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>> Wollt Ihr wirklich gehen, Zanrad? <<

>> So ist es. <<, antwortete sie und steckte ihren Dolch in den versteckten Schlitz des Stoffes, der ihren Unterschenkel bedeckte. Sie schob ihr langes Oberteil zur Seite und testete, ob sie ohne Hindernisse schnell nach dem Dolch greifen konnte.

>> Rechnet Ihr mit einem Angriff? <<, fragte Felyon besorgt.

>> Man sollte immer damit rechnen. <<, antwortete sie mahnend. Stille bereitete sich aus.

>> Ihr solltet jetzt wieder auf Euren Posten. <<, sagte sie nach einigen Minuten.

Er sah Xa ernst an. >> Nicht bevor ich Euch bis zur Grenze begleitet habe. <<

Sie warf Felyon einen warnenden Blick zu. Daraufhin senkte er den seinen und schwieg. Er durfte ihr nun mal nicht widersprechen.

Jedes Mal tat es ihr leid wenn sie so streng mit ihm umging, aber was konnte sie denn anderes tun um ihm verständlich zu machen, dass sie ihre Autorität nicht riskieren durfte? Auch wenn sie dafür selbst bürgen musste.

Felyon schwieg immer noch, weshalb sie auf ihn zuging und ihn diesmal sanfter ansah.

>> Ihr wisst ich muss es tun. Das ist meine Bestimmung. Und Eure ist eine andere. Deshalb versucht mich nicht aufzuhalten. <<, sagte sie mit einer sanften, aber trotzdem ernsten Stimme.

Felyon hob seinen Blick und sah sie besorgt an. >> Wir Ihr wünscht. <<, flüsterte er ohne Ausdruck im Gesicht. Seine Augen jedoch verrieten ihr, dass in ihm mehr als nur das was sich in seinem Gesicht zeichnete, vorging. Xa sah ihn traurig an, weil sie spürte was er spürte.

In diesem kurzen traurigen Moment, holte Felyon tief Luft und sein Blick veränderte sich plötzlich. Er wusste wie er seine Gefühle verbergen konnte. Egal wer es war.

Sie bemerkte es und sah ihn deshalb, ebenfalls streng an. >> Ihr dürft nun gehen. <<, informierte sie ihn knapp und trocken. Dann trat sie ein paar Schritte zurück. >> Möge der Stern Ninfrendai mit Euch sein. <<, sagte Xa schließlich.

Felyon nickte und legte seine Faust an die Stelle an der sich sein Herz befand. >> Mit Euch möge er sein, Zanrad. <<, flüsterte er und verließ dann den Raum. Doch bevor Felyon die Tür hinter sich schloss, warf er ihr noch einen kurzen Blick zu, ohne dass sie es bemerkte, da sie sich gerade ihrem Schwert zuwandte. Traurig lächelnd schloss er die Augen und machte dann leise die Tür zu.

Er würde warten. Solange, wie es nötig war.

Ich öffnete meine Augen und sah mich schläfrig um. Es war immer noch dunkel draußen, weshalb ich mich fragte wie viel Uhr es eigentlich war.

>> Du kannst es kontrollieren. <<, hörte ich Jacks Stimme plötzlich hinter mir. Abrupt drehte ich mich um und sah zwei leuchtend rote Augen aus der Dunkelheit heraus strahlen. Ich wollte ihn fragen was er damit meinte, aber ich konnte nicht einmal mit dem Auge zucken. Mein Gesicht fühlte sich wie versteinert an. Ich versuchte mit meinen Wimpern zu klimpern, doch meine Augenlider blieben starr. Nicht mal sie konnte ich bewegen. Ich betastete mit meinen Fingern mein Gesicht, doch spürte dabei nichts. Die Panik stieg langsam in mir hoch und ich bewegte meinen Kopf hin und her, um sicherzustellen ob ich überhaupt noch einen Kopf besaß.

>> Du bist in der Übergangsphase. <<, sagte Jack plötzlich. Ich verstand überhaupt nicht wovon er sprach. Mit meinen Augen versuchte ich ihm zu verdeutlichen, dass ich nichts verstand. Er kam auf mich zu und berührte meine Wange. Wie aus dem Nichts fing meine Wange an zu brennen. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass sie nicht wirklich brannte, aber es fühlte sich so an als würde er mir glühendes Eisen auf mein Gesicht pressen, sodass sich meine Haut anfühlte als löste sie sich vor Hitze auf. Ich versuchte zu schreien, doch es gelang mir nicht, denn ich konnte meinen Mund nicht öffnen. Verzweiflung und Panik ergriffen mich. Ich versuchte von Jack abzurücken, aber ich war wie gelähmt.

>> Bald wird es vorbei sein. <<, flüsterte Jack in die schrecklich lange Stille hinein, in der ich mich vor Schmerzen innerlich wand. Ein letztes Mal versuchte ich zu schreien und wachte schließlich mit verheulten Augen auf.

Ich sah mich irritiert im Zimmer um und schniefte. Was war das bloß für ein schrecklicher Traum gewesen? Wohl eher ein Albtraum.

Ich tätschelte meine Wange und spürte, dass sie heißer war als sonst. Hatte ich etwa Fieber?

Nein, wahrscheinlich lag es daran, dass ich vor Schmerzen geheult hatte. Mir fiel auf, dass es draußen immer noch dunkel war. Genau wie in meinem Traum vorhin. Ich hoffte nur, dass das hier diesmal kein Albtraum war.

Plötzlich spürte ich eine Vibration und daraufhin Piep-Töne. Obwohl ich nicht wusste was es war, suchte ich nach dem Geräusch und fand es bald. Es war mein Handy. War ich jetzt etwa völlig verblödet oder was? Mein Handy klingelte weil es Zeit war zur Schule zu gehen. Wie sonst auch immer. Aber irgendwie kam es mir überhaupt nicht normal vor.

Ich machte den Wecker aus und legte mein Handy auf den Nachttisch. Immer noch total verwirrt, stieg ich schließlich aus dem Bett und ging ins Bad um mein Gesicht zu waschen. Als ich vor dem Spiegel stand.bemerkte ich, dass meine Augen überhaupt nicht leuchteten, obwohl ich das Licht nicht angemacht hatte. Zwar sah ich immer noch alles perfekt im Dunkeln, aber wieso leuchteten meine Augen nicht?

Ich sehe total scheiße aus, dachte ich mir und schüttelte den Kopf. So als hätte mich ein LKW angefahren und mich dann einfach auf der Straße liegen lassen.

Meine Haare waren völlig zerzaust und mein Gesicht war total rot. Normalerweise wurde ich nie rot. Was ist denn jetzt noch normal?, dachte ich mir und drehte dabei den Wasserhahn auf. Kaltes Wasser entspannte mich immer, weshalb ich meinen Kopf damit übergoss.

Als ich mit meinem Morgenritual fertig war, packte ich meine Tasche und zog mich um. Ich hasste es im Winter rauszugehen. Man musste sich doppelt und dreifach anziehen und durfte dann in der Schule, oder egal wo man war, alles wieder ausziehen, weil es in den Gebäuden viel zu warm war. Und zu meinem Pech war Deutschland eher ein kaltes Land als ein warmes. In San Francisco schneite es gerade bestimmt nicht einmal.

Als ich mit allem fertig war, rannte ich die Treppen hinunter und zog meine Stiefel an. Ein allerletztes Mal sah ich mich um, um sicher zu gehen dass ich nichts vergessen hatte und verließ dann das Haus.

Kalter Wind wehte mir entgegen und ließ mich erzittern. Zwar mochte ich die Kälte nicht, aber überraschenderweise tat sie mir heute gut. Mit schnellen Schritten lief ich Richtung Schule und nahm mir vor auf jeden und alles gefasst zu sein, falls sich Jack oder Bryan wie immer von hinten anschlichen. Ich sah mich dauernd um und fixierte alles um mich herum bis auf das kleinste Detail. Schon nach fünf Minuten entdeckte ich eine nicht naturgetreue Bewegung hinter einem Busch. Ich tat so als hätte ich diese nicht bemerkt und lief einfach weiter. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich wie zwei dunkle Augen mich aus einem sehr gut versteckten Platz aus beobachteten. Kein Wunder, dass ich Jack nie bemerkte, falls es wirklich er war der mich gerade beobachtete. Kein bisschen stalkermäßig, ging es mir durch den Kopf.
Ich ignorierte ihn einfach und lief weiter. Von weitem sah ich plötzlich, dass Jack auf mich zu kam. Was mich irritierte, weil doch zwei dunkle Augen mich vorhin von dem versteckten Platz hinter dem Busch angestarrt hatten. Sie waren dunkel gewesen und nicht hellblau.

Um mir nichts anmerken zu lassen reagierte ich ganz normal als ich ihn sah, bis mir wieder einfiel, dass er Bryans Fähigkeiten Gedanken zu lesen, vor mir verheimlicht hatte.

Abrupt erhöhte ich mein Lauftempo und sah Jack zornig an.

>> Du! <<, schrie ich ihn an und tippte ihm hart auf die Brust, als ich vor ihm stand. Ein kleiner Stromschlag lief wieder durch meinen Körper, aber ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen.

Jack sah total verwirrt aus und sah mich fragend an.

>> Wieso hast du es vor mir geheim gehalten? Du hättest es mir sagen müssen! Und dann behauptest du wir wären Freunde! Freunde verheimlichen solche Dinge nicht voreinander. <<, rief ich wütend und tippte ihm jedes Mal dabei auf die Brust. Und jedes Mal lief mir ein Stromschlag durch den Körper.

>> Kim? Wovon redest du überhaupt? Ich weiß nicht mal worum es gerade geht. <<, sagte er ruhig und sah mich dabei sanft aus seinen dunklen Augen an. Automatisch wandte ich meinen Kopf nach hinten und warf einen Blick auf den versteckten Platz hinter dem Busch. Die zwei Augen waren verschwunden. Etwas weniger wütend wandte ich mich wieder Jack zu.

>> Kim. Was ist los? <<, fragte er mich schließlich besorgt. Ich fixierte sein Gesicht und sah mich dann kurz um.

>> Wieso hast du mir nicht gesagt, dass Bryan meine Gedanken lesen kann? <<, fragte ich ihn schließlich leise. Leise aber wütend.

Seine Augen wurden groß und er schien total fassungslos zu sein. Jack öffnete seinen Mund als würde er etwas sagen wollen, aber klappte ihn dann wieder zu weil er nichts herausbrachte.

>> Hättest wohl nicht gedacht, dass ich es weiß. <<, sagte ich mit einem wütenden Blick.

>> Kim...i-ich... <<, stotterte er und gestikulierte dabei mit den Händen.

>> Sag mir einfach warum du es mir nicht erzählt hast, Jack! <<

>> Weil ich nicht konnte! <<

>> Du sagst immer ich kann nicht, ich kann nicht! Erzähl mir mal warum du es nicht kannst! <<

>> Du verstehst das nicht, Kim! Lass es einfach gut sein. <<, erwiderte er nun etwas genervt und wandte sich dann von mir ab. Er lief Richtung Schule und ich starrte zornig seinem muskulösen Rücken hinterher. Ich werde dich solange ignorieren bis du mir alles erzählst!, schrie ich ihn innerlich an und wechselte dann die Straßenseite.

Ich hatte gar keine Lust jetzt noch zur Schule zu gehen, aber wenn ich es nicht tat, würde ich Jack damit nur zeigen, dass ich vor ihm floh. Und da das nicht der Wahrheit entsprach, würde ich zur Schule gehen und ihn erbarmungslos ignorieren. Genauso wie er dies immer tat.

Zwar kam mir die Situation kindisch vor, aber manchmal musste man einfach das Kind in sich freilassen. Ich warf einen kurzen Blick auf Jack und sah, dass wir im gleichen Takt liefen.

Ich erhöhte mein Tempo, damit dies nicht mehr der Fall war, und erreichte schließlich das Schulgebäude viel schneller als er.

Ich betrat die Schule und lief mit schnellen Schritten ins Klassenzimmer. Laura war schon da, weshalb ich ein Lächeln aufsetzte und sie fröhlich begrüßte.

Einige Minuten später kam Jack herein, aber ich würdigte ihn keines Blickes.

Mir entging nicht, dass Bryan auch anwesend war, aber ich ignorierte ihn ebenfalls.

***

Mir kam es so vor als würde die Zeit wie im Flug vergehen. Der Lehrer kam herein, begann mit dem Unterricht, wir schrieben den Aufschrieb ab und schon kam der nächste Lehrer.

Als es endlich zur Pause klingelte, erhob ich mich langsam und wartete bis Laura ihre Sachen einpackte. Die anderen Mädels schlossen sich uns an und wir liefen gemeinsam zur Kantine.

>> Das heißt also ihr seid jetzt endlich zusammen? <<, fragte Laura, woraufhin Michelle lächelnd nickte. >> Wer ist hier die größte Verkupplungskönigin? <<, rief Laura laut und alle zeigten auf sie.

>> Du natürlich. <<, erwiderte jeder lachend.

>> Danke, danke. Autogramme gibt's später. <<, verkündete Laura grinsend.

Ich war froh darüber, dass ich mich wenigstens ein wenig von dem was heute Früh passiert war, ablenken konnte. Ich verstand einfach nicht warum Jack mir nichts erzählen konnte. Vielleicht hatte er befürchtet ich würde ihn für verrückt halten? Aber warum erzählte er mir allgemein gar nichts?
Vertraute er mir nicht? Warum sollte er mir dann aber seine leuchtend roten Augen zeigen? Oder war er etwa in einer Sekte und befürchtete ermordet zu werden wenn er mir etwas verriet?

Ach vergiss es, ging es mir durch den Kopf, er denkt nicht an dich, also denk du auch nicht an ihn.

>> Ich bringe mal mein Tablett zurück. <<, sagte Vanessa und stand auf. Ich hob meinen Blick und sah ihr hinter her. Ein Mädchen, das vor mir stand, rückte plötzlich weg und machte mir unglücklicherweise die Sicht auf Bryan frei. Sofort verfinsterte sich mein Gesicht und ich starrte ihn wütend an, aber spürte gleichzeitig wie Panik in mir aufstieg. Konnte er gerade meine Gedanken lesen? Bryan starrte zurück und fixierte dabei mein Gesicht. Er sah weder wütend noch beleidigt aus, sondern eher gelassen und aufmerksam. Ich wollte mich gerade von ihm abwenden, als plötzlich eine Art Erinnerung vor meinem inneren Auge auftauchte. Ich sah wie Jacks Augen aus der Dunkelheit heraus strahlten und seine Lippen sich bewegten. >> Du kannst es kontrollieren. <<, sagte er zu mir und trat aus dem Schatten der Dunkelheit.

Unbewusst war ich in meiner Bewegung erstarrt und sah wie mein Arm in der Luft schwebte. Ich bemerkte wie Bryan mich komisch ansah. Um mir nichts anmerken zu lassen kehrte ich ihm einfach den Rücken zu. Unkontrolliert fing ich an zu zittern und spürte wie mir plötzlich heiß wurde.

>> Alles in Ordnung? <<, fragte mich Laura besorgt.

>> Mir ist nur ein bisschen schlecht geworden. <<, log ich. >> Von dem Schokodrink vielleicht. <<, fügte ich noch hinzu und zeigte auf mein Getränk.

>> War der etwa vergammelt? <<, fragte sie und legte ihre Stirn in Falten. >> Wenn ja, dann können wir die Angestellten hier verklagen. Warte ich scheiß die gleich mal zusammen! <<, rief Laura laut und stand auf.

>> Nein. Warte doch! Der war nicht vergammelt. <<, widersprach ich ihr. Ich sah wie sie in ihrer Bewegung inne hielt und sich dann wieder hinsetzte. >> Na gut, wie du meinst. <<, sagte sie lächelnd. Ich versuchte sie anzusehen, doch jedes Mal tauchte Jacks Gesicht vor mir auf. Er ging mir einfach nicht aus dem Kopf.

Ich tastete wieder an meine Wange und fühlte wie heiß sie war. Es kam mir so vor als würde mein Albtraum von heute Morgen wahr werden.

>> Ich gehe kurz mal auf die Toilette. <<, informierte ich Laura mit zittriger Stimme und stand auf.

>> Ich komme mit. <<, erwiderte Laura besorgt. >> Nicht dass du mir hier noch umkippst. <<

Ich wollte protestieren, aber fühlte mich auf einmal so schwach, dass ich mich schwer alleine auf den Beinen hielt. Mein Gesicht brannte förmlich, genau wie in meinen Traum heute Morgen. Als hätte Jack mir seine glühend heiße Hand wieder an die Wange gelegt, sodass die Schmerzen zurückkamen. Befand ich mich etwa wieder in einem Albtraum oder war es real?

Ich spürte eine Hand an meinem Rücken, die mir dabei half weiter zu laufen und aufrecht zu stehen. Was war plötzlich los mit mir? Hatte ich so etwas wie einen Schwächeanfall?

Gedankenverloren lief ich zur Toilette. Als ich die Tür aufstoßen wollte, drückte eine Hand die Klinke für mich herunter. Doch es war keine weibliche Hand. Wenigstens das konnte ich noch erkennen. Ich drehte mich um und blickte in Jacks Gesicht.

>> Was...-Jack..? Laura war doch... <<, stammelte ich kraftlos und sah ihn verwirrt an.

>> Du hast es zwar nicht mitgekriegt, aber vorhin habe ich Laura gesagt, dass ich dich begleiten werde. Nur für den Fall, dass dir wirklich was passiert. <<, erklärte er ruhig.

Ich sah ihm müde in die Augen und wollte etwas von ihm abrücken, aber kippte dabei fast um, weshalb er mich an der Hüfte packte und mich dann an die Wand lehnte.

>> Was ist passiert? <<, fragte er besorgt und verzog dabei seine Augenbrauen.

>> Jack. <<, flüsterte ich schwach und hielt meine Augen schwer offen.
>> Wieso erzählst du mir nichts? <<, fragte ich ihn. Mir fiel auf, dass sich meine Stimme dabei komischerweise traurig anhörte.

Er ließ mich sanft los und betrachtete mich dann.

>> Erzähl es mir und ich erzähl es dir. <<, murmelte ich unbewusst vor mich hin.

>> Wir sollten dich nach Hause bringen. <<, erwiderte Jack bloß daraufhin und sah mich mit einem seltsamen Blick an.

Er sah unentschlossen aus darüber was er jetzt tun sollte und überlegte deshalb kurz. Ich sah ihn aus halb geschlossenen Augen an und lächelte schwach. Plötzlich entstand ein Bild vor meinem inneren Auge.

Ich sah wie Jack neben mir auf einer Bank saß und wir zusammen in die Sterne schauten. Wir strahlten Glückseligkeit aus. Er lächelte friedlich vor sich hin und es bereitete mir Freude ihn so zu sehen.

>> Du hast dich überhaupt nicht verändert. <<, kam es mir über die Lippen, jedoch ohne selbst zu wissen was ich damit meinte. Es schien mir so als hätte nicht ich sondern jemand anderes gesprochen. Ich lächelte Jack immer noch an und bemerkte wie er mich aus großen Augen ansah.

Er ging plötzlich auf die Knie und neigte seinen Kopf zur Seite.
>> An was kannst du dich noch erinnern? <<, fragte er mich neugierig. Mir fiel auf, dass er das erste Mal Neugierde zeigte. Ich wusste nicht wovon er sprach, aber wollte ihm dennoch antworten. Egal wie. Hauptsache er bekam eine Antwort. >> An alles. <<, flüsterte ich schließlich und beobachtete wie sein Gesichtsausdruck sich schlagartig veränderte. Er runzelte kurz die Stirn und schüttelte ungläubig den Kopf.
>> Ich muss es ihr erzählen. <<, hörte ich ihn vor sich hin murmeln. >> Es ist Zeit. <<, nuschelte er weiter. Ich wusste nicht in welchem Zusammenhang er das meinte und blieb deshalb still.

>> Warte hier! <<, sagte er dann zu mir und wartete bis ich mich auf den Boden gesetzt hatte.

>> Geh nicht weg, bitte. <<, bat er mich mit besorgtem Blick und verschwand dann. Klar, als hätte ich eine Wahl, hätte ich ihm gerne hinterher gerufen.

Ich ließ meinen Kopf sinken und schloss meine Augen. Es kam mir so vor als würde ich im Moment nicht ich selbst sein. Weder meine Arme noch meine Beine waren zu spüren. Was war bloß los mit mir?

Einige Minuten verstrichen bevor Jack wieder zurückkam und sich erneut vor mich hinkniete.

>> Ich habe dich abgemeldet. <<, verkündete er. >> Und bringe dich jetzt nach Hause. <<

Ich wusste nicht was ich sagen sollte und sah ihn deshalb nur an.
>> Wie es aussieht bist du momentan nicht mal in der Lage zu sprechen. <<, stellte er fest. >> Hast du den Schulgong überhaupt gehört? <<, fragte er mich nach ein paar Sekunden der Stille. Ich schüttelte den Kopf. Ich hatte rein gar nichts gehört. Jack gab ein nachdenkliches >>Hm. << von sich und sah sich dann um. Plötzlich hob er mich hoch und stützte mich beim Laufen. Er zuckte kurz zusammen und verzog sein Gesicht. Ich sah ihn emotionslos an. Diesmal hatte ich bei seiner Berührung keinen elektrischen Schlag gespürt. Aber er schon, wie es aussah.

Jack blickte mich verwundert an und hob dabei seine linke Augenbraue. Als ich daraufhin nicht reagierte ließ er es bleiben. Ich bemerkte, dass ich kaum noch in der Lage war zu laufen. Wir kamen nur sehr langsam voran. Ihm war das natürlich nicht entgangen. Schließlich lief er ja neben mir her.

>> Kim? <<, hörte ich ihn nach mir fragen. Ich blickte ihm in die Augen. >> Ich werde dich jetzt hochheben und dich nach Hause tragen, okay? Bitte protestiere nicht dagegen. <<, sagte er und wartete wie es aussah auf einen Widerstand. Obwohl ich dagegen war und wirklich protestieren wollte, kam keine einzige Silbe aus meinem Mund.
Plötzlich spürte ich zwei muskulöse Arme unter mir und bemerkte, dass meine Füße in der Luft schwebten. Ich protestierte innerlich, doch mein Körper blieb starr wie eine Statue. Wieder erschien das Bild aus meinem Traum vor meinen Augen. >> Du kannst es kontrollieren. <<, hörte ich Jack wieder sagen. Mit einem Schlag kehrte das Brennen meiner Wange zurück und genau wie in meinem Albtraum konnte ich mich überhaupt nicht bewegen. Die Schmerzen waren so stark, so real. Ich wollte einfach nur raus aus meinem Körper, damit dieses schreckliche Brennen endlich aufhörte. Punkte tauchten vor meinen Augen auf und tanzten vor meiner Nase hin und her. Ich sah alles nur noch verschwommen und wünschte mir innerlich, dass uns niemand so sah. Obwohl dies momentan eigentlich meine letzte Sorge sein müsste. Ich versuchte mich mit irgendetwas abzulenken, aber es klappte einfach nicht. Ich wollte schreien vor Schmerzen, doch es war so als hätte ich nie eine Stimme gehabt. Es war wie als würde sich heiße Lava in meine Haut brennen, sodass mein Gesicht zur Asche zerfiel. Ich wusste nicht ob ich heulen konnte. Wenn, dann würde ich es jetzt mit Sicherheit nicht spüren.

Ich versuchte regelmäßig zu atmen, doch auch das fiel mir sehr schwer. Nimm es weg von mir Jack!, wollte ich schreien, trag' deine glühende Hand weit weg von mir!

Mit diesen Gedanken schloss ich schließlich meine brennenden Augen und fiel in tiefe Finsternis.

***

Ein leuchtender Punkt kam auf mich zu. Er strahlte mich an und erhellte die Schatten in jeder Ecke. Ich wusste nicht was es war, doch ich wollte unbedingt so nah wie möglich an den Punkt herankommen.

>> Kim. <<, hörte ich jemanden sanft rufen. Die Stimme kam aus der Richtung in der das helle Licht war. Ich fragte mich ob ich jetzt sterben würde. Denn jeder der kurz davor stand zu sterben erzählte davon wie sie ein helles Licht sahen und eine sanfte Stimme nach ihren Namen rief. Das Einzige was bei mir nicht der Fall war, war dass mein Leben nicht wie ein Kurzfilm vor meinen Augen abspielte. Kam das etwa erst später? War ich denn so krank, dass ich jetzt sterben musste?

>> Es ist an der Zeit. <<, hörte ich die sanfte Stimme sagen.

Oh mein Gott! Würde ich jetzt wirklich sterben? Halt! Nein! Das ging nicht! Ich musste mich doch noch von meinem Vater verabschieden! Ihn wenigstens noch ein letztes Mal sehen!

Plötzlich sah ich mich selbst in der Dunkelheit stehen. Aus der Kameraperspektive konnte ich mich selbst betrachten. Ich hatte meine Alltagskleidung an. Panisch und unruhig starrte ich in das weiße Licht. Was erwartete mich jetzt wohl?

Auf einmal kam eine schlanke Gestalt aus dem Licht auf mich zu. Es war eine Frau mit langen pechschwarzen Haaren, die ihr glatt über den Rücken fielen. Ihre Haut schimmerte, wie der Mond das dunkle Meer schimmern ließ. Umso mehr brachte ihre helle Haut ihre dunklen Haare zur Geltung. Ein langes weißes Gewand bedeckte ihren Körper. Sie hatte ein liebevolles Lächeln auf den Lippen, doch als ich ihre Augen sah erschrak ich zutiefst.

Ihr linkes Auge leuchtete in einem hellen Blau, ihr rechtes jedoch glühte wie orangerote Lava.

Reflexartig wich ich einen Schritt zurück und sah die unbekannte Frau entsetzt an.

>> Habe keine Angst. <<, sagte sie freundlich lächelnd. Ihre Stimme klang so sanft und würdevoll, sodass ich den Drang verspürte mich vor ihr zu verbeugen. Aber irgendetwas in mir hielt mich davon ab.

>> Wer bist du? <<, flüsterte ich und zwang mich dazu still zu bleiben. Sie kam mit anmutigen Schritten auf mich zu und blieb schließlich vor mir stehen. Ich hatte das Gefühl, dass sie eine besondere Autorität darstellte. Sie schien eine vertrauenswürdige Person zu sein. Ich wollte ihr Gesicht sehen, doch jedes Mal wenn ich es versuchte verschwamm mein Blickfeld. Es war so als würde sich das Licht absichtlich beugen, wenn ich sie anschauen wollte. Ich konnte zwar ihre erschreckend schönen Augen und ihren lächelnden Mund sehen, aber ihr ganzes Gesicht blieb vor mir verborgen.

>> Du wirst noch früh genug erfahren wer ich bin. <<, antwortete sie schließlich auf meine Frage und betrachtete dabei meine Augen. >> Im Grunde weißt du sogar wer ich bin. <<, verriet sie mir.

Ich sah sie verwundert an.

>> Verfalle in deine alte Geduld. Lass nicht zu, dass dich deine Neugierde in den Abgrund treibt. <<, sagte sie weise.

>> Ich habe mich ungewollt verändert. <<, kam es aus mir heraus. >> Ich weiß nicht was mit mir geschieht. <<

>> Du wirst von neuem erblühen Kim. Keine Angst. <<, erwiderte sie tröstend. >> Vertraue deinem Freund. <<

>> Welchem Freund? <<, fragte ich leicht überrascht.

>> Deinem Freund mit den feurigen Augen. <<, antwortete sie. Die mysteriöse Frau sah mich wissend an. Verwundert fragte ich mich wer sie wohl war.

>> Was meintest du vorhin mit es ist an der Zeit? Für was ist es Zeit? <<, fragte ich die Frau und hoffte auf eine zufriedenstellende Antwort.

Sie lächelte mich verständnisvoll an. >> Ich spüre was du spürst Kim. <<, sagte sie. >> Du fühlst dich wie in einem schwarzen Loch gefangen und du findest keinen Ausweg, nicht wahr? Kein Licht das dich berührt und somit deine Unwissenheit davonträgt. Du willst Antworten, doch bekommst keine und versinkst deshalb tiefer in Verzweiflung. Weil du nicht weißt was mit dir geschieht. <<

Mein Herz verkrampfte sich, weil sie genau das aussprach was sich immer mehr in meine Seele gebrannt hatte. Ungewollt kullerte eine Träne über meine Wange. Es war mir peinlich vor jemandem zu weinen den ich nicht kannte, aber komischerweise verspürte ich eine starke Verbindung zu ihr, so als würde ich sie schon mein Leben lang kennen.

Die unbekannte Frau trat näher an mich heran und sah mich aus traurigen Augen an.

>> Du bist nicht Kim, doch du wirst es bald herausfinden. <<, flüsterte sie sanft. In dem Moment, als ihre Finger mein Gesicht berührten, fiel der Vorhang der mir die Sicht auf ihr Gesicht versperrte, sodass ich es endlich sehen konnte. Ich erstarrte und sah sie erschrocken an. Es war so als würde ich in mein Spiegelbild blicken, nur dass mein Spiegelbild stolz, anmutig und würdevoll wirkte und mich aus ihren zwei verschiedenfarbigen Augen verständnisvoll ansah. Als sie ihre Hand herunternahm und ich meinen Mund öffnete um etwas zu sagen, verschwand sie plötzlich und die Dunkelheit um mich herum erblasste.

Tief Luft holend wachte ich auf und richtete mich sofort auf. Ich befand mich auf meinem Bett wie ich bemerkte und zu meinem Glück waren die Schmerzen verschwunden.

Das Lächeln der Frau aus meinem Traum, tauchte vor meinem inneren Auge auf.

Ich hörte wie jemand an meine Tür klopfte. >> Ja? <<, rief ich atemlos. Die Klinke wurde herunter gedrückt und Jack trat in mein Zimmer.

>> Darf ich herein? <<, fragte er und hob dabei seine Augenbrauen. Mir fiel wieder ein was die Frau mir in meinem Traum gesagt hatte. Vertraue deinem Freund. Deinem Freund mit den feurigen Augen. Sie konnte niemand anderen als Jack meinen.

>> Natürlich, komm rein. <<, antwortete ich freundlich. Irgendwie kam es mir momentan so vor als würde mich eine Gefahr umgeben, weshalb ich mich aufmerksam umsah und dann Jack fixierte. Ich stieg aus dem Bett und fuhr mit der Hand durch meine Haare. Jack schloss die Tür hinter sich und blieb dann dort stehen. Er sah irgendwie unentschlossen darüber aus was er jetzt tun sollte.

>> Sehe ich verschlafen aus? <<, fragte ich ihn und kämmte mir mit der Hand durch meine Haare.

>> Nein, eher ausgeruht. <<, antwortete er ernst.

>> Echt? <<, fragte ich ungläubig und ging ins Bad, um in den Spiegel sehen zu können.

Tatsächlich sah ich ziemlich ausgeruht aus. Eigenartigerweise strahlte ich eine fesselnde innere Ruhe aus, so als hätten sich meine Probleme in Luft aufgelöst.

Als ich all meine Fragen, die ich Jack stellen wollte, in Gedanken zusammenfasste, überkam mich nicht das Gefühl der Verzweiflung oder die Wut darüber, dass ich keine Antworten bekam, sondern eine starke Zuversicht, dass sich alles irgendwann lösen würde.

Ich lächelte mich im Spiegel leicht an und die Frau aus meinem Traum fiel mir wieder ein. War sie wirklich ich gewesen? Sie schien mir älter vorzukommen.

Ich ging wieder zurück in mein Zimmer und sah, dass Jack immer noch vor der Tür stand.

>> Jack. <<, sagte ich und sah ihn ruhig aber ernst an. Er blickte sofort auf und hob fragend die Augenbrauen.

>> Ich hatte einen seltsamen Traum. <<, begann ich und setzte mich auf meine breite Fensterbank.

>> Eine Frau die genauso aussah wie ich, hat mir geraten einem Freund zu vertrauen. Sie hat meine innigsten Gefühle beschrieben und mir geraten meine alte Geduld zu erlangen. Ich glaube sie war eine wichtige Person, denn sie hat so eine Autorität ausgestrahlt. Als ich sie fragte welchen Freund sie eigentlich meinte, antwortete sie Dein Freund mit den feurigen Augen. Ich denke also, dass sie dich gemeint hat und nicht jemand anderen. <<

Jack sah mich aus großen Augen an und schaffte es sogar einige Sekunden lang nicht zu blinzeln.

>> Wie sah sie aus? <<, fragte er flüsternd und setzte sich auf die Bettkante.

>> Naja, wie gesagt. Genau wie ich. Nur ihr rechtes Auge war so rot wie deins wenn es in der Dunkelheit glüht und das andere war so hellblau wie...- <<, ich stockte und schwieg dann.

Jack sah mich ernst an. >> Wie Bryans Augen meinst du, nicht wahr? <<

>> Ja. <<, antwortete ich wahrheitsgemäß.

>> Okay. Und weiter? Gab es noch welche Differenzen zwischen euch? <<

>> Ja. Sie hatte ein weißes langes Gewand an, das wie weicher Kaschmir um ihren Körper fiel. Sie hatte weisere Augen irgendwie. Also ihre Augen haben irgendwie mehr ausgesagt als meine, finde ich. Und ihr Lächeln war so wissend. Aber ihre Statur, ihr Körper und ihr Gesicht waren identisch mit meinen. Ihre Ausstrahlung war eben...naja...so...dass man sich gerne vor ihr verbeugt hätte. Es war total komisch. <<

>> War da vielleicht noch irgendetwas? <<, fragte er mich mit gerunzelter Stirn.

>> Hm. Lass mich mal kurz überlegen. <<, sagte ich. Jack nickte.

Ein paar Minuten verstrichen, ohne dass jemand etwas sagte und ich wunderte mich darüber, dass er so geduldig war. Ich kannte niemanden der so lange ruhig wartete wie er.

Plötzlich fiel mir etwas ein. Kurz bevor mein Spiegelbild verschwunden war, hatte sie mir ihren Rücken zugedreht. Ihr Gewand war rückenfrei gewesen, weshalb ich auf etwas aufmerksam geworden war.

>> Ja. <<, sagte ich schließlich und unterbrach damit die Stille. Jack horchte sofort auf. >> Da war etwas an ihrem Rücken. <<, verriet ich ihm mit gerunzelter Stirn.

Jack stand plötzlich auf und kam auf mich zu. Er kniete sich mit großen traurigen Augen vor mich hin und legte seine Hand auf meine. Überraschenderweise fuhr diesmal kein Stromschlag durch meinen Körper. Spürte ich etwa wieder nichts? Doch ich fühlte Jacks Hand auf meiner und er war genauso wenig wie ich zusammengezuckt. Überrascht sah er auf unsere Hände. Dann blickte er mir wieder in die Augen.

>> Sag es mir Kim. Kannst du dich noch daran erinnern wie das Mal auf ihrem Rücken aussah? <<, fragte er mich unruhig.

>> Woher weißt du, dass es ein Mal war? <<, fragte ich ihn verwundert.

>> Sag es mir Kim. Wie sah es aus? <<, wiederholte er. Ich spürte wie seine Hand zitterte.

>> Es war ein Schwert. <<, antwortete ich. >> Ein weiß schimmerndes Schwert mit schwarz glänzendem Griff. Eigenartige Verzierungen umschlangen es... <<, beschrieb ich es weiter. >> Sie sahen aus wie Feuer und Eis. <<, sagte ich gedankenverloren und das Bild des Schwertes tauchte vor meinen Augen auf. Es war wunderschön gewesen.

Ich spürte wie Jack mich plötzlich mit sich hochzog, woraufhin ich ihn verwirrt ansah. Er stand mir genau gegenüber.

>> In welche Richtung hat das Schwert gezeigt? <<, fragte er mit zitternden Händen und großen Augen. Verwundert über sein Benehmen, sah ich ihn fragend an.

>> Nach unten. <<, erwiderte ich schließlich.

Ein glühend heißer Tropfen fiel auf meine Hand. Die Hand, die Jack immer noch hielt. Überrascht stellte ich fest, dass es nur eine Träne von ihm sein konnte. Aber seine Augen schimmerten nicht voller Tränen. Ich sah nach oben um sicherzugehen ob es nicht doch an der Dachdecke lag, aber das war es nicht.

Wieder fiel ein glühend heißer Tropfen auf meine Hand.

>> Autsch! <<, rief ich und wollte gerade meine Hand wegziehen, als Jack meine beiden Hände nahm und an seine Schläfen legte.

>> Sieh mich an Kim. <<, bat er mit einer sanften ruhigen Stimme, die ich so von ihm überhaupt nicht kannte. Verwirrt sah ich ihn an.

>> Jack was ist los? <<

>> Denk an deine Vergangenheit. <<, sagte er und schloss seine Augen. Stirnrunzelnd sah ich ihn an.

Was zur Hölle...? , ging es mir durch den Kopf. Schließe deine Augen, flüsterte mir plötzlich eine Stimme zu. Doch es war nicht Jack.

Vertraue deinem Freund, sagte die Stimme und ich wusste wer es war. Ich atmete tief aus und schloss meine Augen. Wo lebe ich hier bloß?, dachte ich mir.

In Elvordan, hörte ich plötzlich Jacks Stimme in meinem Kopf sagen.

Und mit einem Mal rieselten unzählige Mengen von Bilder auf mich ein.

>> Seid Ihr verletzt? <<

>> Nein. <<

>> Aber Ihr blutet. <<

>> Es ist nichts. Nur ein kleiner Kratzer. <<

>> Der einen Blick auf euren Knochen ermöglicht. Lasst es mich heilen. <<

>> Nein. Es ist nicht weiter schlimm. Lasst es bleiben und schont Eure Kräfte. <<

>> Seid Ihr euch sicher Zanrad? <<

>> Das bin ich. Und nun, sagt mir ob Ihr deren Gesichter gesehen habt. <<

>> Nein Zanrad. Sie waren zu schnell. <<

>> Dann müsst Ihr noch schneller werden. <<

>> Es tut mir leid Zanrad. <<

>> Es muss Euch nicht leid tun. Ich hätte sie wittern müssen. <<

>> Ihr wart beschäftigt. <<

>> Ausreden die es nicht rückgängig machen. Lasst uns aufbrechen. <<

>> Wie Ihr wünscht Zanrad. <<

***

>> Seht ihr es? Wie friedlich der Himmel scheint? <<, fragte er selig und schaute lächelnd in die Sterne. Die geheimnisvolle Frau nickte bloß lächelnd und schwelgte in schönen Erinnerungen.

Einige wenige Minuten vergingen, in denen keiner von ihnen etwas sagte. Weder in Gedanken noch im Dialog.

>> Was denkt Ihr über unsere Heimat, Zanrad? Findet Ihr sie schön? <<, fragte er und unterbrach somit das Schweigen. Er sah immer noch gen Himmel.

>> Sie ist wie eine Mutter die für ihre Kinder sorgt. <<, fing die mysteriöse Frau mit dem schwarzen Umhang an. >> Sie beschützt mich sowohl im Schatten der Nacht, als auch in den Baumkronen am Tag. Sie gibt mir Zeichen wenn ich mich in Acht nehmen soll und warnt mich bevor etwas passiert. Ich entdecke in ihr viele Geheimnisse, die ich ohne Lösung vorfinde. Doch dann flüstert sie mir die Antwort mit einer frischen Brise zu. Weder zu früh noch zu spät. Sie beruhigt mich, wenn ich in die Sterne blicke. Keineswegs bereitet sie mir Angst. Denn sie ist mein Beschützer und ernährt mich mit ihrem Boden. Mit dem was sie hat. Ich liebe unsere Heimat und würde sie ungern verlassen. Denn hier ist mein Zuhause. Hier ist Elvordan. <<

***

Ich sah ihr hübsches Gesicht und bewunderte es. Sie hatte ein weißes Gewand an und lächelte die Leute um sich herum liebevoll an. Ich wollte auf sie zulaufen, weil sie mich regelrecht magisch anzog, doch ich konnte es nicht. Jemand hielt mich am Arm fest und ich bemerkte, dass es Jack war. Er sah mich überhaupt nicht an, sondern blickte zu der Frau mit dem weißen Gewand. Ich wusste, dass es die gleiche Frau von meinem heutigen Traum war. Als ich dachte sie würde mir meine Todesbotschaft überreichen. Doch diesmal war es nicht dunkel um uns herum. Ich konnte alles glasklar sehen, weshalb ich auch erkannte, dass sich alle um sie herum vor ihr verneigt hatten. Als ich genauer hinsah bemerkte ich, dass die Frau einen schwarzen Umhang über ihr weißes Gewand trug. Einen mir sehr bekannten Umhang...

>> Jack...wer ist diese Frau? Die Unbekannte die genauso aussieht wie ich? <<, fragte ich Jack neugierig.
>> Sie heißt Xa. <<, antwortete er abwesend und starrte immer noch in ihre Richtung.

>> Und weiter? <<, drängte ich.

>> Sie ist die Anführerin dieses Volkes. <<

>> So etwas wie eine Königin also? <<, fragte ich bewundernd. Kein Wunder, dass sie eine Autorität ausstrahlte. Mit ihren weisen verschiedenfarbigen Augen. Aber wie ich bemerkte, hatte sie diesmal nur rote Augen. War sie etwa nicht dieselbe?

>> Nein. Keine Königin. Die Auserwählte. <<, erklärte Jack.

>> Die Auserwählte für was? <<, fragte ich und zog an seinem Ärmel wie ein kleines Kind.

Ich bekam keine Antwort. Stattdessen hörte ich wie die Menschenmenge ihre Fäuste auf ihre Herzen legte und "Xa" schrien. Beneidenswert, dachte ich mir, doch irgendwie kam mir diese Szene bekannt vor. Hatte ich nicht dasselbe erst letztens geträumt?

>> Wer ist sie? Diese Xa? <<, fragte ich schließlich nach ein paar Sekunden.

Jack schwieg eine ganze Weile bis wir zusahen wie Xa sich von ihrem Volk verabschiedete und in das große Gebäude vor uns eintrat. War es etwa ein Palast?

Erst als sie nicht mehr zu sehen war, wandte Jack sich mir zu.

>> Eigentlich müsstest du es ja am besten wissen. <<, sagte er wissend. Ich sah ihn fragend an.

Als ich meine Augen öffnete sah ich direkt in Jacks Augen. Seine Hände lagen immer noch an meinen Schläfen, genauso wie meine an seinen. Ohne mich zu bewegen sah ich mich langsam um. Wir waren in meinem Zimmer und nicht irgendwo wo jemand angegriffen wurde oder wo sich Leute vor einer Frau namens Xa verneigten.

Abrupt ließ ich Jack los und trat hektisch einen Schritt zurück.

>> Was hast du da eben gemacht? War das sowas wie eine Zeitreise oder sowas? <<, rief ich erschrocken und sah ihn misstrauisch an.

>> So etwas in der Art. <<, erwiderte er ruhig und sah mich fragend an.
>> Wieso bist du jetzt so erschrocken? <<, fragte er.

>> Na weil...weil...- <<, stotterte ich und überlegte. Eigentlich wusste ich es selbst nicht so genau.

Jack hob eine Augenbraue. >> Gib es zu Kim, es ist für dich eigentlich nichts Neues. Du kennst das alles schon nicht wahr? Sogar dein Inneres flüstert es dir zu. Du weißt, dass du nicht wie normale Menschen bist. <<, sagte Jack ruhig und beobachtete mich.

Ich betrachtete sein Gesicht und versuchte etwas Schlechtes oder Böses darin zu erkennen, aber ich fand nichts.

>> Was bin ich dann? Ein Alien? Das Monster von Loch Ness? <<, fragte ich sarkastisch und runzelte dabei die Stirn.

>> Kim. Tu jetzt nicht so. Du wolltest Antworten und jetzt kriegst du sie. <<

Ich sah ihn misstrauisch an. Ja okay, ich konnte doch überhaupt nicht wie ein normaler Mensch sein, oder? Okay vom Aussehen her...ja, aber meine leuchtenden Augen? Nein, nicht normal. Ich versuchte daran festzuhalten, dass es ein Gendefekt war, aber irgendwo tief in mir drin wusste ich, dass das nicht stimmte. Nicht stimmen konnte.

>> Ach versuch mich nicht zu verwirren Jack! Du bist doch verrückt. <<

>> Sagt die mit den blauroten Augen, die auch noch nachts im Dunkeln alles perfekt sehen kann. <<, konterte er.

>> Erzähl mir, dass es ein seltener Gendefekt ist und ich glaube es dir. Aber zu sagen, dass ich ein blutsaugender Vampir oder ein haariger Werwolf oder X-Men bin, kann ich dir nicht glauben! <<

>> Wer redet hier von Vampiren, geschweige denn von X-Men oder Werwölfen? <<, fragte er mit einem belustigten Blick.

Stimmt, er hatte nichts dergleichen gesagt sondern nur, dass ich nicht so wie jeder andere war.
Aus zusammengekniffenen Augen sah ich ihn an.

>> Kim, ich versuche dich nicht zu verwirren. Ich versuche nur auf deine Fragen zu antworten. <<

>> Das kann aber nicht real sein. <<

>> Was ist denn schon real? <<, fragte mich Jack. >> Deine Träume, Kim. Findest du nicht dass sie so real sind, sodass sich die Gefühle der Leute aus deinen Träumen in deine Seele brennen? << Er trat näher an mich heran.

Schockiert sah ich ihn an. Woher wusste er das? Woher wusste er überhaupt, dass ich solche Träume hatte?

>> Jack, kannst du auch Gedanken lesen? Genau wie Bryan? <<, fragte ich wütend und erleichtert zugleich. Wütend, weil er es mir nicht gesagt hatte. Erleichtert, weil er mir jetzt bestimmt helfen konnte mich und meine Gedanken vor Bryan zu schützen.

Jack sah mich leicht verzweifelt an.
>> Ich durfte es dir nicht sagen. <<, gestand er schließlich.

>> Von wem aus durftest du es mir nicht sagen? <<, hakte ich nach.

>> Das wirst du in deinen Träumen erfahren. <<, erwiderte er.

>> Wieso nicht von dir? Und woher weißt du, dass ich solche Träume habe, Jack? <<, fragte ich etwas wütend. Las er meine Gedanken?

>> Jedes Mal wenn du etwas über dein altes...naja egal. Wenn du sowas träumst, dann... <<

>> Dann was? <<, drängte ich ihn.

>> Du wirst es mir eh nicht glauben. <<, sagte er mit einem verzweifeltem Blick.

>> Sag' s schon! <<

>> Dann gibt mir die Magie in meinen Adern Bescheid, dass du dich ein Stück weiter regeneriert hast. << Jack wartete offensichtlich auf eine Reaktion, während ich ihn bloß ungläubig ansah. Er wirkte nervös.

>> Magie? Regeneriert? <<, wiederholte ich mit einem Ton der ihm verdeutlichte, dass ich das alles total lächerlich fand.

>> Kim. Es ist mir egal was du darüber denkst. Okay? Du wirst es sowieso irgendwann selbst herausfinden. Ich wollte dir nur weiterhelfen, weil du dauernd deine Antworten wolltest. Jetzt hast du sie, aber glaubst mir nicht. Denkst du ich erfinde solche Sachen um dich anzulügen? <<

Irgendwie fühlte ich mich jetzt scheiße. Ich sah ihn immer noch leicht skeptisch an.

>> Okay...sagen wir ich glaube dir das alles. Könntest du mir dann helfen meine Gedanken vor Bryan zu schützen? <<, fragte ich vorsichtig. Jack sah mich ernst an.

>> Ja. <<, antwortete er dann.

>> Ehrlich? Kannst du mir zeigen wie das geht? <<, fragte ich hoffnungsvoll.

>> Nicht jetzt. In ein paar Tagen. <<

>> Warum denn nicht jetzt? <<, fragte ich ein wenig genervt.

>> Ich muss erst um Erlaubnis bitten. <<, erklärte er ruhig.

>> Wessen Erlaubnis? <<

>> Erfährst du dann. <<

Ich atmete tief aus und schloss meine Augen um mich zu beruhigen.

>> Okay, Jack? <<, flüsterte ich mit einer Stimme die ihm verdeutlichte, dass ich kurz davor stand zu explodieren.

Er räusperte sich kurz. >> Ja? <<

>> Wenn du mir jetzt nicht auf der Stelle sagst was Sache ist, dann schwöre ich bei Gott, werde ich dich erwürgen! Also sag. Mir. Endlich. Was los ist! <<, schrie ich ihn an und sah ihn aus wütenden Augen an. Ich ballte meine Hände zu Fäusten und trat näher an ihn heran. Hatte ich denn nicht schon genug gewartet?

Überraschenderweise wirkte Jack ein wenig ängstlich.
Wieso ängstlich?, fragte ich mich und versuchte meine strenge Miene aufrecht zu halten.

>> Okay ähm, Kim? Versuch dich bitte zu beruhigen okay? <<, sagte Jack panisch und fasste mich dabei an den Schultern.

>> Und was ist wenn ich mich nicht beruhigen will, Jack? Was ist dann? <<, fragte ich provokant und trat noch näher an ihn heran. Mein Gesicht war nur noch ein paar Zentimeter von seinem entfernt und ich konnte seinen Atem an meiner Wange spüren.

>> Dann könnte es sein, dass du mich wie eine kleine Fliege zerquetschst. <<, antwortete er ruhig. >> Und da wir nicht wollen dass es dazu kommt... <<

>> Wirst du mir jetzt sagen was Sache ist. <<, beendete ich seinen Satz.

Er hob die Augenbrauen und schloss den Mund. Kurz blickte er mich an bevor er sich dann ein wenig im Zimmer umsah.

>> Okay, hey. Weißt du was? Ich erzähl' s dir. <<, sagte er dann und gab schließlich auf.

Ich beäugte ihn misstrauisch. Was wenn er mich anlog nur damit ich Ruhe gab?

>> Dann schieß mal los. <<, erwiderte ich ernst und setzte mich auf die Bettkante. Jack kniete sich vor mich auf den Boden und legte dann seine Hände an meine Knie.

>> Ich bin in einem Clan. <<, fing er an und sah mich prüfend an. Ich hob fragend meine rechte Augenbraue.

>> Also, wie gesagt. Ich bin in einem Clan. Und wie es sich gehört, haben wir natürlich auch einen Anführer oder einen Vertreter unseres Clans, wie auch immer... <<

>> Und weiter? <<, drängte ich ihn ungeduldig.

>> Nun ja, für alles was ich tue was unseren Clan betrifft, brauche ich davor seine Erlaubnis. <<, erklärte er ruhig.

>> Was passiert wenn du etwas tust ohne seine Erlaubnis dafür einzuholen? <<, fragte ich neugierig.

Er sah mir lange in die Augen bevor er antwortete. >> Dann werde ich mehr oder weniger bestraft. <<, sagte er mit einer ernsten Stimme und stand dann auf.

>> Aber wieso? Ist euer Clan denn so ein großes Geheimnis? Und wer stellt diese Regeln überhaupt auf? << Ich richtete mich ebenfalls auf und beobachtete ihn dabei, wie er mit strengem Blick aus dem Fenster sah.

>> Die Regeln wurden vor einer sehr langen Zeit aufgestellt, Kim. Niemand kann sie mehr ändern. <<, antwortete er. >> Außer dir. <<, fügte er nach einigen Sekunden hinzu, wobei er mir einen Blick zuwarf den ich nicht deuten konnte.

Erstaunt sah ich ihn an. >> Wieso außer mir? <<, fragte ich ihn.

Mit traurigem Blick drehte Jack sich zu mir um. >> Ich kann es dir nicht sagen Kim. Es tut mir leid, aber ich habe vor langer Zeit einen Schwur geleistet. Dieser ist zu deinem eigenen Schutz. <<

>> Für meinen Schutz? Wie? Du kanntest mich bis vor kurzem noch nicht einmal.<<

>> Es gibt Dinge die du noch nicht verstehen würdest, Kim. Bald wirst du alles erfahren, gedulde dich noch ein wenig. <<

Ich sah aus dem Fenster und betrachtete die Wolkenfetzen am Himmel. >> Okay. <<, seufzte ich schließlich und schloss die Augen.

>> Ich werde jetzt gehen. <<, informierte Jack mich leise. Es fühlte sich so an als würde ein Windhauch seine Stimme in meine Richtung tragen und mir zuflüstern, dass er wie so oft verschwinden würde. Ich ließ meine Augen geschlossen bis ich mir sicher war seine Anwesenheit nicht mehr zu spüren.

Und als ich sie wieder öffnete war er verschwunden.

***

>> Mom? Bist du' s? <<, rief ich, als zu hören war wie jemand versuchte die Haustür zu öffnen.

>> Hey Kim. Ja ich bin' s. <<, rief sie zurück und ich hörte wie Tüten raschelten.

Ich ging die Treppen lässig herunter, um ihr behilflich zu sein falls sie meine Hilfe brauchte, doch als ich unten ankam blieb ich abrupt stehen.

Ich sah wie meine Mutter am Gesicht eines neuen Kerls klebte und mich nicht einmal wahrnahm.
Sehr schön, dachte ich mir sarkastisch und trommelte mit den Fingern am Treppengeländer. Als sie sich voneinander lösten, brauchte sie ein paar Sekunden bis sie bemerkte, dass ich praktisch neben ihr stand.
>> Oh. Hey, Kim! <<, begrüßte sie mich schließlich lautstark. Ich nickte bloß und zwang mich dazu zu lächeln.

>> Kim, das ist Lukas. <<, sagte sie und machte eine Geste in Richtung dem mir unbekannten Mann. >> Lukas, das ist meine Tochter Kim. <<, stellte sie uns einander vor.

>> Hi. Nett dich kennenzulernen. <<, begrüßte mich Lukas und reichte mir lächelnd seine Hand.

>> Ebenfalls. <<, erwiderte ich mit gezwungener Freundlichkeit und drückte seine Hand nur ganz kurz, um sie gleich daraufhin wieder loszulassen.

Lukas sah zwar sehr sympathisch aus, aber ich wusste dass meine Mutter sich schon nach zwei Wochen wieder einen neuen Kerl beschaffen würde.

Deshalb lieber nicht best friends mit dem Kerl werden, dachte ich mir sarkastisch.

>> Wir gehen dann mal ins Wohnzimmer. <<, verkündete meine Mutter nach einigen stillen Sekunden.

>> Und ich in mein Zimmer. <<, erwiderte ich und stieg dann die Treppen hinauf.

In meinem Zimmer angekommen fühlte ich mich allein und mir wurde bald schon langweilig, da es nichts zu tun gab.

Lieber raus an die frische Luft als hier drinnen zu verrotten, ging es mir durch den Kopf. Ich schnappte mir meine Jacke und wickelte einen Schal um den Hals. Soll ich Mom Bescheid geben? , fragte ich mich als ich an der letzten Treppenstufe ankam. Es wird sie sowieso nicht interessieren, beantwortete ich mir meine Frage selbst und verließ dann das Haus.

Es war schon dunkel draußen, sodass ich mich automatisch fragte ob meine Augen wohl leuchteten. Aber als ich es überprüfte sah ich, wie sich meine normalen Augen auf dem Display meines Handys widerspiegelten. Erleichtert atmete ich tief aus und beschritt irgendeinen Weg der mir passend schien. Die frische Luft tat gut um den Kopf klar zu kriegen.

Ich hoffte ich würde bald schon erfahren, warum das alles mit mir geschah. Vor allem aber wollte ich lernen mich zu schützen. Denn weder vor Bryan noch vor Jack war ich sicher, bevor ich nicht wusste wie ich meine Gedanken vor ihnen verbergen konnte.

>> Kim. <<, hörte ich plötzlich jemanden sagen und blieb abrupt stehen. Ich hörte Schritte die von hinten auf mich zukamen und wollte mich deshalb umdrehen, als plötzlich wieder dieses Summen in meinem Kopf anfing, sodass ich wusste, dass es Bryan war der hinter mir stand.

>> Bryan. <<, erwiderte ich trocken und wartete bis er sich vor mich stellte.

>> Sieh an. Du erkennst mich ja schon von meinen Schritten. <<, sagte er lächelnd und betrachtete dabei mein Gesicht. Gerade wollte ich ihn korrigieren und sagen, dass ich ihn durch das Summen erkannte das jedes Mal auftauchte, wenn er in meiner Nähe war und meine Gedanken las, aber ich hielt mich zurück. Ich wollte mich doch nicht selbst enttarnen. Damit er nicht merkte was in mir vorging, lächelte ich ihn mit einem wissenden und bedrohlichen Blick an. Währenddessen versuchte ich mich an etwas Schönes aus meiner Vergangenheit zu erinnern und befolgte somit Jacks Rat.

>> Ich würde eher sagen an deiner Stimme. <<, entgegnete ich mit einem belächelnden Tonfall.

>> Wieso so anders heute? <<, fragte er mit einem verführerischem Blick und trat einen Schritt näher. Falls er dachte sein Blick würde bei mir funktionieren, hatte er sich geirrt.

>> Wieso wieder am Gedankenlesen? <<, antwortete ich mit einer Gegenfrage. Mein bedrohliches Lächeln blieb.

>> Gut gekontert. <<, gab er grinsend zu. >> Wieso bist du dir so sicher, dass ich gerade deine Gedanken lese? <<

>> Weil ich es weiß. <<, antwortete ich. >> Wieso verfolgst du mich andauernd? <<, fragte ich dann neugierig. >> Kann ich jetzt nicht mal mehr aus dem Haus gehen, ohne zu befürchten dass du mir wieder auflauerst? <<

>> Du stellst mich so da, als wäre ich ein kranker Stalker! <<, rief er grinsend und lachte dann.

>> Wer weiß ob du es nicht bist? <<, erwiderte ich grinsend.

Innerlich versuchte ich mich darauf zu konzentrieren meine Erinnerung aufrecht zu erhalten und spürte wie das Summen langsam aber sicher nachließ. Als es ganz aufhörte, erkannte ich in Bryans Gesicht kurz eine Art Verwirrung, die er aber sofort mit seinem strahlenden Grinsen überspielte.

>> Okay, gut. Du hast ja recht. <<, gab er zu. >> Ich bin ab und zu zufälligerweise hier und...- <<

Ich unterbrach ihn. >> Ab und zu? <<, wiederholte ich lachend. >> Das glaubst du ja wohl selbst nicht. <<

>> Okay, vielleicht öfters als nur ab und zu, aber...- <<

>> Durchgehend würde ich sagen. <<, fiel ich ihm erneut ins Wort.

>> Jetzt übertreibst du es aber! << rief er grinsend.

>> Wie du meinst. <<, erwiderte ich. >> Ich würde jetzt gerne weiterlaufen. <<

>> Ich begleite dich. <<

>> Nein, lieber nicht. <<

>> Warum? <<, fragte er und sah mich mit einem komischen Blick an.

>> Weil es nun mal so ist. <<

>> Ist es weil ich deine Gedanken lesen kann, Kim? <<, fragte er mit einem ernsten Ton. >> Was wäre, wenn ich es dir nicht erzählt hätte? Was wäre dann? Würdest du mich immer noch auf Abstand halten? <<

>> Es hätte nichts an meiner jetzigen Reaktion geändert Bryan. <<, antwortete ich wütend. >> Ich bin dir weder Rechenschaft schuldig noch irgendetwas anderes, okay? Also lass mich doch einfach in Ruhe. Verstehst du nicht wenn man auch mal für sich sein will? Hättest du dich von Anfang an richtig verhalten, wären wir ja jetzt vielleicht sogar Freunde. Aber jetzt? Jetzt will ich dich einfach nicht sehen. <<

>> Wie habe ich mich denn verhalten, Kim? War ich grob zu dir? Habe ich etwas Falsches gemacht? Nein! Du hast dich von diesem Arsch namens Jack manipulieren lassen! <<, schrie er plötzlich wütend. Es war so als würden seine Augen Funken sprühen und mich wie Messer durchbohren. Ich hatte ihn noch nie so wütend erlebt und würde es nur ungern wieder erleben.

>> Du hättest von Anfang an ganz normal zu mir sein sollen und nicht wie der Obercoole Boss! Du strahlst eine so starke Arroganz aus, dass ich kotzen könnte! <<, schrie ich zurück.

Ich sah wie sein Gesicht kurz zuckte und etwas Undefinierbares darüber huschte. Er kam plötzlich sehr ruhig auf mich zu und packte mich dann an den Schultern.

>> Ach und Jack hat sich von Anfang an richtig verhalten, ja? Ein Unbekannter, ein Fremder der zu dir kommt und dich vor mir warnt? Ein sehr normales Verhalten, Kim. Findest du nicht? <<, fragte er leise und beugte sich zu mir herunter. >> Du kennst mich überhaupt nicht um über mich urteilen zu können, Kim Mikelson. Also lass es lieber. <<, fügte er noch hinzu und ließ mich dann los. Er sah mich mit einem wütenden, aber auch zugleich traurigen Blick an und wandte mir dann den Rücken zu.

>> Und du schuldest mir etwas. <<, sagte er dann.

>> Ach ja und was? <<, fragte ich wütend und verwirrt zugleich. Er hatte mit allem Recht. Mit allem was er gesagt hatte.

>> Eine Erklärung. <<, antwortete er und ging davon.

>> Was für eine Erklärung? <<, rief ich ihm hinter her, aber bekam keine Antwort.

Ich hatte nicht vor ihm hinter her zu rennen, weshalb ich wütend in den Schnee kickte und mich dann auf den Weg in die andere Richtung machte.

Meine Gedanken kehrten immer wieder zurück zu Bryan, was mir nicht sonderlich half einen klaren Kopf zu kriegen und es zu genießen alleine draußen zu sein. Seit ich hier war kam es mir so vor als hätte ich keinen einzigen Tag nur mal für mich gehabt. Ich freute mich schon darauf, endlich weg von hier zu kommen und meinen Vater wiederzusehen. Es war total verrückt, dass ich hier nur wegen dieser alten Frau blieb, die mir irgendeine Art von Prophezeiung mitgeteilt hatte. Ich fragte mich so langsam warum ich so dumm gewesen und ihr geglaubt hatte. Ich hätte auch weiterhin in San Francisco bleiben und mein altes Leben dort weiter leben können. Naja, wie mein altes Leben wäre es trotzdem nicht gewesen. Mit der neuen Frau meines Vaters und ihrer bescheuerten Tochter. Ich fühlte mich im Moment einfach nur verwirrt und einsam. Was genau ging eigentlich vor sich? Alle verheimlichten etwas vor mir. Es tauchten nur mehr Fragen in meinem Kopf auf statt Antworten. Okay, Jack hatte zwar einen Teil meiner Fragen beantwortet, indem er zugegeben hatte, dass er in einem Clan war und so weiter...aber was für ein Clan sollte das denn sein? Was hatte das mit unseren seltsamen Augen zu tun? Außerdem...woher wusste Jack, dass ich all diese komischen Dinge träumte? Seine Erklärung mit Magie in seinen Adern konnte man wohl kaum ernst nehmen. Und warum verdammt noch mal stritten sich Bryan und Jack um mich, ohne mir zu erklären weshalb und was sie überhaupt miteinander zu tun hatten?!

Ach. So ein Dreck! , dachte ich mir. Bis die mir mal was erklären geht ja die Welt unter!

Ich sah auf die Uhr und bemerkte, dass es schon recht spät geworden war, weshalb ich entschied wieder zurück nach Hause zu laufen.

Als ich vor unserer Verandatür stand wurde mir klar, dass ich meine Hausschlüssel in meinem Zimmer vergessen hatte. Wenn ich jetzt klingele wird meine Mutter bestimmt ein Drama daraus machen, warum ich ihr nicht Bescheid gegeben habe. Und das nur, weil dieser Lukas da ist, dachte ich mir genervt.

Seufzend überlegte ich mir was ich machen konnte. Klar, ich könnte wirklich einfach klingeln, dann wäre die Sache erledigt oder? Nein, wäre sie nicht. Es würde eine nachfolgende Predigt geben, in der sie so tun würde als sorge sie sich tatsächlich um mich. Okay, na klar. Ich könnte es einfach ignorieren und weiterlaufen. Aber ich hatte irgendwie das Gefühl, dass es heute ausarten und kein gutes Ende nehmen würde.

Also was tun...was tun... was tun?

So langsam entwickelte sich eine Idee in meinem Kopf und nahm schließlich Gestalt an. Was wäre wenn ich einfach zu mir ins Zimmer klettere? Ich meine Jack hat das ja auch getan ohne sich etwas zu brechen, ging es mir durch den Kopf.

Ich sah mich kurz um und schlich dann hinter das Haus in den Garten der zum Wald führte. Vor meinem Zimmerfenster angekommen blieb ich stehen. Naja ich stand nicht direkt davor sondern eher darunter. Ich sah hoch und versuchte einzuschätzen ob es schwer werden würde da hinauf zu klettern.

Naja... maybe it will? Ich drehte mich um und blickte dem Baum gegenüber meinem Zimmerfenster entgegen. Er war hoch und breit. Man konnte also bestimmt gut darauf herumklettern, bis man irgendwann herunterfiel...

Ich versuchte mich nicht zu entmutigen und atmete kurz aus. Dicht vor dem Baum stehend fasste ich ihn schließlich an. Er schien nicht wirklich rutschig zu sein, aber ganz sicher war ich mir nicht. Immerhin war er feucht vom kalten Schneewetter.

Egal mach' s einfach, dachte ich mir und griff entschlossen nach dem breiten stabilen Ast, der in meiner Reichweite lag. So weit so gut...

Als nächstes zog ich mich ein wenig hoch und stemmte meinen rechten Fuß gegen den Baum. Ich griff nach einem anderen Ast und zog mich weiter hinauf. Es war gar nicht so hoch wie ich gedacht hatte, denn schon nach einigen Minuten des Kletterns setzte ich mich auf einen breiten Ast und blickte dem Fenster meines Zimmers entgegen. Ich grinste stolz und überlegte ob ich jetzt springen sollte oder etwas später.

Doch das Grinsen wich aus meinem Gesicht, als ich bemerkte wie dumm ich gewesen war und nicht daran gedacht hatte, dass mein Fenster geschlossen war.

Na super, dachte ich mir genervt. Obwohl es nichts brachte noch weiter hier oben zu sitzen, entschied ich mich dafür erst später wieder herunter zu klettern. Ich musste mir wohl eine Ausrede einfallen lassen wenn ich mir nicht die Ohren vollquasseln lassen wollte.

>> Na gefällt' s dir da oben? <<, hörte ich plötzlich jemanden sagen und verlor fast das Gleichgewicht vor Schreck. Ich sah herunter und blickte in Bryans Gesicht.

Verwundert hob ich die Augenbrauen. >> Was machst du hier? <<, fragte ich ihn.

>> Ich...- <<, er stockte kurz und sah zu Boden. >> Ich wollte mich bei dir entschuldigen. <<, sagte er dann.

>> Für was? <<, fragte ich ihn überrascht. >> Alles was du zu mir gesagt hast war die Wahrheit. Du hast nichts Falsches gesagt Bryan. <<

Ich sah wie er wieder zu mir hoch blickte und mich leicht anlächelte.

>> Mag sein. Aber die Art wie ich mich ausgedrückt habe war nicht sehr nett. <<

Ich wusste zwar nicht ob meine Augen in dem Moment leuchteten, aber ich hoffte nicht. Denn ich wollte den Moment nicht verderben, indem er sich vor mir erschreckte. Es schien mir so als würde Bryan diesmal wirklich er selbst sein. Denn diese Gelassenheit und dieses ewige Ich- bin- so- glücklich-und- habe- keine -Probleme- Getue, war wie von ihm gewichen und er sah mich aus traurigen und so...reifen Augen an, sodass ich fast nicht glaubte, dass es wirklich er war.

>> Vergiss es einfach Bryan. <<, meinte ich schließlich und lächelte ihn leicht an. >> Denkst du, du schaffst es hier rauf zu klettern? <<, fragte ich dann.

Plötzlich breitete sich ein breites Grinsen auf seinem Gesicht aus.
>> Auf was wollen wir wetten? <<, entgegnete er fröhlich und kam dem Baum etwas näher.

>> Schlag du was vor. <<

>> Sicher? Meine Anforderungen passen den meisten Menschen nicht weißt du. <<, erwiderte er schief grinsend.

>> Was wenn ich nicht wie die meisten Menschen bin? <<, antwortete ich mit einem schwachen Lächeln auf den Lippen. Was wenn ich überhaupt kein Mensch bin?

Bryan legte den Kopf schief und sah mich aus seinen glänzend blauen Augen an. >> Okay, du wolltest es so haben Kimmy. Also, wenn ich es beim Ersten Mal hoch zu dir schaffe, dann beantwortest du mir jede Frage die ich dir stelle. <<

Ich sah ihn fragend an. >> Hm. Und was wenn nicht? <<, fragte ich ihn schließlich.

>> Dann kannst du mir jede Frage stellen die du willst und ich beantworte dir jede Einzelne davon. <<, antwortete er mit einem verschmitzten Grinsen.

>> Egal wie privat sie auch ist? <<

>> Jep. Egal wie privat sie auch ist, aber das gilt genauso für dich. <<, warnte er mich.

>> Okay. Einverstanden. <<, nahm ich seinen Vorschlag entgegen. >> Aber du musst es bis zu mir hoch schaffen. Beim ersten Versuch. <<

>> So ist der Deal. <<, entgegnete er grinsend, sodass seine weißen perfekten Zähne in der Dunkelheit aufblitzten.

>> Okay, also. Ich warte. <<, sagte ich und gab ihm somit das Zeichen dafür, dass er anfangen konnte hochzuklettern. Ich versuchte meine Gedanken aus meinem Hirn zu verbannen, damit er sie nicht lesen konnte. Nicht dass er noch dahinter kam was ich mir hierbei gedacht hatte.

Bryan war erstaunlich schnell wie ich bemerkte. Ich sah grinsend zu ihm herunter.

>> Komm schon, ist das alles was du kannst? So lahm wie du bist ist ja 'ne Schnecke sogar schneller! <<, rief ich.

>> Wie du willst. <<, entgegnete er lachend und gab mehr Tempo. Als er kurz davor war mich zu erreichen, setzte ich meinen Plan in die Tat um.

Als er sich mit der rechten Hand an dem Ast auf dem ich saß, festhielt, nahm ich seine Hand in meine und grinste. Erschrocken blickte er zu mir auf und sah mich aus großen Augen an.

>> Beim Ersten Mal. <<, wiederholte ich unseren Deal schief grinsend und ließ seine Hand los. Er verlor das Gleichgewicht und versuchte sich vergeblich irgendwo festzuhalten, aber schließlich fiel er auf den Boden. Das Erstaunliche daran war, dass er kerzengerade auf den Füßen landete ohne irgendein Anzeichen auf Verletzungen oder Schmerzen.

Nicht dass meine Absicht böse gewesen wäre, aber irgendetwas hätte ihm doch wehtun müssen oder? Das Seltsame an der ganzen Situation war, dass ich innerlich irgendwie gewusst hatte, dass ihm nichts passieren würde. Warum sonst hätte ich ihn herunter geschubst? Ich hatte ja nicht vorgehabt ihn umzubringen oder ihm wirklich wehzutun.

>> Ich kann es nicht fassen! <<, rief Bryan plötzlich mit einem ernsten Tonfall und sah mich verurteilend an. >> Was hast du dir dabei gedacht?! <<

>> Ich...- es tut mir leid...ich wollte dir nicht wehtun...- ich... <<, stammelte ich.

>> Ich kann es nicht fassen, dass du eine der wenigen bist, die mich wirklich reingelegt haben! <<

Bryan lachte plötzlich auf und kam auf den Baum zu. >> Kim Mikelson, du bist wahrlich keiner von denen. Du bist etwas Besonderes. <<, sagte Bryan fröhlich grinsend.

>> Du bist nicht sauer? <<, fragte ich verwirrt und sah ihn erleichtert an.

>> Nein! Warum denn sauer. Hey, wir hatten einen Deal und du hast nichts Falsches getan. Du hast mit fairen Mitteln gekämpft. <<, antwortete er lässig und lachte wieder.

>> Mit fairen Mitteln? <<, wiederholte ich belustigt.

>> Wir hatten nicht vereinbart, dass du mich nicht davon abhalten darfst hochzuklettern, richtig? <<

>> Richtig. << Logisch betrachtet hatte er recht.

>> Also. Kein Wunder warum du vorhin an etwas Schönes aus deiner Vergangenheit gedacht hast. <<

Diesmal sah ich ihn verurteilend an. >> Du hast wieder meine Gedanken gelesen? <<

Ich spürte einen kurzen Luftzug und starrte immer noch an die Stelle an der Bryan vorhin gestanden hatte. Hatte!

Wo war er hin?!

>> Deine Gedanken sind mir wichtig. <<, hörte ich plötzlich Bryans Stimme an meinem Ohr und drehte mich abrupt in die Richtung aus der seine Stimme kam. Er saß lässig neben mir und schwang seine Beine, die vom Baum herunter baumelten, hin und her. Bryan starrte vor sich hin und hielt sich mit den Händen am Ast fest.

>> Wie...- was...- <<, stammelte ich verwundert und sah ihn aus großen Augen an.

>> Hey, du hast gewonnen Kim. Du kannst mich jetzt alles fragen was du willst. <<, entgegnete er mit einer sanften Stimme und drehte dann seinen Kopf in meine Richtung.
>> Ich an deiner Stelle würde es ausnutzen. <<

Plötzlich erschrak ich als sich etwas in seinem Gesicht änderte, weshalb ich ihn mit offenem Mund anstarrte. Ich versuchte ein wenig zurückzuweichen, was leider nicht funktionierte weil ich auf diesem verdammten Baum sozusagen festsaß und nicht gerade davon überzeugt war so eine gute Landung wie Bryan hinzukriegen.

Dieser sah mich immer noch an und lächelte dann leicht. >> Überrascht mich so zu sehen? <<, fragte er grinsend.

Seine Augen waren nicht mehr die seinen, denn seine Iris war nicht mehr blau sondern leuchtend weiß.

>> O-Okay... Warum hast du plötzlich weiße Augen?! I-Ich meine okay...ja toll...aber, was...-wie...? <<, stammelte ich aufgeregt vor mich hin und versuchte dabei soweit wie möglich von Bryan abzurücken.

>> Wieso sind deine Augen rot? <<, antwortete Bryan mit einer Gegenfrage. >> Du wusstest doch innerlich, dass ich nicht so bin wie die normalen Menschen da draußen, nicht wahr? Genauso wie ich schon in dem Augenblick als ich dich zum ersten Mal sah wusste, dass du nicht so bist wie ein gewöhnlicher Mensch. <<

Ich starrte ihn verwirrt an. >> Meinst du damit du hast so etwas wie eine Verbindung oder so gespürt als du mich zum ersten Mal gesehen hast? Also ich meine den Tag als du so getan hast als würdest du eine Umfrage machen. <<, erwiderte ich. Das komische an dieser Situation war, dass ich eigentlich gar keine Angst vor ihm hatte, denn irgendwie hatte ich es erwartet. Und trotzdem war ich überrascht. Irgendwas in mir hatte mir gesagt, dass auch er anders war. Naja mal abgesehen von der Tatsache, dass er Gedanken lesen konnte.

>> Okay, gut ich gib' s ja zu. <<, antwortete er lachend. >> Ich habe wirklich nur so getan als würde ich so 'ne dumme Umfrage durchgehen. <<

Irritiert blickte ich Bryan an. >> Und warum hast du so getan? <<

>> Weil ich dich sehen wollte. <<, gab er zu und lächelte mich dabei schwach an.

>> Aber...hä...- ich meine wie...? Du kanntest mich doch überhaupt nicht und...- <<

>> Oh, ich kenne dich länger als du denkst, Kim. <<

>> Okay..ähm...bevor wir anfangen über Dinge zu reden die noch mehr Fragen aufwerfen, würde ich jetzt gerne die Sache mit deinen Augen erfahren. Immerhin musst du mir antworten...wie abgemacht. <<

>> Na gut wie du willst. Was soll ich dir da großartig erklären? <<

>> Warum du weiße Augen hast vielleicht? <<

>> Okay, zunächst mal sind sie nicht ganz weiß, da meine Iris schwarz umrandet ist und zweitens...- <<

>> Sorry, wie konnte ich das bloß übersehen. <<, unterbrach ich ihn mit einem sarkastischen Ton. Er sah mich mit einem Echt-jetzt-?-Blick an und fuhr dann fort.

>> Und zweitens, es ist mir angeboren genau wie bei dir. Du hast rote Augen wenn du nachts rausgehst und ich habe weiße. <<

>> Stopp, stopp, stopp! Woher weißt du eigentlich, dass ich nachts rote Augen habe? <<, fragte ich ihn und hob dabei beide Hände um ihm zu zeigen, dass er wirklich stoppen sollte. Das mit den Händen...naja, das war echt dumm von mir, da ich das Gleichgewicht verlor und fast herunter gefallen wäre, wenn Bryan mich nicht festgehalten hätte.

>> Danke. <<, murmelte ich kurz.
>> Aber jetzt zu meiner eigentlichen Frage. <<

>> Ich weiß es weil ich dich schon mal so gesehen habe. <<, antwortete er und blickte mir dabei tief in die Augen. Zuerst kam es mir ein wenig gruselig vor, dass ein Junge neben mir saß, dessen Iris weiß mit schwarzer Umrandung war, aber jetzt fand ich es gar nicht mehr so gruselig. Ganz im Gegenteil. Es zog mich an.

>> Wann hast du mich so gesehen? <<, fragte ich ihn überrascht. Ich spürte ein Kribbeln im Bauch.

>> An dem Tag als du in Jacks Auto saßt. Erinnerst du dich? Du hast aus dem Fenster zu mir raus geschaut. <<

>> Ja. <<, antwortete ich und erinnerte mich wieder an den Moment. >> Hast du dich nicht erschrocken? Und hey, warte mal! Du hast gesagt, dass du es vom ersten Moment an wusstest, aber wie? <<

>> Nein ich habe mich nicht erschrocken, weil ich wie gesagt, schon wusste, dass du nicht bist wie alle anderen Menschen. Das liegt in unserer Natur, Kim. Wir erkennen uns untereinander. Geh in dich und erinnere dich daran was dein erster Gedanke war als du mich gesehen hast. Was hast du da gefühlt? <<
Ich spürte, dass Bryan sich zu mir geneigt hatte und seine letzten Worte an meine Wange hauchte. Doch statt von ihm abzurücken blieb ich dort sitzen wo ich war und erinnerte mich an den Moment zurück. Es schien mir so als wären Jahre vergangen als ich ihn das erste Mal gesehen hatte. Und tatsächlich, als ich mich daran erinnerte kamen diese seltsamen Gefühle in mir wieder hoch, die ich empfunden hatte als ich ihn zum ersten Mal gesehen hatte. Wieso war mir das bis jetzt noch nicht aufgefallen?

>> Du hast recht. <<, gab ich zu und starrte abwesend in die Dunkelheit. >> Ich habe an dem Tag wirklich gefühlt, dass du anders bist. Mein erster Gedanke war: Wer ist dieser Junge? So...anders.<<

>> Du wusstest es von Anfang an, so wie ich es bei dir wusste Kim. <<, flüsterte er und ich spürte wie seine Blicke auf meinem Gesicht ruhten.

Als ich mich wieder bewegte kam es mir so vor, als würde ich von einer Trance erwachen. Ich sah Bryan an und fixierte sein Gesicht.

>> Weißt du, manchmal kommt es mir so vor als würde ich dich und Jack schon mein ganzes Leben kennen. <<, sagte ich plötzlich und hielt mich schwer um sein Gesicht nicht anzufassen. >> Ich weiß, das klingt jetzt total irre, weil wir uns erst seit sehr kurzem kennen, aber...ich empfinde es wirklich so. <<

Ich bemerkte, wie Bryan das Gesicht bei Jacks Namen kurz verzog, sich dann aber wieder einkriegte.

>> Das klingt nicht irre. Glaub mir Kim. Mir kommt es nämlich auch so vor. <<, erwiderte er sanft und lächelte leicht. Ich erwiderte es.

>> Bryan, ich habe eine Frage, aber die könnte ziemlich privat, und naja so wie ich dich bis jetzt kenne, voller Geheimnisse sein. <<

>> Unser Deal war, dass du mich alles fragen darfst was du willst. <<, entgegnete er freundlich und kratzte sich dann kurz am Gesicht.

>> Okay...ähm... <<, ich stockte.

>> Ja? <<

>> Warum bist du mit Jack verfeindet? <<, fragte ich ihn schließlich und fühlte mich erleichtert nach dem es raus war.

Bryan sah mir tief in die Augen, sodass es mir vorkam als würde er meine Seele ergründen. Eine lange Zeit blieb er still und sah mich nur an. Ich fragte mich wie lange das noch so gehen würde. Ich hätte sein Schweigen eigentlich schon längst unterbrochen, aber ich wollte es nicht ganz vermasseln, weil ich die Antwort unbedingt wissen wollte.

Nach weiteren stillen Minuten, lächelte Bryan mich plötzlich an.

>> Du bist wirklich geduldig. <<, stellte er fest. Seine Augen waren mittlerweile wieder leuchtend blau.

>> Danke. <<, erwiderte ich und lächelte ihn ebenfalls an.

>> Hat dir Jack etwas über einen Clan erzählt Kim? <<, fragte er mich und sah mich dabei erwartungsvoll an. Mir entging nicht wie er Jacks Namen aussprach. Mit Verachtung.

>> Ja...ähm...ja, also er hat gesagt er wäre in einem Clan und das war' s auch schon. Warum? <<, antwortete ich stockend, da ich nicht wusste ob ich Jacks Geheimnis wirklich weitergeben sollte. Aber warum sollte mich Bryan danach fragen, wenn er es nicht schon wusste?

>> Okay, also...die Sache ist die. Ich bin auch in einem Clan und Jacks Clan und mein Clan sind schon seit über Jahrhunderten miteinander verfeindet. Es liegt in unseren Genen, Kim. Ich weiß nicht ob du das jetzt wirklich nachvollziehen kannst, aber es liegt einfach in unserer Natur. Wir sind komplette Gegensätze. Schau ihn an und schau mich an. Warum hat er rote Augen und ich blaue? Ich meine...- <<

>> Warte! <<, unterbrach ich ihn. >> Du weißt also auch, dass er rote Augen hat? Genauso wie ich? <<

>> Ja. <<, antwortete er vorsichtig.

>> Heißt es dann nicht, dass ich auch einer von ihnen bin? Einer von Jacks Clanmitgliedern sozusagen? <<, fragte ich ihn.

>> Ich-...das kann ich dir nicht sagen, Kim. Das musst du ihn fragen. <<, antwortete Bryan langsam. Aber irgendwie kam es mir so vor als würde er etwas verschweigen.

>> Hm. <<, machte ich bloß. >> Das heißt also ihr seid sowas wie Blutsfeinde, weil euch das nie anders beigebracht wurde...irgendwie...? <<, hakte ich neugierig nach.

>> So in etwa, ja. <<

Ich machte ein nachdenkliches Gesicht. >> Aber es kommt mir auch so vor als wäre da etwas Privates zwischen euch...warum ihr euch so hasst. <<, sagte ich.

Bryan sah mich an und neigte leicht seinen Kopf zur Seite. Er kniff leicht die Augen zusammen, so als würde er mich analysieren.

>> Du bist etwas Besonderes Kim, weißt du das? Das warst du schon immer. <<, sagte er plötzlich und sah mich ernst an. Ich wusste nicht was das jetzt sollte, aber irgendwie konnte ich nichts dazu sagen. Deshalb sah ich ihn bloß fragend an.

>> Es kommt mir so vor als würdest du mich gerne mehr fragen. Stimmt's? <<

Mir entging nicht, dass er meine vorherige Frage geschickt umgangen war, weil ihm das wahrscheinlich doch zu privat war. Obwohl er laut unserer Abmachung darauf hätte antworten müssen, ließ ich es bleiben.

>> Ich habe sehr viele Fragen Bryan, aber nicht alle sind an dich gerichtet. <<, antwortete ich.

Er sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an.

>> Woher genau kommst du eigentlich? Ein paar Schüler meinten aus Kanada. <<

>> Das heißt also du hast andere Schüler nach mir gefragt? <<, entgegnete er grinsend und schien darüber sehr erfreut zu sein.

Wieso musstest du das auch bloß erwähnen? , schimpfte ich mit mir selbst.

>> Naja, was soll ich sagen. Ja, das habe ich. Ich habe gefragt woher du kommst, weil ich es komisch fand dass du Bryan heißt. Klingt halt ziemlich amerikanisch weißt du. <<, erklärte ich.

Er grinste mich an. >> Du hast richtig gehört, ich komme aus Kanada. <<

>> Und deine Eltern? Was ist mit ihnen? <<

Schlagartig änderte sich Bryans Gesichtsausdruck und ein Schatten huschte über sein Gesicht.

>> Sie wurden ermordet als ich sehr klein war. <<, antwortete er und starrte in Richtung meines Zimmerfensters. Das hatte ich jetzt nicht erwartet. Immerhin war das nicht eine der gewöhnlichen Antworten die man auf diese Art von Fragen bekam.

>> Das...tut mir sehr leid. <<, flüsterte ich traurig und überlegte ob ich meine Hand auf seine Schulter legen sollte.
Schließlich tat ich es doch.

Als ich ihn berührte wandte er seinen Kopf wieder mir zu und sah mich aus traurigen Augen an.

>> Leid sollte es denen tun, die ihnen das angetan haben Kim. Aber ich weiß es zu schätzen, danke. <<, sagte er mit einer merkwürdigen Stimme und betrachtete dabei meine Hand.

>> Das tut gut weißt du. <<, sagte er dann.

>> Was genau meinst du? <<, fragte ich leise.

>> Das hier. Einfach hier zu sitzen und zu reden. Einfach mal ich selbst zu sein, ohne mich zu verstellen. <<, antwortete er und blickte hoch in den Himmel. Einige Sekunden lang blieben wir still, weil ich nicht wusste was ich darauf antworten sollte.

>> Warum ich? <<, fragte ich ihn nach einer Weile. >> Ich meine, warum bist du, du selbst mir gegenüber? <<

Bryan sah mich an und ich konnte sehen wie sich seine Iris von hellem Blau in Weiß verfärbte. Es sah einfach faszinierend aus. Ich lächelte ihn an.

>> Weil du anders bist. Etwas Besonderes. <<, sagte er leise und lächelte mich an. Ich sah wie er langsam seine Hand hob und seine Finger sanft über meine Wange gleiten ließ.

Ich war überrascht und verwirrt zugleich, sodass ich mich nicht einmal bedanken konnte. Ich spürte wie ein Kribbeln in mir aufstieg und bis zu meinen Wangen reichte. Meine Augen fühlten sich plötzlich auch so komisch an.

>> Deine Augen. <<, flüsterte Bryan plötzlich und lächelte mich an.

Ich hob meine Hand und betastete mein Augenlid. Bryan zog seine Hand langsam weg und sah mir tief in die Augen.

>> Von der Nähe betrachtet sehen sie noch faszinierender aus. <<, meinte er. >>Auch wenn sie rot sind. <<, fügte er noch grinsend hinzu.

Irgendwie schaffte ich es mich wieder aus dieser Lähmung zu befreien und antwortete ihm.

>> Ich...äh...danke...Bryan...wirklich danke. <<, stotterte ich. >> Auch wenn dein letzter Satz nicht unbedingt gepasst hat. << Ich grinste ihn an.

>> Ist nur meine ehrliche Meinung. <<, erwiderte er ebenfalls grinsend. >> Also nichts zu danken. <<

>> Hättest du von Anfang an dein wahres Ich gezeigt, wären wir vielleicht sogar Freunde geworden. <<, rutschte es mir plötzlich heraus.

Er sah mich fragend an. >> Besteht denn gar keine Chance mehr, dass wir jetzt noch Freunde werden können? <<

Ich sah ihn an. >> Überlassen wir es der Zeit oder was meinst du? <<

>> Definiere Zeit. <<, verlangte er grinsend.

>> Naja. Also ich weiß, dass es jetzt Zeit wird schlafen zu gehen, weil ich morgen sonst nicht aufwachen kann. <<, erwiderte ich lächelnd.

>> Und was wenn du morgen gar nicht zur Schule gehst und stattdessen hier mit mir sitzen bleibst, bis die Sonne aufgeht? <<, fragte er leise und sah mir dabei tief in die Augen.

Ich spürte wie das Kribbeln in meinem Bauch zunahm und wie Blut in meine Wangen schoss.

Komm wieder zu dir, Kim! , schimpfte ich mit mir selbst und schüttelte leicht meinen Kopf, um mich von seinem Bann zu befreien. Aber er weckt etwas in mir, flüsterte mir meine andere innere Stimme zu. Schließlich wandte ich meinen Blick von ihm ab und tat so als müsste ich grinsen.

>> Ich glaube bis dahin falle ich vom Baum. <<, antwortete ich lachend und hoffte er würde mir meine vorgetäuschte Gelassenheit abkaufen. >> Ich sollte jetzt wirklich gehen Bryan, genauso wie du auch. <<, meinte ich dann.

>> Denkst du, du schaffst es bis da runter ohne dir etwas zu brechen? <<

>> Wer weiß. <<, antwortete ich und versuchte dabei mysteriös zu klingen.

Ich drehte mich um und hielt mich am Ast fest, während ich versuchte meinen Fuß an eine passende Stelle am Baum zu pressen. Ich spürte einen kurzen Luftzug und als ich hochsah bemerkte ich, dass Bryan nicht mehr auf dem Ast saß.

>> Dein Fenster ist doch offen Kim. Wieso springst du nicht einfach hinein? <<, rief er. Seine Stimme kam von unten. Ich sah herunter und tatsächlich stand er direkt unter mir und grinste mich an. Wie hatte er das geschafft?
>> Mein Fenster ist zugeschlossen. <<, rief ich zurück und sah automatisch zu meinem Zimmerfenster. Verwirrt stellte ich fest, dass es offen stand.
>> Wie..- <<, flüsterte ich und kletterte wieder hinauf. Der Baum war gar nicht so weit von meinem Zimmer entfernt wie ich immer gedacht hatte.

>> Okay, also ich springe dann mal rein. <<, rief ich Bryan zu. Doch als ich hinunter blickte war er verschwunden.

>> Bryan? <<, rief ich und sah mich um.

>> Ich bin hinter dir. <<, meldete er sich und erschreckte mich fast zu Tode.

>> Sag mal wie machst du das? <<, fragte ich ihn etwas genervt durch das dauernde Erschrecken.

>> Was mache ich wie? <<, erwiderte er grinsend und tat so als wüsste er nicht wovon ich sprach.

>> Na dass du so plötzlich und schnell mal unten mal oben bist! Was bist du? Superman oder sowas? <<

>> Nein. Ich bin Bryan. Und die Frage beantworte ich dir wann anders mal, okay? <<, antwortete er lächelnd.

>> Okay, wie du meinst. <<, erwiderte ich um ihn nicht zu bedrängen. >> Ich springe dann mal. <<

>> Viel Spaß dabei und brich dir nichts. << Er grinste mich schief an.

>> Innerlich willst du doch genau das. <<, entgegnete ich grinsend und machte mich sprungbereit. Die Distanz schien mir wirklich nicht so groß zu sein. Ich versuchte mich einigermaßen gut zu positionieren und holte tief Luft. Ohne groß abzuwarten sprang ich.

Für einen Bruchteil der Sekunde dachte ich, ich würde es schaffen, doch die Distanz zwischen dem Baum und meinem Fenster war wohl doch größer als gedacht. Ich wusste, dass ich jeden Moment auf den Boden fallen und mir garantiert was brechen würde. Wie in Zeitlupe sah ich, wie Bryan mich aus großen erschrockenen Augen ansah, als ich meinen Kopf zu ihm drehte, und dann plötzlich sprang. Ich wollte sagen >Nein! Du wirst auch fallen, lass es! <, doch er hörte mich wahrscheinlich nicht. Und was sollte er denn großartig machen? Ich fiel doch gerade sowieso. Auch wenn er sprang, konnte er es doch nicht ver...-

Ich hörte auf zu denken als Bryan in die Luft sprang, meinen Arm packte, mich an sich drückte, sich durch mein Fenster ins Zimmer schleuderte und mich dabei mit sich zog. Ich verstand nicht wie er das gemacht hatte, aber er war schnell gewesen. Nicht einmal zwei Sekunde hatte er dafür gebraucht. Meine Ohren hatten sich vorhin noch wie taub angefühlt, doch jetzt, während ich auf dem Laminatboden meines Zimmers lag, kam ich erst richtig zu mir und meine Sinne schärften sich wieder. Erst da wurde mir wirklich bewusst was Bryan gerade getan hatte. Bloß wie hatte er es geschafft?

Mein Herz schlug heftig gegen meinen Brustkorb und ich atmete hektisch ein und aus, wobei ich den Boden unter mir betastete. Nur dass ich nicht auf dem Boden lag, sondern auf Bryan. Abrupt stand ich auf und sah ihn erschrocken und verwirrt an.

>> Geht' s dir gut? Bist du verletzt? <<, fragte ich ihn panisch und reichte ihm die Hand um ihm hoch zu helfen.

>> Alles in Ordnung. Mach dir keine Sorgen. <<, antwortete er und ergriff meine Hand.

Er sah wirklich nicht so aus als wäre ihm etwas zugestoßen oder als hätte er sich wehgetan. Er keuchte ja noch nicht einmal!

>> Wie hast du das gemacht? <<, fragte ich ihn immer noch fassungslos.

>> Das war so was wie eine Art Reflex. <<

>> Eine Art Reflex?! <<, wiederholte ich ungläubig. >> Reflex wäre es, wenn dir aus Versehen etwas runterfallen würde und du es automatisch auffängst, aber nicht sowas! <<

>> Naja...du bist doch aus Versehen runter gefallen und ich hab dich ja dann automatisch aufgefangen. <<, entgegnete er und grinste mich verschmitzt an. Ich konnte es nicht fassen, dass er gerade so tat als wäre es völlig normal so etwas zu tun. Als würde er es Tag für Tag tun.

>> Du bist definitiv nicht normal! <<

>> Du doch auch nicht. <<, erwiderte er grinsend. >> Hör mal, Kim. Das geht alles vielleicht viel zu schnell für dich. Kann das sein? So viele Infos auf einmal und...-<<

>> Nein, nein. << widersprach ich kopfschüttelnd. >> Ist nicht zu schnell. Glaub mir, ich weiß was ich alles verkraften kann und was nicht. Zwar ist das alles ziemlich unnatürlich, aber trotzdem. <<
Oder eher ziemlich übernatürlich? , dachte ich mir innerlich.

>> Okay, wie du meinst. <<, entgegnete er gelassen. >> Aber beruhige dich erst mal, okay? <<

>> Ich bin ruhig! <<, rief ich und merkte erst da, dass ich wirklich aufgeregt wirken musste.

>> Oh...ähm sorry. <<, sagte ich dann und atmete tief aus. Ich wartete einige Minuten bis sich meine Atmung normalisierte.

>> Ist wieder alles in Ordnung? <<, fragte mich Bryan besorgt und kam ein paar Schritte näher.

>> Ja, mir geht' s gut, danke. <<, antwortete ich ruhig und hob dann meinen Blick. Er sah wirklich besorgt aus. >> Bryan? <<

>> Ja? <<

>> Kann es sein, dass du auch unnatürlich schnell bist im Gegensatz zu anderen? <<

Er schwieg kurz bevor er antwortete. >> Das...hast du gut erkannt. <<, antwortete er dann vorsichtig.

Ich sah ihn an und fragte mich ob er wohl gerade meine Gedanken las. Ich hörte zwar kein Summen, aber sicher konnte ich mir trotzdem nicht sein.

>>Kann- kann ich auch so schnell sein wenn ich will? <<, fragte ich Bryan neugierig.

>> Ich...- ähm...das kann ich dir nicht so genau sagen, Kim. Das musst du selbst herausfinden. <<

>> Hm. <<, machte ich bloß und sah dann aus dem Fenster. >> Das Fenster war geschlossen, Bryan. Wie hast du es aufgekriegt? <<, fragte ich ihn dann.

>> Kim, das Fenster war offen. Ich habe gar nichts gemacht. <<, erwiderte er, aber ich spürte irgendwie dass er log. Ich sah ihm direkt in die Augen und neigte den Kopf zur Seite.

>> Du bist nicht gut darin zu lügen, weißt du. <<, sagte ich dann.

Er lachte kurz auf. >> Dann bist du aber die Erste die das so sieht. <<

Ich fühlte mich plötzlich so anders, als würde ich nicht mehr ich selbst sein, wie es in letzter Zeit immer öfter passierte. Ich wollte eigentlich nichts mehr sagen, doch mein Mund öffnete sich von alleine und Worte kamen mir über die Lippen, die ich nicht selbst formulierte. Es schien mir so als würde jemand anderes reden und nicht ich. Ich war wie in Watte eingehüllt und sah und hörte alles nur seltsam gedämpft.

>> Nein. <<, hörte ich mich sagen.
>> Ich bin die Erste und Einzige die dein wahres Ich kennt. <<

Mir entging nicht wie sich Bryans Gesichtsausdruck abrupt veränderte und er mich aus erschrockenen Augen ansah. Ich hatte ihn noch nie so gesehen. Er war immer der lässige und coole Typ gewesen, sodass man sich gar nicht vorstellen konnte ihn überhaupt zu verängstigen.

>> Kim? <<, hörte ich ihn leise meinen Namen sagen. Ruhig und lächelnd ging ich auf ihn zu. Ohne es zu wollen berührten meine Finger seine Wange. Er war eiskalt und erschrak bei der Berührung.

Ich lächelte ihn an. >> Du solltest dich nicht erschrecken. <<, sagte ich sanft. >> Nach all diesen Jahren. Ich spüre deine Angst, deine Verletzlichkeit und deine Sehnsucht. Du kannst nichts vor mir verbergen. <<, flüsterte ich ruhig und sah wie Bryans Augen sich mit Tränen füllten.

>> Zanrad... <<, flüsterte er und blieb starr mit seinen weit geöffneten Augen stehen. Er wirkte wie gelähmt, weshalb er sich nicht bewegen konnte.

Plötzlich schärften sich wieder meine Sinne und ich kam zu mir. Ich schüttelte kurz den Kopf und versuchte zu verstehen was gerade eben passiert war. Mit geschlossenen Augen massierte ich mir die Schläfen.

>> Bryan, ich...- was ist passiert? Ich...- <<, stammelte ich und als ich meine Augen wieder öffnete, blickte ich in die Leere statt in Bryans Gesicht. Ich sah mich um und stellte fest, dass er gar nicht mehr in meinem Zimmer war.

>>Bryan? <<, rief ich verwirrt und sah mich nochmal um.
Such nicht weiter. Er ist nicht hier, ging es mir durch den Kopf. Seufzend ging ich zum Fenster und schloss es. Ich sah noch einige Minuten lang hinaus, bevor ich mich dazu entschied mich endlich hinzulegen und diese mehr oder weniger abenteuerliche Nacht hinter mich zu bringen.

PS: Hallo ihr Lieben. Ich freue mich immer wieder über Votes und Kommentare! Teilt mir eure Gedanken und Meinungen mit. Viel Spaß beim Lesen! :D

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