Legolas

Er faszinierte dich, das stand für dich fest. Der große, blonde Elb mit den kalten Augen. Du wusstest nicht genau, was es war, das dich so fesselte, aber es war anziehend, äußerst anziehend.

Vor einigen Tagen war er in Begleitung eines rothaarigen Zwerges, eines Waldläufers und eines Zauberers nach Edoras gekommen und hatte seitdem nur Unglück über dein Volk gebracht. Kurz bevor sie anreisten, war Theodret, der geliebte Sohn des Königs, im Kampf gestorben. Nur wenig später hatte König Theoden befohlen, nach Helms Klamm zu reisen, um sich von dort aus Sarumans Truppen zu stellen.

In jener Schlacht hattest du deinen Bruder verloren. Er war kaum älter als fünfzehn Winter gewesen und somit für dich noch ein Junge. Noch immer brach es dir das Herz, an ihn zu denken. Auch dein Vater hatte sein Leben in jenem Kampf verloren, weshalb du nun für drei arbeitetest.

Seit Morgengrauen schuftetest du in den Ställen des Königs, säubertest die Boxen und striegeltest die Pferde, bis sie glänzten. Klar, du liebtest diese Arbeit, doch es reichte bei Weitem nicht, um dich, deine Mutter und die kleinen Zwillinge zu ernähren.

Erschöpft lehntest du dich gegen einen verstaubten Balken und stießt einen frustrierten Laut aus. Du wolltest von hier fort, die Welt sehen und etwas erleben, doch dafür lebtest du in der falschen Zeit unter falschen Umständen. Keiner würde dir eine Chance geben, kein fahrender Händler dich mitnehmen, um deine winzige Welt etwas zu vergrößern. Einmal ganz zu schweigen davon, dass du deine Familie nicht allein lassen konntest. Es war ein Teufelskreis, den du verfluchtest, schon beinahe mehr, als den blonden Elben, der sich nun wieder in deine Gedanken stahl.

"Nein, nein, nein! Geh raus aus meinem Kopf!" Mit jedem Wort stießt du mit deiner Stirn gegen den alten Balken, der dabei ein bedenkliches Knarren von sich gab. Aber je mehr du es versuchtest, desto öfter sahst du ihn vor dir: Groß, elegant und in deinen Augen fehlerfrei. Für dich war er perfekt, was dich nur noch mehr frustrierte. Keiner sollte das sein, das wusstest du. Also eigentlich.

"Ach verdammt!" Genervt nahmst du einen Besen an dich und kehrtest die Stallgasse. Staub umwirbelte deine Füße und bald begannst du zu husten. Einige Strähnen hatten sich aus deinem Zopf gelöst und hingen nun in deinem verschwitzten Gesicht.

Du lehntest den Besen gegen eine Boxentür und verließt den Stall, um am Brunnen Wasser zu holen. Mittlerweile dämmerte es bereits, doch deine Arbeit war noch nicht erledigt und du wusstest, dass du eher nicht zum Fest gehen konntest. Ob du das wolltest war dahingestellt, aber deine Mutter wollte dich in den sicheren Händen eines Mannes wissen und am besten eignete sich ein solches Fest dafür.

Seufzend befülltest du deine Eimer und schlepptest diese wieder zurück. Den Blick auf den Boden geheftet, bemerktest du den Mann vor dir nicht. "Verdammt!" Entgeistert starrtest du die umgefallenen Eimer an und versuchtest, wenigstens ein bisschen Wasser zu retten.

"Verzeihung" Er beugte sich zu dir und sammelte die Eimer auf.

"Mein Herr Aragorn, ich bitte Euch. Überlasst das mir." Du neigtest rasch deinen Kopf und nahmst ihm die Eimer ab.

"Du kennst mich?" Überrascht sah er dich an und hob mit zwei Fingern dein Kinn an. Unwohl wichst du seinem Blick aus.

"Jeder kennt Euch hier, mein Herr, Euch und Eure Gefährten, ebenso wie die Halblinge." Du zogst dich etwas zurück und stelltest dich wieder hin.
"Ihr habt uns gerettet." Und das Blut unserer Leute an Euren Händen kleben, fügtest du in Gedanken hinzu.

"Werde ich dich heute auf dem Fest sehen. Ich bin mir sicher, dass Einige sich sehr über deine Anwesenheit freuen werden." Du wandtest dich ab und gingst wieder zum Brunnen. "Ich bezweifle, dass ich es schaffen werde, bis dahin meine Aufgaben zu erledigen, mein Herr."

Aus dem Augenwinkel sahst du, wie er stumm nickte, dann jedoch auf dich zulief. "Soll ich dir helfen?" Seufzend befülltest du die Eimer erneut und hievtest sie dann zu dir. "Nein danke, mein Herr, ich komme klar." Noch einmal neigtest du deinen Kopf, dann eiltest zurück zum Stall.

Aragorn sah dir hinterher und blickte dann in die Sterne. Das war also das Mädchen, welches Legolas so aufgefallen war. Ein Seufzen huschte über seine Lippen. Das konnte schwierig werden.

Der Mond sandte bereits sein kaltes Licht zu dir hinab, als du hinter dir die Stalltüren schließen konntest. Du strecktest dich ausgiebig und klopftest dir groben Staub von den Sachen. Wie so häufig schmerzte nicht nur dein Nacken, sondern auch dein Rücken.

"Eine klare Nacht, nicht?" Erschrocken zucktest du zusammen und fuhrst herum. Mit einem Mal schlug dein Herz schneller und hastig strichst du dir die Haare aus dem verschwitzten Gesicht. "Mein Herr Legolas"

Noch bevor du den Kopf neigen und deinen Blick senken konntest, legte er einem Finger unter dein Kinn. "D.N., richtig?" Schüchtern nicktest du.

"Wollt Ihr etwas von mir?" Ein Glück konnte er im Dunkeln die intensive Röte in deinen Wangen nicht erkennen, zumindest hofftest du das. "Tatsächlich habe ich eine Bitte. Hättest du etwas dagegen, mich ein Stück zu begleiten?"

Überrascht konntest du nicht antworten und sahst ihn einfach nur an. Ein kurzer Ausdruck von Belustigung, abgelöst von Neugier huschte über sein Gesicht. "D.N.?" Zögerlich brachtest du ein Nicken hervor und lächeltest schüchtern.

"Kennst du einen ruhigen Ort in der Nähe?" Im nächsten Moment scholt er sich selbst für seine Formulierung. Auch du musstest etwas lächeln. "Ein ruhiger Ort, während alle in den Hallen versammelt sind? Oder ein generell ruhiger Ort?"

Er rang sich ein Lächeln ab und sah dich auffordernd an. "Ich glaube, ich habe eine Idee." Du warfst einen hastigen Blick über deine Schulter und liefst dann los. Ruhig folgte er dir zu einem kleinen Baumhaus am Rande eines Wäldchens.

"Hier kommt keiner hin." Nicht mehr. Elegant klettertest du die knarrenden Stufen hinauf, die an den Stamm genagelt waren.

Wenig später saßt ihr dicht beieinander auf einer schmalen Plattform und saht zu den Sternen hinauf. Irgendwann hattest du den Kopf auf seine Schulter gebettet und lauschtest seinen Geschichten. Doch auch er zeigte reges Interesse an dir und lachte über Erzählungen deiner Kindheit.

"Warum schuftest du für zehn im Stall?" Die plötzliche Frage überrumpelte dich und du verspanntest dich. "Tut mir leid, ich war unsensibel."

Seufzend sahst du ihn aus traurigen Augen an. "Nimmst du es mir übel, wenn ich es dir nicht heute erzähle?" "Nein, warum sollte ich?" Dankbar lächeltest du und richtetest dich auf.

"Ich glaube, ich sollte zurück. Meine Mutter macht sich sicherlich schon Sorgen." Auch Legolas stellte sich nun hin. Er überragte dich um gut einen Kopf und sah dir intensiv in die Augen.

Dein Herz schlug so schnell, dass du glaubtest, er könnte es hören. Erst jetzt fiel dir eure Nähe auf, die Wärme, die sein Körper abstrahlte und die Angespanntheit, die zwischen euch herrschte. Und mit jedem Schlag deines Herzens wurde dir klar, was du in seinen Augen erkanntest. Es war die Spiegelung deiner Gedanken der letzten Tage.

Er hatte Angst. Angst, jene zu verlieren, die er an sich heranließ.

Bevor du reagieren konntest, zog er dich an sich und vereinte eure Lippen in einem sehnsüchtigen Kuss. Überrumpelt erstarrtest du, erwidertest dann aber vorsichtig, bevor du deine Arme um seinen Hals schlangst.

Liebevoll bewegte er seine Lippen gegen deine und streicht deine Arme entlang. Eiskalter Nachtwind umspielte euch, sodass du unvermittelt frösteltest. Langsam löste er sich von dir und strich eine Haarsträhne hinter dein Ohr.

"Ich glaube, ich sollte... Wir sollten... Ich..." "Ja" Lächelnd machte er dir Platz, sodass du die Stufen hinabsteigen konntest.

Gemeinsam schlendertet ihr in die Nähe der ersten Häuser. "Sei vorsichtig, D.N." Du nicktest, hobst deine Hand zum Abschied und verschwandest in der Dunkelheit.


So, jetzt ist auch endlich dieser OS fertig... Ich hoffe, er gefällt euch. Lasst gern Kommis da

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