Goodbye.

»Und vielleicht ist an diesem Punkt Schluss.
Vielleicht ist es jetzt Zeit sich zu verabschieden.
Vielleicht ist das Einzige was uns jetzt noch bleibt, dankbar zu sein, dass wir uns kannten.
Vielleicht.«

Liam Payne

Die Liebe ist ein mächtiges Gefühl. Ein Gefühl, welches weit über die bloße Vorstellungskraft des menschlichen Verstandes hinausreicht und sich nur sehr schwer in Worte fassen lässt. Es ist ein Gefühl, das die Menschen bis an ihre emotionalen Grenzen bringt - sowohl durch die unfassbar schönen, als aber auch durch die unheimlich schmerzhaften Zeiten.

Doch was genau ist eigentlich diese Liebe?

Ist es Liebe, wenn es dort draußen jemanden gibt, dessen Wohlergehen über dem eigenen steht? Ist es Liebe, wenn jeder noch so kleine Fehler dieser einer Person bekannt ist, aber man eben genau diesen mit offenen Armen annimmt ohne darüber urteilen zu wollen? Oder ist es Liebe, wenn einen das immense Gefühl von Geborgenheit und Stärke durchfährt, sobald sich diese eine Person in unmittelbarer Nähe befindet?

Die Antwort zu dieser Frage lautet alles und nichts.

Denn für jeden Menschen hat die Liebe eine komplett andere Bedeutung. So ist es für die einen die Liebe, wenn sich dieses wohlige, sanfte Kribbeln rasant in der Magengegend ausbreitet - einzig und alleine durch eine kurze Berührung dieser besonderen Person. Für andere wiederum ist die Liebe das plötzliche Bewusstsein, dass man sich ohne diesen einen Menschen nicht mehr vollständig fühlt, während es die einen, wieder als etwas komplett anderes interpretieren.

Aber genau das ist das Schöne an der Liebe.

Sie ist vollkommen uneingeschränkt und individuell. Was die Liebe letztendlich für den Einzelnen bedeutet, wird einem selbst erst bewusst, wenn man auf die eine besondere Person trifft, die dieses Gefühl in das eigene Leben bringt.

Auch ich hatte so eine Person.

Sophia Smith.

Schwungvoll, laut und voller Lebensfreude ist sie in mein Leben getreten und hat mich durch viele unscheinbar wirkende Gesten und denkwürdige Momente unbewusst in die Welt der Liebenden eingeführt.

So habe ich mit der Zeit, die ich mit ihr verbracht habe, langsam aber sicher herausgefunden, dass es eindeutig wichtigere Ziele im Leben gibt, als das einsame kalte Promi-Leben, ganz oben an der Spitze der Charts.

Traurigerweise ist dieses ernüchternde Klischee für eine Weile lang tatsächlich mein zu erstrebendes Ziel gewesen. Zu diesem Zeitpunkt habe ich stark unter der Trennung von meiner damaligen Freundin gelitten. Diese hat sich von dem einen auf den anderen Tag dazu entschieden, dass sie ohne mich besser dran ist.

Mit diesem kleinen Satz hat sie es geschafft, meine Welt innerhalb weniger Sekunden einem Scherbenhaufen gleichzusetzen.

Deshalb ist es mir unheimlich schwer gefallen, mich in den folgenden Wochen auf meinen Job zu konzentrieren - worunter letztlich auch meine Bandkollegen zu leiden hatten. Sei es durch den Schlafmangel, weil ich jemanden zum Reden brauchte oder aber wegen der fehlenden Konzentration bei sämtlichen Proben, die die Jungs nahe an den Rande eines Nervenzusammenbruchs getrieben hatte.

Irgendwann war ich es jedoch einfach nur noch leid gewesen, diesem ständigen Herzschmerz ausgesetzt zu sein. Deswegen habe ich angefangen, meine Prioritäten auf etwas völlig anderes zu lenken. Etwas, das keinerlei Einflussmöglichkeit auf mich oder meine Gefühle hat.
Und das war eben nun einmal der Erfolg von One Direction.

Zumindest solange bis sie in mein Leben getreten ist.

Sophia hat diese kaltherzige Einstellung mit Leichtigkeit aufgewirbelt und zuletzt sogar vollkommen zunichte gemacht.

Denn plötzlich hat es dort jemanden gegeben, dem ich wichtig war. Auf einmal hat sich jemand um mich geschert und hat bedingungslos an meiner Seite gestanden, egal wie sehr sich die Regenbogenpresse das Maul über mich zerrissen hat. Da ist jemand gewesen, dem ich selbst mitten in der Nacht mein Leid klagen konnte, ohne dafür verurteilt zu werden.

Letztlich hat sie es durch ihre herzliche, humorvolle und offene Art irgendwie geschafft, dass ich mich Hals über Kopf in sie verliebe.

In Sophia Smith, die junge Frau, die meinem Leben erst wieder den Schubs in die richtige Richtung gegeben hat.

Allerdings ist es bei weitem nicht nur bei dem bloßen Gefühl des Verliebt seins geblieben - denn aus diesem Gefühl wurde echte Liebe.

Eine Liebe, die zu einem unglaublich festen Bestandteil in meinem Leben geworden ist und mich immer und immer wieder daran erinnert hat, wer ich eigentlich bin. Eine Liebe, die mir selbst während meinen Reisen ein standhaftes Zuhause geboten hat. Eine Liebe, die so erfüllt gewesen ist, dass ich mir sicher war, alles zu haben was ich im Leben brauche.

Zwei Jahre hat dieses wunderbare Gefühl angehalten. Eine Zeit, in der wir gemeinsam erwachsen geworden sind und somit die wahrscheinlich schönsten Momente unseres Lebens miteinander geteilt hatten.

Doch vor wenigen Wochen musste ich bitter feststellen, dass dieses wunderbare Gefühl nicht für immer halten wird.

Zumindest nicht bei Sophia und mir.

Ich weiß nicht genau was es gewesen ist, dass mich letztlich an diesen Punkt gebracht hatte. Aber das wohlig warme Gefühl in meiner Magengegend ist mit jedem Kuss, jeder Umarmung und jedem Treffen weniger geworden - bis es zuletzt komplett verschwunden ist. Natürlich wollte ich mir die Tatsache, dass ich sie nicht mehr liebe, nicht eingestehen. Deshalb hatte ich das Ganze relativ schnell auf den Stress der letzten Konzerte unserer Tour und des bald erscheinenden Albums geschoben.

Erst als ich mir ein Lächeln regelrecht auf die Lippen quälen musste, weil sie mich in Dublin überraschend besucht hatte, ist mir schmerzhaft bewusst geworden, dass es nicht an dem Stress liegt.

Ich liebte sie einfach nicht mehr.

Nicht auf die Art wie bisher.

Seit dieser erschreckenden Erkenntnis sind inzwischen eineinhalb Wochen vergangen. Eineinhalb Wochen in denen ich den Kontakt zu ihr nur oberflächlich gehalten habe - was so viel wie ein kleines Hallo und eine kurze Nachfrage nach dem Befinden heißt.

Mehr ist einfach nicht drin gewesen.

Nicht, weil es mich nicht interessiert. Das tut es. Allerdings fällt es mir nur unheimlich schwer, Sophia die heile Welt vorzuspielen, obwohl sie nicht mehr existiert.

Und dieses Wissen ist brutal.

Ebenso, dass ich in diesem Moment in unserem - noch - gemeinsamen Wohnzimmer sitze und angespannt darauf warte, dass das leise Klicken der Haustüre zu vernehmen ist und ich Sophia somit das letzte Mal gegenüber trete.

Alleine der Gedanke daran jagt dieses ätzende Kribbeln in meine Nase, weswegen ich mit geballten Händen über meine brennenden Augen reibe und mich laut ausatmend, in dem alten knarrenden Sessel, aufrecht hinsetze. Das weiche Polster gibt unter meinem Gewicht leicht nach, als ich mich langsam nach vorne beuge und meine Ellbogen auf meinen Oberschenkeln abstütze.

Nachdenklich richte ich meinen Blick auf den Sims des brennenden Kamins, der sich mitten im Wohnzimmer befindet und somit eine Art Trennwand zu dem direkt angrenzenden Essbereich bildet.

Auf der weißen hölzernen Fläche haben sich im Laufe der letzten zwei Jahre ein paar Erinnerungsstücke angesammelt. Unter anderem einige Fotos, die Sophia und ich, ganz altmodisch, in einem Fotostudio selbst entwickelt haben, ehe wir sie voller Stolz in die verschiedensten Rahmen gesteckt und sie schließlich dort oben aufgestellt haben.

Sophia hat mich damals regelrecht mit ihrem Faible für eine gemütliche und wohnliche Ausstattung angesteckt, weshalb ich mich - wann immer es mir nur möglich war - daran beteiligt habe, ihr beim Dekorieren zu helfen. So auch mit dem Gestalten der individuellen Bilderrahmen.

Zu gerne erinnere ich mich an den Moment, an dem wir gemeinsam am Esstisch gesessen und mit den verschiedensten Bastelmaterialen eine heftige Schlacht aus Glitzer, Kleber, Farbe und Schaumstoff ins Leben gerufen haben.

Ein leichtes Lächeln legt sich bei dieser Erinnerung auf meine Lippen.

Noch heute spüre ich die ekelhaft klebrige Flüssigkeit, die Sophia damals ohne Erbarmen über meinen Kopf geschüttet hat.
Doch zu diesem Zeitpunkt ist mir ihre Tat völlig egal gewesen. Denn alleine ihr ansteckend fröhliches Lachen, hat all die darauffolgenden Konsequenzen dieser Schlacht wett gemacht.

Tief atme ich ein und lasse dabei meinen Blick über die selbst gestalteten Rahmen gleiten, ehe sich meine Augen an dem einzigen, nicht dekorierten Rahmen verhaken. Ich erhebe mich vorsichtig aus dem knarrenden Sessel und laufe zielstrebig auf den Kamin zu.

Sofort verspüre ich die angenehme Wärme des knisternden Feuers, als ich schließlich direkt vor der offenen Stelle zum Stehen komme. Mit zittrigen Fingern will ich nach dem weißen Rahmen greifen - halte jedoch mitten in der Bewegung inne und lasse meine Hand langsam sinken. Starr sehe ich auf das Foto, auf welchem sich zwei - sich liebende - Menschen lachend anblicken.

Sie sind glücklich.

Unwillkürlich breitet sich ein gewaltiger Knoten in meinem Hals aus, der mich nur schwer schlucken und die bittere Erkenntnis der letzten Wochen nur noch präsenter werden lässt. Nämlich die, dass dieses Foto hier nichts weiter, als eine verschwommene Erinnerung an die Gefühle ist, die Sophia mich in diesem Moment spüren hat lassen.

Eine Erinnerung, die mir furchtbar fremd erscheint.

Erschrocken zucke ich zusammen, als ich schließlich das leise, dennoch gut hörbare Klicken der einrastenden Haustüre vernehme.

Sophia ist hier.

Wie auf Knopfdruck breitet sich ein mehr als nur unangenehmes Kribbeln in meiner Bauchgegend aus, welches geradezu lauthals danach schreit, so schnell wie möglich von hier zu verschwinden und die Sache einfach sein zu lassen - aus purer Angst, den Verlust von Sophia nicht zu verkraften.

Es fällt mir unheimlich schwer, diesem inneren Schrei zu widerstehen, da es nur zu verlockend ist, dieser ganzen Situation unbeschadet aus dem Weg zu gehen. Allerdings wäre es alles andere als fair, Sophia weiterhin abweisend zu behandeln, wobei sie doch etwas so viel besseres verdient hat.

Einzig dieser Gedanke bringt mich dazu, mich langsam von dem Kamin abzuwenden und mich mit schweren Schritten in Bewegung zu setzen.

Linker Fuß.

Rechter Fuß.

Linker Fuß.

Rechter Fuß.

Immer und immer wieder wiederhole ich gedanklich die Folge meiner schweren Schritte - in der Hoffnung, so endgültig diesen inneren Drang der Flucht zu unterdrücken und letztlich sogar Kraft für das aufzubringen, wofür ich überhaupt hierhergekommen bin.

Ein letztes Mal atme ich tief ein, ehe ich schließlich um die Ecke in den Flur biege. Der bereits bestehende Knoten in meinem Hals, schwillt unwillkürlich spürbar noch ein ganzes Stück an, weswegen ich mich schwer schluckend gegen den Türrahmen des Flurs lehne und meine Arme fest vor der Brust verschränke.

Meine Augen sind fest auf die brünette Schönheit gerichtet, die sich in diesen Moment ihre schwarze Lederjacke vom Körper streift und sie mit einem schnellen Handgriff an einen der freien Haken der Garderobe hängt.

Kurz erhasche ich von der Seite aus einen Blick auf Sophia's Gesicht, ehe sie sich umdreht und aus ihren weißen Turnschuhen schlüpft, welche sie ordentlich auf das kleine hölzerne Schuhkästchen stellt.

Der kurze Moment hat jedoch vollkommen ausgereicht, um zu erkennen, dass es ihr nicht gut geht.

Gerade will ich mich bemerkbar machen, als sie sich auch schon langsam zu mir umdreht und bei meinem Anblick heftig zusammenzuckt. "Liam!" Leise keuchend, drückt sie sich die Hand auf ihren Brustkorb.

"Ähm Hey." Ich fahre nervös mit der linken Hand in meinen Nacken und kratze über die dort empfindliche Stelle, wobei ich angestrengt versuche, meinen Blick von ihren dunklen Augenringen oder den leicht eingefallenen Wangen, in ihrem sonst so gesund wirkendem Gesicht, abzuwenden.

Allerdings gelingt mir das zugegebenermaßen mehr schlecht als recht und selbst Sophia scheint mein regelrechtes Starren aufzufallen. Denn sie meidet sämtlichen Augenkontakt und sieht stattdessen geradewegs an mir vorbei, während sie sichtlich unwohl fühlend, auf der Stelle hin und her tapst.

Wüsste ich es nicht besser, käme es mir so vor, als ahne sie bereits warum ich komplett unangekündigt hier auftauche - mitten in der höchsten Stressstufe unserer Tour.

Jedoch ist das unmöglich. Schließlich weiß keiner von meinen Gefühlen oder aber von meinem Vorhaben.

Nicht einmal Niall, mit dem ich sonst über wirklich alles rede.

Meinen Zusammenbruch auf der Bühne vor wenigen Tagen, habe ich geschickt auf eine angeblich fehlende Portion Schlaf geschoben. Und auch wenn ich mir für diese Ausrede ein paar schräge Blicke eingehandelt habe, so hat es dennoch danach ausgesehen, als haben mir meine Bandkollegen das abgekauft.

Leise räuspernd verschränkt Sophia ihre Arme vor der Brust und tritt dabei einen kleinen Schritt nach hinten. Ich nutze diesen Moment und lasse meine Augen über ihren Körper gleiten. Jedoch bereue ich diesen Blick nach nur wenigen Sekunden als ich feststelle, wie erschreckend dünn sie inzwischen geworden ist.

"Wie geht es dir?" Ohne etwas dagegen tun zu können, rutscht mir diese dämliche Frage über meine Lippen. Nur zu gerne würde ich sie sofort zurücknehmen, da sie sich definitiv ohne große Nachforschungen oder Nachhakereien, von selbst ergibt.

Sophia hebt ihren Kopf und sieht mir dabei direkt in die Augen. Sie öffnet ihren Mund und es wirkt, als wolle sie etwas sagen, scheint sich im letzten Moment jedoch dagegen zu entscheiden, weswegen ich ihr mit einem "Tut mir leid. Das war blöd." entgegen komme.

Ich beiße fest auf meine Unterlippe, löse dabei langsam meine Hände aus ihrer verkrampften Haltung und vergrabe diese tief in meinen Hosentaschen, ehe ich mit meinem Kopf in Richtung Wohnzimmer nicke und mich in Bewegung setze - in der Hoffnung, dass Sophia mir folgt.

Schließlich komme ich vor dem wärmespendenden Kamin zum Stehen. Zögernd drehe ich mich um, wobei sich meine Mundwinkel für einen kurzen Augenblick nach oben ziehen als ich erkenne, dass Sophia meine unausgesprochene Aufforderung tatsächlich verstanden hat. Jedoch vergeht das Lächeln ebenso schnell wie es gekommen ist, da mir der Grund für die Notwendigkeit dieser, wieder in den Sinn kommt.

Eine Weile lang stehen wir einfach nur schweigend da und sehen uns dabei direkt in die Augen, bis Sophia sich leise räuspert und somit die Stille durchbricht. "Wie laufen eure letzten Konzerte?" Überrascht von dieser Frage atme ich einmal tief ein, ehe ich mit meinen Schultern zucke. "Es ist ziemlich hektisch und stressig. Die Freizeit lässt zu wünschen übrig und ja..." Ich lasse meinen Satz unausgesprochen in der Luft hängen.

"Und trotzdem bist du hier." Schlussfolgert Sophia wobei ihre Augen langsam zu glänzen beginnen. "Ja... Ja. Das hat auch einen Grund."

Schwer schluckend schließe ich für einen kurzen Moment meine Augen, bevor ich meinen Blick fest auf die brünette Schönheit vor mir lenke und direkt in die ihren sehe, während ich meine nächsten Worte ausspreche.

Die Worte, die der grausamen Wahrheit entsprechen.

Die Worte, die alles beenden werden.

Die Worte, die mir eine wichtige Person entreißen werden.

"Sophia... Ich.. ich kann das nicht mehr. Das mit uns. Es geht nicht." Ich atme zitternd ein und versuche dabei so gut es mir nur möglich ist, den Augenkontakt mit ihr zu halten. "Ich fühle es nicht mehr. Es tut mir leid." Mit einem riesigen Kloß im Hals, der mir schier die Atemwege blockiert, beobachte ich Sophia dabei, wie sie sich auf ihre leicht gerötete Unterlippe beißt und langsam nickt.

Eine einzelne Träne die in diesem Augenblick über ihre Wange gleitet, bringt mich selbst fast dazu es ihr gleichzutun. Nur schwer halte ich mich zurück und wende schließlich hastig meinen Blick von ihr ab, da ihr Gesichtsausdruck ein heftiges Stechen in meiner Magengegend hinterlässt und mitgleich dieses ätzende Kribbeln in meiner Nase hervorruft.

"Ich habe mich schon gefragt, wann es so weit ist." Auf diese Worte hin, schellt mein Kopf in ihre Richtung. Blinzelnd kneife ich meine brennenden Augen zusammen und versuche so, das lästige Kribbeln aus meiner Nase zu vertreiben.

"Wie meinst du das?"

"Du hast dich anders verhalten in den letzten Wochen. Distanzierter. Zuerst habe ich es auf den ganzen Stress wegen eurem neuen Album und dem näherkommenden Ende eurer Tour geschoben." Sie holt tief Luft und reibt sich mit der linken Hand über ihre Wange, als sich erneut eine Träne aus ihren glänzenden Augen löst.

Leise räuspert sie sich, ehe sie mit bebender Stimme fortfährt. "Aber irgendwann habe ich gemerkt, dass du nur in meiner Gegenwart so unnahbar bist." Ein zitterndes Hicksen kommt über ihre vollen Lippen und genau dieses ist für mich der endgültige Auslöser, der den Knoten in meinem Hals zum Platzen bringt. "Sophia..."

Sie wischt sich mit geballten Händen über ihre nassen Augen und schüttelt ihren Kopf, wobei sie tief einatmet.

"Wie lange weißt du es schon?"

"Ein paar Wochen." Ihre Augenbraue zieht sich entrüstet in die Höhe, was mich dazu bringt, umgehend weiter zu sprechen. "Ich... ich war mir zuerst nicht sicher. Aber als du mich in Dublin besucht hast..." Langsam puste ich die angestaute Luft aus meinem Mund und atme kräftig ein. "Da wusste ich es ganz sicher." - "Wieso hast du es mir nicht schon da gesagt?" Sophia verschränkt auf ihre Frage hin die Arme vor der Brust und sieht mich dabei mit einem Blick an, der regelrecht nach purer Enttäuschung und Unverständnis schreit.

Ich kann ihr die Reaktion nicht einmal verübeln. Denn immerhin habe ich bewusst so gehandelt. Ihr verschwiegen was Tatsache ist und sie gleichzeitig auf Abstand gehalten - ohne ihr jegliche Erklärung hierfür zu geben.

Ja, vielleicht hätte ich es ihr dort schon sagen sollen.

Und vielleicht hätte ich das alles schon viel früher klären sollen.

Doch ich habe es einfach nicht gekonnt.

Ich habe es nicht über mich gebracht, Sophia zu sagen wie es um meine Gefühle für sie steht. Der Grund hierfür ist möglicherweise ziemlich egoistisch, aber ich will Sophia um keinen Preis der Welt verlieren.

Nicht sie.

Inzwischen habe ich jedoch verstanden, dass dieser Verlust unvermeitlich ist. Und so sehr der bloße Gedanke daran, dass dies das letzte Treffen ist, auch schmerzen mag... Sophia hat die Wahrheit verdient.

"Ich hatte Angst..." Leise gleiten die Worte über meine trockenen Lippen, während ich mir aufgewühlt durch meine Haare raufe und starr zu Boden blicke. Ich atme tief ein, ehe ich den Grund für mein Verhalten weiter erläutere. "Ich hatte Angst den Menschen zu verlieren, der mich auf dem Boden der Tatsachen gehalten hat. Angst, den Menschen aufzugeben, der ausnahmslos an meiner Seite gestanden und immer für mich da gewesen ist. Egal zu welcher Tages - oder Nachtszeit."

"Liam..."

Ich hebe meinen Kopf und sehe hinüber zu Sophia, deren enttäuschter Gesichtsausdruck gewichen ist und stattdessen eine verschlossene Miene zeigt. Jedoch hält mich diese nicht davon ab, ihr endgültig zu sagen, was der ausschlaggebende Hauptgrund gewesen ist.

"Ich hatte Angst dich zu verlieren."

Meine Stimme ist mittlerweile nicht mehr, als ein bloßes Krächzen. Die Tränen in meinen Augen verschleiern meine Sicht und ich habe das Gefühl, diese nicht mehr lange zurückhalten zu können.

Sophia hingegen wischt sich beinahe hysterisch über die rötlichen Wangen, ehe sie die Arme nach unten hängen lässt und sich leise räuspert. "Was hat die Angst verschwinden lassen? Bin ich dir inzwischen egal geworden, so dass die Angst nicht mehr da ist?" Ihre Worte brennen sich wie ein heißes Glüheisen direkt in meinen Brustkorb und ich schüttel hastig meinen Kopf.

"Nein. Nein Sophia. Du bist mir nicht egal..." Ich beobachte sie dabei, wie sie ihre zitternden Hände ineinander verschränkt, unruhig durch den Raum schaut und bewusst meinen Blicken ausweicht. "Aber du verdienst die Wahrheit. Ich will dich nicht weiter durch mein egoistisches Verhalten verletzen."

Auf meine Worte hin trete ich einen Schritt auf sie zu und strecke meine Hände vorsichtig nach den ihren aus, die immer stärker zu zittern scheinen. Jedoch halte ich mitten in meiner Bewegung inne, als Sophia einen Schritt nach hinten macht und ihren Kopf langsam anhebt.

"Danke für deine Ehrlichkeit, Liam."

Schwer schluckend nicke ich. Während die Last von meiner Schulter schwindet, macht sich ein heftiger Druck auf meinem Brustkorb breit.

Es ist vorbei.

Endgültig.

Das Kribbeln in meiner Nase wird wieder schlimmer und ich streiche mit meinen Fingern an deren Seiten immer und immer wieder darüber, in der Hoffnung dieses so zu vermindern. Allerdings scheitere ich kläglich daran.

Ein leises Seufzen lässt mich in meiner Handlung innehalten und aufsehen. "Ich werde in den nächsten Tagen meine Sachen holen. Den Schlüssel für das Haus lege ich dir dann in einen Umschlag in den Postkasten." Als Antwort gebe ich ein krächzendes "Okay" von mir.

Zu mehr bin ich in diesem Moment nicht fähig.

Ich weiß schon jetzt, dass ich nach Beendigung der Tour für eine Zeit lang nicht mehr hierher kommen werde.

"Nun gut. Dann... dann werde ich jetzt gehen." Mit diesen Worten löst Sophia ihre Hände voneinander und wendet sich langsam von mir ab.

Der Druck auf meiner Brust wird immer stärker.

"Du kannst hier bleiben. Ich würde auch unten auf der Couch schlafen, dann könntest du hoch ins Schlafzimmer. Morgen bin ich sowieso weg. Du musst also nicht extra gehen."

Traurig lächelnd schüttelt die Brünette ihren Kopf und wischt sich dabei in einer schnellen Bewegung über ihre nasse Wange. "Danke für das Angebot. Aber es ist das Beste, wenn ich jetzt gehe." - "Bist du dir sicher?" Entschlossen nickt sie und bringt mit dieser kleinen Geste sämtliche Muskeln in mir dazu, sich krampfhaft zusammenzuziehen.

Sophia dreht sich um und läuft mit schnellen Schritten aus dem Wohnzimmer. Mein Blick ist auf ihren schmalen Körper gerichtet, als ich ihr hinaus in den Flur folge. Fest beiße ich mir auf meine trockene Unterlippe, da das Brennen in meinen Augen mit jedem einzelnen Schritt stärker zu werden scheint.

Ich balle meine linke Hand zu einer Faust und presse diese leicht auf meinen Mund, während ich meine Exfreundin dabei beobachte, wie sie in ihre weißen Schuhe schlüpft, die schwarze Lederjacke von der Garederobe nimmt und schließlich nach ihrer Handtasche greift.

Es ist so weit.

Der endgültige Abschied.

Nun ist der Moment gekommen, den ich die ganze Zeit vermeiden wollte. Der Moment, von dem ich mir wünsche, dass er überhaupt nicht notwendig wäre.

Doch das Leben läuft nicht immer so, wie wir es uns wünschen. Denn zwischen unseren Wünschen steht immer die Realität.

Und die Realität kann grausam sein.

Sophia wendet sich langsam zu mir um und schenkt mir dabei ein zögerliches Lächeln. Ein Lächeln, das mir einst alles Schlechte nehmen konnte - wenn auch nur für einen Augenblick. Jedoch bewirkt dieses in dem jetzigen Moment, das genaue Gegenteil und bringt mich dazu, zittrig einzuatmen.

Immer und immer wieder lösen sich neue Tränen aus ihren schönen Augen und fließen ununterbrochen über ihre Wange. Allerdings macht sie sich nicht mehr die Mühe, diese wegzuwischen, ehe sie sich leise räuspert.

"Viel Glück für die letzten Konzerte. Du packst das. Auch wenn es jetzt ziemlich stressig ist, denk immer daran, dass die Pause endlich ansteht." Meine Mundwinkel zucken kurz nach oben. "Danke. Ehrlich gesagt kann ich es kaum noch erwarten." Sophia nickt und fährt sich mit der linken Hand durch ihre langen braunen Haare.

Eine Weile sehen wir uns einfach nur an.

Schweigend.

Ein letztes Mal.

Schließlich schwindet das Lächeln aus ihrem Gesicht und Sophia wendet ihren Blick von mir ab. Sie dreht sich eilig um und läuft auf die Haustüre zu, die sie mit einem schnellen Handgriff öffnet und mir promt die kühle Luft von draußen entgegen schlägt. Mein Körper beginnt zu zittern und ich bin mir sicher, dass das nicht nur an der Kälte liegt.

Sophia bleibt im Türrahmen stehen und wendet sich langsam zu mir. Sie schenkt mir dabei ein so sanftes Lächeln, dass es mir regelrecht den Hals zusammen schnürt und den Wunsch nach einem anderen Ende für uns nur noch verstärkt.

Doch sobald sie endgültig den Schritt über die Schwelle macht, wird jeder von uns seinen eigenen Weg gehen.

Sie den ihren und ich den meinen.

Als würde sie meine Gedanken erahnen, gleiten ihre Mundwinkel langsam nach unten und ein leises Schluchzen kommt ihr über die rötlichen Lippen. Tief atmet sie ein, ehe sie einen Schritt nach hinten geht und ihre Hand um die Türklinke legt.

"Lebe wohl, Liam"

Mit diesen Worten zieht sie die Haustüre laut knackend ins Schloss.

Starr blicke ich auf das dunkle Holz und versuche hektisch, den gewaltigen Knoten in meinem Hals herunter zu schlucken. Jedoch verschwindet dieser nicht und wird stattdessen immer größer.  

Sie ist weg.

Endgültig.

Ich stütze mich hastig an der mir nächstgelegenen Wand ab und atme hektisch ein und aus, während ich meine Augen schließe und fest zusammenpresse.

Allerdings hindert das nicht eine einzelne Träne daran, mir heiß über meine Wange zu fließen.

Es sind jedoch keine Tränen der Schwäche.

Es sind Tränen aufgrund des Verlustes einer Person, die einst so eine große Rolle in meinem Leben gespielt hat.

Es sind Tränen für eine Person, die ich trotz des Wissens, sie nicht mehr zu lieben, niemals vergessen werde.

"Lebe wohl, Sophia."

* * *

So das war das Ende von Sophiam und bevor ihr mir hier gedanklich die schlimmsten Dinge wünscht, möchte ich eines loswerden.

Ich liebe die beiden zusammen und es ist mir wirklich nicht leicht gefallen, diese Trennung zu schreiben. Allerdings ist das für mich persönlich eine Art Abschluss mit dem Thema.

Wer TEOU kennt, weiß inzwischen, dass ich da eine etwas andere Weise nutze, um mein persönliches Ende für die betreffenden Personen zu finden, mit dem ich gut leben kann. Und auch wenn es hier kein Happy End zwischen Liam und Sophia gibt, so ist es dennoch für mich die Art, wie ich mir wünsche, dass es passiert ist.

Es war eine "gute" Trennung - kein Streit, Geschrei, Verwünschungen oder Hass. Stattdessen ging es ruhig, emotional und doch irgendwie liebevoll zu.

Liam merkte immer wieder an, dass Sophia ihm eine Menge bedeutet - wenn auch auf eine andere Weise wie bisher. Das ist auch der Grund dafür, warum es ihm so widerstrebt, sie zu verletzen und gehen zu lassen.

Wem würde es nicht so gehen, nachdem man Jahre lang mit einem Menschen zusammen war, der einem immer zur Seite stand? Aber es hat einfach keinen Sinn mit dieser Person zusammen zu bleiben, wenn man sie nicht mehr liebt.

Das hat auch Sophia eingesehen, weshalb sie sie seine Entscheidung respektiert hat. Keiner sollte es ihr übel nehmen, dass sie nicht um ihn gekämpft und es einfach geschehen hat lassen. Immerhin hat Liam seinen Standpunkt ziemlich deutlich ausgedrückt und das nicht nur an diesem Tag.

Was ich hier eigentlich sagen will, ist, dass sie trotz allem ein eigentlich schönes Ende gefunden haben und kein böses Blut zwischen ihnen geherrscht hat. Das war das, was mir persönlich unheimlich wichtig war. Aber auch wenn das hier ihr Ende ist, weiß keiner was die Zukunft noch bringen wird.

Wenn ihr mich jetzt immer noch verwünschen wollt, dann nur zu. :)

Anmerkung: Das Bild ist von der lieben Jessi alias horansuniverse 



















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