Kapitel 5
Als der Unterricht vorbei war, war ich erleichtert endlich in den Turm zurückkehren zu können.
Oder eher in mein Zimmer.
Mein Magen knurrte. Die paar Fritten hatten mich nicht wirklich satt gemacht. Als ich aus dem Aufzug trat fiel, mein Blick auf die Uhr in der Küche. Vier Uhr. Dann bemerkte ich das Klappern und Michael kam hinter der Kücheninsel hervor, mit einer Pfanne in der Hand.
„Hallo Luna!", grüßte er mich und seine Saphiraugen blitzen.
Seine Flügel zuckten hinter seinem Rücken und mir klappte der Mund auf. Er hatte sie nicht mehr zusammengebunden.
Ich bemühte mich die Fassung zu bewahren und zog die Mundwinkel nach oben.
„Hey.", grüßte ich zurück und kam langsam auf ihn zu während er weiter in den Schränken wühlte.
„Ich mache Pancakes. Möchtest du welche?", fragte er fröhlich. Wie zur Antwort, knurrte mein Magen und ich verschränkte verlegen die Arme vor dem Bauch. Er grinste und diese hübschen Grübchen kamen zum Vorschein. Er strich sich eine blonde Locke aus der Stirn.
„Das war wohl ein ja."
Mir stieg die röte in die Wangen.
„Ja sehr gerne, Danke. Kann ich dir vielleicht helfen?"
Er zuckte mit den Schultern.
„Klar, wenn du möchtest. Du kannst drei Eier in die Schüssel schlagen." Ich nickte eifrig und tapste zum Kühlschrank.
„Ist es nicht ein wenig spät für Pancakes?", fragte ich schmunzelnd als ich zur Küche trat. Er schnaubte.
„Es ist nie zu spät für Pancakes."
Ich lachte und nickte zustimmend.
„Wohl wahr."
Ich räusperte mich kurz bevor ich weitersprach.
„Tut mir leid, dass ich mich nicht zu euch gesetzt habe.", begann ich als ich das zweite Ei aufschlug. Er sah nicht auf, während er das Mehl abwog.
„Ach, mach dir keinen Kopf. Ich fand es sehr lieb von dir das du Tenebris nicht alleine lassen wolltest. Auch wenn ich es dir nicht empfohlen hätte."
Er lächelte entschuldigend und kippte das Mehl in die Schüssel.
Eine kleine weiße Wolke stob auf.
„Wieso sagen das bloß alle...?", murmelte ich und nahm die Milch aus dem Kühlschrank, um sie Michael zu reichen.
Er zog die Mundwinkel kurz nach unten und zuckte mit den Schultern, wobei sich seine Flügel aufplusterten. In meinen Fingern kribbelte es vor Verlangen über die weichen Federn zu streichen. Sie sahen so anders aus als meine.
So wunderschön. Vielleicht sollte ich meine Flügel lieber weiter versteckt halten.
„Das ist schwer zu erklären. Vielen reicht es wohl das sie Dämonenblut in ihren Adern hat. Aber das ist nicht mein Grund..." Ich erinnerte mich, das Tenebris mir erzählt hatte das Michael eine Gabe hatte.
„Es ist so ein Gefühl, wenn sie in meiner Nähe ist. Ich weiß das klingt lächerlich." Er schüttelte den Kopf.
„Sei einfach vorsichtig." hatte er dieses Gefühl aufgrund seiner Gabe Auren zu sehen? Wieso sagte er das dann nicht? Ich presste die Lippen aufeinander. Er kannte mich kaum, er musste nicht gleich all seine Karten auf den Tisch legen. Also fragte ich auch nicht weiter nach.
Wir machten den Teig fertig und begannen die erste Portion in die Pfanne zu kippen, als polternde Schritte die Treppe herunterkamen.
„Oh, Hey!", rief Suzanne und kam fröhlich zu uns gehopst, wobei ihre roten locken fröhlich mit wippten.
„Pancakes!", rief sie begeistert und klatschte in die Hände.
Sie drängte sich an mir und Michael vorbei und begann Teller aus dem Schrank über mir zu kramen. Es klirrte laut und Michael und ich zuckten zusammen und grinsten uns kurz an.
Ohne Umschweife begann Suzanne den Tisch zu decken.
„Ich sag Marissa Bescheid! Vielleicht kann ich auch Lucian aus seinem Zimmer locken." Sie warf beinahe das Besteck auf den langen Holztisch und raste die Treppe wieder nach oben. „Maryyyy!", rief sie und ich meinte von oben ein entnervtes Aufstöhnen hören zu können.
Ich lachte auf. Michael seufzte schmunzelnd und begann eine weitere Portion Teig anzurühren, damit es auch für alle reichte, während ich weiter die Pancakes briet und wendete.
„Ich freu mich schon dich heute beim Rundflug dabei zu haben.", sagte er zwinkernd und löste mich mit einer fließenden Bewegung vom Herd ab. Dabei berührten sich kurz unsere Finger, als er nach dem Griff der Pfanne griff. Ich verkrampfte mich. Ich hatte gehofft sie würden es vergessen.
„Ja...", stimmte ich kleinlaut zu.
„Wird bestimmt...lustig."
Er sah mich von der Seite an und ich brachte schnell die erste Ladung Pancakes auf den Tisch, damit mein Gesicht nicht zu viel preisgab.
„Habt ihr irgendeinen Sirup oder ähnliches hier?" Er nickte und deutete auf das Fach über den Kühlschrank.
Ich fand Schokocreme, Ahornsirup und Erdnussbutter und stellte alles auf den Tisch.
„Du musst dir wegen heute Abend wirklich keine Sorgen machen.", begann Michael.
Suzanne kam wieder lautstark die Treppe herunter. Diesmal folgte ihr Marissa gemächlich.
„Lucian sagt er hat keinen Hunger. Aber er hat wahrscheinlich nur keine Lust auf uns.", posaunte Suzanne heraus und Marissa verdrehte die Augen. Wie konnten zwei Menschen, die so gleich aussahen, so verschieden sein?
„Hallo, Luna.", sagte Marissa und nickte mir mit einem sanften Lächeln zu.
„hey.", grüßte ich schüchtern zurück und brachte nun auch die letzten Pancakes zum Tisch.
Die Zwillinge setzten sich einander gegenüber.
Ich ließ mich neben Suzanne nieder, welche sich bereits den ersten Pancake schnappte und verschlang. Der Pancake war so schnell verschwunden, dass ich erstmal blinzeln musste.
Wie lange hatte sie nichts mehr gegessen?
„Freust du dich auf später?", begann sie nun auch.
Micheal grinste, als er meinen gequälten Blick sah. Er hatte sich ans Kopfende rechts von mir gesetzt.
„Ich bin ein wenig nervös.", gestand ich und Marissa lächelte mitfühlend während Suzanne mit vollem Mund rief: „Ach! Das brauchst du nicht zu sein! Wir passen schon auf das du keine Bruchlandung hinlegst."
Ich lachte verkrampft.
„Danke, das weiß ich zu schätzen."
Nachdem alle einen Pancake auf dem Teller hatten nahm ich mir auch einen. Mein Magen knurrte ungeduldig.
Die Pancakes dufteten einfach herrlich.
„Meine Sorge ist eher, dass ich gar nicht erst hoch komme...", murmelte ich und wies kurz mit dem Finger nach oben, bevor ich nach dem Sirup griff.
Suzanne nahm Luft doch Marissa hob die Hand um sie zum Schweigen zu bringen.
„Wir werden dich zu nichts zwingen. Aber du kannst Michael und mir vertrauen, dir brauch nichts peinlich zu sein. Ich weiß du kennst uns kaum, aber ich verspreche dir, dass dir mit uns nichts passieren wird und dass keiner dich verurteilt nur weil du es vielleicht beim ersten Versuch nicht gleich schaffst."
Sie stand auf und ging zum Kühlschrank. „Ich habe meine Flügel in all den Jahren ziemlich...klein gehalten, ich weiß gar nicht ob ich noch dazu im Stande bin zu fliegen.", erklärte ich während Marissa mit einer Flasche Orangensaft wieder zurückkam.
Während sie sich einschenkte sprach sie weiter.
„Ich finde du solltest es trotzdem versuchen. Du kannst das Ganze auch jederzeit abbrechen. Und wenn du es heute noch nicht schaffen solltest abzuheben, dann hey, ist es halt so. Aber um ehrlich zu sein bezweifle ich das."
Suzanne verschränkte die Arme vor der Brust und warf ihrer Schwester einen verärgerten Blick zu.
„Sie ist bei mir genauso sicher.", stellte sie klar.
Michael sog die Luft scharf durch die Zähne ein und Suzanne neben mir knurrte. Es war ein seltsam kehliges Knurren, dass mich ein wenig an eine Raubkatze erinnerte.
Sie legte das Besteck zur Seite und wandte sich mit überraschender Ernsthaftigkeit mir zu.
„Ich würde auch nie zulassen das du stürzt. Glaub mir, du wirst die Entscheidung es zu versuchen nicht bereuen. Zu fliegen ist das beste Gefühl das du dir Vorstellen kannst! Sogar besser als Sex!"
Michael verschluckte sich an seinem Pancake und begann lauthals zu husten, während Marissa neben ihm, ihm lachend auf den Rücken klopfte.
Instinktiv streckte ich ebenfalls die Hand aus, um dem krampfhaft hustenden Michael über den Rücken zu streichen.
Dabei berührten meine Finger seine Flügel und meine Hand verharrte unwillkürlich.
Sein husten hörte auf. Ich strich fasziniert über seine Flügel, ohne so recht zu verstehen was ich da gerade tat.
Sie waren so unglaublich weich! Weicher als alles das ich je in meinem Leben berührt hatte. Michael schauderte und unsere Blicke trafen sich. Peinlich berührt zog ich eilig die Hand von seinem Flügel weg und murmelte mit gesenktem Kopf eine Entschuldigung.
Michael räusperte sich und die Zwillinge sahen betreten weg.
„Schon okay...Es-Es ist nur seltsam...es fühlt sich sehr intensiv an, wenn jemand die Flügel eines anderen berührt. Aber das Gefühl kennst du sicher." Ich schüttelte energisch, mit großen Augen, den Kopf.
„N-Nein eigentlich h-hat nie jemand meine Flügel berührt. Vielleicht mal als ich ein Kind war. Aber daran erinnere ich mich kaum noch." Zumindest erinnerte ich mich an etwas völlig anderes. Das Bild einer rot gefärbten Wanne blitze vor meinem inneren Auge auf und ich unterdrückte ein schaudern.
„Tut mir leid, ich weiß nicht was in mich gefahren ist."
„Schon okay.", wiederholte Michael mit Nachdruck und lächelte mich warm an. Seine Saphiraugen sahen mich so herzlich an, dass sie meine angespannte Stimmung wieder lockern konnten.
Suzanne tat uns den Gefallen, das Thema zu wechseln und sie begann mir von all den Dingen zu erzählen die sie mir unbedingt noch zeigen wollte.
Es gab hier wohl unglaublich schöne Wasserfälle und Seen auf der Insel. Zudem erzählte sie mir von dem unglaublichen Ausblick den man von der Luft aus hatte. Sie erzählte von den Vorteilen die Flügel, ihrer Meinung nach, mit sich brachten.
Erzählte mir von dem einzigen, etwas größeren Dorf auf der Insel namens Immaran in dem es sogar einen süßen kleinen Pup und eine Eisdiele gab, welche sie mir ebenfalls zeigen wollte, sobald sie wieder dran war mit ihrem Dorfbesuch.
Ich wollte fragen was genau das bedeutete, doch sie sprach so schnell weiter, dass ich schon bald meine Frage vergessen hatte. Nachdem wir gegessen hatten entschuldigte ich mich um mich ein wenig in meinem Zimmer zurück zu ziehen und frisch zu machen. Ich musste mich mental auf die näher rückende Katastrophe vorbereiten. Sie erinnerten mich daran, dass sie sich um acht wieder hier unten trafen.
Ich wollte wirklich wissen wie es war zu fliegen, doch gleichermaßen machte es mir so unglaubliche Angst, das mir bei der Vorstellung übel wurde. Und als wäre das Fliegen an sich nicht schon schlimm genug für mich, begann ich meine erste Flugstunde auch noch in Schwindelerregender Höhe.
Ich legte mich auf mein Bett und starrte einen Moment lang einfach an die Decke. Was war schlimmer? Abstürzen, oder mich nochmal so beim Laufkurs zu blamieren? Ich war mir ehrlich nicht sicher.
data-p-id=77ac814447770be93ce6b5120b4accf8,Um kurz vor acht rappelte ich mich auf. Ich zog mein Oberteil aus und löste langsam und zögerlich den Gurt, der meine Flügel dicht am Körper hielt.
Ich suchte mir ein Top mit Spagettiträgern aus dem Schrank, welches ich sonst nur als Unterhemd benutzt hatte.
Es ließ sich von unten anziehen, so dass meine Flügel weiter herausragten. Ich sah im Spiegel meine kleinen Flügel mit den unebenen Spitzen an. Ich hatte sie schon seit einer Woche nicht mehr getrimmt, daher waren sie fast wieder vollends nachgewachsen...vielleicht würde es reichen.
Ich starrte mich selbst eine gefühlte Ewigkeit an und zog mir dann doch noch eine Bluse über, die sich, nun da ich den Gurt nicht trug, unangenehm spannte.
Schnell bürstete ich mein Haar und eilte nach unten.
Unten angekommen vielen gleich vier Blicke auf mich und ich erstarrte kurz. Nur noch eine Person in diesem Raum war mir fremd. Die bunte Tür zum Balkon war nun geöffnet und in ihrem Rahmen stand ein dunkler Gott.
Der Junge oder eher Mann, der dort stand, passte nur gerade so in den hohen Türrahmen hinein. Seine Haare waren pechschwarz, ebenso seine Augen, die von dichten schwarzen Wimpern umrahmt waren. Seine Haut war gebräunt und alles an ihm schien perfekt. Sein Gesicht war ernst und markant mit Wangenknochen, die einen regelrechten Schatten warfen. Seine Lippen waren perfekt geschwungen und verzogen sich nicht im Geringsten, als er mich sah.
Die Miene blieb kalt und reserviert.
Er war schlank, doch auch sehr muskulös. Meine Achtung vor dem, der es wagte sich mit ihm anzulegen.
Er stellte sich nicht vor, doch ich wusste, das musste Lucian sein. Und Tenebris hatte nicht untertrieben.
„Was starrst du so?", blaffte er mich mit einer dunklen Stimme an. Ich wurde rot als mir klar wurde, wie lange ich ihn schon anstarrte. Ich blinzelte, diese Stimme hatte ich bereits gehört...In Alchemie. Er war es gewesen der Daniel zurechtgewiesen hatte. Und er war derjenige den alle noch mehr als Daniel mieden.
Ich hatte so nah vor ihm gestanden! Ich Idiotin!
Plötzlich stand Suzanne vor mir und grinste mich an.
„Ich bin froh, dass du gekommen bist!", kiekste sie und zog mich in Richtung Balkon auf Lucian zu. Ich verkrampfte mich, nach dem, was ich über ihn gehört hatte wollte ich ihm nicht zu nahekommen. Nicht noch einmal.
Doch er wich gleich zurück und stellte sich sofort an das Geländer. Die anderen folgten uns.
Der Balkon war größer als ich vermutet hatte. Mein Herz begann zu Rasen, als ich die schwindelerregende Höhe bemerkte.
Am liebsten wäre ich gleich wieder rein gerannt, doch ich riss mich zusammen.
„Ganz schön hoch.", merkte ich an und zog durch zusammengebissene Zähne die Luft ein.
„Keine Sorge.", ertönte Michaels Stimme gleich hinter mir und ich drehte mich zu ihm. Er lächelte warm.
„Ich werde mit dir als letztes fliegen und dir helfen. Dir kann nichts passieren, wenn wir dabei sind." Der letzte Satz wirkte nicht ganz überzeugend und sein Blick huschte zu Lucian. Dieser schnaubte.
„Ich fliege als erster los.", kam es von ihm mit seiner ungewöhnlich tiefen und ruhigen Stimme. Sie alle traten ein wenig weiter von ihm weg.
„Ich weiß nicht ob man es dir gesagt hat-" Lucians Blick traf meinen und all meine Muskeln spannten sich an.
„Du solltest dich beim Fliegen so weit wie möglich von mir fernhalten." Ich nickte schnell.
„Ja, ich weiß. - Weil du ein Phoenix bist." Diese Tatsache zu wiederholen war unnötig, doch wenn er mich anblickte fiel mir das Denken schwer. Er wandte sich bloß ab und begann sein Hemd auf zu knöpfen. Meine Augen weiteten sich unwillkürlich und ich drehte mich weg.
Wieso zog er sich jetzt bitte aus? Die Anderen lachten über meine Reaktion.
„Er sollte sich nicht verwandeln, wenn er das Hemd trägt.", erklärte Marissa „Sonst würde es gleich verbrennen." „Das schöne Hemd...", seufzte Suzanne, als wäre es schon verloren.
Ich sah beschämt über meine Reaktion wieder zu Lucian.
Dieser stand nun oberkörperfrei mit der Andeutung eines schiefen Lächelns am Geländer.
Er begann sich zu verwandeln und ich traute meinen Augen kaum. Seine Haut begann zu glühen.
Es war als würde sein Blut anfangen zu leuchten und wie flüssiges Feuer durch seine Adern fließen.
Ein goldenes Netz aus flammenden Adern breitete sich nach und nach über seine Haut aus und ich war nicht sicher ob ich staunen, oder einen Eimer Wasser holen sollte.
Die untergehende Sonne ließ das Szenario noch unheimlicher und zugleich spektakulärer wirken.
Plötzlich war es, als würde er explodieren und flammende Flügel brachen aus ihm heraus. Wir wichen alle noch einen Schritt zurück als uns eine Hitzewelle traf.
Ein Arm schob mich schützend zurück und plötzlich stad ich halb hinter Michael.
All meine Aufmerksamkeit war auf Lucian gerichtet, so dass ich es kaum wahrnahm.
Mit seinem schwarzen Haar, den dunklen Augen, der glühenden Haut und den Flammen, die ihn umgaben, wirkte er noch göttlicher und mächtiger als ohnehin schon. Mein Kinn viel herunter und ich konnte sowohl mein Staunen als auch meinen Schrecken kaum noch verbergen. Doch als er den Schrecken in meinen Augen erkannte, trat ein seltsamer Ausdruck auf sein Gesicht.
Die Sonne sank immer tiefer und tauchte alles in ein warmes Abendrot.
Lucian ließ meinen Blick nicht los als er einmal kräftig mit seinen flammenden Flügeln schlug und abhob.
Es sah so leicht aus, - als wäre es das natürlichste der Welt.
Meine Haare wirbelten in dem heißen Wind, den das Schlagen seiner Flügel verursachte.
Er stieg immer höher und stürzte sich dann mit ausgebreiteten Flügeln nahe dem Balkon herab.
Erschrocken rannte ich zum Geländer.
Ich erhaschte noch einen kurzen Blick auf ihn, ehe er wieder hoch geschossen kam und immer weiter in die Höhe jagte, bis er in den rosigen Wolken verschwand.
Mit großen Augen wandte ich mich wieder den anderen zu.
Ich fuhr erschrocken zusammen, als ich die Zwillinge sah.
Ihre Haut war geschuppt und schimmerte rot im Abendlicht.
Ihre Pupillen waren nur noch dünne Linien, wie die einer Schlange. Sie trugen nun beide ihr feuriges Haar zusammengebunden und waren nicht mehr zu unterscheiden. Hinter ihnen kamen zwei dunkle, blutrot schimmernde, lederne Drachenflügel zum Vorschein.
Sie streckten sie und Verdeckten so den Blick auf Michael und die Tür.
Eine von ihnen knackte mit dem Nacken, die andere sprang wie ein Boxer von einem Bein aufs andere. Das musste eindeutig Suzanne sein.
Sie grinste mich an und ihre Eckzähne waren sowohl oben als aus unten zu spitzen Fangzähnen geworden.
Sprachlos starrte ich sie an und wich bis zum äußersten Rand des Balkons zurück.
„Keine Angst!", sagte der Drache der vermutlich Marissa war.
Ihre Stimme klang rauer und tiefer als zuvor.
Sie hatte etwas animalisches.
Suzanne war unglaublich aufgeregt und wurde immer hibbeliger. Ihre Drachenaugen zuckten hektisch von einem Punkt zum nächsten.
„Können wir?", fragte sie mit ihrer seltsamen neuen Stimme.
Marissa verdrehte die grünen Drachenaugen und ging neben mir ans breite, steinerne Geländer.
Ich unterdrückte den Drang vor ihr weg zu laufen.
Daran musste ich mich erst mal gewöhnen.
Sie kletterte auf das Geländer und breitete sowohl Arme als auch Flügel aus. Sie wandte sich noch kurz mir zu und zwinkerte schelmisch, dann ließ sie sich einfach fallen. Suzanne tat es ihr gleich und stürzte sich nur einen Augenblick später herab.
Ich sah fassungslos in die Tiefe und beobachtete, wie sie sich gerade noch im rechten Moment fingen und mit ausgebreiteten Flügeln in die Höhe Jagten.
Meine Nerven lagen blank und ich nutze den Moment um tief durchzuatmen.
Vom Balkon aus konnte man die Sonne hinter dem Meer untergehen sehen.
Rechts und links vom Schloss ragten Berge auf. Ich wandte mich an Michael und fürchtete, was nun folgen würde.
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