, alles gut."
"Gut! Ich muss jetzt rein. Cora bleibt so lang bei dir. Ok?"
"Ja Pete." ich hatte mich schon zu ihr an den Thresen gesetzt.
"Und du erfüllst ihr jeden Wunsch." er hatte sich an den Anwärter gewant,  der zur Zeit die Bedienung spielen durfte. Ich  spürte, wie sich seine Hand von meiner löste.
"Pete.." er drehte  sich zu mir. "Schon gut."
"Denk an was schönes, dann vergeht die Zeit schneller." zwinkerte er mir frech zu, bevor er hinter der Tür des Besprechungsraumes verschwand, in dem Frauen keinen Zutritt hatten.
Cora hatte nach meiner Hand gegriffen. "Er wird bleiben dürfen." zu mir gesagt. "Ich hab da gestern mit Matt drüber gesprochen und er ist felsenfest davon überzeugt." Oh schön, dass Cora Jedem erzählte, was passiert war. Erst Pete und jetzt auch noch Matt.  Aber eigentlich war es ja auch egal, denn Pete saß gerade hinter der großen Holztür und erzählte mindestens 20 Männern, was passiert war. Dieses Gefühl machte mir mehr Angst, als das er vielleicht nicht bleiben konnte.
"Kaffee?" fragte mich dieser Anwärter.
"Ne, ne Ben, Chelsea nimmt nen Tee. Sie ist schon ohne Kaffee aufgedreht genug." antwortete Cora an meiner Stelle. Gut, auch wenn ich so was eigentlich gar nicht leiden konnte, ließ ich ihn einen Tee für mich kochen. So konnte ich wenigstens meinen komischen Gefühl weiter hinterher hängen. Wie würden Sie auf all das reagieren? Würden sie mich mit anderen Augen sehen? Würden sie mich verurteilen, weil ich so lange geschwiegen hatte? Pete sollte seine Geschäfte noch mal überdenken, hatte einer der beiden Männer damals gesagt. Welche Geschäfte? Gott, erst jetzt wurde mir bewusst, wie wenig ich wirklich von Pete und diesem Club wusste. Ich erinnerte mich  daran, dass Pete mal gesagt hatte, dass es besser wäre, wenn ich nicht alles wüsste. Aber war das wirklich so? Konnte ich richtige Entscheidungen treffen, wenn ich nichts wusste?
Eine unangenehme Hitze stieg in mir empor. Meine Kehle war trocken, als sie sich zusammen zog und mir die Luft zum atmen nahm. Ich musste hier raus und zwar allein. Also stand ich auf, nahm meine Jacke und meine Handtasche, die ich vorher achtlos auf den Stuhl neben mir gelegt hatte. "Ich brauch etwas frische Luft."
"Soll ich mitkommen?"
"Nein Cora!" sagte ich, bevor ich raus auf den Parkplatz trat. Diese eisige Januarluft nahm mir sofort diese ekelhafte Wärme. Ganz tief atmete ich sie ein. Wie lange dauerte diese blöde Abstimmung denn noch? Ich war schon immer ein ungeduldiger Mensch gewesen. Und wenn es um so wichtige Dinge ging, war warten noch mehr die Hölle.
Ich sah, das Evelyna auf mich zu kam. Quer über den Parkplatz, direkt vom Büro auf mich zu. Boah,  was wollte die denn jetzt? Hatte die nicht noch irgendwelche Rechnungen oder so was zu schreiben?
"Ich werde dir dein Leben zur Hölle machen, wenn du nicht die Finger von Pete lässt."
"Pff, als hätte ich davor Angst!"
"Das solltest du haben Schätzchen."
"Wir sind alt genug, um zu wissen, was wir machen." ich wirkte selbstbewusst. Wollte meinen Pete nicht aufgeben, obwohl ich mir nicht mal sicher war, ob ich ihn noch wollte. "Also mach' dich bitte nicht lächerlich!" Für diesen Satz kassierte ich eine schallende Ohrfeige von ihr.
"Mom!" schrie Pete, während ich für seine Mutter nur ein müdes Lächeln über hatte. "Du sollst sie in Ruhe lassen!" er hatte einen Arm um mich gelegt, nachdem er sich besorgt meine Wange angesehen hatte. "Akzeptiere endlich, dass Chelsea die Frau ist, die ich liebe. Und egal was war oder noch kommt, du wirst uns nie auseinander bekommen!"
"Aber Pete..."
Wir waren schon auf dem Weg zum Auto. "Ich bin für'n paar Tage weg." brüllte er noch über den Hof, bevor er die Tür des Autos zu schmiss, in welchem ich schon saß.  Aber er fuhr nicht los, sondern drehte sich zu mir.
"Und?" Ich konnte die Antwort kaum noch erwarten. Sanft legte er eine Hand gegen meine Wange, in die ich mein Gesicht kuschelte. Gleich würde erneut eine Welt für mich zusammen brechen, weil er gehen musste, dachte ich.
"Ich... Ich..."
"Du darfst nicht bleiben?" die ersten Tränen liefen über mein Gesicht.
"Doch Baby!"
"Echt?"
"Ja echt." er lächelte. "Niemand hat dagegen gestimmt."
"Was..."
"Sie waren geschockt Chelsea. Keiner Frau sollte so was passieren." vorsichtig wischte er mir die Tränen von den Wangen. "Das mit meiner Mutter tut mir leid."
"Kannst du ja nichts für. - Aber lass uns jetzt fahren."

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