Der Tod trifft auf die Hexe Teil 1
Den Apfel, den ich aus dem Haus gestohlen hatte, drehte ich lustlos hin und her. Obwohl ich am Verhungern war, spürte ich nicht mehr den Drang zu essen. Es war wegen dem leeren Gefühl tief in mir drinnen, welches mir mitteilte, dass Socium sich von mir entfernt hatte und das ein gutes Stück.
Vielleicht war es auch mein schlechtes Gewissen, welches mich durch die Gassen taumeln ließ. „Sie wussten einfach zu viel.", redete ich mir meine Tat ein und verstaute den Apfel sorgfältig. Das wirre Labyrinth aus Wegen endete auf einer großen Straße, auf der sich um diese Uhrzeit einige düstere Gestalten herumtrieben.
Diebe, die den armen Menschen das wenige stahlen, was sie besaßen, Personen die ihr Geld mit schmutzigen Geschäften verdienten und Verbannte wie ich. Vogelfreie, die verachtet und gejagt werden. Jemand hielt mich am Arm auf und widerwillig musste ich mich umdrehen. „Ich sage dir deine Zukunft hervor! Nur ein Taler!", krächzte der alte Mann, der mich gepackt hatte. Sein graues Haar war verfilzt und fiel ihm ins Gesicht.
Durch den fettigen Schleier sahen mich seine durchdringend braune Augen an, blickten tief in meine Seele. „Du?", fragte ich abfällig und riss mich unbeirrt los.
„Ich bin hier der einzige, der in die Zukunft blicken kann." Abschätzend hob er eine Augenbraue und für wenige Sekunden herrschte eine drückende Stille. Selbst der Wind schien verstummt zu sein, als fürchtete er sich vor dem bevorstehenden Ereignis. „Beweise es", verlangte der Greis und ich richtete mich zu meiner vollen Größe auf.
„Das Haus dort hinten wird in nur wenigen Sekunden in Flammen stehen.", sagte ich ruhig. Er grinste nur, setzte gerade zu einem belustigtem Kommentar an, als ein Hitzeschwall meinen Rücken überspülte und die Umgebung in einem warmen Licht erhellt wurde.
Sofort spürte ich, wie meine Kraft zurück in meinen Körper fuhr und jede Zelle in mir belebt wurde. Socium war zurück. „D... deine... deine Aura.", stotterte der Hellseher und stolperte rückwärts. „Pass auf, wen du auf der Straße ansprichst!", zischte ich und drängte mich an ihm vorbei, so dass er zur Seite taumelte.
Ich warf nur einen knappen Seitenblick zu dem brennenden Haus. Ich hatte Socium beauftragt das Haus anzuzünden, nachdem ich die Besitzer gefesselt hatte, da sie der UJG alles was sie erfahren hatten erzählen würden. Ich werde das Feuerzeug, welches mein Partner in das Haus geworfen hatte, vermissen, doch ich konnte der UJG keinen Triumph gönnen.
Die Organisation, die ich gerne Abkürzte, hieß eigentlich Umbritor jagt Gemeinde und auch meine Schwester war ihr beigetreten. Der Tod unserer Eltern hatte sie verändert. Ich rannte los und schlitterte um eine Ecke in eine dunkle Allee, die zu einem Park führte.
In der Ferne hörte ich Menschen rennen. Sie flüchteten entweder vor dem Feuer oder rannten dorthin, um es zu löschen und zu helfen. „Sie werden sterben.", murmelte ich leise zu mir selbst und eilte weiter. Kies spritzte auf und mischte sich mit dem Sand, mit dem der Weg bestreut war.
Der Geruch von Blut hing in meiner Nase, mischte sich mit dem der Freiheit. Es begann sachte zu nieseln. Ich wusste genau, dass die Menschen in diesem Dorf es als Zeichen sahen, dass es anfing zu regnen, eine Hilfe der Engel. Wie tief musste man gesunken sein, um so was zu glauben? Erbärmlich!
Der Regen nahm zu und ich wurde langsamer, wartete, ob er weiterhin stärker wurde. Der Regen würde das Feuer löschen, doch die Inhaber waren schon tot. Der Niederschlag tränkte meine kaputte und beschmutzte Kleidung und fiel in meinen Mund, da ich meinen Kopf gen Himmel streckte, meinen Mund öffnete und meine Arme weit ausbreitete.
Mit geschlossenen Auge ahmte ich meinen Vater nach. Jedes mal wenn es angefangen hatte zu regnen, hatte er das unterbrochen was er gerade getan hatte und diese Pose eingenommen. Dabei war ihm egal gewesen, ob er gerade schnitzte, mit mir jagte, drinnen las oder spazieren ging.
Als Kind hatte ich immer gedacht, er tat es aus Spaß. Erst viel später hatte ich den wahren Grund erkannt. Er hatte seine Tränen vor mir versteckt. Wollte mich im Glauben lassen, es sei alles gut.
Gut..... Was war schon gut? Gut war die größte Illusion die existierte. Die Menschen hielten sie für real, doch gut war nur der Deckname vom Bösen. Gut war eine Einbildung, die man sich einredete, um nicht völlig zusammenzubrechen. Gut waren die Engel, bevor der Gefallene von ihnen ihnen gezeigt hatte, dass Gut nur eine Täuschung war. Gut war nichts. Gar nichts.
Ich ahmte meinen Vater jedoch aus anderen Gründen nach. Einerseits beruhigte es mich, wenn der sachte Regen kühl auf meine Haut fiel und mir das Gefühl von Freiheit noch einmal anders zeigte und andererseits nutzte ich diesen Moment, um mich an die Geräusche des Regens zu gewöhnen. So konnte ich andere Laute von Schritten bis Stimmen heraushören.
Auch den Ton von einem Pfeil, der aus einer Armbrust gefeuert wurde, nahm ich war. Es war das unverwechselbaren Geräusch von Holz, das an einer Schnur entlang strich und ich vernahm den Ton entweichender Spannung. Ohne meine Lider zu öffnen duckte ich mich und griff Instinktiv nach oben.
Meine Hand umschloss einen länglichen Pfeil, dessen Holz fein ausgearbeitet war und blickte nun doch meine Gegner ein. Es waren fünf Personen. Alles waren einheitlich in schwarze, bodenlange Mäntel, an denen der Regen herunterlief, gehüllt und Schlapphüte in der gleichen Farbe schmückten ihre Köpfe.
Vier von ihnen hatten ihre Kopfbedeckung tief ins Gesicht gezogen, so dass der Rest ihrer Fassaden im Schatten lag. Nur der Schütze, der mich töten wollte sah mich erschrocken an und senkte seine Waffe.
„A...a...aber...", stotterte der junge Mann und seine Hand schloss sich verängstigt um die Armbrust. „Fünf?", fragte ich und hob eine Augenbraue. „Ihr unterschätzt mich.". „Oder du uns.", wandte jemand ein. Es war eine Frau, die aufblickte und mich aus ihren braunen Augen herausfordernd ansah. „Ich euch?", lachte ich und zerbrach demonstrativ den Pfeil in meiner Hand.
Der Jüngste zuckte zusammen und ihn rutschte die Armbrust aus der nassen Hand. Durch den Regen konnte ich es nicht sicher sagen, doch ich war mir sicher, dass er schweißnass war. Außerdem zitterte er. „Meine Schwester bildet ja hervorragend aus.", machte ich mich über die Agenten der UJG lustig und strich mir mein Haar aus dem Gesicht.
„Sie leistet hervorragende Arbeit!", zischte eine andere Frau und verlagerte kampfbereit ihr Gewicht nach vorne. „Leyna wird dich in die Knie zwingen!", fügte sie hinzu. „So wie du deine Eltern getötet hast, wird sie dich töten!", sprach die Rothaarige vorlaut weiter und reckte mir ihr Kinn entgegen.
"Weißt du", begann ich, scharrte gelangweilt im Boden, „in meinen Ohren klang das, als hättest du „Töte mich" geschrien". Kaum hatte ich diese Worte aus gesprochen, breitete sich Socium auf beiden Seiten meiner Schulter aus, bildete dunkle, konturenlose Flügel.
Sie waren nur Show, doch das Entsetzen in den Gesichter meiner Jäger war echt. „Du", ich deutete auf die Rothaarige, die unsicher erstarrte, „wirst die erste sein.".
Sie machte einen Schritt zurück und ihre Gesichtszüge verkrampften sich. „Kommt nicht vor, dass ich acht Menschen an einem Tag eliminiere.", bemerkte ich machte einen Schritt auf die schwarz Gekleideten zu und ließ die Reste des Pfeils achtlos fallen.
Die Fünf wichen zurück und kramten hastig nach etwas Brauchbaren in ihren Taschen. Einige Schritte lang wiederholte sich dies, bis ich bei der Schusswaffe angekommen war, die der Mann fallen gelassen hatte und hob sie auf. Ich fuhr über das Ebenholz indem kleine Spiralen eingeschnitzt waren und sah den Besitzer davon an.
„Ebenholz? Du bist also Abanos.", erkannte ich und erstaunt und noch mehr verunsichert nickte er. Durch sein banges Verhalten wirkte er jünger als er war, jünger als ich, dabei war er mindestens vier Jahre älter.
„Karan", stellte ich mich vor und warf die Schusswaffe seinen Besitz zu. Er fing sie scheu auf und musterte sie akribisch, als hätte ich die Armbrust vergiftet oder so. „Aber mein Name ist dir vermutlich schon bekannt.", fuhr ich fort.
„E...e...e....ehrlich gesagt nicht. Du... du wirst von allen Luzifer genannt.", stotterte Abanos und ich dachte schon, durch sein Zittern würde ihm die Waffe erneut herunterfallen. „So ist das also". Ich legte den Kopf schief und grinste.
„Ich hätte gedacht, dass meine Schwester sich jemand mit mehr Selbstbewusstsein aussucht.", gab ich meine ungefragte Meinung ab. Ich befahl Socium stumm, von mir runter zu gleiten, so dass meine Flügel verschwanden.
„Er ist einfach nicht so provokant und großkotzig wie du. Das heißt nicht, dass er kein Selbstbewusstsein hat!", nahm die Rothaarige ihn in Schutz und sah mir warnend in die Augen. Ich erwiderte den Blickkontakt und grinste. „Du bist dann wohl Gera. Die Frau, die von allen scherzhaft Hexe genannt wird, was auf deine roten Locken und deinen wilden und meiner Meinung sehr ätzenden Charakter zurückzuführen ist.", erkannte ich und ein Schimmer von Erstaunen und Unsicherheit glitt durch ihre Augen.
„Lass mich dir was sagen." Ich spießte sie regelrecht mit meinem hasserfüllten Blick auf. „Ich bringe jeden um, der mir in die Augen gesehen hat."
Abanos keuchte entsetzt auf und wich wieder zurück. Was ein Feigling. Was meine Schwester wohl an ihm fand? Ich ließ meine Hände knacken und stolzierte auf die Jäger zu, die unter dem Befehl meiner Schwester agierten.
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