Chapter 02

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Evelyns P.O.V

,,Scheiße... ist das groß...", murmelte ich mit offenen Mund, während mein Blick durch den Raum glitt.

Die Lobby, in der wir als Erstes ankamen, sah ziemlich modern aus. Es standen viele verschiedene Sofas und Sessel, die mit blauen, hochwertigen Samt überzogen waren, verteilt im Raum herum. Davor stand bei jeder Sitzecke ein kleiner Glastisch mit Blumen. Zwei Bars standen links und rechts in den Loungen. Es hingen viele unterschiedliche Bilder an den Wänden, die alle irgendwas mit dem Meer oder auch mit Schiffen zu tun hatten. Aber auch die Crewmitglieder und der Kapitän wurden an einer Wand gezeigt.

Sowohl die Gäste, als auch ein Teil unserer Klasse hatten es sich in diesen kleinen Sitzecken gemütlich gemacht. Einige standen auch noch an der Rezeption und bekamen erst die Karten für ihre Kabinen.

Als Dena endlich mit dem Einchecken fertig war und nun auch ihre Kabinenkarte bekam, nahmen wir unsere fünf-Tonnen-Koffer und machten uns auf den Weg zu unserer Kabine.
Gerade als wir den Gang runter laufen wollten, spürte ich, wie jemand grob gegen meine Schulter knallte.

,,Mach dich doch nicht so fett", grummelte die unverwechselbare Stimme des blonden Idioten und stolzierte mit seiner Gruppe davon, welche wegen seinen Spruch so laut anfingen zu Lachen, dass uns einige Gäste schon komisch ansahen.

Dena rollte daraufhin nur gelangweilt ihre Augen und pustete eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht, bevor sie mir half, meine Taschen aufzuheben.

,,Das war so unlustig, dass selbst die Witze von Herrn Borovskwi lustiger sind und der war schon unlustig!", rief ich ihnen noch hinterher und schnaubte vor Wut.

Herr Borovskwi war unser Mathelehrer, welcher lange, lockige, braune Haare trug, die fast immer schmierig aussahen. Am liebsten zog er eine braune Cordhose, die leicht wie eine Hochwasserhose geschnitten war, an.
Obenrum trug er gerne markenlose Poloshirts, die immer ausgewaschen aussahen. Aber sein typisches Markenzeichen waren seine Sandalen, die er ab dem Frühling, bis in den späten Herbst anzog. Darunter vergaß er niemals die dicken Tennissocken. Er war eben der typische Mathematik und Physiklehrer.

,,Herrn Borovskwi ist einfach der unlustigste Lehrer", stimmte Dena mir zu, woraufhin sie anfing zu Lachen.

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,,318... 320... 322... 324... 326!", gab ich schlussendlich voller Freude von mir.

,,Wie, 326?", drehte sich Dena fragend zu mir. ,,Ich bin in 327", stellte sie entsetzt fest.

,,Was", zog ich meine Augenbrauen zusammen. ,,Zeig Mal deine Karte her."

Dena hielt mir ihre Karte hin und tatsächlich, da stand 327 drauf. Gerade als sie ihr Zimmer betreten wollte, ging plötzlich die Zimmertür auf und es trat eine ältere Dame hervor. Es war unsere kontrollsüchtige Lehrerin Frau Bröhme, welche und schon erwartet hatte.

Wäre Dena nicht meine beste Freundin, hätte ich sie jetzt angefangen auszulachen. Jedoch konnte ich mir trotzdem ein Grinsen nicht verkneifen.

,,Dena und Evelyn, auf euch hatte ich schon gewartet. Nun ja, leider gab es ein paar Umänderungen, was die Kabinenaufteilung angeht, da das Schiff eine enorme Überbelegung hat", sprach sie und machte ein leicht bemitleidendes Gesicht. ,,Dena..."  Frau Bröhme schaute über Ihren Brillenrand direkt in Ihre Augen. „du schläfst also die Woche bei mir in der Kabine, aber wir werden uns sicher prima verstehen. Evelyn, du hast auch eine freundliche Zimmergenossin, also denke ich, geht das doch klar oder?", lachte sie leicht, wobei uns der unangenehme Mundgeruch von ihr in die Nase flog und wir uns gegenseitig Hilfe suchend ansahen.

Wir nickten langsam, bevor Dena deprimiert ihre Koffer vor der Tür stehen ließ und Wutendbrand weglief.

Der Blick von Frau Bröhme war unbezahlbar.

„Dena, deine guten Manieren hast du wohl zu Hause vergessen?" , murmelte sie hinterher, während sie peinlich berührt die anderen Gäste anschaute, ihre Strickjacke richtete und ins Zimmer verschwand.

Da ihr Mundgeruch im Gang wie eine Wand stand, beschloss ich ebenfalls einfach in die Kabine zu gehen.
Außerdem plagte mich die Neugier, mit wem ich die nächsten Tage die Kabine teilen musste. Ich nahm also meine Koffer und schloss unmittelbar die Tür auf.

Ich hatte wirklich nicht viel erwartet, denn wenn man mit dem Schlimmsten rechnet, kann man auch nicht allzu sehr enttäuscht werden.

Ganz ehrlich? Es hatte mir die Sprache verschlagen.
Mir fehlten einfach die Worte. Und das sollte schon was heißen, denn mir fehlten so gut wie nie die Worte.
Doch bei diesem Anblick konnte ich nicht anders.
Ich war Mundtot.

Der erste Blick verriet: Klamotten.

Klamotten überall auf dem Boden. Klamotten im halboffenen Schrank. Klamotten auf dem Doppelstockbett.

Und wer machte sich gerade auf der unteren Etage gemütlich die Zehnägel und hatte dabei eine so hässliche Gesichtsmaske aufgelegt, dass sie nun aussah wie eine grünlich-Schimmelnde-Salamischeibe?

Ein Tipp: Ihre leicht gelblich schimmernden Zähne werden durch ihre ständig grellen, roten Lippenstifte sehr gut hervorgehoben.

Ruth. Ruth Summer McKenzie.

Es war ja so klar, dass ich mit ihr eine Kabine teilen musste.

Als sie mich sah, fing sie an zu grinsen und gab mir ein freundliches: ,,Hallo, Evelyn."
Ich gab ihr eines zurück und trat in der viel zu kleinen und ebenfalls überfüllten Kabine hinein, bevor ich die Tür hinter mir schloss und die Koffer abstellte. Man konnte sagen, ich fühlte mich hier genauso eingeengt, wie auf einem Dixi Klo. Es stank hier drinnen dennoch nicht so unangenehm. Naja, vielleicht die hundert Liter Parfum, die Ruth hier rumgesprüht hatte, stanken. Vielleicht war es auch sie?
Ich wusste es nicht genau.

Es stand nicht viel in dieser Innenkabine. Ein Doppelstockbett, auf welchen ich schlecht schlafen konnte, da Ruth es sich schon auf dem unteren Teil gemütlich machte und auf dem oberen ihre Koffer platziert hatte.
Gegenüber von dem Bett standen zwei Schränke, ein hoher und ein breiter. Wie die Rothaarige mir mitteilte, waren beide fast komplett belegt. Ich sollte aber nicht enttäuscht sein, denn so großzügig wie Ruth doch war, hatte sie noch ein kleines Unterwäschefach für mich übrig gelassen. Man konnte es mit der Größe eines Schuhkartons vergleichen. Ein Witz.

Ein Blick in das Bad verriet mir, dass es ebenso vollgemüllt war, wie alles andere in dieser Kabine.
Überall war ihre Schminke, ihr Shampoo und die mindestens zehn Flaschen an Spülungen und Conditioner verteilt. Auf dem Waschbecken standen ihre Kontaktlinsenbehälter und das dazugehörige Wasser.
Dort war also nicht einmal mehr Platz für meine Zahnbürste.

,,Ist das dein Ernst", stellte ich sie zur Rede.

,,Was ist denn los, Evelyn?", schaute sie mich gespielt überrascht an.

,,Warum hast du alles mit deinen Sachen vollgemüllt?", fragte ich sie wütend.

"Wieso? Ich war als Erstes da und ein Fach habe ich dir doch übrig gelassen", zuckte sie mit den Schultern und lackierte sich die Zehnägel weiter.

Ich spürte, wie mir die Wut in den Kopf stieg und mein Auge langsam ununterbrochen anfing zu zucken. Ich entschied mich, so schnell ich konnte die Kabine zu verlassen, bevor ich mir noch schlimme Dinge ausmalte.

Zu meiner Überraschung, sah ich, beim schnellen verlassen der Kabine, dass Ruth mir doch noch einen Haken an der Tür übrig ließ. Wer wusste aber schon, ob da nicht nachher eine weitere ihrer Prada Jacken hängen würde.

Als ich den Gang vor wut entlang stampfte und drei Minuten später an einem der Decks ankam, traf ich zufällig auf Hektor, der sich gerade mit Dena auf einer der Bänke unterhielt. Meine Laune verbesserte sich innerhalb von Sekunden.

,,Hey", machte ich mich bemerkbar und lächelte schief.
Sofort drehten die Beiden sich um und gaben eine freundliche Begrüßung zurück, woraufhin ich mich zu ihnen gesellte.

,,Ihr werdet nicht glauben, mit wem ich in einer Kabine gequetscht wurde", rümpfte ich meine Nase und atmete tief ein und aus.

,,Nein, spuck's aus", schaute Hektor interessiert und zog genüßlich an seiner Zigarette.

Halt. Zigarette? Das war doch...

,,Rauchst du da etwa einen Joint?", fragte ich ihn leise und schaute ihn unglaubwürdig an, weshalb Dena anfing zu lachen und einen Grunzer ausstieß, was uns alle zum Lachen brachte. ,,Und was wenn dich einer der Lehrer oder so sieht?", fügte ich hinzu.

,,Dann ist es halt so", zuckte er mit den Schultern und sah mir in die Augen. Man konnte sehr gut erkennen, dass er schon ziemlich durch war, weshalb ich eine wegwerfende Handbewegung machte und mich zu Dena wendete.

,,Ich wurde mit Ruth in einer Kabine gequetscht!", beschwerte ich mich. ,,Sie hat eiskalt die gesamte Kabine eingenommen."

,,Noch lange nicht so schlimm, wie mit der eigenen Lehrerin in einer Kabine schlafen zu müssen und im Bad von den drei größten Liebestöter Unterhosen erschlagen und fast ohnmächtig zu werden", verzog sie ihr Gesicht. ,,Aber weißt du, nach dem ich das sah, sah ich noch, wie in eines der Wassergläser auf dem Waschbecken, ihre dritten schwammen", strich sie ihre Handfläche durchs Gesicht und sah mich deprimiert an.

,,Urgh", zog ich meine Stirn in Falten. "Das ist ja ekelhaft."

Okay. Das war definitiv tragischer.

,,Mhm", stimmte sie mir zu und seufzte. ,,Aber anderes Thema. Weißt du schon, was du für einen Bikini zur Sommerparty anziehst?", fragte sie mich, wobei sie mich daran erinnerte, dass ich nicht Mal wusste, was ich überhaupt für einen dabei hatte.

Scheiße. Ich war am Arsch.

,,Ähm, also ich weiß auf jeden Fall ganz genau, was ich dabei habe. Ich kann mich nur noch nicht entscheiden", lachte ich nervös.

Ich war schon immer grottenschlecht im Lügen. Gott, wie peinlich. Hoffentlich hatte meine Mutter mir was Ordentliches eingepackt.

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