Feuerwerk

Ein Jahr war seit dem Ende des Krieges vergangen. Sabine und Ezra waren auf Bitte Leias hin seit ein paar Wochen auf Coruscant.
Inzwischen war es dunkel hier draußen, doch die Großstadtlichter verhinderten, dass es jemals so dunkel wurde, wie es in ihrer Wohnung auf Mandalore nachts gewesen war. Manchmal fiel es Sabine schwer, zu schlafen, weil all das Licht von draußen ihr Kopfschmerzen bereitete und es immer noch da zu sein schien, wenn sie die Vorhänge zuzog. Sie vermisste Mandalore, aber sie wusste auch, dass es bitter nötig gewesen war, hier her zu kommen. Einen Krieg auf dem Schlachtfeld zu beenden war eine Sache. Ihn in den Köpfen der Menschen, Twi'leks, und all der anderen Wesen zu beenden eine ganz andere. Die neue Regierung hatte bisher kaum Bestand, nur wenige Systeme waren von vorne herein bereit gewesen, einzutreten. Chandrilla, Kashyyyk und Naboo gehörten zu den wenigen Welten, die fast sofort in den Senat eingetreten waren, und bereits Vertreter hatten. Leia hatte sich, als Nachfahrin der ehemaligen Königin von Naboo, als Vertreterin angeboten, und als bekanntes Gesicht der Rebellion, als Kriegsheldin, hatte man sie angenommen. Dennoch wusste jeder, der sie ein wenig länger kannte, dass es ihr schmerzte, dass sie die Welt, auf der sie aufgewachsen war, nicht vertreten konnte.
Die Stimme des Volkes sollte in dieser neuen Republik eine größere Rolle spielen... die Stimme jedes Einzelnen. Sabine fand es schwer vorstellbar, das tatsächlich umzusetzen, aber der Gedanke gefiel ihr. Dennoch war sie sich nicht sicher, ob sie für die Aufgabe bereit war, die Leia ihr gegeben hatte.
»Mandalore dazu bringen, der Republik beizutreten?«
Sie konnte sich eine große Menge Leute vorstellen, die über diesen Witz herzlich gelacht hätten, und sie vermutete, dass ihre Eltern ebenfalls dazu gehört hätten, wären sie noch am Leben gewesen. Sie hatte vieles erreicht, aber sie wusste nicht, ob sie dieser Aufgabe wirklich gewachsen war. Nach außen hin mochte sie stark wirken, wie eine Kriegerin, ungebrochen, unzerbrechlich. Nur die wenigsten wussten um das gebrochene Mädchen, das unter ihrer Rüstung, unter ihrer Fassade steckte. Ezra war einer davon. All die schwere Zeit hindurch hatten sie einander begleitet, und auch wenn sie nicht an der Seite des jeweils Anderen waren, so waren sie doch miteinander verbunden gewesen. Über die gemeinsamen Rituale, über ihre Erinnerungen, und auch über den geteilten Schmerz. Sie griff seine Hand. Er war nun schon seit so vielen Jahren ein fester Bestandteil ihres Lebens, dass sie sich kaum noch vorstellen konnte, dass es eine Zeit gegeben hatte, zu der sie ihn noch nicht gekannt hatte. Eine Zeit, in der es nur sie und Ketsu und Tristan gegeben hatte.
Heute waren sie zumindest nicht unterwegs, um sich irgendeiner Aufgabe zu widmen. Leia hatte ihr versprochen, ihr all die Bedenkzeit zu geben, die sie brauchte, und sie sich erst einmal einleben zu lassen. Und genau das taten sie momentan. Sie waren in der Stadt unterwegs, um den Einkauf für die nächsten Tage zu erledigen.
Plötzlich gab es einen lauten Knall. Dann noch einen, und noch einen.
»Blasterfeuer. Bombe.«
Sabine warf sich reflexartig zu Boden, und Ezra warf sich schützend über sie. Es gab einen weiteren Knall, und es schien gar nicht mehr aufzuhören. Die Beiden blieben geduckt liegen, die Hände über ihren Köpfen. Er hielt sie fest.
»Ich bin bei dir. Ich beschütze dich. Ich werde nicht zulassen, dass dir etwas passiert.«

Es dauerte eine ganze Weile, bis sie es wagten, wieder hochzusehen. Es war weit und breit keine Zerstörung zu sehen, stattdessen hatte sich nur eine kleine Menschenmenge um sie herum gebildet.
„Entschuldigen Sie, sind Sie verletzt?", erkundigte sich eine junge Frau aus der Menge heraus und hielt Ezra die Hand hin, um ihm hoch zu helfen.
„N-nein, ich..."
Er nahm dankend an, und half anschließend seiner Freundin auf die Beine, ohne dabei den Blick vom Himmel abwenden zu können. Feuerwerk. Es war bloß Feuerwerk. Ezra hätte vor Erleichterung gelacht, wenn die Situation nicht so furchtbar gewesen wäre.
»Die Leute feiern das Jubiläum des Tages, an dem das Imperium gefallen ist, und wir... wir haben sofort an das Schlimmste gedacht.« Es gab einen weiteren Knall, der das junge Paar, obwohl sie nun den Ursprung kannten, stark zusammenfahren ließ. Die Erinnerung an ihr erstes gemeinsames Feuerwerk auf Lothal war mit einem Mal sehr schmerzhaft. »Wie ist aus etwas so schönem etwas so schreckliches geworden?«
Der junge Mann legte einen Arm um Sabine und strich ihr durch die Haare. Sie reagierte aus gutem Grund so schlimm auf diese Art Geräusch, und er musste ihr signalisieren, dass sie nicht allein war. Er wusste, dass sie bloß aus dieser Menge heraus wollte, und dass sie es hasste, wie viele Menschen gerade gesehen hatten, wie verletzlich sie wirklich war. Die Erledigungen machte das völlig unwichtig.
„Komm, lass uns nach Hause gehen. Die Sachen können wir morgen immer noch besorgen."
Er drängte sich durch die Menge hindurch, griff ihre Hand und zog sie hinter sich her. Im direkten Vergleich zu vorher waren die Gesichter der Beiden seit dem ersten Knall deutlich weißer geworden. Ezras Hände zitterten – wie sehr wurde ihm erst dann klar, als Sabine sie noch fester drückte, denn mit einem Mal war sie diejenige, die ihn tröstete.
„Ich bin bei dir. Uns passiert nichts. Es ist alles gut."
Sie hatten sich immer gegenseitig gebraucht, sich immer gegenseitig durch die schweren Zeiten geholfen, und daran hatte sich bis zum heutigen Tag nichts verändert. Es war einer der Gründe, warum ihre Beziehung funktionierte. Selbst, wenn das ganze Universum um sie herum zusammenzubrechen drohte, wussten sie, dass sie nicht allein waren. Sie hatten einander.

Bis nach Hause waren es bloß ein paar Straßen. Sie gaben sich Mühe, die Köpfe zu heben, um sich kontinuierlich davon zu überzeugen, dass es sich bloß um Feuerwerk handelte, und sie sich nicht in Gefahr befanden, aber dennoch zuckten sie bei jedem Knall unweigerlich zusammen. Erst in ihrer Wohnung, wo die Wände den Lärm des Feuerwerks dämpften, konnten die Beiden es ein klein wenig genießen. Sie streiften die Jacken ab und legten sich anschließend zusammen auf die Couch. Sie legte ihren Kopf an seine Brust und er schloss von hinten die Arme um sie. Die Berührung beruhigte Sabine, und ihn beruhigte es, etwas zu haben, an das sich seine zitternden Hände klammern konnten. Eine Weile schauten sie einfach nur durch die Glasscheibe den tanzenden Farben draußen am Himmel zu.
„Es könnte so schön sein, wenn wir nicht so kaputt wären", murmelte die Mandalorianerin nach einer Weile traurig, ihre Augen noch immer nicht von dem Bild draußen abwendend. Sie wollte weinen, aber sie fühlte sich zu leer. Sie bekam die Blicke der Leute, die sie angestarrt hatten, als sie sich zu Boden geworfen hatten, einfach nicht mehr aus dem Kopf. „Die Art, wie wir reagiert haben... Das ist nicht normal, Ezra. Wir sind nicht normal. Das können wir nie wieder sein." Ihr kam noch ein weiterer Gedanke. „Was sind wir? Verbrecher? Mörder? Kriegshelden? Wir sind ein wenig von allem, doch mehr als das sind wir gebrochene Kinder, die im Krieg mehr verloren haben als irgendjemand sonst. Die, die sie als Helden bezeichnen... das sind all diejenigen, die der Krieg völlig zerstört hat. Keiner von uns wird jemals ein normales Leben führen können. Selbst wenn wir losgelassen haben, wir können nicht vergessen. Wer einmal im Krieg war, der hört nicht mehr auf, diese Dinge zu sehen. Selbst dann nicht, wenn sie gar nicht mehr da sind."
Er drückte ihre Hand. Nichts hasste er mehr als die Verzweiflung in ihrer Stimme, als sie das sagte. Es brachte zu viele Erinnerungen wieder hoch.
„Solange wir zusammen kaputt sein können, ist das okay für mich. Wir haben einander. Ich liebe dich. Das reicht mir", erklärte er, und hielt sie fest, und hoffte, dass sie nicht hoch sah, damit sie nicht bemerkte, dass er weinte.
»Es tut mir leid, Sabine. Es tut mir leid, dass ich dich hiervor nicht beschützen konnte.«

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