Neue Freunde? Teil 2

Ich wartete kurz, da ich in die gleiche Richtung wollte, bis ich mir sicher war, dass die Gruppe weit genug weg war und schritt die Stufen hinab.
Als ich an einer Wand vorbei kam, die in der Farbe eines Fuchses gestrichen worden war, hielt ich inne.

An der Wand war ein Spiegel befestigt, der größer als ich selbst war und ich betrachtete mein Spiegelbild. Mein noch nasses Haar klebte mir am Kopf und betonte dadurch dessen ovale Form.
Die Schuluniform stand mir erstaunlich gut. Das Blau harmonierte mit dem braun meiner Augen, wie ein Baum, der im seichten Fluss stand, mein Haar war wie der Nachthimmel, der sich über die Szene legte.

Die Kleidung war mir etwas zu groß, doch das war nur ein Vorteil.
Dadurch sah man meine abgemagerte Statur nicht.

So gut hatte ich schon lange nicht mehr ausgesehen. Wenn ich mich nicht irrte, wirkte meine Haut auch weniger braun, immer noch gut gebräunt, aber weniger matschbraun.
Ich ähnelte nun einem der Typen, in den die Hauptperson eines Buches verliebt war. Ich zwinkerte mein Spiegelbild an und musste grinsen.

Mit ein bisschen Charme konnte die Zeit hier echt lustig werden. Gut gelaunt ging ich weiter, bis ich die Mensa erreichte. Es war ein großer, offener Raum, der nur durch Säulen vom Flur getrennt wurde.
Durch einige Fenster schien das Licht herein und erhellte die vielen Tische, die erstaunlicherweise runde waren. Rechts befand sich die Essensausgabe, an der ein älterer Herr arbeitet, der gerade ein mies gelauntes Mädchen bediente, was wegen ihrer schlechten Laune einige Witze über sich ergehen lassen musste.

Ich steuerte darauf zu, als mich ein Junge, so alt wie ich, abfing. Sein blaues Haar hatte den Farbton eines wolkenlosen Himmel und seine braunen Augen den von Zimt. Mir fielen sofort die zahlreichen Blicke auf, die auf ihn lagen. Es waren nur Mädchen, die ihn tuschelnd beobachteten.

„Guten Tag. Du musst Karan sein.", begrüßte der Blauhaarige mich und lächelte mich freundlich an.
„Herr Cognitor hatte mir schon alles erzählt. Ich bin Cosmo, Schulsprecher." Sein britischer Akzent stach aus dem ganzen Gemurmel der Schüler heraus. Seine Worte klangen steif, fast schon spießig.
Als käme er aus einer adligen Familie. Allein das sein Blick sanft war, bewirkte, dass man sich nicht komplett minderwertig fühlte. Jeder seiner Laute war königlich.

„Ich stehe allen neuen Schülern für Fragen und Problemen zur Verfügung. Du musst das Angebot natürlich nicht annehmen, aber es ist meine Pflicht es dir wenigstens anzubieten.", fuhr er fort und nickte mir höflich zu.
„Vielen dank. Falls ich es brauche, werde ich das Angebot sicherlich mal nutzen.", behauptete ich.

In Wirklichkeit bezweifelte ich jedoch, dass er mir bei meinen Problemen helfen konnte.
„Super", lächelte er und winkte jemanden hinter mir zu.
„Brauchst du eine Tour durch die Schule oder kann ich" Cosmo deutete zu seinem Freund, der auf uns zu kam, „gehen."

„Geh ruhig. Ich finde schon zurecht.", beteuerte ich.
„Super. Ich danke dir. Ich bin dir was schuldig.", sagte er und lief an mir vorbei.
Ohne eine Erwiderung von mir abzuwarten verschwand er mit seinem Kumpel aus der Mensa.
Toller Schulsprecher! ,dachte ich genervt.

Endlich konnte ich zu der Theke gehen und mir ein Tablett schnappen. Der Mann empfing mich mit einem erfreutem Grinsen.
„Wenn das nicht mal jemand neues ist. Wie toll! Endlich mal etwas Abwechslung. Jeden Tag nur die gleichen Gesichter.", lachte der Koch und beugte sich zu mir.
„Ich denke du könntest die Menschen hier mal richtig aufmischen.", flüsterte er mir zu.

„So, was willst du essen?", fragte er mich wieder mit normaler Stimme.„Überraschen sie mich doch.", schlug ich vor und seine Augen funkelten entzückt auf.
„Das ist eine großartige Idee! Ich sagte doch, mit dir werden jetzt andere Seiten aufgezogen! Das wird eine tolle Zeit. Sag mal, wie heißt du, Junge?"

Puh. Was trieben sich denn hier für komische Leute herum? Und ich dachte in meiner Heimatstadt war es komisch. „Karan, Sir.", stellte ich mich vor.
Der Geruch der verschiedensten Gerichte füllten meine Nase, ließen mich an nichts anderes denken, außer meinen grummelnden und leeren Bauch. Meinen Magen konnte man sehr gut mit einem Ballon vergleichen.
Beide waren nur mit Luft gefüllt.

Ich roch den Gestank von Kaffee, den Geruch von Pfannkuchen, die mit Ahornsirup überdeckt wurden, frischen Brötchen, ich spürte regelrecht ihre Wärme, auch wenn ich keine Ahnung hatte wo sie waren und nahm den herausstechenden Geruch von Obst wahr.
Von so viel Auswahl konnte ich normalerweise nur träumen. Meistens gab es nur Beeren und anderes Grünzeug aus dem Wald oder von Wiesen, da ich schlecht Fische noch Fleisch braten konnte, da das offene Feuer meine Position verraten könnte, was vorallem dann, wenn mich jemand gesichtet hatte, fatale Folgen haben konnte.

Nur selten stahl ich mir Essen von Läden oder Menschen, da auch dies ein großes Risiko barg. Eines, das ich mir nur selten leisten konnte.
„Irgendwelche Allergien oder Abneigungen?", erkundigte sich der Koch, ehe ich ihm nach seinen Namen fragen konnte.
Mir kam die Frage aus meinem Standpunkt echt dumm vor. So hungrig wie ich war, würde ich alles essen!

„Nein" Mit einem Nicken verschwand er hinter einer Tür, die vermutlich in die Küche führte, nachdem er sich mein Tablett genommen hatte.
Kaum war er weg, war es, als würde mein Gehör wieder aufwachen. Ich hörte wieder das Getuschel der Schüler. Die Stimmen waren laut, da jeder die anderen übertönen musste, um erhört zu werden.

Menschen. Igitt! Einfach nur widerlich! „Hey Karan!", ertönte Musas Stimme und als ich mich umdrehte, bemerkte ich, dass alle Blicke auf mir ruhten.
Als wäre der Ruf ein Fluch gewesen und alle erwarteten, dass ich gleich tot umfiel.

Mein Mitbewohner saß an einem Tisch weiter hinten in der Mensa mit zwei weiteren Schülern. Es waren die Zwei, die ich heute Morgen lesen gesehen hatte.
„Setzt du dich dann zu uns?", brüllte er einfach weiter, achtete nicht auf die Aufmerksamkeit, die sich nun auf uns beide aufteilte. Ich biss mir auf die Lippe.

Wenn ich zusagte, würden mich alle für einen Idioten halten, der sich sofort zufällige Leute als Freunde aussucht. Sagte ich aber ab, würde das die relativ gute Beziehung zwischen mir und Musa gefährden, dabei könnte er mir sicherlich noch das eine oder andere mal helfen.
„Komm doch zu uns!", mischte sich Jamalia ein, die von ihrem Tisch aufgestanden war.

Ihre Freunde schüttelten wild den Kopf und überkreuzten panisch die Arme. Sie wollten nicht mit dem Neuen zusammen sitzen, bis nicht klar war, wie er tickte. Das waren definitiv die "coolen" Kinder an der Schule.

Oder zumindest hielten sie sich für diese. Und sofort fiel mir die Auswahl erstaunlich einfach.
Ich meine würdet ihr lieber neben einer der hübschesten Mädchen der Schule sitzen und ein gutes Bild bei den Coolen der Schule machen oder neben deinem netten Mitbewohner.
Ich drehte mich ohne eine Antwort wieder um, als der Koch kam und mir mein Tablett übergab.

Eine Semmel mit Honig, der golden schimmerte und halb von dem Brot herunterfloss, lag auf einem Teller neben einigen Apfelstücken und einem Orangensaft.
Zufrieden steuerte ich auf Jamalia zu.

Mit einem Lächeln setzte sie sich wieder und der Junge, der gegenüber von ihr saß, zuckte zusammen, als hätte sie ihn getreten.
Im Augenwinkel sah ich wie Musa enttäuscht auf seinen Teller sah. Sofort trösteten ihn seine Freunde.
„Tut mir leid, ich sitze heute wo anders.", grinste ich Jamalia an und lief an ihr vorbei, kaum hatte ich ihr erstauntes Gesicht gesehen.

Die Bitch konnte sich an jemand anderen ran machen.
Auf solche Leute konnte ich wirklich gut verzichten. Also eigentlich konnte ich auf alle verzichten, aber auf die eben besonders.
Erstaunt sah Musa auf, als ich mich im gegenüber setzte, neben dem Mädchen. Sie rutschte extra ein Stück beiseite und lächelte mich schüchtern an, schien nicht ganz zu wissen, was sie von mir halten sollte.

Jetzt wo ich ihr näher war, sah ich, das in ihren grünen Augen auch ein Schimmer blau dabei war.
Wie ein Fluss, der sich durch einen Wald schlängelte und im fahlen Licht, welches seinen Weg durch die dichten Blätter der Bäume erkämpft, glänzt, wie Diamanten.
Ein Lächeln schlich sich unbewusst auf mein Gesicht. Ich mochte den Wald. Er war etwas wie ein Zuhause geworden. Ein Ort der nicht sicher war, sich aber oft so anfühlte.

Wenn der Nachthimmel sich in seiner vollen Pracht über einen erstreckt, wie eine Decke.
Die Sterne scheinen um die Wette, als wäre es ein Contest. Der Wind weht einem durchs Haar und trägt den Duft des herannahendes Sturms, den Geruch des Regens.
Das waren alles Gründe, wieso Menschen gerne draußen übernachteten, aber diese taten es freiwillig.
Ich nicht.

„Schön, dass du dich doch zu uns gesetzt hast.", freute sich Musa und grinste mich breit an.
Der Junge neben Musa hatte wie Cosmo etwas majestätisches, was bei ihm aber an seiner Größe lag.
Sein rötliches Haar rundete sein schmales Gesicht gut ab.

Er nickte mir höflich zu und stellte sich als Louis vor.
Seine braunen Augen ließen das Gesamtbild an einen Hirsch erinnern. „Karan", nickte ich. „Aber dank Musa wisst ihr das bestimmt schon.", scherzte ich, was so semi-gut ankam.
Dann halt nicht.
„Das ist aber ein schöner Name.", meinte das Mädchen, welches bei einem zweiten Blick in ihre Augen mehr an eine Weide als an einen Wald erinnerte. Ein Wald war eher dunkel und eng, eine Weide hingegen offen und hell.

Da passte Zweiteres wirklich besseres. „Ich bin übrigens Willow."
Der Name passte irgendwie. „Du solltest von denen da drüben besser weg bleiben.", riet mir Louis und deutete zu Jamalia und ihrer Gang.
Genervt schnaubte ich aus.
„Ich kann solche Entscheidungen sehr gut alleinet reffen. Nur weil du hier schon länger bist, heißt es nicht, dass du mich herum kommandieren kannst!", stellte ich klar und würdigtei hm einen knappen, eisernen Blick.

„Ach tut mir leid, Mister. Ich wollte nur nett sein.", kam es sofort zurück gezischt. Achtlos biss ich von meinem Brot ab.
Der Honig schmeckte erstaunlich süß, klebte in meinem Mund, floss dann aber angenehm meinen Hals herunter.
Mein erster Eindruck war spätestens ruiniert, als ich wie ein Bär anfing mein Frühstück zu verschlingen.

„Da hat aber jemand hunger. Kommst du aus dem Wald oder was?", machte sich Louis über mich lustig und prompt verschluckte ich mich an meinem Saft.„Louis!", schimpfte Willow.
„Das ist voll gemein! Er hatte bestimmt eine lange Anreise!".
Es war wirklich nett von ihr, dass sie mich verteidigte, obwohl sie mich gar nicht richtig kannte.

„Wie hungrig würdest du sein, wenn du das meiste Essen klauen musst?", fragte ich ihn trocken.
Okay, hätte ich zumindest gerne. Stattdessen verspeiste ich das letzte Stück Apfel.
„Aus welcher Stadt kommst du?", fragte die Braunhaarige neugierig und sah mich sanft an. „Princinem" Sie sah mich erstaunt an. „Da wo sich so viele Umbritor herumtreiben sollen? Ist das nicht gefährlich?" Ich hätte mich fast erneut an meinem Orangensaft verschluckt.

Viele? Was für viele?
Wir waren nur noch zu dritt und außer mir trieb sich niemand in der Stadt herum. Warum sollte man auch dort sein Unwesen treiben, wo seine Gegner es auch taten?
Als ob jemand unser Gespräch gehört hatte, rief jemand etwas.

Etwas, das mir einen Schauer über den Rücken laufen ließ.
Jubel brach aus, der mein Blut in den Adern gefrieren ließ.
Was? Nein! Ich betete, dass ich mich einfach verhört hatte, weswegen ich schnell Musa fragte: „Was hat er gesagt?"

Er sah auf, ein zufriedenes Lächeln auf den Lippen.
„Ein weiterer Umbritor wurde erst vor kurzem getötet! Es war die letzte Frau!"

Nein! Nein! Nein!
Woher wussten die das? Ich sprang auf und sah mich nach dem Schüler um, der so freudig herum geschrien hatte.
Ich entdeckte den Schwarzhaarigen mit einer Zeitung an einem Tisch sitzen, unzählige Jugendliche standen um ihn herum.

Ich hetzte los, drängte mich durch die Menge und krallte mir, trotz vielen Wiederworten des Besitzers, die Zeitung und starrte entsetzt die Schlagzeile an. Letzte Umbritorin getötet!
„Wo hast du die her?", zischte ich den Jungen an, dem ich die Zeitschrift entwendet hatte. „Mein Vater arbeitete bei der Agentur, die die Zeitung macht und schickt mir manchmal Exemplare.", antwortete er und riss mir das Papier aus der Hand.

„Index! Du weißt, dass das verboten ist!", zeterte der Koch von seiner Theke aus und schnell versteckte der Junge die Zeitschrift.
„Was denn?", stellte er sich dumm und kassierte dafür einige Lacher.
Wie benommen watschelte ich zurück zu dem Tisch mit den Leuten, die ich wohl Freunde nennen konnte.
So was ähnliches waren sie ja.

„Alles gut?", erkundigte sich Willow besorgt, als ich mich wieder neben sie setzte. Mir war ganz übel.
„Ich glaube mir bekommt das Essen nicht gut.", behauptete ich deswegen schnell, sprang auf und rannte aus der Mensa.
Ich wollte einfach nur noch raus. Ich brauchte die frische Luft. Selbst als ich das Gebäude verließ, sprintete ich einfach weiter.
Ich bin zu langsam! Ich muss schneller an die Steine kommen! Oh Leyna,ich hasse dich! Ich hasse dich! Ich hasse dich!

Mein Atem ging schnell. Der Fakt, dass nur noch ich und ein Kerl, den ich noch nie gesehen hatte, übrig sind, versetzte mich in Aufruhr.
Wie konnte das nur passieren? Ich blieb irgendwann endlich stehen, meine Beine schmerzten und ich sank auf den Boden. Nach einer kurzen Weile hatte ich auch meinen rasselnden Atem wieder unter Kontrolle.

Ich schloss meine Augen und sammelte mich. Ich musste runter kommen, durfte weder trauern noch zu geschockt sein. Das konnte auffallen.
Der Wind wehte mir durchs Haar, brachte das Geräusch von ganz leisen Schritten. Es war weniger ein Geräusch, mehr eine Vibration. Ein minimales Beben der Erde, erzeugt durch Samtpfoten.

Ich wagte es meine Augen zu öffnen und der Luchs hielt in seiner Bewegung inne. Er stand nur wenige Meter von mir entfernt, einer seiner Tatzen hing noch in der Luft.
Sein schwarz gepunktetes Fell zerschmolz mit den Schatten, nur das goldgelb zwischen den Flecken, das leicht zuleuchten schien, zeigte mir, dass dort wirklich eine Raubkatze stand.

Ihre Pinselohren waren auf mich gerichtet. „Hallo", flüsterte ich und senkte respektvoll meinen Kopf.
Im Gegensatz zu Hauskatzen mochte ich Wildkatzen.
Diese waren unabhängig, griffen Umbritor nicht an, da sie wussten, dass wir keine Gefahr für sie darstellten.
Das wussten alle Bewohner des Waldes. Es gab für uns keinen Grund diese Wesen anzugreifen.

Sie hatte uns nichts getan. Vorsichtig wagte der Luchs einen weiteren Schritt auf mich zu. Seine Ohren zuckten unruhig hin und her, scannten die Gegend ab. Er witterte, hielt erneut inne und kam dann weiter auf mich zu.
So ging das weiter, bis die Katze mit einem leisen Fauchen stehen blieb, was mir mitteilte, dass sie diesen Abstand beibehalten wollte.
Etwa zwei Meter trennten uns noch und um ihr meine Zustimmung mitzuteilen, zog ich meine Beine an meinen Körper heran.

Man konnte wirklich sagen, dass der Wald mich adoptiert hatte.
Ein weiterer Grund warum ich selten jagte. Mein Vater hatte mir das Bogenschießen zwar eigentlich dafür beigebracht, aber Menschen waren sowieso bessere Zielscheiben.
Diese abartigen Wesen!

Ich atmete flach, blinzelte die Erinnerungen weg.
Ich musste die Vergangenheit endlich hinter mir lassen! Der Luchs setzte sich, wodurch ich eine höchstens ein paar Tage alte Narbe auf seinem Rücken entdeckte.
Ein Pfeil schien das Tier dort gestreift zu haben.

Ob es ein Unfall war oder jemand gezielt auf ihn geschossen hatte, wusste ich nicht.
Sie war zum Glück gut verheilt. Ich lehnte mich zurück und sah vor meinem inneren Auge Musas freudiges Gesicht über den Tod der Schattenmagierin. Aber ich wurde Monster genannt!

Finde den Fehler. Ich wischte meine Gefühle mit einer Handbewegung, als wären sie eine Fliege, weg.
Ich hatte keine Zeit für Emotionen.
Am meisten nicht für Liebe.
Denn Fakt war, dass Liebe meine Eltern beide in den Wahnsinn getrieben hatte. Auf verschiedene Weisen, aber beide Arten führten zum Gleichen.
Zum Tod.

Auf Freundschaft konnte ich genauso gut verzichten. Jeder der mir geholfen hatte, war nun genauso lebendig wie Abanos oder meine Eltern.
Ich konnte das einfach nicht mehr! Es reichte mir! Ich hatte es satt!
Ich verbarg mein Gesicht hinter meinen Händen und kauerte so eine Weile im Wald. Auch wenn mir danach war, floss keine Träne. Das Weinen hatte ich verlernt, es mir genauer gesagt abtrainiert.

Keine Ahnung wann ich das letzte mal so einen emotionalen Zusammenbruch hatte. In der Nacht in der meine Eltern starben, vermutete ich.
Aber was erwartete man von einem achtjährigem Kind?
Ich krallte mich an meine Haare.
Wieso ich? Wieso nicht jemand anderes? Wieso konnte ich nicht auch einfach ein ganz normaler Jugendlicher sein.

16- Jährige sollten sich um ihr Liebesleben kümmern oder um ihre Ausbildung und nicht darum, wie sie die nächste Person so unauffällig wie möglich umnieteten. Reiß dich zusammen!
Ich schüttelte den Kopf und spürte unerwarteterweise weiches Fell an meinem Arm. Als ich aufblickte, sah ich, dass sich der Luchs schnurrend an mich drückte.

Ich war so tief in Gedanken gewesen, dass ich seine Schritte nicht bemerkt hatte. Das war gefährlich.
Ich kraulte der Katze zwischen den Ohren und lächelte sanft.

Mir war bewusst, dass Rache falsch war, aber die andere Wahl wäre, einfach zu sterben. Der Luchs und ich bemerkten die heran nahende Person fast gleichzeitig.

Er mit seinen Ohren, ich durch meinen sechsten Sinn. Daraufhin verabschiedete er sich mit einem leisen Miauen und verschwand zwischen den Bäumen. Es war erstaunlich wie schnell das kleine Wesen war.

„Da bist du ja, Karan.", hörte ich Willows erleichterte Stimme und sie kam zu mir geeilt.
„Wir haben uns Sorgen gemacht. Wie geht es dir?", fragte sie besorgt und kniete sich neben mich. Ich stutze.
Ich wusste nicht, wann mich das letzte mal jemand ernsthaft gefragt hatte, wie es mir ging.
Warum sollte es auch jemand interessieren?

Sie wäre nicht so nett, wüsste sie wer du bist, redete ich mir ein und stand auf. „Alles bestens.", behauptete ich und wischte den Dreck von der Uniform. Ganz sauber kriegte ich sie trotzdem nicht. „Die Uniform ist eigentlich nur für schulische Veranstaltungen.", belehrte mich Louis, der mit Musa auftauchte.
Bevor ich etwas antworten konnte, kam mein Mitbewohner auf mich zugestürmt und umarmte mich.

„Mach uns nicht solche Angst! Du hättest dich verlaufen können!", rief er.
„Ich habe einen ausgeprägten Orientierungssinn.", erwiderte ich und befreite mich aus seinen Armen.

Er nickte leicht und ich war mir sicher, dass er mich am liebsten gleich nochmal umarmt hätte, hätte ich ihm nicht einen warnenden Blick zugeworfen.

„Falls du Kleidung brauchst ist das kein Problem. Wir haben eine Kammer mit Klamotten, die man nicht mehr will oder einen nicht mehr passen. Fundsachen sind da auch drinnen. Vielleicht findest du etwas.", sagte Louis.
Er klang fast schon freundlich, als wollte er seine anfängliche Grobheit wieder gut machen.
„Mal sehen.", ließ ich ihn abblitzen. Es war das Beste für alle Beteiligten, wenn ich gleich klar mache, dass ich keine Freunde suchte, wollte oder hatte.

„Wir sollten zurück gehen. Bald beginnen unsere ersten Stunden.", informierte uns Louis mit einen Blick auf seine silberne Uhr.
Daraufhin gähnte er und streckte sich. Sein Haar wirkte in der Sonne viel röter, als normalerweise. Seine braunen Augen waren gegen das Licht zusammen gekniffen.
Er war schon ein echt hübscher Kerl. Louis war bestimmt ähnlich beliebt bei den Mädchen wie Cosmo.

„Na dann.", lächelte Musa und lief los. Irritiert blieb ich stehen. „Das ist die falsche Richtung.", merkte ich an und Willow kicherte.
„An deinem Orientierungssinn arbeiten wir noch. Vielleicht kann Karan dich unterrichten."
Louis verdrehte die Augen, Musa kam beschämt zurück und ich seufzte. Was ein bunter Haufen. 

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