Thranduil

Dir ging es nicht gut, das wusstest du, seitdem du aufgestanden warst. Es war, als würde eine dunkle Wolke über dir hängen, die dich mehr und mehr zu Boden drängte und damit drohte, dich zu ersticken. Der Grund dafür war gleichermaßen simpel wie verletzend. Du hattest dich mit deinem besten Freund gestritten. Ihr beide kanntet euch seit einigen Jahren und harmoniertet seit eurem ersten Tag miteinander. Womöglich kannte er dich besser als du dich selbst, genau wie du ihn. Es war beinahe kitschig, wie gut ihr euch ergänztet, ohne etwas voneinander zu wollen.

Mit einem lauten Seufzen schobst du die Gedanken beiseite. Es war nicht einfach für dich, einen Tag ohne ihn zu verbringen. Zwar hattet ihr euch in den letzten Tagen eher selten gesehen, doch die kurze Zeit immer genutzt. Jetzt war es anders. Du wusstest nicht, wie lange dieses kalte Schweigen andauern oder ob es jemals enden würde. Vielleicht war es diese Überlegung, die alles so schwer machte, diese Ungewissheit, die an dir nagte und dich innerlich zerfraß.

Entnervt schütteltest du den Kopf, sodass deine Haare um diesen wirbelten und schließlich wieder zu einem dichten Vorhang zurückfielen. Du brauchtest Luft, andere Luft, Freiheit. Entschieden verließt du dein Zimmer über den schmalen Balkon des Palastes und schwangst dich in die nahstehenden Bäume. Mittlerweile waren dir diese hohen Pfade so vertraut, dass du sie mit verbundenen Augen gehen könntest. Du wusstest, welche Äste morsch waren und wie weit du ungehindert laufen konntest. Spielerisch trug der hölzerne Untergrund dein Gewicht und schwang leicht unter deinen sicheren Schritten. Das war die Freiheit, deine Freiheit und sie gehörte nur dir. Mit niemandem musstest du das hier teilen, schließlich gehörte es bereits jedem. Und doch wusste keiner hiervon.

Mit Leichtigkeit erklommst du die hohen Baumspitzen und erreichtest nach einigen Minuten dein Ziel. Eine alte Eiche bot mit ihren wuchtigen Ästen und dem dichten Blätterdach genügend Schutz vor neugierigen Blicken und ermöglichte dir gleichzeitig ungehinderte Sicht. Rasch setztest du dich und lehntest dich an den breiten Stamm. Aber selbst in dieser Höhe kreisten deine Gedanken nur um die Tiefen eurer Auseinandersetzung, die Tiefen deiner Einsamkeit. Frustriert schlugst du auf den Stamm ein, sodass deine Fingerknöchel knackende Geräusche von sich gaben. Als schließlich dünne Rinnsale deines Blutes über die Hände glitten, hieltest du inne und verliehst deinem Gefühlschaos in einem Schrei Ausdruck. Angst, Wut, Bedauern, Mitleid, Verwirrtheit. All das und noch viel mehr schwirrte durch deinen überdrehten Kopf und vernebelten deine Sinne.

So bemerktest du erst spät die warme Hand auf deiner bebenden Schulter. Merklich verspanntest du dich und drehtest dich hastig um. Blaue Augen starrten dich unverwandt an, sodass du das Gefühl hattest, dein Innerstes nach außen zu kehren. Das weißblonde Haar des Elbenprinzen wehte im vorbeiziehenden Wind und legte sich schließlich wieder.

"Ob es dir gut geht, muss ich wohl nicht fragen." Bei seinen Worten hobst du nur eine Augenbraue und setztest dich schließlich wieder schweigend. "Wegen ihm?" Auch diese Frage löste sich in Luft auf, als du die erste Träne auf deiner Wange freien Lauf ließt. Nervös kautest du auf deiner Unterlippe, eine nervige Angewohnheit, die ihn jedoch immer zum Schmunzeln gebracht hatte. Rasch verdrängtest du den Gedanken an deinen besten Freund und sahst Thranduil schließlich an. "War ich sehr auffällig?" Der Elb lächelte knapp. "Wie man's nimmt. Der Schrei und die Schläge haben dich enttarnt." Vorsichtig setzte er sich neben dich und legte einen Arm um deine Schultern. Somit wurdest du automatisch näher an seinen muskulösen Körper gedrängt. Unmerklich kuscheltest du dich leicht an ihn und legtest deinen Kopf auf seiner Schulter ab.

"Wieso hasst er mich dafür, dass ich ihm helfen will?" Diese Frage schwirrte seit gestern durch deinen Kopf und nahm nun noch mehr Raum ein. "Wieso hasst er mich für das, was ich bin?" Letztendlich gabst du dich deinen Schluchzern hin und vergrubst dein Gesicht an seiner Halsbeuge. Schweigend strich Thranduil über deinen Rücken und lauschte den Brocken, die du ihm erzähltest.

Irgendwann zogst du deine Beine an, setztest dich auf seinen Schoß und lehntest dich an seine warme Brust. "Niemand hasst dich, Kleine, absolut niemand." Sanft hauchte er einen Kuss in deinen Nacken und zog dich näher zu sich. "Er ist ein Idiot, das darfst du nicht vergessen. Das war er schon immer und wird er immer sein." Du nicktest nur. Doch auch wenn dieser Idiot dich mehr Nerven kostete, als du jemals freiwillig opfern würdest, war er doch dein bester Freund.

"Danke" Dann drehtest du dich um und küsstest Thranduil sanft. Liebevoll strich er die restlichen Tränen von deinen Wangen und fuhr dann vorsichtig mit seinen Fingern durch dein Haar. Kurz blicktest du in seine Augen und fandest dort, was du jahrelang vergeblich gesucht hattest. Akzeptanz. Akzeptanz, die du für dich brauchtest, um dich selbst verstehen zu können.


Tut mir leid, falls dieser OS nicht wie gewünscht ist, aber ich habe mein Bestes gegenen. Ich hoffe, er gefällt trotzdem. Wünsche und Ideen könnt ihr gern in dem Kommis hinterlassen ^^

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