H - Ungutes Gefühl

Auch zwei Tage nach dem Besuch bei Louis‘ Mutter war ich noch nicht darüber hinweggekommen, dass die beiden sich gekannt hatten. Ich hatte es Louis nicht erzählt, doch es machte mehr mit mir, als ich zugeben würde. Ich fragte mich, ob diese ganze Sache mit ihm wirklich vorherbestimmt war, obwohl das lächerlich klang. Ich glaubte nicht an Übernatürliches, dennoch schien sich ständig alles irgendwie verbinden zu lassen, was Louis und mich betraf. Das musste irgendetwas bedeuten. Ich erzählte es an diesem Nachmittag Gemma, mit der ich auf dem Markt war, um Lebensmittel einzukaufen. Sie hatte mich gezwungen, denn Michal war auf einer Dienstreise und sie brauchte jemanden, der die Tüten trug. Dass es ihr dennoch auch um gemeinsame Zeit ging, war mir klar, als sie angesprochen hatte, dass ich nur noch unterwegs wäre, seit ich Louis kannte. Es tat mir leid, weshalb ich heute den ganzen Tag mit ihr verbringen würde, abends würden wir noch essen gehen.

„Denkst du, Mom hat ihn dir geschickt?“ fragte sie und sah mich an, irritiert traf mein Blick ihren. „Ist das dein Ernst? Hast du je etwas Unrealistischeres gehört?“ entgegnete ich ihr und füllte ein paar Orangen in den Korb, den ich in der Hand hielt.
Gemma zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht, ich habe schon alles Mögliche gehört. Wenn es so wäre, fände ich das wunderschön. Ich glaube nämlich, dass sie mir auch Michal geschickt hat.“
Wir sahen uns an und ich legte den Kopf schief, sicher war mir ein Fragezeichen ins Gesicht geschrieben, denn sie schmunzelte leicht. „In Mom’s Sachen habe ich damals eine Eintrittskarte für den botanischen Garten gefunden, die hatte sie aber noch nicht eingelöst, sie war noch neu. Ich bin daraufhin dort hin gegangen.“ Führte sie aus und ich runzelte die Stirn. „Da hast du doch Michal kennengelernt, oder?“ hakte ich nach und sie nickte. „Genau. Er hat dort als Aushilfe gearbeitet.“ antwortete sie nicken und sah mich bedeutsam an. „Ich dachte damals, dass wäre ein Zufall, aber ich glaube da nicht mehr dran. Und ihr beiden, da ist noch etwas ganz anderes zwischen euch, viel bedeutender. Wie ihr euch anseht, euch bewegt miteinander. Das ist kein Zufallstreffen."

Nachdenklich lief ich mit ihr weiter, nachdem wir gezahlt hatten für das Obst, dann hielt ich an dem Blumenstand und zog eine Pfingstrose hervor, die einen perfekten Farbverlauf von rosa zu weiß aufwies. Sie war makellos. Spontan kaufte ich sie und lächelte Gemma an. „Ich frage ihn morgen.“ sagte ich zu ihr und sie hob eine Augenbraue. „Was denn? Ob ihr das erste Mal zusammen haben wollt?“ Ihr sarkastischer Unterton mit dem amüsierten Blick auf die Blume ließ mich mit den Augen rollen. Ich schnupperte an der Blume und schüttelte den Kopf. „Nein, ich will ihn fragen, ob er sich vorstellen könnte, mit mir zusammen zu sein.“
Gemma quietschte leise und schlug mir gegen die Schulter. „Oh mein Gott, ich freue mich so!“ rief sie aus und umarmte mich einfach. „Dann sind die Chancen noch höher, dass du zuhause bleibst. Das ist perfekt.“

„Was meinst du damit? Ich gehe trotzdem, wenn sie mich einberufen.“ Ich sah sie an. „Wenn er der Richtige ist, wovon ich ehrlicherweise ausgehe, dann würde er das auch verstehen. Ich weiß, dass du Angst um mich hast, dass hätte er vermutlich auch. Aber was soll ich deiner Meinung nach mit meinem Leben denn anfangen? Ich bin Soldat, Gemma. Das ist nun mal so.“ antwortete ich ihr, sie seufzte und nickte, sah mich bedauernd an. „Ich wünschte, dass du es nicht wärst.“ gab sie leise zu, ich strich ihr über den Arm und dann bezahlte ich die Pfingstrose für Louis. „Es ist, wie es ist.“ entgegnete ich nur, woraufhin sie schwieg und dann setzten wir unseren Einkauf fort.


***

Abends saß ich mit ihr in einem kleinen, italienischen Restaurant nur zwei Blocks von unserer Wohnung und entfernt und schauten gerade auf die Karte, um uns das Essen auszusuchen. Mit Louis hatte ich ausgemacht, dass ich ihn nach dem Pub, wo er mit Niall heute Abend war, bei sich zuhause treffen würde. Eigentlich wollten wir uns morgen treffen, doch es zog mich immer mehr zu ihm und in den vergangenen Stunden hatte er besonders stark meine Gedanken beherrscht. Tatsächlich wurde es zunehmend schlimmer und noch dazu fühlte ich mich seltsam, als ob ich jeden Moment Kopfschmerzen bekommen würde. Deshalb hatte ich ihn gefragt, ob wir uns doch heute sehen konnten, und er hatte begeistert zugestimmt.

„Vielleicht bist du ja liebeskrank!“ scherzte Gemma und ich lachte leicht und rieb mir den Nacken. „Ich werde vielleicht krank. Ich bin das Klima hier nicht gewohnt.“ antwortete ich schulterzuckend und wir bestellten uns kurz darauf bei der Kellnerin unser Abendessen. Ich entschied mich für Pasta mit Garnelen, Gemma wollte eine Peperoni Pizza.
Wir unterhielten uns, bis ich wieder dieses unangenehme Gefühl spürte und einen Moment die Augen schloss, um mich zu sammeln. „Geht es dir gut?“ fragte mich Gemma und ich nickte leicht, dennoch kam es mir komisch vor und ich nahm mein Handy und sagte ihr, dass ich kurz draußen telefonieren müsste. Dann rief ich Louis an.

„Hallo?“
Erleichtert atmete ich aus, als er ans Telefon ging und massierte mir die Schläfe. „Hey. Ich wollte nur mal kurz hören, ob alles okay ist?“ sagte ich leise, Gemma würde mich vermutlich für verrückt erklären, wenn sie das mitbekommen würde. „Na klar! Nialler und ich sitzen hier im Pub und reden über dich.“ antwortete er lachend.
Ich lachte ebenfalls leise. „Ich hoffe nur Gutes?“
„Na klar! Geht es dir denn gut? Du hörst dich so besorgt an!?“ erkundigte er sich und ich seufzte und kam mir mit einem Mal so dumm vor. „Es geht mir gut, ja. Hatte nur ein…es ist alles gut. Soll ich dich nach dem Essen abholen kommen im Pub?“ fragte ich ihn.
„Kannst du’s nicht erwarten?“ fragte er mich amüsiert, ich konnte deutlich das Grinsen in seiner Stimme hören.
„Du etwa?“ fragte ich ihn leise.
Er kicherte. „Nicht wirklich. Ich freue mich auf dich.“ antwortete er ebenso leise.

Wir verabschiedeten uns und ich ging zurück und setzte mich Gemma gegenüber, unsere Bestellung war bereits gekommen und so begannen wir zu essen. Sie grinste mich an, ich sah sie unschuldig an. „Was denn?“ fragte ich betont beiläufig.
„Nimmst du mich nach dem Essen mit in den Pub? Oder muss ich nach Hause?“ fragte sie mich, grinste weiterhin wissend.
Ich zog eine Schnute und grinste nun ebenfalls, sah auf meinen Teller. „Du kannst gerne mitkommen…“ murmelte ich ertappt und Gemma brach in Gelächter aus, ehe sie einwilligte. „Ist Niall auch da?“
Ich sah zu ihr und nickte. „Lou ist mit ihm im Pub, ja. Warum?“ Sie zuckte mit den Schultern. „Er ist sehr nett. Und wir sitzen beide im gleichen, abgeschriebenen Boot.“ Sie zwinkerte mir zu, ich lachte auf und nickte, musterte sie jedoch einen Moment. „Läuft alles gut mit Michal?“ fragte ich sie ruhig. Sie sah zu mir, reagierte zeitverzögert und nickte. „Klar! Wieso auch nicht?!“ antwortete sie mir. Ich nickte, bekam jedoch das Gefühl, dass ich dieses Thema noch einmal vertiefen sollte. Ich wusste nicht wieso, aber Gemma’s Reaktion gab mir ein seltsames Gefühl.

Ich beließ es dabei, wir beendeten unser gemeinsames Essen und machten uns danach auf den Weg zum Pub und somit zu Louis. Meine Vorfreude stieg, doch ich musste zugeben, dass ich mich weiterhin unwohl fühlte, als würde etwas nicht stimmen. Es war dieses Gefühl, was mich dazu brachte, ungeduldiger zu sein als sonst. Wenn Gemma es bemerkte, so sagte sie nichts. Ich war ihr dankbar dafür. Ich wollte nicht, dass sie sich lustig machte über mich, doch ich wollte wirklich einfach nur schnellstmöglich bei ihm sein.


Wir betraten den Pub und ich sah ihn in einer der Ecken sitzen mit Niall, seine Körperhaltung war anders als sonst, er hatte sich klein gemacht. Direkt neben ihnen eine Gruppe Männer, die immer wieder zu den beiden sahen. Beides fiel mir sofort auf. „Komm.“ forderte ich Gemma sanft auf und legte die Hand auf ihren Rücken und führte sie schützend durch den Pub.

Als Louis mich bemerkte, erhellte sich sein Gesicht und er strahlte mich an und rutschte ein Stück zur Seite, damit ich mich neben ihn auf die Bank niederlassen konnte. Ich setzte mich und legte die Hand an seine Wange, gab ihm einen zärtlichen Kuss. „Hey.“ sagte ich leise und er kam mir mit seinem ganzen Körper näher. „Hallo.“ entgegnete er ebenso leise.
Ich legte den Arm um ihn und sah zu Niall, lächelte ihn an. „Wie geht’s euch?“ fragte ich die Beiden. Niall lächelte. „Uns geht’s gut.“
„Ja.“ sagte Louis und ich musterte ihn. Es wirkte nicht ehrlich, irgendwas war vorgefallen. Gemma bemerkte es nicht. Nachdem sie Louis begrüßt hatte, zog sie Niall in ein Gespräch, in welches er begeistert einstieg.

„Willst du mir sagen, was mit dir los ist, oder soll ich raten?“ fragte ich Louis so leise, dass nur er es hören würde. Er sah zu mir hoch und seine blauen Augen wirkten bedrückt, ich zog die Augenbrauen besorgt zusammen und sah ihn mir genauer an. „Lou?“
„Es ist alles okay, nicht so wichtig…“ murmelte er und schüttelte leicht den Kopf, wollte den Kopf wegdrehen, doch ich ließ es nicht zu. „Was sollte dir denn vor mir peinlich sein?“ fragte ich ihn, er zuckte die Schultern und trank einen Schluck seines Bieres.
Mein Blick glitt zu Niall, der es bemerkte und mich ansah. „Ist irgendwas vorgefallen?“ fragte ich deshalb.
„Niall, nicht…“ warnte Louis ihn, ich zog die Augenbrauen zusammen. „Was ist hier los?“ hakte ich nach. Mein Gefühl hatte mich nicht getäuscht. Irgendetwas war vorgefallen. Ich sah ernst zwischen den Beiden hin und her, Niall musterte Louis und sah dann mich an.
„Vorhin ist was passiert…“

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