Prolog- Sarah
Vollmond.
Daniel und ich gingen wie üblich in den Keller. Wir schlichen bedächtig durch den düstersten Flur der Schule, vorbei an alten Gemälden und schweren Holztüren. Meist verwandelte er sich nur, wenn er den Vollmond auch zu Gesicht bekam.
Doch es gab Fälle, in denen es ihm bereits reichte, seine Anwesenheit zu spüren.
So oder so gingen wir das Risiko lieber nicht ein.
Reinblüter, die bereits so geboren wurden, lernten in ihrer Kindheit damit umzugehen und konnten sich verwandeln, wann immer sie wollten,- aber Daniel war gebissen worden und hatte keine Familie, die ihm das alles beibringen konnte. Ich sah meinen Freund aufmerksam an, studierte sein Gesicht in allen Einzelheiten. Ich versuchte zu erkennen, welche Gedanken sich hinter seiner leicht gerunzelten Stirn und der Falte zwischen seinen Augenbrauen verbargen. Er sah nervös aus, ansonsten wirkte er auf mich unverändert. Keine Anzeichen für eine bevorstehende Verwandlung. Trainer Nolan riet mir stets auf die Anzeichen zu achten, wenn ich schon darauf bestand ihn in den Keller zu begleiten: plötzliche Schweißausbrüche, nervöse Zuckungen und ungewöhnliche Gereiztheit. Geistesabwesend strich er sich eine dunkle Strähne aus der Stirn. Nichts davon schien zuzutreffen. Immerhin das. Ich entspannte mich ein wenig, aber behielt ihn trotzdem stets im Auge.
Er hatte sich an diese Sache noch immer nicht ganz gewöhnt.
Daniel hatte zwar damals dank mir gewusst, dass er sich verwandeln würde und ich hatte ihm alles was ich zu der Zeit über Werwölfe wusste erzählt, dennoch geschah es unerwartet.
Er hatte eine Woche gebraucht, um sich von seiner ersten Verwandlung zu erholen. Wir hatten ihn behelfsmäßig in unseren Keller gesperrt und mit dem angebunden was wir dahatten.
Zu der Zeit hatten wir seine Kraft über alle Maße unterschätzt. Wir hatten großes Glück das mein Vater als Vollblut Vampir, Daniels vollständige Aufmerksamkeit auf sich lenken konnte. Mein Vater war zu schnell für Daniel gewesen und hatte sich in der Mitte eines naheliegenden Sees verschanzt. Daniel brachte die ersten Tage nach seiner Verwandlung kein Wort über die Lippen.
Ich erzählte seinen Eltern wir wären mit meiner Familie campen. Ich brachte ihm Essen und las ihm sein Lieblingsbuch vor, in dem für meinen Geschmack die Liebesgeschichte viel zu kurz kam.
Ich zwang ihn an die frische Luft und brachte ihn mit gespieltem Würgen dazu endlich zu duschen.
Ich bezweifelte, dass es ohne mein dürftiges Wissen besser verlaufen wäre.
Die Schule war unheimlich still, alle waren auf ihren Zimmern und hatten die Türen sicherheitshalber verriegelt. Wir sollten uns etwas beeilen. Wir mussten den Keller erreichen bevor der Mond zu sehen war, denn die riesigen Fenster ließen sich trotz der schweren Vorhänge nicht so leicht bedecken.
„Hast du die Alchemie Hausarbeit schon fertig?", fragte ich gewollt beiläufig, um ihn ein wenig abzulenken, doch er sah nur verwirrt auf. Die Pupillen seiner grünen Augen waren wie bei jedem Vollmond unnatürlich geweitet.
„Nein...", murmelte er benommen.
„Ich konnte mich nicht konzentrieren."
Ich berührte tröstend seinen Arm und spürte seine unnatürliche Wärme deutlich durch den Stoff. Sie strömte in meine kalte Hand wie warme Sonnenstrahlen und ich ließ sie länger als nötig dort liegen.
„Keine Angst, es wird schon nichts passieren", sagte ich munter, doch er schien nicht wirklich überzeugt zu sein.
„Ich habe keine Angst..." Ihm war klar, dass ich nicht so leicht zu überzeugen war. Wir kannten uns schon zu lange, als dass er mich anlügen konnte. Seine Augen waren mein Fenster in seine Gedanken. Das war der Grund, warum er sich beim Lügen stets abwandte.
„Hör zu, wenn du möchtest, bleibe ich die n-"
„Nein!", unterbrach Daniel mich energisch. Er packte mich erschrocken am Arm aber ließ kurz darauf schon wieder los.
„Ich meine, ich will nicht, dass du dich in Gefahr begibst."
„Zwischen uns sind silberne Stäbe. Und du wirst mit Eisen angekettet. Was soll da schon passieren?", entgegnete ich mit sachlichem Ton.
Dieser Teil vom Keller war kein angenehmer Ort. Zu beiden Seiten eines langen Ganges reihten sich Zellen mit silbernen Gitterstäben.
Silber tötete Werwölfe nicht, so wie in Filmen, doch wenn sie es berührten fühlte es sich für sie an, als würden sie sich verbrennen.
Früher, vor den silbernen Gitterstäben, fungierten die Zellen als Kerker für den größten menschlichen Abschaum dieser Welt. Mörder, die so voller Blutdurst waren, dass keiner sie kontrollieren konnte.
Und nun beherbergten sie unerfahrene Wesen und Problemfälle, um uns alle zu schützen. Im Prinzip erfüllten sie noch denselben Zweck wie früher.
Sie hielten Monster davon ab ihrem Rausch zu verfallen.
Daniel schwieg und starrte geistesabwesend auf den Boden, während wir links in einen Gang einbogen. Ich startete einen neuen Versuch, ihn auf andere Gedanken zu bringen: „Ach und übrigens hat mich Caine heute wieder belästigt. Er hat mir einfach an den Arsch gepackt, mitten im Schulflur!"
„Ja...mhm", kam es nur von Daniel.
„Ach und dann haben wir es auf dem Klo getrieben...und ich bin jetzt schwanger."
„mhm", machte er nur wieder und ich boxte ihm auf den Arm.
Er zuckte nur leicht zusammen und schaute nun wieder zu mir herab ,,Wie kann man nur so wenig zuhören?", maulte ich und schob beleidigt das Kinn leicht vor.
„Sorry Vampi, ich habe gerade andere Sorgen.", grummelte er und starrte wieder vor sich hin. Ich schlug ihn noch einmal auf dieselbe Stelle, diesmal fester.
Er funkelte mich mit grünen Wolfsaugen gereizt an.
„Du weißt ich hasse diesen Spitznamen! Das ist als würde ich dich Wolfi nennen!" Seine Mundwinkel zuckten und er schubste mich mit einem Arm von sich weg.
Ich fing mich gerade noch so, ehe ich fiel.
„Daniel!", knurrte ich empört.
Nun lachte er sein unbezahlbares Lachen, bei dem jedes Mädchen dahin schmelzen würde... außer mir -natürlich.
Ich stach ihm einen Finger in die Rippen und er stöhnte lachend auf. Ich sprang auf ihn zu, schob meine Arme unter seine und umarmte ihn. Dann drückte ich zu und presste ihm die Luft aus den Lungen.
Er keuchte, wieder lachend, auf und legte dann die Arme um mich, um mich ebenfalls zu zerdrücken.
Das war so ein Ding zwischen uns, schon seit wir Kinder waren. Als er noch ein Mensch war, musste er immer als erster die Arme lockern. Doch nun war ich es die stets nachgeben musste.
Ich stöhnte auf, als er mir die Rippen eindrückte.
Ein Wirbel meiner Wirbelsäule knackte, da ließ er mich grinsend los.
Ich ließ ebenfalls die Arme sinken und schnappte lachend nach Luft.
Da hörte ich meine Uhr piepen. Ein schriller anklagender Ton.
„Verdammt!", brach es aus mir heraus und ich wollte grade rufen, dass er nicht zum Fenster sehen sollte.
Aber es war zu spät.
Wie in Trance sahen seine jadegrünen Augen zum Fenster.
Wie konnte ich nur so leichtsinnig sein und mit ihm hier herumalbern! Ich muss hier weg!, dachte ich erschrocken und rannte zur Treppe. Es hallte ein markerschütternder Schrei durch die Flure, sowie ein lautes Reißen. Ein kalter Schauer lief mir den Rücken herunter.
Ich rannte so schnell die Treppe runter, dass ich Angst hatte über meine eigenen Füße zu stolpern.
Da hörte ich schon, wie er die Verfolgung aufnahm.
Ich sprang über das Geländer, fiel, fing mich beim nächsten Geländer auf und ließ mich wieder fallen. Ich hatte das Gefühl mir die Arme nach jedem Sturz auszureißen, doch ich machte weiter.
Im Moment hatte es sowohl Vor- als auch Nachteile ein Dhampir zu sein.
Der Vorteil war, ich war schwerer zu fangen und viel geschickter als ein Mensch.
Vor allem war ich stärker und schneller.
Nachteil: Werwölfe waren darauf programmiert mich zu töten. Eigentlich jagten sie die Vampire, doch für sie machte es im verwandelten Zustand keinen Unterschied ob mein Herz noch schlug oder nicht. Mein Magen zog sich im freien Fall unangenehm zusammen.
Daniel war immer noch schneller als ich! Seine Krallen wetzten über die steinernen Stufen während er die Treppe runter preschte.
Ich sah kurz runter und beschloss, als ich das grauenerregende Knurren über mir hörte, dass ich nah genug am Boden war und ließ mich fallen.
Ich stöhnte, als der Aufprall wie ein Stromschlag durch meinen ganzen Körper fuhr.
Ich sah die Tür, hinter der sich die steile Treppe zum Keller befand. Dort hätte ich mich, in der für ihn vorgesehenen Zelle, schützen können, doch da versperrte der gigantische, pechschwarze Wolf mir bereits den Weg zur Tür.
Mit gefletschten Zähnen stand er nur wenige Meter von mir entfernt.
Okay, dachte ich. nur keine schnelle Bewegung.
„Daniel...", fing ich vorsichtig an, doch ehe ich weitersprechen konnte, sprang er auf mich zu und ich schaffte es gerade so, auszuweichen. Dabei streifte mich sein schwarzes Fell und wieder wurde mir bewusst, wie groß er eigentlich war.
Ich hatte nur noch eine Fluchtmöglichkeit,- und das war die Tür nach draußen.
Hektisch stürzte ich durch die Tür, zog sie energisch hinter mir zu und hatte im nächsten Moment den Wald vor mir. Ich rannte über den Waldweg auf die gepflasterte Straße zu. Tiefhängende Äste peitschten mir ins Gesicht, doch ich hatte keine Zeit ihnen auszuweichen.
Wir waren von gigantischen Bäumen umgeben und nicht allzu weit entfernt ragten von allen Seiten Berge und steinige Hügel empor.
Hier gab es weder Menschen, noch gab es hier Licht.
Wobei das mangelnde Licht kein Problem für mich darstellte, da ich zur Hälfte eine Kreatur der Nacht war.
Nur sehr selten fuhr ein Auto hier durch und in den meisten Fällen waren es Touristen, die sich verfahren hatten. Die Tür würde ihn nicht lange aufhalten, also hetzte ich weiter über den Waldweg und gelangte endlich auf die Straße, neben der finster wirkenden Bäume wie beständige Wächter standen.
Weiter entfernt sah ich die Hauptstraße. Mit großen Abständen konnte ich die Lichter weniger Autos erkennen, die dort entlang rasten. Durch meine Vampirohren hörte ich, wie mit einem schrillen kreischen die Tür zerbrach.
Ich sah kurz zurück. Je weiter ich mich vom Schloss entfernte, desto mehr verblasste es. Ein Schutzzauber der Hexen sorgte dafür, dass übermenschliche Wesen das prächtige Schloss erst in einem gewissen Radius sehen konnten.
Menschen bekamen es nie zu Gesicht. Ein ähnlicher Zauber, der an meinen silbernen Ring, in den ein Mondstein eingefasst wurde, gebunden war, verhinderte dass ungläubige Menschen das Übernatürliche an uns sehen konnten.
Schon oft hatte ich den Zauber, der verbarg was ich wirklich war, verflucht, doch nun war ich sehr dankbar, dass kein Sterblicher mich sehen konnte.
Im Moment sah ich das verblassende Schloss, mit seinen in Kletterpflanzen gehüllten Mauern nur so aus dem Augenwinkel.
Meine Aufmerksamkeit galt dem riesigen schwarzen Wolf, der hinter mir her raste.
Ich war nicht langsam, ich war mir sogar sicher, dass ich unter den Dhampiren mit Abstand die Schnellste war.
Das Problem war nur, dass Daniel mir bereits in Menschengestalt dicht auf den Fersen war.
Das hieß, in Wolfsgestalt war er schneller. Erheblich schneller.
Meine Beine schmerzten, ich konnte mich nicht erinnern, dass mir die Hauptstraße jemals so weit weg vorgekommen war.
Trotz der Schmerzen zwang ich meine Beine nicht langsamer zu werden. Stattdessen versuchte ich sie noch weiter anzutreiben. Doch ich hatte mein Maximum beinahe erreicht.
Ich hörte ihn näherkommen und verfluchte mich innerlich, weil ich es nicht für nötig gehalten hatte mich auf dem Weg zum Keller mehr zu beeilen. Ich war leichtsinnig gewesen, dumm!
Ich spürte seinen heißen Atem an meinen Waden.
Ich schrie vor Schreck auf und eine neue Woge Adrenalin schoss mir durchs Blut. Mit Mühe gelang es mir meine Beine noch mehr zu beschleunigen.
Der Wind zerrte so stark an meinen Haaren, dass ich fürchtete er würde sie mir ausreißen. So schnell war ich noch nie in meinem Leben gelaufen, ich hatte das Gefühl über die Straße hinweg zu fliegen. Trotzdem war es nicht schnell genug.
Ich biss die Zähne fest zusammen. Die Vorstellung von meinem besten Freund zerfleischt zu werden war so grausig, dass sie mir mehr Kraft und Schnelligkeit verlieh als ich mir je vorstellen konnte.
Er würde es sich nie verzeihen.
Es würde ihn umbringen.
Endlich hatte ich die Straße erreicht und hätte aus Gewohnheit fast Halt gemacht, doch das laute Hecheln, welches mehr wie ein Knurren klang, erinnerte mich daran, dass ich auf keinen Fall stehen bleiben durfte. Nicht wenn ich leben wollte.
Nicht viele Autos fuhren hier vorbei, doch die, die kamen waren verdammt schnell. Mir kam ein Geistesblitz.
So schnell ich konnte sprintete ich die Straße entlang und sah mich hektisch um. Endlich kam eins.
Ich rannte neben dem Auto her und zwang meine Beine noch einmal richtig zu rennen. Ich schrie vor Schmerz auf und stieß mich mit aller Kraft ab. Daniel schnappte nach meinem Fuß, verfehlte ihn aber knapp.
Das brachte ihn aus dem Gleichgewicht. Mit einem dumpfen Aufprall kam ich auf dem kühlen Autodach auf.
Ich hörte den Fahrer erschrocken: „Was zum Teufel!", aufkeuchen, doch zum Glück blieb er nicht stehen. Daniel wurde langsamer und rannte nun auf der Straße hinter dem Wagen her. Bei dem Anblick setzte mein Herz vor Schreck einen Satz aus.
Was wenn ein Fahrer, der ihn natürlich nicht sehen konnte, ihn erfasste? Wäre es nur irgendein Werwolf, hätte ich gehofft, dass er von einem Auto erwischt werden würde, doch dieses riesige bedrohliche Monstrum war mein bester Freund, -meine Familie.
Ich klammerte mich an die glatte Oberfläche des Autos.
Der Wagen bot nicht viel Halt, doch ich schaffte es auf wundersame Weise, oben zu bleiben.
Ich legte meine Wange auf das kalte glatte Autodach und versuchte irgendwie zur Ruhe zu kommen. Mein Herz raste und pulsierte in meinen Ohren.
Ich atmete tief ein und schloss einen Moment lang die Augen.
Als ich mich wieder gesammelt hatte, sah ich zurück und bemerkte erleichtert, dass der Abstand zwischen uns wuchs. Der riesige Wolf schien aufzugeben, denn er wurde immer langsamer und trabte nach einer Weile nur noch hinter dem Auto her. Ich ließ meinen Kopf erleichtert wieder auf das Autodach fallen.
Zu meinem eigenen Erstaunen fing ich nun an zu lachen, doch ich hörte die Spur von Hysterie in meinem krampfhaften Gelächter.
Ich konnte nicht glauben, dass er die Verfolgung tatsächlich aufgegeben hatte, das sah ihm gar nicht ähnlich.
Ich zog die Beine an und versuchte in die Hocke zu gehen. Im inneren hörte ich wie der Fahrer vor sich hinmurmelte: „Das war nur eingebildet...ich bin zu Müde..."
Nach einer Weile kamen wir in ein kleines Städtchen, oder eher ein Dorf. Wir waren auf einer kleinen Insel in Irland und dieses Städtchen war schon eines der Größten, dass diese Insel mit weniger als tausend Einwohnern zu bieten hatte.
Ich hoffte, dass das Auto die nächste Kreuzung rechts einbiegen würde, denn dort gab es eine Gasse, auf deren Weg ich wieder zurück zur Schule kommen würde.
Es würde ein langer Marsch werden, aber hier fuhren keine Busse und Geld hatte ich sowieso nicht dabei. Tatsächlich bog das Auto rechts ab. Noch ein paar Meter, dann sprang ich ab.
Ich rollte mich ab, doch der Aufprall brachte dennoch eine erneute Welle des Schmerzes mit sich. Wie zuvor ignorierte ich ihn.
Wichtiger war, schnell das Gleichgewicht zu finden. Ich atmete tief durch und schon rannte ich in die Gasse. Die Pause auf dem Autodach war zu kurz. die Zeit hatte nicht gereicht, um neue Kraft zu sammeln. Ich drosselte also die Geschwindigkeit und joggte die Gasse entlang.
Falls Daniel doch nicht aufgegeben hatte, würde er bestimmt weiter dem Auto folgen.
Der Geruch von Abgasen würde meinen mit Sicherheit überdecken. Zumindest hoffte ich das.
Der Weg führte in eine Sackgasse. Verblüfft sah ich an einem Zaun hinauf.
Ich war mir sicher, dass er das letzte Mal als ich hier war, noch nicht dort stand.
Die Vorstellung darüber zu klettern, erschien mir einfach nur grausam und schmerzhaft. Meine Muskeln verkrampften sich allein bei der Vorstellung. Wie so oft heute, ignorierte ich ihr Klagen und kletterte keuchend und mit schmerzerfülltem Stöhnen über den Zaun.
Oben angekommen bemerkte ich erst den Stacheldraht, welcher am Zaun angebracht wurde. Es kam, wie es kommen musste und ich kratzte mir beim runter springen beide Hände auf.
Unten angekommen betrachtete ich meine blutenden Hände und wartete darauf das die Heilung einsetzte. Doch sie ließ auf sich warten. Ich runzelte die Stirn und wischte das Blut an meiner Hose ab. Es brannte und als ich meine Hände erneut ansah waren die Schnitte noch immer da. Ich hatte schon tiefere Wunden, die schneller verheilt waren als diese kleinen oberflächlichen Kratzer. Ich drehte mich, den Blick weiterhin auf meine Hände gerichtet um. Ich überlegte mir alle möglichen Erklärungen warum meine Heilung wohl nicht einsetzte.
Vielleicht weil ich so erschöpft war? All das Adrenalin? Die Angst? Ich versuchte nicht weiter drüber nachzudenken. Auf so eine Situation war ich mehr oder weniger vorbereitet. Wenn der beste Freund ein Werwolf war, und darauf programmiert, dich zu zerfetzen, musste man an so eine Situation denken. Ich lachte leise in mich hinein. Mein bester Freund hatte was vom Terminator, darauf programmiert mich zu terminieren. War kein besonders guter Witz und dennoch musste ich darüber lachen. Plötzlich wurde mir ganz komisch. Die Steine der Mauern rechts und links von mir verschwammen.
Ich kniff die Augen zusammen in der Hoffnung, dass es wieder weggehen würde, doch als ich sie öffnete waren die Steine zu einer dunklen Masse verschmolzen. Der Rand meines Blickfeldes schien dunkler zu werden und ich war außerstande meinen Blick auf etwas zu fokussieren.
Ich stöhnte und fasste mir an den Kopf. Ich hörte ein immer schriller werdendes Pfeifen und hielt mir die Ohren zu; als ob das was bringen würde. Ich drehte mich um und taumelte erschrocken einige Schritte rückwärts. Schnaubend stand ein riesiger, Zähne fletschender Wolf vor mir. Seine Ohren waren angelegt, seine Haltung war geduckt und zum Sprung bereit. Seine Gestalt war verschwommen und ich versuchte blinzelnd klarer zu sehen.
Ich konnte unklar zwei grün leuchtende Flecken in einer schwarzen Masse, in der Form eines Wolfes, als seine Augen ausmachen. Ich wich erschrocken weiter zurück. Das Pfeifen wurde lauter und schmerzhafter.
Woher wusste er, dass ich diesen Weg nehmen würde?? Irgendwas stimmte ganz und gar nicht. Er konnte nicht wissen, dass ich diesen Weg nahm. Und warum war ich so benommen?? Warum heilten meine Hände nicht?? Der Rand meines Blickfeldes wurde immer dunkler, doch ich hatte keine Zeit diesen Gedanken weiter nach zu gehen, denn in diesem Moment stürzte er sich mit weit aufgerissenem Maul auf mich. Ich hatte gerade noch genug Zeit, um zu schreien.
Ich hörte Knurren, Reißen und noch ein seltsames tiefes Grollen, welches ich nicht genau zuordnen konnte.
Das Dunkle, das ich nun überall sah, wo ich hinblickte schien sich nun auch noch zu bewegen.
Ich konnte kaum noch was anders erkennen als schwarze Massen. Meine Welt kippte. Ich merkte, wie ich dem Boden plötzlich näherkam und spürte kurz darauf den Aufprall. Etwas riss an mir und ich sah und fühlte nichts mehr.
Das musste der Tod sein.
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