Kapitel 6
„Das ist jetzt nicht dein Ernst! Du bist mit Jona 60 Sekunden im Kleiderschrank und es passiert nichts? Nicht mal ein Kuss?", sprudelte es entsetzt aus Gloria, nachdem ich ihr von meinen gestrigen Abenteuern berichtet hatte.
„Natürlich lief da nicht mehr. Was denkst du? Er ist ein Arschloch und ich will mit ihm nichts zu tun haben, geschweige denn seine Pranken an meinem Hintern spüren."
„Mensch Lina, man muss niemanden mögen, um ihn zu küssen. Ein Kuss hätte euch näher zusammengebracht und du hättest noch bessere Möglichkeiten gehabt, ihm eins reinzuwürgen."
Gloria schien völlig vernarrt darin zu sein, dass ich mit Jona etwas anfangen sollte. Warum, war mir ein Rätsel. Vielleicht fand sie es einfach spannend, dass einer von uns beiden mal einen richtigen Fiesling handzahm bekam. Das würde jedoch mit Sicherheit nicht passieren.
„Können wir das mit dem Kuss lassen und du erzählst mir lieber, was du dir für Rachepläne überlegt hast?"
Ihr Grinsen wurde verschwörerisch. „Liebend gern. Warte kurz!"
Sie kroch unter ihr Bett und holte einen Schuhkarton hervor. Falls sie da jetzt Furzkissen und wasserspritzende Blumen daraus holen würde, würde ich ihr die Ohren langziehen.
„Ich habe schon alles vorbereitet", ließ sie mich wissen und hob den Deckel, ließ mich jedoch nicht reingucken.
Sie zog eine Packung Kondome heraus und schlagartig wurde meine Laune schlechter. Was plante sie denn damit?
„Ich werde mit niemandem schlafen", stellte ich sofort klar.
Sie lachte und warf mir die Kondome zu. Instinktiv fing ich sie auf.
„Ich weiß. Sollst du auch gar nicht. Außerdem wäre ich wohl die schlechteste beste Freundin aller Zeiten, wenn ich dir diese Kondome andrehen würde." Ihr Gesichtsausdruck machte mir etwas Angst. „Die sind für Jenny und nicht für dich."
„Du hast da jetzt aber kein Loch reingestochen, oder?", fragte ich und begann langsam am Geisteszustand von Gloria zu zweifeln.
„Um Gottes willen!" Sofort hob sie unschuldig die Hände in die Luft. „Was denkst du denn? Wir wollen doch nicht, dass sich diese Idioten fortpflanzen. Mein Plan ist viel besser. Ich habe die Verpackungen am Rand ein wenig aufgeschnitten, Hot Sauce reingetan und dann wieder sorgfältig zugeklebt. Das wird ein sehr schmerzhaftes Liebesspiel werden. Und da sie sich laut deiner Aussage gerne mal mit Männern intim vergnügt, wird es wohl auch nicht lange dauern, bis der Streich vollzogen wird."
Ihre Mundwinkel hoben sich.
„Gloria!", sagte ich ernst." Wie soll ich das denn bitte anstellen, dass Jenny diese Kondome nimmt? Ich kann ja schlecht zu ihr gehen, ihr die in die Hand drücken und sagen ‚Hey, hier hast du ein paar Kondome. Nur für den Fall der Fälle'. Außerdem wüsste sie dann sofort, dass ich es war."
„Du Dummerchen!", neckte mich Gloria. „Natürlich soll sie nicht wissen, dass die von dir sind. Deshalb tauschst du das Kondom in ihrem Portemonnaie einfach heimlich aus."
Ich runzelte skeptisch die Stirn. „Woher weißt du, dass sie dort ein Kondom hat?"
„Weil alle Schlampen dort Kondome haben."
„Und wie soll ich an ihr Portemonnaie kommen?"
Gloria verdrehte die Augen. „Stell dich nicht so an! Das wirst du ja wohl hinkriegen. Zum Beispiel beim Sport. Du kannst sagen, dass du kurz auf Klo musst und gehst dann schnell an ihre Sachen."
Glorias Vorschlag schien mir ein wenig zu groß gedacht. Ich hatte Angst, dass etwas schiefgehen könnte und ich am Ende aufflog.
Außerdem war das verrückt und krank... Auf der anderen Seite war das, was sie mit mir gemacht hatten, auch verrückt und krank gewesen.
„Und wird sie die Chilisoße nicht merken, wenn sie das Kondom auspackt."
„Quatsch", kam es sofort über Glorias Lippen. „Sie wird viel zu sehr damit beschäftigt sein, mit dem Typen rumzumachen. Außerdem ist die durchsichtig. Glaub mir! Das klappt."
Ich lachte provokant. „Weil du ja schon so viele sexuelle Erfahrungen gesammelt hast, oder wie?", zog ich sie auf.
Sie würdigte mich keines Blickes und fuhr fort.
„Kommen wir nun zu Jona."
Jetzt wurde es interessanter.
Glorias Gesicht sah mittlerweile richtig dämonisch aus. Ich ahnte schon, dass sie die ganze Nacht über an diesen Plänen gesessen hatte. Ihr Rachebedürfnis schien noch größer als mein eigenes zu sein und dabei kannte sie von den betroffenen Personen nur meine erzählten Geschichten und deren Facebook-Profile.
„Für Jona hab ich mir etwas Besonderes ausgedacht." Wieder griff sie in die Kiste und holte eine weitere Schachtel heraus.
„Was ist das?", fragte ich und hatte ein wenig Angst vor der Antwort.
„Ein Wundermittel, das von älteren Herren mehr als geschätzt wird."
„Gloria! NEIN!", sagte ich entschieden, als bei mir der Groschen fiel. „Sag nicht, dass das Viagra ist."
Sie nickte lachend. „Doch ist es."
Das konnte doch nicht wahr sein. War sie jetzt völlig durchgedreht?
„Woher hast du das überhaupt? Ist das nicht verschreibungspflichtig?"
„Ja, schon", gab sie zu. „Aber es muss sich ja auch mal auszahlen, dass mein Vater bereits über 60 ist und sich mit einem Rollator durchs Leben schlägt. Ich glaube, ohne die Pillen würde zwischen meinen Eltern nicht mehr viel im Bett laufen. Er hat sie in der Schublade versteckt. Es war nicht schwer ein paar zu klauen."
Ich schüttelte entschieden den Kopf.
„Das sind Pillen. Das ist Medizin. Sowas kann ich doch nicht einfach Jona geben. Sowas muss normalerweise mit einem Arzt abgesprochen werden!"
„Ach was! Wenn mein Vater davon mit seinem Bluthochdruck und Diabetes nicht stirbt und sogar seine Freude damit hat, dann wird es einen jungen, gesunden Jungen wie Jona schon nicht schaden. Vergiss nicht, was er dir alles angetan hat. Es ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, um Mitgefühl zu entwickeln. Du willst Rache, schon vergessen? Vergiss nicht, wie viel Schmerzen er dir seelisch und körperlich zugefügt hat!"
Ich dachte an all die Sprüche, die Jona mir an den Kopf geworfen hatte. Gloria hatte recht. Nichts konnte fies genug sein. Er hatte schließlich auch keine Rücksicht genommen.
„Okay, was hast du mit dem Viagra vor?", fragte ich entschlossen.
„Das ist die Lina, die ich sehen will", ließ sie mich wissen. „Also, du meintest doch, dass er im letzten Block am Mittwoch jetzt immer Fußball hat, oder?"
„Ja."
„Und er duscht sich danach auch, ne? Hast du nicht gesagt, dass er immer mit nassen Haaren aus der Umkleide kommt, was bei ihm so verdammt gut aussieht?"
Ich errötete leicht.
„Ähm, ja."
„Das ist perfekt!", rief Gloria hippelig. „Wir müssen die Viagra-Tabletten zerbröseln, sodass es ein Pulver wird. Dann ist es deine Aufgabe, ihm es in die Flasche zu füllen. Das kriegst du schon hin. Er steht auf dich. Da ergibt sich bestimmt eine Gelegenheit. Viagra braucht ungefähr 20 Minuten bis es wirkt. Er wird also nicht direkt ein Schluck Wasser nehmen und sofort einen Ständer haben. Sondern erst später in der Umkleide beim Duschen mit den Jungs." Sie unterdrückte ein Lachen. „Du glaubst gar nicht, wie gern ich es sehen würde, wenn er plötzlich mit all den anderen Jungs unter der Dusche einen Ständer hat."
Ich kicherte leise. Die Vorstellung war tatsächlich mehr als amüsant.
Das hatte Jona mehr als verdient.
„Du könntest dich mit dem Toilettentrick übrigens auch in die Jungs-Umkleide schleichen und seine Sachen wegnehmen, aber das wäre eventuell zu auffällig", fuhr sie fort.
„Ich glaube, das Viagra reicht erstmal als Rache. Aber wir sollten Jenny von ihm fernhalten, sonst fallen die noch übereinander her wie die Karnickel."
Gloria hielt sich den Bauch vor Lachen.
„Aber vielleicht gar keine so schlechte Idee. Ich meine, wenn du vorher die Kondome ausgetauscht hast, wirkst du gleich auch noch Jona eins mit rein. Das wird dann eine sehr scharfe Angelegenheit, wenn du verstehst, was ich meine."
„Oh Gott. Sein armer Penis. Das ist ja wahre Misshandlung, die wir dann mit ihm anstellen."
Nun brachen wir beide in Lachen aus und ich fand immer mehr Gefallen an den geschmiedeten Racheplänen. Was war nur los mit mir?
„Ich hatte noch so ein paar andere Ideen als Rache. Wir könnten für Jona eine Schwulen-Anzeige aufgeben und seine Nummer reinschreiben."
„Sehr gut!"
„Ja, aber auch recht teuer", offenbarte sie mir sogleich die Nachteile. „Du könntest auch heimlich seinen Klingelton ändern. Vielleicht sowas wie ‚Hier ist deine Mutter und ich finde es nicht toll, dass du dir immer heimlich meine Sachen anziehst.'"
Ich kicherte los.
„Keine schlechte Idee, aber vielleicht doch ein bisschen zu unglaubwürdig. Welche Mutter würde sowas machen."
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