Kapitel 2

Meine Hand schnellte in die Höhe "Herr Meier, ich muss ganz dringend auf die Toilette" rief ich. Verwirrt schaute der Geschichtslehrer von seinem Notizbuch auf.
Normalerweise gehöre ich zu den Schülern, die niemals während dem Unterricht auf die Toilette gehen. Er schien an meinem Gesicht wohl meine Notsituation zu erkennen und gab mir ein Handzeichen in Richtung Tür. Ich sprang auf und rannte auf den Schulflur hinaus.

Meine Schritte halten im menschenleeren Gang, als ich durch den Korridor zur Toilette hastete. Am Ende des Ganges blieb ich stehen und öffnete die Tür der Damentoilette. Überall an den Türen und sogar an den Wänden waren mit Stiften Zeichen und irgendwelche sexistischen Wörter geschrieben.
Angeschlagene Kacheln, was ich eher auf dem Jungs-Klo erwartet hätte und gelb verfärbt Klobrillen. Dazu der beissende Geruch...
Wie sehr ich Schulklos hasse! Darum gehe ich normalerweise nur zuhause aufs Klo. Aber jetzt hatte ich keine andere Wahl.

Ich holte aus der einigermaßen Saubersten, welches natürlich die letzte der Kabinen war, Klopapier und trat damit vor den Spiegel über dem Waschbecken.
Das würde ich mit den dünnen Papierstreifen nicht aus meinen Haaren bekommen.

Wut stieg in mir auf als mir bewusst wurde, dass mir nichts anderes übrigblieb, als die Haare zu schneiden.

Mit einer Schere würde es am besten gehen, aber die liegt in meinem Schulmäppchen im Klassenzimmer. Auf Spot und Gelächter konnte ich in dieser Situation mit Kaugummi im Haar gut und gerne verzichten.

Ich fand unter dem Waschbecken ein abgebrochenes Stück Flies.
Mit dem Splitter rieb ich den einzelnen Haaren entlang, bis sie zerrissen. So schaffte ich es, Stück für Stück die Haarsträhne mit dem Kaugummi zu entfernen.

Die Stelle sah zwar echt scheisse aus und meine Haare standen jetzt elektrisch geladen nach allen Seiten ab, aber immerhin war der eklige Kaugummi weg.

Ich warf alles in den nächsten Mülleimer und verließ die Toilette schnell wieder. Vor der Tür des Klassenzimmers blieb ich stehen, holte noch einmal tief Luft und machte mich auf das Schlimmste gefasst: 20 Augenpaare die mich anstarren würden.

Der plötzlich ertönen Pausengong war wie ein Donnerschlag und zugleich für mich ein Segen. Ich konnte gerade noch rechzeitig zur Seite treten, da wurde die Tür schon aufgerissen und die Schüler drängten sich in ihrer Hast, keine Sekunde der Pause im Klassenraum zu verbringen, rücksichtslos anpöbelnd aneinander vorbei.

Ich wartete bis der Strom vorbei war, dann betrat ich das Zimmer. Ich verbrachte die Pause meisten im Klassenzimmer. Auf dem Flur war es mir zu hecktisch, wovon ich schon Kopfschmerzen bekam.

"Alles okay Julia?" fragte mich der Geschichtslehrer. Ich nickte nur und setzte mich auf meinen Platz. "Wenn du ein Problem hast, kannst du jederzeit zu mir kommen." Er schaute mich besorgt an.

Ohne Zweifel machte er sich Sorgen um mich. Aber es brachte nichts, die Lehrer über meine Situation zu informieren. Das musste ich in den andern Schulstufen mehr als einmal feststellen. Es wurden sehrwohl Gespräche mit der Klasse oder den Eltern der betreffenden Mitschülern geführt. Gebracht hat es nie viel, im Gegenteil. Oft wurde es sogar noch schlimmer.

Daher habe ich seit der Oberstufe entschieden nichts mehr zu sagen. Ich schenkte meinem Geschichtslehrer ein falsches Lächeln kramte mein Handy hervor. Es blinkte und eine Nachricht erschien auf dem Display:

Komme um 12:24 bei der Schule durch.

Eine angenehme Wärme durchströmte mich. Ach Matthias, was würde ich ohne ihn machen?

Ich wollte gerade eine Antwort eintippen, da öffnete sich die Tür des Klassenzimmers und die Jungs, von denen mir einer von ihnen den Kaugummi angespuckt hatten, betraten das Zimmer.
Der Lehrer war mittlerweile gegangen und ich war ganz alleine.

Meine innere Wärme verschwand augenblicklich, als ob jemand einen Eimer Eiswasser über mir ausgeschüttet hätte. "Ey Julia hat dir unser Geschenk gefallen?" Mit einem hämisch Grinsen bauten sie sich vor mir auf.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top