Du wusstest nicht, was dich mehr ablenkte. Das frustrierte Seufzen deines Tischnachbars oder das seltsame Blubbern, welches aus dessen Kessel drang. Dein Blick huschte für einen Moment umher und blieb an Professor Slughorn hängen, der es sich scheinbar zur Aufgabe gemacht hatte, Lily Evans genau zu beobachten, die wiederum von James Potter eingeengt wurde. Seine Brillengläser waren angelaufen, da er sich über seinen eigenen Kessel gebeugt hatte, um seiner Mitschülerin etwas ins Ohr zu flüstern, das sie erröten ließ. Slughorn tadelte dies nur mit einem Grunzen und setzte anschließend seine Inspektion bei Remus Lupin fort. Beide standen mit dem Rücken zu dir, weshalb du dich unbemerkt dem Gryffindor neben dir zuwenden konntest.
Die graugrüne Pampe in seinem Kessel schlug unaufhörlich Blasen und blubberte seelig vor sich hin. Sirius Black sah keinesfalls aus, als würde alles nach Plan laufen. Dein Blick glitt rasch über die Zutaten, die er auf seinem Platz verteilt hatte und blieb an den Ingwerwurzeln hängen. Stirnrunzelnd hobst du eine Augenbraue, bevor du auf die verzauberte Uhr auf dem Lehrertisch schautest. Noch eine Stunde.
Nach einem letzten prüfenden Blick zu Slughorn lehntest du dich zu Sirius hinüber. "Du musst den Ingwer feiner schneiden, ansonsten löst er sich nicht richtig auf und sorgt für die schleimige Konsistenz", flüsterstest du. Überrascht sah er dich an, legte seinen Kopf schief und rang sich ein Grinsen ab. "Du weißt, dass das eine Prüfung ist?", gab er zurück und ließ seinen Kopf leicht kreisen, wobei sein Nacken ein beunruhigendes Knacken von sich gab. "Du weißt, dass ich dir nicht helfen müsste?", erwidertest du lediglich und wandtest dich wieder ab, um deinen Trank weiter zu rühren.
Innerlich zähltest du bereits bis drei, als du einen Finger an deiner Schulter bemerktest. "Ja?" Wieder glitt dein Blick erst zu Slughorn, bevor du wieder zu Sirius sahst. "In etwa so?" Er deutete nahezu verzweifelt auf die Ingwerwurzeln. Du konntest nur den Kopf schütteln. "Eher so" Rasch zogst du sein Brett zu dir, nahmst das Messer an dich und schnittest die feinen Streifen zurecht. Prüfend warfst du einen Blick in seinen Kessel, in dem es noch immer gefährlich blubberte. "Nimm die Hitze runter und fische mit einem Sieb die Fasern der Wurzel heraus. Wenn die Flüssigkeit klarer ist, gib die Streifen hinzu und noch ein bisschen mehr von der Gürteltiergalle", hauchtest du ihm zu, während du weiter in deinem Kessel rührtest. "Wie viele Skarabäen hast du bereits zermahlen?" Wäre die Situation nicht so ernst gewesen, hättest du glatt lachen müssen. Sein Gesichtsausdruck wechselte zwuschen Verwirrung, Frage, peinlicher Berührtheit und noch mehr Verwirrung. "Was für Skarabäen?" Wieder konntest du nur den Kopf schütteln und schobst ihm deine Schale zu. Darin befand sich ein silberschwarzes Pulver, das einen sanften Glanz aussandte. "Das sollte reichen und pass auf, dass es nicht zu heiß wird." Mit diesen Worten ließt du den verdatterten Sirius stehen und widmetest dich wieder deinem eigenen Trank.
Gerade noch rechtzeitig, denn Slughorn wandte sich in diesem Moment von Lupin ab und euch zu. "Noch eine halbe Stunde, meine Lieben", ließ er verlauten und beugte sich über deine Schulter. Angespannt hieltest du den Atem an und rührtest stoisch weiter in deinem Kessel, ohne deinen Blick abzuwenden.
Der Professor zuckte mit den Schultern, brummte etwas vor sich hin und wiederholte die Prozedur bei Sirius. Dessen Trank hatte nun eine ähnliche seidige Farbe wie dein eigener angenommen und ähnelte nicht mehr einer kochenden Schlammpfütze. Ein zufriedenes Lächeln huschte über deine Lippen.
"Ende der Prüfung. Bitte füllt eure Trankproben ab, etikettiert diese und stellt sie hier vorn ab. Dankeschön." Dein Stichwort. Ungeduldig hattest du die letzten Minuten mit dem gläsernen Fläschchen in deiner Hand ausgeharrt und auf diese Ankündigung gewartet. Sobald du dich erhoben hattest, leerte sich dein Kessel, eine Neuerung, um mögliche Betrugsversuche zu verhindern. Zusammen mit den anderen Schülern drängtest du dich nach vorn. Eine Fehlentscheidung, wie du feststellen musstest. Die Übereifrigen oder einfach nur Panischen rangelten um den knappen Platz und stießen sich gegenseitig aus dem Weg. Dabei wurdest auch du angerempelt. Erschrocken wie du warst, ließt du das Fläschchen fallen, das mit einem Klirren am Boden zerschellte. Ein leiser Aufschrei entfuhr dir und bestürzt schlugst du dir eine Hand vor den Mund.
"Miss. Y.L.N.? Würden auch Sie Ihr Ergebnis abgeben wollen?" Panisch blicktest du Slughorn an. "Ei...einen Moment bitte." Die Röte schoss dir in die Wangen und schließlich sahst du wieder weg. "Den Moment kann ich auch Ihnen nicht geben, Miss." "Lassen Sie mich dieses kleine Missverständnis aufklären, Professor Slughorn", ertönte hinter dir eine Stimme. "Ich wüsste nicht, welches Missverständnis es geben würde, Mister Black." Langsam erhob er sich und legte seine Stirn in Falten. "Deshalb kläre ich es auf." Sirius trat neben dich, ein charmantes Lächeln auf den Lippen. "Ich habe wohl nicht aufgepasst, dabei Miss Y.L.N. übersehen und ihre Probe auf den Boden befördert." Während seiner Erläuterung deutete er auf die glitzernden Scherben am Boden. "Ein Missverständnis, wie Sie sehen, Professor Slughorn und allein mein Fehler. Es wäre doch eine Schande, eine Unschuldige deshalb mit einem schlechten Ergebnisbzu strafen." Ungläubig sahst du zu Sirius. Sein Lächeln war eine Spur strahlender geworden und es wirkte fast so, als wöllte er Slughorn zu einem gemeinsamen Date überreden.
Dieser seufzte allerdings nur, brummte etwas in seinen blonden Schnurrbart und schaute dann wieder zu dir. "Dann will ich mal nicht so sein. Morgen Nachmittag kommen Sie bitte zu meinem Büro, dort können Sie ihre Prüfung nachholen, Miss Y.L.N.", meinte er dann und bewegte seinen fülligen Körper zum Ausgang. "Danke Professor", presstest du hervor, eiltest zu deinem Platz und packtest hastig deine Sachen zusammen. Die anderen hatten die Keller bereits verlassen und sich wahrscheinlich im Schloss verstreut.
"Danke" Du hattest am Abend auf Sirius gewartet. Fragend sah er dich an. "Vermutlich hast du meine Note gerettet", setztest du hinterher und lächeltest schief, während du unsicher deine Bücher umklammertest und zum Tisch der Ravenclaws blicktest, an dem bereits deine Freunde warteten.
"Beruht wohl auf Gegenseitigkeit", meinte er lediglich und grinste dich an. Du spürtest regelrecht, wie die Hitze deine Wangen erklomm und sahst deshalb weg. "Einer Lady in Not zu helfen war doch das Mindeste, das ich tun konnte, nachdem diese mich vor einem tödlichen Unfall wegen Zaubertrankmissbrauches bewahrte", fuhr er theatralisch fort und zwinkerte im gleichen Moment zwei kichernden Gryffindor-Mädchen zu. Du verdrehtest die Augen und sahst ihn doch wieder an. "Das war ein bisschen dick aufgetragen, Sirius" Du zucktest mit den Schultern, wandtest dich ab und liefst zu deinem Platz.
"Sie kennt meinen Namen." Die Stirn in Falten gelegt lehnte James sich vor und tippte gegen Sirius' Nasenbein. "Alles gut bei dir, Padfoot? Sieht nämlich nicht so aus, irgendwie schwerkrank", meinte er und warf einen fragenden Blick in die Runde. "Die Krankheit dürfte dir bekannt vorkommen, Prongs", warf Peter ein und grinste frech, während er ein Käsebrot in sich schob. "Wieso das denn?" Entgeistert ließ der Schwarzhaarige von der Nase seines Freundes ab. "Schwerer Fall von Verliebteritis, ausgelöst durch den guten alten Armor", ergänzte Remus Lupin, der mal wieder blasser und kranker wirkte, als sonst. "Was?" Die beiden sahen sich an und schüttelten ihre Köpfe. "Sirius ist verknallt." "Wer ist verliebt?" Lily Evans' roter Haarschopf schob sich zwischen die Jungs. Neben ihr nahmen zwei weitere Mädchen Platz. "Sirius" "Bis über beide Ohren?" "Voll und ganz!" "In wen?" "Die da" Erst der Schlagabtausch zwischen Peter und Lily ließ Sirius aus deiner Trance erwachen. "Stimmt doch gar nicht!" Remus hob eine Augenbraue. "Du hättest dich mal sehen sollen, als sie mit dir gesprochen hat. Glaub nicht, dass irgendjemand von uns nicht mitbekommen hat, wie sie dich durch die Prüfung gelotst hat", entgegnete Remus lediglich. Sirius wollte etwas erwidern, ließ seine Worte allerdings in einem Seufzen verstummen, als sein Blick wieder zu dir glitt. Schwerer Fall von Verliebteritis. Das traf es wohl ziemlich gut.
Seit jenem Tag waren bereits einige weitere vergangen. Du hattest dich wieder zurückgezogen und angefangen, für die nächsten Prüfungen zu lernen. Du warst kein Streber, auf keinen Fall. Du lerntest, um deinen eigenen hohen Ansprüchen gerecht zu werden und somit für alles Kommende gewappnet zu sein.
Mit einigen Schriftrollen und Büchern saßt du im Schatten eines Baumes etwas abseits des Sees. Eine angenehm kühle Brise machte die Hitze erträglicher und lockte damit viele Schüler nach draußen, die im Wasser Erfrischung fanden.
Seufzend legtest du deine Sachen beiseite. Bei dem steigenden Lärmpegel konntest du dich nicht mehr wirklich konzentrieren, weshalb du dich einfach zurücklehntest.
Ein Räuspern ließ dich aufschrecken und hastig wandtest du deinen Blick zu Sirius, der sich neben dir niedergelassen hatte und dich nun angrinste. Eine leichte Röte zierte deine Wangen und du schenktest ihm ein zartes Lächeln.
Sein Duft hüllte dich ein, eine Mischung aus Sommerregen, Tannennadeln und- Himbeerbrause?! Erst jetzt bemerktest du, dass seine Haare feucht waren und aneinanderklebten.
"Soll ich überhaupt danach fragen?", brachtest du hervor und deutetest mit einem Nicken auf ihn. Sein Grinsen verblasste einen Moment, bevor es noch breiter wurde und dir damit regelrecht kleine Stromstöße durch den Körper schickte, die deinen Magen angenehm kribbeln ließen.
"Es gibt da dieses echt abgefahrene Muggel-Zeug", begann er und leckte sich leicht über die Lippen, als könnte er dadurch noch etwas von dem süßen Getränk aufnehmen. "Peter hat es mitgeschmuggelt und Moony hat auch noch mitgezogen." Fragend hobst du eine Augenbraue und fordertest ihn stumm mit deinen Blicken auf, weiterzuerzählen. Doch er kam nicht dazu, denn die anderen Rumtreiber unterbrachen euch mit lautstarkem Gelächter. Remus ließ sich auf deiner anderen freien Seite nieder, neben den sich wiederum Peter setzte und James platzierte sich eher lautstark bei Sirius. Dass er sich fast auf seinen besten Freund gesetzt hätte, war anscheinend zur Normalität geworden. Auch James' Haare klebten aneinander, scheinbar war er Opfer des gleichen Streichs geworden wie Sirius.
"Du warst doch nicht gerade dabei, von unserer Niederlage gegen die Muggeltechnik zu erzählen, oder?", platzte James gespielt ernst heraus, musste dann allerdings grinsen. Wieder hobst du nur eine Augenbraue, bis Remus sich erbarmte, und die begonnene Geschichte fortsetzte.
"Also eigentlich hat Pete nur Himbeerbrause ausgepackt und ich bin auf die Idee gekommen, die Flaschen zu schütteln." Jetzt musste auch Peter breit grinsen, wofür er von Sirius einen Schlag kassierte, der sich über dich gelehnt hatte.
"Den Rest kannst du dir sicherlich denken. Die Limonade ist ihnen regelrecht entgegengeschossen und sie wollten uns nicht glauben, dass man das Zeug sofort auswaschen muss", beendete Remus, weiterhin mit dem frechen Grinsen im Gesicht, das feine Grübchen hervorrief.
"Überlistet von einer Muggel-Taktik", meinte James bedauernd, zuckte mit den Schultern und zog sich sein Shirt in einer fließenden Bewegung über den Kopf. "Egal!", setzte er hinzu und lief jubelnd in Richtung See. Auf halber Strecke blieb er stehen, kratzte sich am Kopf und drehte noch einmal um.
"Er lernt es nie", flüsterte Peter dir zu. Gerade als du nach einer genaueren Erklärung fragen wolltest, kam James bei euch an, legte seine Brille ab und sprintete wieder zum Wasser. "Jup", stimmte Remus zu, der seine Krawatte lockerte und dann samt Hemd abnahm, um James wesentlich langsamer zu folgen. "Stimmt wohl", pflichtete Sirius Peter bei, der sich nun auch auf den Weg machte und nach einem Aufschrei abtauchte.
Im Gegensatz zu seinen Freunden blieb Sirius bei dir sitzen und legte beinahe beifällig seine Hand zwischen euch. Langsam und schweigend griffst du nach der Hand und rücktest etwas näher an ihn. Langsam aber sicher hattest du dich scheinbar in ihn verliebt. "Du riechst nach Zucker", hauchtest du wenig schmeichelhaft und wurdest etwas rot. Ein raues Lachen erfüllte die Luft und lockerte die nahezu elektrisiernde Spannung zwischen euch etwas. Das verräterische Kribbeln in deinem Magen breitete sich jedoch langsam auf deinen gesamten Körper aus und ließ deine Augen regelrecht glitzern.
Sirius lehnte sich zu dir. Sommerregen und Tannennadeln hüllten dich ein, zusammen mit einem leicht herben Geruch, der ebenfalls von Sirius ausging. Sein Blick war fest auf dich geheftet und wanderte immer wieder zwischen deinen Augen und deinen Lippen umher. Eine leise Stimme in dir warnte dich vor dem nun nahezu Unausweichlichen. Er würde dich augenblicklich von der Bettkante stoßen, wenn eine andere Möglichkeit an ihm vorbeistolzierte.
Der Gryffindor näherte sich dir noch ein Stück, verharrte allerdings vor deinen Lippen. Er überließ dir die Entscheidung, gab dir die Zügel in die Hand. Sein Daumen strich sanft über deine Hand und sandte damit wieder diese kleinen Stromstöße aus. Diese Mischung aus elektrisiernden Gefühlen, brausepulverähnlichem Kribbeln und seinem, dich einschließenden, Duft veranlasste dich dazu, eure Lippen zu vereinen.
Es ist falsch, schoss es dir als erstes durch den Kopf. Es ist das einzig Richtige, war der zweite Gedanke. Doch wenn es sich so gut anfühlte, konnte es da falsch sein? Seine Lippen fühlten sich rau und gleichzeitig irgendwie weich auf deinen an. Sanft, beinahe vorsichtig bewegte er die seinen und fuhr mit einer Hand durch deine Haare.
Vielleicht wirkte es unschuldig, doch in diesem Moment warfst du dies über Bord, all deine Zweifel und Ängste. Du wolltest ihn, wolltest an seiner Seite bleiben und ihn nie mehr gehen lassen.
Eure kleine Ewigkeit wurde vom nahenden Lachen der drei Rumtreiber unterbrochen. Als würde eine Blase zerplatzen, ein Glas am Boden zerschellen, zucktet ihr auseinander. Eine leichte Röte schoss Sirius in die Wangen, während er sich am Hinterkopf kratzte. Süß, irgendwie.
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