Klaustrophobie #Dizzi
Thema: Klaustrophobie
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Klaustrophobie
PoV: Felix
Das ist mein Job.
Das ist mein Job.
Jeden Tag aufs Neue versuche ich mir das einzureden, um mein Gewissen zu beruhigen. Manchmal funktioniert es und manchmal nicht.
Heute funktioniert es nicht. Heute bin ich mal wieder kurz davor alles hinzuschmeißen und einfach abzuhauen. Irgendwo hin, wo sie mich nicht finden können. Die Frage ist nur, gibt es so einen Ort überhaupt noch? Die Antwort lautet Nein. Nirgends bin ich mehr sicher vor ihnen. Und das heißt, ich muss bleiben, muss weiterhin ihre Drecksarbeit erledigen.
Muss mich weiterhin bei jedem erledigten Auftrag strafbar machen...
Wie lange ich wohl noch unentdeckt bleiben kann? Sicher nicht mehr lange... Meine Taten, die von ihnen gelenkt werden, füllen die Zeitungen, gehen durch die Nachrichten und versetzen halb Deutschland in Panik. Man spricht von dem Schatten. Ein Schatten, der mit der Dunkelheit verschmilzt und gnadenlos zuschlägt. Der jeden Monat ein neues Opfer fordert, das man dann nie wieder sehen wird. Das bin ich. Ich bin der Schatten.
Wie kann ich nur so tief gesunken sein? Ich entführe unschuldige Menschen, nur um nicht selbst ihr Schicksal erleiden zu müssen.
Ich bin ein Monster...
Mein Handy klingelt.
Ich ziehe es aus meiner Hosentasche und werfe einen flüchtigen Blick auf das Display. Mir stockt der Atem. Ein neuer Auftrag... Ein neues Opfer... Wen hat es diesmal getroffen?
Ich öffne die Nachricht und beginne zu lesen. Es sind nicht wirklich viele Informationen - das sind es nie -, doch es reicht für meine Zwecke. Ich betrachte das beigefügte Foto meines Opfers. Es ist ein Mann, relativ klein wie es scheint, mit braun blonden, kurzen Haaren und einem freundlich aussehenden Gesicht. Sofort verstehe ich, warum ausgerechnet er von ihnen ausgesucht worden ist.
Ich kopiere eben noch schnell die genannte Adresse auf einen kleinen Zettel, dann knalle ich mein Glas auf den Tisch, lege den passenden Betrag daneben und verschwinde dann so unauffällig wie ich gekommen bin aus dem stickigen Club.
Angenehm kühl füllt sich meine vom Rauch- und Alkoholgeruch strapazierte Lunge mit frischer Nachtluft. Kurz nehme ich mir einen kleinen Augenblick, um einmal richtig durch atmen zu können, dann mache ich mich mit gesenkten Kopf und lautlosen Schritten auf in Richtung Parkplatz, wo ich mein Auto geparkt habe, einen schwarzen Mercedes. Schon aus mehreren Metern Entfernung schließe ich ihn auf und steige dann schließlich ein.
Der Sitz ist kalt, die Windschutzscheibe beschlagen.
Schnell drehe ich die Heizung auf und warte, bis ich endlich wieder etwas sehen kann und das Auto endlich eine humane Innentemperatur annimmt. Dann fahre ich los.
Die Straßen wirken wie ausgestorben, in nur wenigen Fenstern brennt noch Licht. Alles ist still, nur das Brummen meines Mercedes ist zu hören. Seine Scheinwerfer zerteilen die Dunkelheit und ermöglichen mir eine gute Sicht auf meine Umgebung.
Nach einem prüfenden Blick auf den kleinen Zettel biege ich an der Ampel nach links ab und übersehe dabei gekonnt, dass es eigentlich rot ist, aber es ist ja sowieso keiner da, auf den ich hätte Rücksicht nehmen müssen.
Mit jedem Meter, den ich meinem Ziel näher komme, werde ich nervöser. Mein Herzschlag beschleunigt sich und krampfhaft klammere ich mich ans Lenkrad, so dass meine Fingerknöchel weiß hervor treten.
Ich weiß, was gerade passiert, beziehungsweise was gleich passieren wird. Ich werde ein vermutlich glückliches Leben einfach so zerstören, werde einem Menschen etwas absolut unmenschliches antun, denn obwohl ich nicht der Kopf der ganzen Sache bin, ich mache da dennoch mit.
Ich stoppe. Ich bin da.
Vor mir baut sich ein Mehrstöckiges Bürogebäude auf. Alle Fenster sind schwarz, nur aus einem flackert noch schwaches Licht. Dort ist mein Opfer, ich bin mir sicher. Mir ist zwar schleierhaft, warum man noch so spät in der Nacht arbeiten sollte, doch ich darf nichts hinterfragen.
Für mich heißt es nun warten. Warten bis mein kleines Schnuckelchen beschließt, auch endlich mal nach hause zu gehen. Doch dort wird er nie ankommen, dafür habe ich Sorge zu tragen.
Ich schalte den Motor aus und lehne mich im Sitz zurück. Nun ist alles ruhig und dunkel. Nun ist die wahre Nacht da. Ein Blick durchs Fenster zeigt mir jedoch, dass noch etwas fehlt: die Sterne. Kein einziger besprenkelt den dunkelblauen Himmel und auch fehlt der Mond. Die Wolken hängen heute einfach zu tief und dick dafür.
Gerade überlege ich, ob ich es riskieren könnte, das Radio einzuschalten, da geht das Licht im Fenster aus. Sofort in Alarmbereitschaft versetzt schnalle ich mich ab und steige aus. Die Autotür lasse ich auf, doch ebenso öffne ich den Kofferraum.
Ein beklemmendes Gefühl wächst in mir heran, während ich mich in den Schatten neben der offiziellen Eingangstür stelle und erneut warte, dass mein Opfer heraus kommt. In der Hand halte ich ein Stück Stoff, um die Schreie zu ersticken. Waffen trage ich keine mit mir. Erstens weil ich bei einer möglichen polizeilichen Kontrolle unauffälliger wäre und zweitens, weil sie ihre "Waren" immer unverletzt haben wollen. Mit meiner Größe sollte es aber für mich kein Problem sein den Kleinen zu überwältigen.
Ich nehme eine Angriffpose an, als ich etwas von drinnen höre und ich behalte Recht: Nur wenige Sekunden später wird die Tür geöffnet und der Mann tritt hinaus. Ich lasse ihn noch ein paar Meter gehen, so dass ich nun hinter ihm bin, dann greife ich an. Verzweifelt versucht er sich zu wehren, doch natürlich hat er nicht die geringste Chance gegen mich. Zu oft habe ich dieses Prozedere schon erlebt, als das ich noch irgendwelche Fehler machen könnte.
Mein Überfall dauert nur ungefähr eine Minute, ging absolut lautlos vonstatten und ist unauffällig gewesen. Besser geht es nicht.
Nun habe ich einen fremden Mann in meinem Kofferraum, der keinen Laut machen kann, da er geknebelt ist. Ich werde ihn ihnen ausliefern und mein Job wird erledigt sein. Ich werde nach hause und ins Bett gehen und einen halben Monat Ruhe haben.
Dann wird alles von vorne beginnen.
Ich fahre aus der Stadt hinaus und auf die leere Landstraße drauf. Am liebsten würde ich mich nun auf meine Route konzentrieren, doch ich kriege das irgendwie nicht hin. Mein "Gast" hindert mich daran. Im Kofferraum rumpelt und rumort es als hätte ich dort drei Katzen und eine Maus drin. Auch glaube ich erstickte Hilferufe wahrzunehmen.
Ich will es nicht wahrhaben, doch ich kann es nicht leugnen: Mir tut der Mann ehrlich leid. Es erschien mir unmöglich, doch nun ist es soweit. Ich habe Mitgefühl. Tränen steigen mir in die Augen und lassen meine Sicht verschwimmen.
Genervt, aber vor allem unglaublich verwirrt lege ich eine Vollbremsung auf offener Straße hin, ohne an die Folgen zu denken oder wie schmerzhaft das für den Mann im Kofferraum gewesen sein muss. Verzweifelt schlage ich mit der flachen Hand auf das Lenkrad. Verdammt, das ist doch kein Leben! Ich kann so doch nicht ewig weiter machen!
Wieder Schreie von hinten.
Ohne noch lange zu Überlegungen steige ich aus. Die Tränen in meinen Augen brennen stark in der kalten Luft, doch es ist mir egal. Irgendeine Sicherung in meinem Kopf ist gerade durchgebrannt.
Ich renne ums Auto herum und reiße den Kofferraum auf. Erschrocken sehe ich auf mein Opfer herunter. Sein Gesicht ist Tränen überströmt und er zittert am ganzen Körper. Der Knebel muss ihm aus dem Mund gerutscht sein, jedenfalls hängt er nun um seinen Hals.
Was habe ich getan?
Meine anderen Opfer ging es doch nicht so extrem dreckig, oder?
Ich bin gerade unglaublich überfordert, weiß nicht, was mit mir los ist. Warum fahre ich nicht einfach weiter? Die anderen waren mir doch auch immer egal. Warum also er hier nicht? Vielleicht habe ich genug, vielleicht habe ich endlich erkannt wie falsch ich die letzten Jahre doch immer gehandelt habe.
Ich blinzel ein paar Mal und es kommt mir so vor, als würde ich immer klarer sehen und plötzlich weiß ich genau, was ich tun muss.
Sanft fange ich an zu lächeln. Nach so langer Zeit des Verstecken unter einer Maske fühlt es sich unwahrscheinlich gut und richtig an. Vorsichtig strecke ich dem Mann meine Hand hin, um ihn raus zu helfen. Er ergreift sie sofort.
Warum? Warum möchte er so dringend aus meinem Auto, dass er dafür sogar seine Angst vor seinem Entführer überwindet? Und er hat Angst vor mir, das sehe ich in seinen Augen.
Er steht nun direkt vor mir und ringt nach Luft und da wird es mir klar: Klaustrophobie. Dieser Mann hat Klaustrophobie. Platzangst. Das Gefühl in engen Räumen zu ersticken. Mein schlechtes Gewissen verstärkt sich noch mehr. Diese Fahrt muss so schrecklich für ihn gewesen sein...
Ich fasse einen Entschluss. Ich kann ihn nicht ausliefern und ich kann auch andere nicht mehr ausliefern. Aber er kann nicht einfach zurück; ich auch nicht. Daraus folgt für mich nur ein einziger Lösungsweg.
Sanft, aber bestimmt lege ich dem Kleinen einen Arm und die Schultern und lotse ihn in Richtung Beifahrersitz. Er wehrt sich nicht, weiß, dass er zu Fuß sowieso nicht vor mir fliehen kann und der Beifahrersitz schon viel besser ist als der Kofferraum. Ich setze mich hinters Steuer und starte den Motor.
Wir haben nun eine lange Reise vor uns, genug Zeit also, um meine Beweggründe zu erklären. Ich reiße das Lenkrad herum, die Reifen quietschen.
Auf geht's...
Mit Vollgas wird nun ein neues Leben gestartet.
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Sterneneule out
Written by Sterneneule
Tiz: "Nicht wundern, ab den zweiten OS dürfen auch normale Ships verwendet werden ^^ I luv it souuuu vielllllll!"
Hochachtungsvoll
-Notizbuch-
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