Lektion eins

Joon's PoV:

Dieser Mistkerl! Warum? Warum, verdammt. Warum hatte er das gesagt? Ich dachte er liebt mich. Sauer wischte ich mir die Tränen weg. 'Was dich nicht zerstören kann, macht dich stärker', versuchte ich mir einzureden. Vorhin war ich nur traurig gewesen. Jetzt war ich wütend. Knurrend schlug ich gegen die Wand und wollte gerade die Treppe runterlaufen, als Matt seine Zimmertür öffnete und seinen Kopf hinaussteckte. "Alle okay?", fragte er mich und runzelte die Stirn. "Ja, alles in Ordnung.", sagte ich und zwang mich jeden Gedanken an Julien aus meinem Kopf zu verbannen. "So siehst du aber nicht aus?", stellte er fest und bevor ich noch was erwiedern konnte, zog er mich zu sich in das Zimmer hinein. "Streit?", fragte er und ich nickte nur ergeben. "Können wir über was anderes reden?", fragte ich ihn und er sah mich verständnisvoll an. "Wenn du willst, kannst du solange hier schlafen", bot er mir an und ich nahm dankbar an. "Hier!", er warf mir Shampoo und DuschDas zu, "Handtücher liegen im Bad" Konnte Matt Gedanken lesen? Das war genau das, was ich jetzt brauchte! Ich lief in das Bad und zuckte vor meinem eigenem Spiegelbild zurück. Tiefe Ringe zogen sich unter meinen Augen entlang, meine Haare fielen mir in fettigen Strähnen über das Gesicht und verheult sah ich auch aus. Ich klatschte mir erstmal kaltes Wasser ins Gesicht. Man, das tat gut! Bei den Handtüchern lagen auch noch Waschlappen, von welchen ich mir gleich eines schnappte, es ebenfalls mit kalten Wasser tränkte, mir aufs Gesicht legte und mich auf die Toilette setzte. Nur eine Minute! Das schwor ich mir und lehnte mich entspannt zurück. Nur eine Minute einfach friedlich dasitzen. Nur eine Minute.

Schüsse! So schnell ich konnte sprang ich auf und riss die Tür auf. Matt lag in seinem Blut auf dem Boden. Er starrte mich direkt an, aber sein Blick war leer. Er war tot. Erstickt schrak ich zurück. Ju! Ich musste zu Ju! Ich zwang mich, nicht mehr auf den leblosen Körper vor mir zu starren und hastete weiter. Die Tür zu Ju's Zimmer war nur angelehnt. Vorsichtig spähte ich durch den Spalt hindurch und sah ihn in meine Richtung kugend, vor Nick knien, der schräg vor mir stand. Dann sah ich die Pistole. Der Lauf war auf seine Stirn gerichtet. Ich konnte Nick lachen hören. Ich quitschte entsetzt auf. Ju's Augen fanden mich, eine Nanosekunde bevor der Abzug gedrückt wurde. Blut spritzte. Ich wollte schreien, sah mein Entsetzten, dass sich in seinem Blick wiederspiegelte. Dann sackte er weg und kam mit einem dumpfen Dong auf dem Boden auf. Seine Augen starrten jetzt genau wie Matt's Augen vorhin, tot. Blut sickerte aus dem Einschussloch von seiner Stirn und färbte den Teppichboden unter sich rot. Nick dreht sich zu mir um, Ju's Blut auf seinem Körper und mit einem Lachen auf seinen Lippen. Jetzt kam auf mich zu, den Lauf auf mich gerichtet. Aber anstatt eine Kugel abzufeuern, holte er mit dem Knauf der Pistole aus und ließ sie auf meinen Kopf niedersausen. 

Klatsch! Verdattert schaute ich auf und sah in Matt's Augen. Moment! "Du bist doch tot?! Genau wie Ju!",  stellte ich fest und ignorierte den Schmerz, der sich in meiner Wange ausbreitete. "Nicht ganz", erwiderte er und zuckte überrascht zusammen, als ich ihn stürmisch umarmte. Ju lebte also auch noch! "Geträumt?", fragte er, nachdem ich ihn wieder losgelassen hatte. Ich nickte, die Erinnerungen kehrten langsam zurück, und ich bemerkte den Waschlappen, welcher jetzt auf dem Boden lag. Ich bückte mich nach ihm. Also kalt beziehungsweise kühl war der schon lange nicht mehr. "Danke fürs Aufwecken!", rief ich ihm nach, als er eilig das Zimmer verließ. Ich glaube, ich hatte ihn verschreckt.

Nachdem ich geduscht hatte und mit nassen Haaren in unser Zimmer zurückkehrte, wartete Matt schon auf mich. "Hier!", sagte er und drückte mir Tabletten in die Hand, "damit kannst du durchschlafen." Misstrauisch beäugte ich die Packung. "Die ist nicht giftig, ich nehme manchmal auch welche", ermunterte er mich und zwinkerte mir zu. Und tatsächlich. Als ich die Packung öffnete, fehlten schon zwei Stück. "Danke", murmelte ich. Ich musste mir ernsthaft überlegen, wie ich mich für das alles revanchieren konnte "Echt man, danke.", sagte ich ernst und er grinste mich an. "Ich geh dann mal runter. Wir müssen noch so Polizeikram besprechen, wegen Sicherheitsvorkehrungen und so n Zeug.", er zwinkerte mir zu und schloss dann die Tür hinter sich. Unschlüssig was ich jetzt tun sollte, sah ich aus dem Fenster. Die Abenddämmerung hatte schon eingesetzt und bald würde es stokduster da draußen sein. Ich liebäugelte mit den Tabletten. Mein Körper fühlte sich echt etwas zerschlagen an. Ich seufzte. Wenn ich nicht tausend tote Jus in einer Nacht sehen wollte, sollte ich die wirklich mal ausprobieren. Sogar eine Wasserflasche stand auf dem Nachtkästchen des Doppelbetts. Ich wusste zwar nicht, ob die für mich bestimmt war, aber ich spülte die Tablette trotzdem damit runter. Das Leitungswasser hier war nämlich echt ekelhaft. Ich brauchte nicht lange auf die Wirkung zu warten, schon kurz darauf sank ich einen tiefen friedlichen Schlaf.


Ju's PoV:

Verzweifelt fuhr ich mir mit meinen Händen über das Gesicht und versuchte die Tränen zurück zu drängen, die sich anbahnten. Unruhig tigerte ich durch das Zimmer. Es wurde schon langsam dunkel, da knurrte mein Magen. Eigentlich war es Joon's Part nach Essen zu suchen, nicht meiner. Trotzdem lief ich runter in die Küche. Frau Schmitt, Nick und Matt konnte ich durch die geöffnete Verbindungstür im Wohnzimmer sehen. Sie saßen gerade über irgendeiner Skizze und besprachen sich. Ich räusperte kurz und sie schauten auf. "Ist was passiert?", fragte mich Frau Schmitt irritiert. "Äh nein. Ich hab nur Hunger?", ich fühlte mich richtig verfressen, als ich das sagte, aber gegen Hunger hilft nun mal nur eins. Nick kam zu mir in die Küche und schloss die Tür hinter sich. "Hier!", er warf mir einen Apfel zu, "Vitamine sind wichtig! Mrs Grenville hat uns einen Proviantkorb mitgebracht mit selbstgemachter Marmelade und Honig aus der eigenen Bienenzucht." Während ich genüsslich in meinen Apfel rein biss, staunte ich nicht schlecht was alles zum vorscheinen kam. Er nahm einen Teller und ein Messer aus dem Schrank und holte die eben gerade erwähnte Marmelade, wie den Honig aus dem Kühlschrank heraus, zauberte Brot hervor und stellt mir alles auf den kleinen Tisch im Raum, an den sich höchstens drei Menschen quetschen konnten. "Danke", murmelte ich verlegen und setzte mich. Nick ließ sich auf den Stuhl mir gegenüber plumpsen und musterte mich. "Dir scheint es ja nicht gerade gut zu gehen. Hat unsere Diva wieder mal roten Lippenstift ausprobiert?", grinste er frech und fast hätte er es geschafft, dass ich auch lächelte. Fast.  "Nicht ganz", murmelte ich, "aber ist ja jetzt auch egal." Er würde nie wieder ein Wort mit mir wechseln. Missmutig schaute ich auf das Essen und der Appetit verging mir. "Aber sag mal, wie kriegst du das ganze auf die Reihe? Ich mein wenn das stimmt was du erzählt hast, müssen die dich doch auch auf dem Kicker haben, oder nicht?" "Ja natürlich", stimmte er mir zu,"aber weißt du, ich hab auch eine lange Ausbildung hinter mir. Ich wurde ja darauf vorbereitet mit diversen Test, physisch wie auch psychisch. Die waren manchmal echt hart, aber jetzt bin ich gegen so ziemlich alles gewappnet." "Kannst du mir was davon beibringen?", fragte ich ihn, "ich wüsste echt gerne wie ich mich am besten verteidigen könnte und wie ich mich in manchen Situationen am besten verhalte. Mir ist klar, dass ich nicht genau so viel wie du in deiner Ausbildung lernen kann, aber die grundlegendsten Sachen vielleicht? Ich glaube das würde mir echt helfen und wäre auch eine gute Beschäftigung über den Tag." "Über den Tag? Du wirst einen Job in der Stadt annehmen müssen, um nicht aufzufallen. Da würde es eher mal nachts werden." Ich nickte ergeben. "Das ist okay, ich will einfach nur so gut wie es geht darauf vorbereitet sein, wenn sie uns wieder finden sollten." "Einverstanden, in dem Punkt kann ich dir helfen, aber das mit deiner Diva musst du alleine hinkriegen." Ich lächelte ich nur schwach an. Warum musste er jetzt damit wieder anfangen? "Wir sind nur Freunde okay?" "Ist klar" "Nein, echt. Und jetzt wahrscheinlich nicht mal mehr das." "Wieso?" "Ist besser so" "Glaub ich dir nicht. Nicht so fröhlich, wie du die ganze Zeit gugst." "Ich will nicht, dass er zu sehr da mit drin hängt." "Tut er schon." "Tut er nicht!" "Doch! Glaub mir, ich war bei denen. Denen ist es total egal mit wem du Sex hast. Solange sie ihnen nicht im Weg stehen ignorieren sie sie. Aber deine Diva hängt schon bis zum Hals mit drinnen. Spätestens, als er mit dir entführt wurde, hätte dir das klar sein müssen. Wäre er damals im Club nur stumm neben dir gestanden, hätten sie ihn damals nie mitgenommen." Ich starrte ihn an. Auf die Idee war ich noch gar nicht gekommen. "Meinst du?" "Ja, mein ich. Erste Lektion, stell deine Gefühle nie über deine Vernunft." "Wir hatten aber noch gar keinen Sex." "Zweite Lektion, erzähle niemals jemanden, denn du noch nicht gut kennst, etwas über dein Privatleben!"

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