#3
Die Unterrichtsfächer in den UTZ-Klassen waren insofern herausfordernder, dass die Lehrer ihnen immer eine Menge Hausaufgaben mit auf den Weg schickten.
Dakota hatte den Sinn hinter Hausaufgaben nie wirklich verstanden. Sie selbst arbeitete sowieso viel außerhalb der Stunde – teilweise mit komplexeren Themen, als in den Hausaufgaben behandelt wurden. Hausaufgaben waren für sie also nur leichte Übungen, die mehr Zeitverschwendung waren, aber trotzdem machte sie sie brav, wie es eine gute Schülerin nun einmal machte.
Der ruhigste Ort dafür war eigentlich die Bibliothek.
Madam Pince achtete immer darauf, dass ein angenehmes Arbeitsklima herrschte und niemand auch nur auf die Idee kam, auch nur laut zu atmen.
Normalerweise genoss Dakota also die Bibliothek, aber nicht, wenn sie gestört wurde.
Überraschender Weise waren es selten Erstklässler, Gryffindors oder irgendwelche Weasley – also zusammengefasst die Leute, die einige aus Dakotas Freundeskreis für alle ihre Probleme die Schuld gaben – sondern meist waren es Xavier oder Feli, die Dakota in die Bibliothek begleiteten, scheinbar mit dem einzigen Ziel, ihr das Leben schwer zu machen.
Da saß sie nun also und versuchte sich auf ihre Zaubertrank-Hausaufgabe zu konzentrieren, während Xavier mit ihren Haaren spielte, seine Hand auf ihren Oberschenkel legte, alle paar Minuten ihre Wange küsste und alle paar weiteren Minuten einen Kuss erwartete.
Zusammengefasst benahm er sich also wie ein kleines Kind, das nach der Aufmerksamkeit seiner Mutter lechzte – das machte er andauernd.
„Ich würde mich gerne auf meine Arbeit konzentrieren", sagte Dakota schließlich und ihr Blick huschte einen Moment lang zu Minerva Weasley. Natürlich war Weasley wieder in der Bibliothek, wenn sie es auch war. Dakota hatte ihre roten Haare gesehen und sofort bemerkt. Deswegen war ihr auch aufgefallen, dass Weasley direkt in Dakotas Blickfeld, hinter Xavier stehengeblieben war und immer wieder in ihre Richtung blickte.
„Ich würde gerne mit dir im Turm verschwinden – alleine", grinste Xavier und lehnte sich vor, um Dakota nahe an ihrem Ohr zu küssen.
Hin und wieder fand Dakota das angenehm – im Moment ging es ihr nur auf die Nerven.
„Nein." Eine kurze, präzise Antwort.
Offenbar zu kurz und präzise, denn Xavier zuckte zurück, als hätte sie ihn geschlagen und sah sie ungläubig an.
„Nein?", wiederholte er ungläubig. Vielleicht wollte er es auch nicht glauben, dass Dakota auf die Idee kam, ihm etwas zu verwehren.
„Ganz genau", bestätigte Dakota bestimmt, „Nein – ich habe Arbeit zu erledigen."
„Komm schon", jammerte Xavier und klang wieder wie ein kleines Kind. Dakota fragte sich, ob auch nur irgendeine Frau das irgendwie attraktiv fand. „Ich bin ganz angespannt."
„Mach's dir selbst", schlug Dakota gleichgültig vor und beugte sich wieder über ihr Pergament.
Xavier beugte sie zu ihr vor und seine Hand fand den Weg ihren Oberschenkel hoch und er schob ihren kurzen Rock etwas höher, ein selbstbewusstes Grinsen im Gesicht, als wüsste er ganz genau, was Dakota in diesem Moment eigentlich wollte.
„Aber du kannst das doch so viel besser, Baby", wisperte er in ihr Ohr. Vermutlich sollte sie das erregen. Tat es aber nicht.
„Ich weiß", sagte Dakota nur schlicht, ohne von ihrer Arbeit aufzusehen, „Das denke ich mir bei mir selbst auch immer."
Es war offensichtlich, dass Xavier nicht verstand aber Weasley begann auf einmal zu husten, mit hochrotem Kopf und offenbar versuchte sie, ein Lachen zu unterdrücken.
Der linke Mundwinkel von Dakota zuckte leicht nach oben. Und sie begann zu lächeln, als Xavier beleidigt aufstand und seinen Stuhl dabei laut zurückschob, nur um dann wie eine echte Drama Queen aus der Bibliothek zu stürmen.
Dakota blickte ihm einen Moment lang gleichgültig hinterher.
Dann beugte sie sich wieder über ihren Aufsatz und schaffte es endlich, sich nur darauf zu konzentrieren, bis sich jemand ihr gegenüber hinsetzte.
Ihre Vermutung war, dass es Xavier war, der wie ein getretener Hund wieder zu ihr zurückkam. Vielleicht auch Feli oder ein anderer ihrer besseren Bekannten aus Slytherin.
Aber als Dakota kurz aufsah, sah sie dort Minerva Weasley.
Weasley fing ihren Blick auf und wurde knallrot, schob sich ihre Brille etwas höher und holte dann, ohne Dakota anzusehen, ihre eigenen Hausaufgaben aus ihrer Kuriertasche.
Dakota beobachtete sie mit leicht zusammengekniffenen Augen und fragte sich, ob sie nach Xavier auch noch Weasley ertragen musste, aber Weasley sagte kein Wort.
Sie saß einfach nur da und machte ihre Arbeiten.
Sie redete nicht.
Sah Dakota nicht an.
Berührte sie nicht.
Eine wirklich angenehme Gesellschaft, fand Dakota und beschloss, Weasley einfach zu ignorieren.
Manchmal starrte Minerva Weasley Dakota ein wenig zu lange an.
Manchmal starrte Dakota Minerva Weasley ein wenig zu lange an.
Hin und wieder trafen sich ihre Blicke und sie sahen schnell wieder weg.
Es war vielleicht eine Woche später, als der Brief ankam.
Dakota hatte einen andauernden Briefkontakt mit ihren Eltern zu Hause – der höfliche eine Brief pro Woche hatte sich bei ihnen eingebürgert und keine Seite wollte mehr. Eigentlich wünschten sich beide Seiten, noch seltener schreiben zu müssen, aber als funktionierende Familie war es wohl wichtig, in Kontakt zu bleiben.
Xavier schrieb beinahe jeden Tag einen Brief nach Hause und erzählte seiner Mutter ganz genau, was alles passiert war. Das konnte wirklich anstrengend sein und auch Nachteile für Dakota bringen.
Xaviers und ihre Eltern waren gut befreundet und hatten wohl mehr Kontakt, als Dakota mit ihren Eltern, was dazu führte, dass Xaviers Mum alle Neuigkeiten über Dakota sofort mit Dakotas Mum teilte.
Trotzdem war es für Dakota überraschend, als sie diesen einen Brief von zu Hause las:
Liebe Dakota,
mir ist zu Ohren gekommen, dass Xavier sich in letzter Zeit vernachlässigt von dir fühlt. Ich sage dir als deine Mutter, dass es wichtig ist, den Männern in unserem Leben genauso viel Freude zu bringen, wie sie es für uns tun. Ich sollte dich nicht an deine Stunden zu Hause erinnern müssen, in denen ich dir alles beigebracht habe, was du für die Zukunft wirklich brauchst.
Die Schule und Hogwarts ist – wenn du dir diese paar Lektionen gut eingeprägt hast – doch nur nebensächlich und mehr ein lustiger Zeitvertreib für eine ordentliche Lady wie dich. Xaviers Mutter hat vorgeschlagen, dass du doch weniger Stunden besuchen könntest. Natürlich sind dein Vater und ich stolz auf dich und deine ausgezeichneten Noten, aber dein Sozialleben sollte nicht darunter leiden. Kontakte und Gesellschaft ist genauso wichtig, wie ein Grundverständnis für den Haushalt.
Ich habe auch erfahren, dass du wohl weiterhin Zaubertränke besuchst. Dein Vater und ich haben doch mit dir darüber gesprochen. Wir wollen nicht, dass dieses schreckliche Mischwesen dich unterrichtet und dich vielleicht auch noch so verdirbt, wie sie es mit ihrer Tochter getan hat! Ich möchte nicht, dass du genauso leidest, wie dieses arme Ding.
Felicitys Eltern stimmen mir da zu. Sie haben ihr auch verboten, weiterhin den Zaubertrank-Kurs zu gehen und so solltest auch nicht mehr in die Nähe von dieser Frau kommen.
Genauso wenig solltest du Verteidigung gegen die Dunklen Künste besuchen! Ein Werwolf als Lehrer! Wir wissen, dass du diese Stunden gerne hast und es tut deinem Vater und mir auch furchtbar leid, dass es uns nicht gelungen ist, durchzusetzen, dass diese Biester nicht mehr unterrichten dürfen, aber so müssen wir wohl rebellieren und geschlossen nicht zu diesen Stunden gehen!
Wenn du also – wie dein Vater und ich schon im Sommer gesagt haben – diese Stunden nicht mehr besuchst, hast du auch mehr Zeit für deine Freunde und Xavier. Du wirst sehen, gute Freunde sind im Leben wichtiger als alles andere.
Ich hoffe, dir geht es gut!
Deine Mutter!
Dakota atmete tief durch, nachdem sie den Brief gelesen hatte.
Am liebsten würde sie ihn Xavier in den Rachen stoßen, damit er daran ersticken konnte, aber natürlich wäre das nicht sehr damenhaft von ihr und bestimmt hätte er es irgendwie geschafft, auf ihre blaue Lieblingsjacke zu sabbern, die sie an diesem Tag über ihrer Schuluniform trug.
„Ist alles in Ordnung, Baby?", fragte Xavier sie, als er ihren kühlen Blick auf den Brief bemerkte. Sie sah ein wenig so aus, als würde sie sich für jemanden eine passende Mordmethode einfallen lassen.
„Du hast dich also bei deiner Mutter ausgeheult?", fragte Dakota kühl, ohne vom Brief aufzusehen und normalerweise bemühte sie sich, etwas geduldiger mit Xavier zu sein, immerhin war er zu dämlich, um es besser zu wissen, aber dieses Mal war er zu weit gegangen.
Xavier sah sie sofort beleidigt an. „Natürlich nicht! Ich heule mich nicht bei Mum aus!", verteidigte er sich.
„Aber du hast ihr geschrieben", nun richtete Dakota ihren kühlen Blick doch auf Xavier, aber dieser verstand nicht im Ansatz, wie wütend Dakota gerade auf ihn war, wie immer ignorant gegenüber ihren Gefühlen. „Du hast ihr geschrieben, dass du dich von mir vernachlässigt fühlst?"
Langsam schien Xavier zu verstehen – aber zu langsam. Beleidigt verschränkte er die Arme vor der Brust und erinnerte Dakota wie so häufig an ein trotziges Kleinkind. „Es stimmt doch! Du hast kaum für mich Zeit!"
„Wir essen immer gemeinsam!", erinnerte Dakota ihn aufgebracht und stieß ihm ihren Zeigefinger in die Brust, „In jeder Stunde, die wir zusammen haben, sitzen wir auch zusammen und ich nehme mir jeden Abend mindestens eine Stunde Zeit für dich, weil ich eine gute Freundin bin, aber du willst mehr?"
„Ich habe eben mehr Freistunden als du!", beschwerte Xavier sich, als wäre er im Recht, „und da bist du nie da!"
„Ist es meine schuld, dass du keine dieser Stunden bestanden hast?", fragte Dakota gehässig, „Wenn du die ganzen UTZ-Kurse besuchen würdest, könnten wir da mehr Zeit miteinander verbringen!"
„Du weißt, dass das nicht geht!", jammerte Xavier, „Wie hätte ich all diese Stunden bestehen sollen? Es ist einfacher für dich, einfach nicht zu diesen Stunden zu gehen!"
„Ich soll also meine Bildung für dich aufgeben?", fragte Dakota und ihre Stimme schoss in die Höhe. Sie redete mittlerweile so laut, die gesamte Große Halle blickte gefühlt in ihre Richtung.
„Nur ein oder zwei Fächer!", redete Xavier auf sie ein, „Verteidigung gegen die Dunklen Künste und Zaubertränke – deine Eltern wollen sowieso nicht, dass du die besuchst!"
„Und du hast ihnen verraten, dass ich es trotzdem tu!", schrie Dakota ihn jetzt an, ihre Stimme schrill und sehr untypisch für die sonst immer befasste Dakota, aber es reichte ihr einfach, „Obwohl ich dir am Anfang vom Jahr ganz genau erklärt habe, dass du das nicht tun sollst!"
„Ich habe es nicht deinen Eltern gesagt!", maulte Xavier.
„Nein", Dakotas Stimme triefte geradezu vor Abscheu und Sarkasmus, „du hast es nur deiner Mum erzählt und du weißt GANZ GENAU, dass sie ALLES auch meiner Mum sagt!"
„Es tut mir leid, okay?", schnaubte Xavier genervt, als wäre Dakota ihm zu lästig, „Ich wollte nur, dass meine Freundin mehr Zeit mit mir verbringt!"
Dakota schrie frustriert auf und stand vom Tisch auf, ohne auch nur etwas gefrühstückt zu haben. „Pass bloß auf!", sie funkelte Xavier mörderisch an (am Lehrertisch griff Professor McGonagall sicherheitshalber nach ihrem Zauberstab), „Sonst hast du bald überhaupt keine Freundin mehr und du kannst all deine Zeit allein verbringen!"
Es gab tausende Reaktionen, die Dakota irgendwie wieder etwas beruhigt hätten – eine davon war sogar, Dakota einfach in Ruhe zu lassen, bis sie sich wieder beruhigt hatte. Aber natürlich war Xavier ein Idiot und wählte eine der wenigen Methoden, die Dakota noch wütender machten.
Der lachte nervös und fragte etwas zu laut: „Was ist los mit dir? Hast du wieder deine Tage?"
(Am Lehrertisch überlegte Professor McGonagall sich schon, wie sie Xaviers Eltern erklären sollte, wie ihr Sohn gestorben war – ein tragischer Unfall oder doch Mord? Dakota Valentine war talentiert und intelligent genug, um es wie einen Unfall aussehen zu lassen...)
Es war totenstill in der Großen Halle.
Dakotas Blick war kühl auf Xavier gerichtet und ihre Hand zuckte kurz zu ihrem Zauberstab, aber dann drehte sie sich doch einfach um. „Ich erwarte mir dafür eine Entschuldigung!", rief sie, ohne zu Xavier zurück zu sehen, ein wenig so, als würde sie seine Kapitulationsbedingungen verhandeln und einen Moment lang wurde ihr Blick geradezu auf den Tisch der Gryffindors gezogen, wo sie zwischen all den Leuten irgendwie sofort Minerva Weasley mit ihren roten Locken fand, die sie schon ansah. Irgendwie hörte Dakota ihre Stimme, als würde sie direkt neben ihr stehen. „Ich bin eindeutig zu intelligent, um wegen einem Jungen ein Fach aufzuhören!" Ihre selbstsicheren, stetigen Schritte waren in der gesamten Halle zu hören und Dakota wandte sich gereizt an die anderen Schaulustigen. „Hört auf zu Starren! Habt ihr nichts Besseres zu tun?", schnauzte sie sie an und sofort wandten alle ihre Blicke ab und griffen wieder Gespräche auf – die meisten handelten natürlich von diesem öffentlichen Streit.
Dakota verließ die Große Halle und verfluchte sich selbst dafür, dass sie so die Fassung verloren hatte. Sie wusste natürlich nicht, was für einen positiv bleibenden Eindruck sie bei ihren Mitschülern hinterlassen hatte und hätte sie die verbesserten Sinne eines Werwolfs gehabt, hätte sie gewusst, dass Xavier geradezu vor Angst gestunken hatte.
Das hätte Dakota auf jeden Fall gefallen.
Dakota war eine perfekte Slytherin.
Sie war ehrgeizig, verbissen, intelligent, aber auch stur und bestimmt. Sie wusste einfach, was sie verdiente und obwohl sie dieses Wissen meist zur Seite schob und auch Bedingungen annahm, die sie so eigentlich nicht verdient hatte, so hatte sie hin und wieder ihre Momente, in denen sie Gerechtigkeit einforderte.
So zum Beispiel auch von Xavier, der an diesem Tag noch mehrmals versuchte, mit ihr zu sprechen, aber Dakota ignorierte ihn einfach.
Bisher hatte sie noch keine Entschuldigung von ihm gehört, nur jämmerliches Gestammel darüber, dass er eigentlich gar nichts getan hatte und Dakota überhaupt kein Recht darauf hatte, wütend auf ihn zu sein.
Zugegeben, es war in dieser Hinsicht ein sehr entspannter Tag für Dakota.
Es hatte gutgetan, einmal ihre Meinung hinauszuschreien, das hatte Dakota eigentlich noch nie getan. Vermutlich sollte sie das häufiger tun, sie fühlte sich viel ausgeglichener und ruhiger als in den letzten paar Monaten.
Aber natürlich kam ihre kleine Vorstellung vor der ganzen Schule nicht ohne Konsequenzen. Immer wieder begannen Schüler in ihrer Nähe aufgeregt zu tuscheln, wenn sie näherkam und es war einfach nur lästig. Außerdem sahen manche diesen öffentlichen Streit wohl so, dass Dakota mit Xavier Schluss gemacht hatte und eine der wenigen Vorteile, die eine Beziehung mit Xavier mit sich gebracht hatte, kam wieder zum Vorschein.
Miles Bletchley suchte sie zwischen den Stunden auf und fragte sie tatsächlich, ob sie jetzt wieder frei auf dem Markt war – das waren ungefähr seine Worte, aber noch etwas uneleganter ausgedrückt.
Richard Farley von Slytherin schlug ihr beim Vorbeigehen auf den Hintern, Mars Carrow legte ohne Vorwarnung einen Arm um ihre Schultern und Edison Blishwick lud sie auf ein Date beim nächsten Hogsmeade-Wochenende ein, obwohl dafür noch nicht einmal ein Termin bekannt war.
Aber Dakota war nicht single. Es war schon verlockend, mit Xavier Schluss zu machen, dann könnte sie sich noch etwas mehr auf die Schule konzentrieren und hätte endlich Ruhe vor ihm und seinen Mundgeruch, aber gleichzeitig brachte Xavier einen ganz wichtigen Vorteil.
Mit ihm konnte Dakota die ungewollten Berührungen, Flirtversuche und Anmachen auf eine Person konzentrieren und alle anderen ließen sie mehr oder weniger in Ruhe.
Innerhalb des Slytherin-Hauses würde niemand wagen, eine vergebene Frau anzumachen, die Familienehre stand auf dem Spiel und Streitigkeiten unter den Kindern würde auch zu Streit zwischen den Eltern führen, was bedeutete, dass jene Familien vielleicht wichtige Verbündete verloren.
Und keiner wollte sich mit den Montagues anlegen. Dakota hatte allen anderen also ein Tabu auferlegt und sich selbst mit Xaviers Nähe einige Freiheiten erkauft, viel Interesse war noch nie involviert gewesen und Liebe schon gar nicht, aber Xavier sah wenigstens gut aus – jedenfalls sagten das alle anderen und besonders Feli – und war dumm genug, um Dakota so weit freie Hand zu lassen. Einfache Ausreden halfen bei ihm meistens und Sarkasmus verstand er schon gar nicht.
Außerdem mochten Dakotas Eltern ihn, also musste Dakota ihn wohl auch ertragen.
Früher oder später – das wusste Dakota jetzt schon – würde sie wieder mit Xavier reden müssen und ihm „verzeihen", aber vorerst wollte sie erst einmal wissen, ob er sich irgendwann einmal entschuldigen würde.
Problematisch wurde es erst, als Dakota nach Alchemie noch kurz von Professor Cain aufgehalten wurde und sie etwas später – aber natürlich nicht zu spät – zu Zauberkunst ging.
Alle Tische waren schon besetzt, nur noch zwei Plätze waren frei.
Es war beinahe so, als würde das Schicksal wollen, dass Dakota wieder mit Xavier sprach, denn die einzigen freien Plätze waren die neben Xavier und Minerva Weasley.
Dakota redete sich selbst ein, dass ihr die Entscheidung schwerfiel. Sie sagte sich selbst, dass es letztendlich ihr Stolz gewesen war, der sie zu dieser Entscheidung getrieben hatte und sie würde zu anderen und sich selbst später sagen, dass sie keine einzige Sekunde genossen hatte.
Dakota warf Xavier einen verächtlichen Blick zu, der sie wissend angrinste und ihre Entscheidung wohl vorhersehen konnte. Vielleicht hatte er das alles so eingeleitet und vorbereitet, es konnte nicht einfach Pech gewesen sein.
Das Grinsen verschwand aus Xaviers Gesicht, als Dakota direkt zu Weasleys Tisch ging.
„Ist hier noch frei?", fragte Dakota und Minerva Weasley blickte teils überrascht, teils erschrocken zu ihr hoch.
„Klar", stammelte sie, „Sowieso – setzt dich, Dakota!"
Am Nebentisch saßen Louis Weasley und Rabia zusammen.
Louis zwinkerte Dakota zu. Rabia sah Dakota misstrauisch an. Dakota ignorierte beide, als sie ihre Tasche auf dem Boden abstellte und sich neben Weasley setzte, ohne sie anzusehen.
„Montague und du – seid ihr noch zusammen?", sprach Weasley Dakota an.
Dakota wünschte sich, sie hätte es nicht getan und einen Moment lang schaute sie einfach nur genervt nach vorne und überlegte sich, ob sie sie einfach ignorieren sollte, aber das war auch irgendwie kindisch.
„Siebzehn", sagte Dakota nur, ohne Weasley anzusehen.
„Was?", fragte Weasley verwirrt.
Dakota seufzte und blickte kühl zur Seite zu Weasley. „Das haben mich heute schon Siebzehn Leute gefragt – ich weiß nicht, warum das offenbar das Interessanteste ist, das heute passiert ist."
„Verstehe...", murmelte Weasley leise, „Du willst nicht darüber sprechen."
„Du scheinst ja wirklich außergewöhnlich intelligent zu sein, dass du das erkennst", schnaubte Dakota.
„Dann reden wir eben über etwas anderes", schlug Weasley vor.
„Wer sagt, dass ich mit dir reden will?", blaffte Dakota unhöflich, „Der einzige Grund, warum ich hier sitze, Weasley, ist der, dass das der einzige freie Platz ist – außer dem neben Xavier, neben dem ich aus ganz offensichtlichen Gründen nicht sitzen will und kann."
„Deswegen hat er wohl auch so dumm geschaut, als du dich zu mir gesetzt hast", grinste Weasley, „Hat er wohl nicht erwartet."
„Für Xavier existiert nur er selbst und seine eigene, kleine Welt", schnaubte Dakota verächtlich, „Und sobald etwas nicht so läuft, wie er es sich einbildet, ist er immer so überrascht, als könnte er nicht glauben, dass sich jemand gegen seinen Willen und seine Wünsche stellt."
„Klingt ja wirklich nervig", meinte Weasley und bemühte sich wohl, mit mitleidig auszusehen, aber mit wenig Erfolg, „Du hast eindeutig etwas Besseres verdient."
„Ich weiß", sagte Dakota nur.
„Warum bist du noch mit ihm zusammen?", fragte Weasley zögerlich.
Er ist noch immer eine bessere Alternative, als allein zu sein und er bringt auch wenige Vorteile für bisher eigentlich wenig Gegenleistung. „Keine Ahnung", sagte Dakota nur schulternzuckend.
„Er sieht gut aus", warf Louis Weasley ein.
„Das ist wahr", stimmte Dakota ihm zu, „Er sieht wirklich gut aus." Mutter sagt, unsere Kinder werden wundervoll aussehen...
„Findet ihr wirklich?", fragte Weasley mit einem kritischen Blick auf Xaviers Hinterkopf – er blickte nur hin und wieder zurück in die letzte Reihe von seinem Platz auf Dakotas Stammplatz aus.
Nein. „Ja", antwortete Dakota bestimmt.
„Montague ist auf jeden Fall eine sieben-Komma-fünf-von-zehn", überlegte Louis, bevor er Dakota von oben bis unten musterte, „aber Dakota ist eine glatte neun."
„Machen wir eine neun-Komma-fünf daraus", verbesserte Dakota ihn.
Louis grinste leicht. „Damit kann ich leben."
„Wie sieht die Skala aus?", fragte Rabia, „Wer ist eine eins und wer eine zehn?"
„Niemand ist eine eins", wollte Weasley sie besänftigen, „Alle Menschen sind hübsch auf ihre eigene Art und Weise!"
„Filch ist eine eins", bestimmte Louis.
Weasley blinzelte ein paar Mal. „Jaah... keine Einwände..."
„Angenommen", nickte Rabia zufrieden, „Und wer ist eine zehn?"
„Victoire Weasley", sagte Dakota ohne zu zögern und bemerkte, dass sie wahrscheinlich ein wenig zu schnell geantwortet hatte, aber sie ließ sich nicht anmerken, wie peinlich ihr das war.
„Meine Schwester? Wirklich, Valentine?", fragte Louis und hob kritisch eine Augenbraue, „Also, ich stimme eindeutig für Professor Malfoy."
„Professor Malfoy ist wirklich heiß", murmelte Rabia verträumt.
„Für wen stimmst du, Minnie?", fragte Louis an Weasley gewandt und grinste vielsagend, als wäre das irgendein Insider zwischen ihnen.
Weasley wurde ein wenig rot und funkelte Louis genervt an, bevor sie antwortete: „Ich stimme für Dakota – Dakota ist eine zehn-von-zehn."
Dakota blinzelte überrascht. Dann lächelte sie leicht. „Danke."
Weasley wurde noch roter und schluckte schwer. „Nur die Wahrheit...", murmelte sie, ohne Dakota anzusehen.
„Zwei Stimmen für Professor Malfoy", verkündete Louis, „Also ist er die zehn-von-zehn! Sorry, Valentine."
„Warte, kann ich für mich selbst stimmen?", fragte Dakota, „Dann stimme ich eindeutig für mich selbst."
„Gleichstand – Malfoy und Valentine sind beide die zwei Gender-Spektren von einer zehn-von-zehn", beschloss Louis feierlich, „Schön, dass wir das geklärt haben."
„Professor Malfoy ist also das männliche Äquivalent meiner Schönheit?", fragte Dakota kritisch, „Es stimmt also, dass Männer mit Alter attraktiver werden..."
Einen Moment war es still zwischen ihnen allen, während sie wohl alle an dasselbe dachte – jedenfalls dachte Dakota daran. Sie überlegte sich, ob Männer im Alter in ihren Augen attraktiver wurden.
Professor Malfoy sah vielleicht ganz gut aus, als niemals hätte Dakota ihn als eine zehn-von-zehn eingestuft.
Stattdessen kam ihr eine andere Person in den Sinn, die trotz „Alter" noch immer wunderschön war... Professor Fuego.
Zum Glück diskutierten sie nicht weiter darüber, als Professor Flitwick in die Klasse kam und die Stunde begann.
Es war wirklich ungewohnt für Dakota, in der Stunde nicht unterbrochen zu werden.
Weasley berührte sie – natürlich – nicht, sie redete nicht mit Dakota, stupste sie nicht an, fragte sie nichts, wollte nicht ihre Mitschrift lesen und schon gar nicht ging sie Dakota auf die Nerven.
Hin und wieder sah Dakota im Augenwinkel, wie Weasley in ihre Richtung blickte, aber das war es dann auch schon. Dakota konnte sich ausschließlich auf die Stunde konzentrieren – jedenfalls theoretisch.
Praktisch waren ihre Gedanken ganz woanders und sie wusste selbst nicht, was sie davon halten sollte, als sie daran dachte, dass sie wohl noch nie eine so dämliche und gleichzeitig amüsante Unterhaltung geführt hatte... und es war mit Leuten gewesen, die ihre Eltern verabscheuten.
Xavier hielt es nicht einmal einen Tag aus – aber Dakota blieb standhaft.
Am Abend, als Dakota ihre Hausaufgaben an einem der Arbeitstische machte, kam Xavier zu ihr und entschuldigte sich.
Eigentlich nicht wirklich, aber es kam das Wort „Entschuldige" vor und es war besser gewesen als alle Entschuldigungsversuche davor, also hatte Dakota einfach angenommen und alles war wie zuvor.
Nachdem sie einen größeren Teil ihrer Aufgaben auch gemacht hatte, ließ Dakota sich sogar dazu überreden, sich zu einigen ihrer Freunde ans Kaminfeuer bei der Sitzgruppe zu setzen.
Xavier verscheuchte ein paar jüngere Schüler und sie versammelten sich in gleichzeitig Freundschaft und misstrauischer Distanz, wie es immer bei solchen Begegnungen der Oberklasse war, wie Dakota das Gefühl hatte. Diese zuckersüße Höflichkeit, die einen immer begleitete, wenn man es mit jemanden von hohem Rang zu tun hatte und die Dakota immer auf die Nerven ging.
Sie saß also zwischen Feli und Xavier auf einem der Couches und hörte mit halbem Ohre dabei zu, wie sich ihre „Freunde" über die Schule, andere Leute, Lehrer oder die Familie beschwerten. Dakota hörte meist einfach nur zu, außer sei wurde direkt angesprochen. Eigentlich interessierte sie dieser Klatsch und Tratsch kaum, aber sie quälte sich durch, um ihre Reputation und ihren Anschluss zu behalten.
Außer natürlich sie wurde direkt angesprochen, wie gerade von Feli.
„Hey, Daki", sie senkte ein wenig ihre Stimme, als würde sie über ein Geheimnis reden, aber es war noch immer für alle gut hörbar, „Stimmt es, dass du dich heute in Zauberkunst neben Weasley gesetzt hast?"
Dakota wusste nicht, warum das so interessant war. „Ja."
„Du hast dir eine wirklich widerspenstige Freundin ausgesucht", scherzte Mars Carrow, als wäre es nicht Dakota gewesen, die Xavier akzeptiert hatte und als wäre er selbst nicht einer von jenen gewesen, die im Laufe des Tages ihr eigenes Interesse an Dakota zum Ausdruck gebracht hatten.
„Ich weiß", grinste Xavier und legte einen Arm um Dakotas Schultern, als hätte er sich nicht gerade noch in der Früh beim Anblick einer wütenden Dakota beinahe vor Angst in die Hosen gemacht und als wäre es nicht Dakota gewesen, die ihn akzeptiert hatte.
„Neben den schwulen, den fetten oder Streber-Weasley?", fragte Juno Carrow grinsend – sie war ein großer Fan solcher Gerüchte.
Dakota selbst konnte mit keinem dieser drei Unterscheidungen etwas anfangen, sie wusste nur, dass drei Weasleys in ihrem Jahrgang waren: Minerva, Louis und Hugo, wobei Hugo eigentlich ein Granger-Weasley war, aber Dakota bezweifelte, dass Juno Carrow so genau war. Eigentlich stammte noch eine vierte Schülerin in diesem Jahrgang von einer Weasley ab, aber Lily Potter war grundsätzlich eher für ihren berühmten Vater bekannt, wobei auch ihre Mutter eine bekannte Quidditch-Spielerin gewesen war (aber niemand konnte aus dem Schatten von dem Harry Potter treten).
„Neben dem fetten", lachte Xavier und Dakota erstarrte kaum merklich.
Sie hatte erwartet, dass Louis der „schwule Weasley" war, aber Minerva Weasley war doch nicht fett.
Dakota rief ein Bild ihrer Mitschülerin auf, neutral in ihrer Schuluniform und ja, Weasley war vielleicht nicht so schmal geformt, wie Dakota oder ihre weiblichen Freundinnen, aber niemals hätte Dakota sie als fett beschrieben. Es waren weiche Rundungen – Weasley hatte noch immer eine elegante Figur und wusste, wie man ihre Kurven betonte.
Minerva war eindeutig eine acht-von-zehn.
Dakota runzelte bei diesem unterbewussten Gedanken die Stirn und schob ihn beiseite.
Fazit war für Dakota, dass Weasley nicht wirklich fett war, aber in den Augen ihrer Freundinnen und Freunde wohl schon und sie wusste nicht, was sie davon halten sollte.
„Entschuldigt mich", sie lächelte leicht in die Runde und stand auf, „ich glaube, ich gehe jetzt zu Bett."
„Komm schon, Dakota", jammerte Xavier wie ein kleines Kind, „Noch ein wenig länger!"
Nein. „Wir sehen uns ja morgen wieder, Schatz", versprach Dakota und beugte sich zu ihm hinunter für einen letzten Kuss. Xavier entließ sie aber nicht so schnell, sondern zog sie noch weiter zu sich und vertiefte den Kuss.
Dakota hasste das. Sie fühlte sich bloßgestellt und gedemütigt, als Xavier sie einfach so vor all den Leuten küsste, aber sie stieß ihn nicht weg, sondern ertrug es einfach und lächelte sogar, als Xavier sie grinsend endlich freiließ.
„Bis morgen", wisperte sie leise, scheinbar nur für Xaviers Ohren bestimmt und dann an alle anderen: „Gute Nacht!"
Dakota ging nach oben in den Schlafsaal, der noch leer war – alle anderen saßen unten noch zusammen.
Sie schminkte sich ab, putzte sich die Zähne, wusch ihr Gesicht und trug dann eine Creme auf ihrer Haut vor dem Spiegel auf.
Sie sah sich selbst an – eine zehn-von-zehn, wie Minerva Weasley heute erst beschlossen hatte. Sie war wirklich eine zehn-von-zehn, da hatte Dakota überhaupt keine Selbstzweifel.
Dann überlegte sie sich, wo auf dieser Skale von Filch bis Malfoy/sie selbst sie ihre Freunde einstufen würde.
Xavier war in ihren Augen niemals eine sieben-Komma-fünf, wie Louis Weasley gesagt hatte. höchstens eine vier, was für eine männliche Person in Dakotas Leben schon ziemlich gut war, wie der Vergleich mit anderen zeigte. Malfoy war für sie vielleicht eine sechs.
Aber dann waren da Victoire Weasley, das wohl schönste Mädchen, das Dakota je gesehen hatte. Da war Professor Cain, eine wunderschöne, junge Frau mit einem wunderschönen Lächeln. Da war auch Minerva Weasley und auch Rabia, die von den Jungen der Slytherins wegen ihres Kopftuches mehr als einmal als „hässlich" bezeichnet worden war, ihre Abstammung von Muggel einmal beiseitegelassen. Natürlich war auch Professor Fuego in dieser Aufzählung dabei – eine Liste von Personen, die Dakota attraktiver als die zehn-von-zehn (Professor Malfoy) fand.
Sie versuchte, diese Gedanken zu verdrängen und ging zu Bett.
Es war ganz normal. Das weibliche war eben auch das hübschere Geschlecht. Mit wunderschönen Rundungen, perfekten Proportionen, weichen Gesichtern und freundlichen Lächeln. Es war absolut normal, sie attraktiver zu finden.
Absolut normal.
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