das Feuerzeug Teil 1

Eine Tür knallte laut, woraufhin Leyna aus ihrem Schlaf schreckte. Sie saß an einem Schreibtisch, ihr Kopf hatte sie auf dem Tisch abgelegt, als sie schlief. Jetzt hob sie ihn ein Stück und sah sich blinzelnd um.

Der Raum war recht groß und überfüllt mit seltsamen Geräten. Eine Maschine blies Wind auf einen Umhang, der sich keinen Zentimeter bewegte, einer der Tarnklamotten hing vor einem Fernseher und jedes mal wenn sich das Bild änderte, tat es auch das Kleidungsstück.
Auch viele Waffen lagen überall herum. „Wie konntest du Thunder nur feuern?", keifte die Frau, die gerade herein gestürmt kam, Leyna an.

„Wir brauchen so viele Agenten wie möglich! Warum lehnst du die, die Potenzial haben, ab?"

Die Chefin gähnte und richtete sich nun endlich auf. „Damit er nicht stirbt.", antwortete sie mit kratziger Stimme.
Der Schlafmangel wurde ihr langsam zum Verhängnis. Die blonde Agentin wedelte wütend mit den Händen. „Runter da! Das ist immer noch mein Büro! Das weißt du genau!"

Provokant blieb Karans Schwester sitzen und blickte die Blondine warnend an. „Willst du Thunder vielleicht folgen?", fragte sie mit zuckersüßer Stimme und stand schwungvoll auf, sodass der Bürostuhl ein paar Zentimeter hinter rollte, bis er an eine Wand anstieß.
„Das kannst du dir nicht leisten.", erwiderte die Agentin, ging an Leyna vorbei und sank auf den Stuhl.

„Willst du es drauf anlegen?".
Leyna ließ ihre Fingerknochen knacken, mochte nicht, wie Iska mit ihr sprach.
So respektlos.
„Ich finde schon noch Ersatz.", behauptete Leyna, auch wenn sie wusste, dass dies überhaupt nicht stimmte.

Iska war eine talentierte Erfinderin und ihr verdankte sie den Tarnumhang. Außerdem schaffte diese es durch ihre leicht bissige Art, dass ihr Team ihr gehorchte.
Sie wäre ein großer Verlust für die UJG. Leyna biss sich auf die Lippen und deutete zu dem Tarnumhang.
„Ich will mehr davon.", verlangte sie.

Wenn man Feuer mit Feuer bekämpfen konnte, konnte man Bissigkeit vielleicht auch mit Bissigkeit besiegen. Iska schnaufte genervt aus, es kam aber kein Protest. Zufrieden verließ die Leiterin der UJG das Büro der Erfinderin und steuerte auf ihr Eigenes zu.
Eigentlich musste sie sich noch erkundigen, wie die Ermittlungen wegen Luzifer liefen, aber ihr Kopf war ganz voll, regelrecht benebelt vom Schlafmangel.

Sie wünschte sich einfach nur ein paar Stunden Ruhe.
Nur ein paar. Das Nickerchen gerade eben, war nicht länger als eine halbe Stunde gewesen.
Als sie jedoch die Tür zu ihrem Büro aufstieß, erwartete sie ein fremder, junger Mann.

Er lehnte an ihrem Schreibtisch und musterte das Regal neben der Tür, in dem die verschiedensten Bücher über Schattenbändiger und deren Geschichten standen.
Er drehte seinen Kopf nicht einmal zu ihr, sah sie nur abschätzend durch seine zusammen gekniffenen Augen an. Instinktiv griff Leyna nach dem Messer, dass in einer Tasche im Innenfutter ihres Mantels verstaut war.

Für Notfälle, wie diesen.
Seine gebräunte Haut verriet, dass er viel draußen unterwegs war.
„Wer sind sie?", keifte Leyna und klammerte sich drohend an die Waffe.

Das Licht der Morgensonne ließ das Messer schimmern. „Ich bitte Sie, ihre Waffe zu senken. Sie haben darum gebeten, dass ich komme.", behauptete der Fremde mit kalter Stimme, was ihn sehr ruhig wirken ließ.
Seine blauen Augen wirkten, als wären sie aus purem Eis gemacht. „Habe ich nicht! Wer bist du!"

Er schnaufte gereizt aus und kramte in seiner Tasche. Ehe Leyna ihn anblaffen konnte, dass er seine Hände hoch heben sollte, zog er die zerknitterte Zeichnung von ihrem Bruder heraus.

„Du bist der Künstler.", erkannte Leyna und steckte beschämt die Waffe weg. „Wird eigentlich jeder Besuch so willkommen geheißen, als wäre er ein Umbritor oder ein Schwerverbrecher?", fragte er immer noch kühl, doch seine Augen waren wütende Schlitze.
Er hatte wirklich Temperament.

„Fühlt man sich gleich dazu eingeladen, zu bleiben.", fuhr der Maler fort und stieß sich vom Tisch ab.
„Deswegen mag ich keine Menschen. Was wollen Sie jetzt von mir?", verlangte er zu wissen und durchbohrte sie mit seinem Blick.

Ihr lief ein Schauer über den Rücken. Sein Blick war kalt, wie der tiefste Winter. Sein Wille schien stärker als ein Eisbär, sein Blick kälter als ein See, seine Worte spitzer als Eiszapfen.
„Wegen... wegen ihrem Bild. Also die Zeichnung.", setzte sie an, doch der Mann fiel ihr ins Wort.

„Meinen sie die Zerknüllte hier? Soll ich noch ein paar zeichnen, falls sie mal wieder Wutausbrüche haben?", bot er sarkastisch an.
„Das war stundenlange Arbeit!" Sie wich einen Schritt zurück, sein Körper bebte. Ungewollt erinnerte er sie so an Luzifer. Wenn er sich nach vorne lehnte, vor Adrenalin und Mordlust zitterte, seine Augen wirkten dann immer viel röter.

Dann war er am gefährlichsten.
Zu rennen würde auch nichts mehr nützen. Er war so ein Monster!
Wo war nur der kleine Junge hin, mit dem sie immer fangen oder verstecken gespielt hatte? Der, den sie im Armbrust schießen immer besiegt hatte. Wohin war ihr Bruder verschwunden?

Der, der keiner Fliege etwas angetan hätte. Dieser Junge war tot und aus seiner Asche war Luzifer entstanden. Ein Wesen, blutrünstiger als jedes andere. Ein Monster, schlimmer als jedes andere.

Plötzlich spürte, dass sie selbst zitterte. Am ganzen Leib. So ein Ungeheuer konnte man nicht besiegen.
Konnte, kann und wird man auch nicht. „Leyna?", fragte der Künstler, der ihr Unwohlsein wohl bemerkt hatte und kam auf sie zu. Es war erstaunlich, wie schnell sein Blick sich von eiskalt zu einem sanftem himmelblau wenden konnte.
„So war das nicht gemeint. Ich verstehe schon, wie schwer es ist, so jung die größte Organisation gegen die Umbritor zu leiten. Setzen sie sich erst einmal.", schlug der Künstler vor und schob sie zu ihrem Stuhl.

Dankbar sank Leyna darauf und atmete die Luft stoßweise aus, spürte, dass sie sich langsam wieder entspannte. „Wissen sie, ich habe die Zeichnung eigentlich nur kreiert, weil mich die, die ich gesehen habe, nicht gefallen haben. Ich habe Luzifer einmal gesehen ich finde, er hat katzenhafte Züge.", redete er mit sanfter Stimme auf sie ein
Dann deutete er auf das Bild.

„Er ist wie ein Puma. Nicht nur wegen seinem Aussehen." Mit den Fingern fuhr er über die Wangen von dem Bild, zeigte wo er das katzige hineingebracht hatte.„Ich habe gehört er soll gut klettern können, dazu kommt, dass er ein guter Jäger ist und auch schnell. Alles passt zu einem Puma.", meinte er und Leyna musste ihm recht geben.

Das war ihr davor nie aufgefallen. „Siehst du in jedem Menschen ein Tier?", fragte sie den Blonden und zögernd nickte er.
„In den Meisten." Auf die Frage, wie er hieß, antwortete er dann knapp mit einem: „Color"
Der Künstler erklärte, dass ihn so seine engsten Freunde und Verwandten nannten.

Es war eine Anspielung auf seine Leidenschaft: das Malen. Leyna hörte ihm nur halb zu. Zu sehr war sie über den Fakt erstaunt, dass ihr Bruder wie eine Katze aussah.
Ein Puma? Wie passend ihr das erschien. Schließlich schlich sich ihr Bruder auch an seine Beute heran, als besäße er Pfoten, oder stellte sich wie ein mutiger Löwe seinen Feinden.

„Ich denke nicht, dass er nur ein Puma ist.", meinte Leyna und sah Color an. „Er wechselt von Raubkatze zu Raubkatze. Will er gegen jemanden kämpfen, ist er ein Löwe oder Tiger, jagt er, ist er ein Luchs oder Panther, muss er fliehen ist er ein Gepard und muss er sich verstecken, eine kleineWildkatze.", sagte sie und stütze sich am Tisch ab, während sie sah, wie es bei Color arbeitete.
„Sie haben Recht."
„Das habe ich doch immer.", lachte sie.
„Nein", behauptete er, hatte erstaunlich schnell wieder sein kaltes Gesicht aufgezogen.

„Sie haben sich schon oft geirrt. Und es wird nicht das Letzte mal gewesen sein.", sagte Color eiskalt und Leyna biss sich auf die Lippe, wollte keinen Wutausbruch kriegen.
Sie musste gefasst bleiben. Egal wie provokant er war.

„Was wollen sie jetzt von mir.", fragte der Blonde und lehnte sich an den Tisch. „Ich möchte 1000 von diesen Zeichnungen.", verlangte Leyna und deutete auf das Bild.
„Klar. Das macht dann 50 000 Taler."
Sie knirschte mit denZähnen. „Du willst also 50 Taler pro Bild?"
„Ich habe schon Bilder für das Doppelte oder mehr verkauft. Es ist ein gutes Angebot."
„Gib sie uns doch kostenlos. So hilfst du dem Allgemeinwohl."

„Vergessen Sie's. Das ist mein erstes und letztes Angebot. Ob es Ihnen gefällt oder nicht. Angebot und Nachfrage, Sie verstehen."
Leyna hätte ihm am liebsten eine reingehauen, aber sie musste ruhig bleiben. Annehmen konnte sie den Deal definitiv nicht. So viel Geld besaß die UJG nicht.

Längst nicht. Frustriert sah sie Color an, der sie überheblich angrinste. Es klopfte an der Tür.
Bevor Leyna ein „Jetzt nicht!", keifen konnte, bat Color die Personen herein. Leyna warf ihm einen „Das hast du nicht zu entscheiden"- Blick zu und wandte sich dann zu der Holztür.

Leander steckte seinen Kopf herein.
„Ich hoffe wir stören nicht, aber wir haben einen Zeugen gefunden.", sagte er und Leyna stellte fest, dass sie seine braunen Augen viel beruhigender fand, wenn sie klar und nicht vom Alkohol vernebelt waren.
„Nein. Alles gut. Kommt rein.", sagte sie und machte einen einladenden Wink, bevor sie Color einen scharfen Blick zu warf, der wirkte.

Er drückte sich am Tisch ab, schnappte sich seine Zeichnung und verließ wortlos den Raum.
Leyna erhoffte sich nun jemand netteren, als er zwischen den jungen Agenten einen älteren Mann sah.
Seine Haltung war gebeugt, sein Haar grau. Sie seufzte.

Ein Wahrsager.

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