08-09.1889
Ich schaue quer über die Fläche. Fluchend suche ich weiter.
Da sehe ich an der Vulkanwand den Wolf Marco. Er wird von den Wölfen von Leon in die Ecke und an die Wand gedrängt. 'Ich komme!', rufe ich Marco zu und renne zu ihnen. Schützend stelle ich mich vor ihn. Leons Wölfe knurren bedrohlich.
Solange ich Marco beschützen kann, ist es mir egal ob ich sterbe oder nicht.
Und jetzt kommt auch noch die Sonne.
Ich spüre einen Schmerz. Und alles wird schwarz.
'Sie ist wach.', sagt jemand. Eigentlich ist diese schwärze bequem. Ich will dort bleiben. Doch dann schüttelt mich jemand. Ich muss aus der Dunkelheit gehen. 'Wach auf!', fordert mich jemand verzweifelt auf. Ich höre es direkt an meinem Ohr. Poison.
Ich öffne keuchend die Augen und setze mich auf. 'Was ist passiert?', frage ich nach Luft schnappend.
'Du wurdest von den Wölfen gebissen.', erklärt Poison abschätzig. 'Und wie habe ich überlebt?' ist meine nächste Frage. 'Das war dein Wolf. Er gab dir etwas von seinem Blut. Jetzt solltest du auch Wolfsblut in dir haben...', 'Noch ein Grund mehr, dich als Nachfolgerin und Spionin zu wählen!', höre ich eine bekannte Stimme. Leon.
'Deine Wölfe haben mich fast umgebracht!', schreie ich. 'Ich werde mich darum kümmern. Das Blut war deine Rettung. Es kann sein, das du jetzt immun gegen Wolfsbisse bist.', überlegt Leon fröhlich.
Ich gucke mich hilflos um. Wo war Marco? 'Wo ist Marco?', frage ich.
'Der Wolf? Ich glaube im Nebenraum...', sagt Leon und seufzt. 'Überleg aber genau, ob du mein Angebot annimmst oder nicht!' Rief er mir noch nach, aber ich antworte nicht. Dieser Vampir dachte nur an sich selbst und seine Macht. Von wegen Gentleman.
Ich laufe zum Nebenraum und trete ein. 'Marco!' Glücklich erkenne ich, das es ihm gut geht. 'Ich musste dich retten', erklärt der Wolf in meinem Kopf. 'Danke.', bedanke ich mich laut bei ihm. 'Aber wie soll ich es schaffen, Leon umzubringen?', rätsele ich vor mich hin. Die Tür geht auf. Poison tritt neben mich. 'Wie geht es ihm?', erkundigt sie sich bei mir. 'Besser...', murmele ich. 'Was hältst du von Leon?', befrage ich Poison. 'Unser Meister? Er ist machthungrig und denkt nur an sich. Aber trotzdem half er uns Abtrünnigen. Das verdanken wir ihm.', sagt Poison. 'Kannst du, falls ich Nachfolgerin von Leon werde, bei mir bleiben?' Ich drehe mich zu ihr und schaue ihr fest in die Augen. Es vergehen quälende Sekunden, bevor sie zögernd antworten will. Doch Leon gesellt sich zu uns und unterbricht unser Gespräch:'Hast du dich entschieden?', will er wieder unbedingt wissen. 'Ja.', wispere ich. Ich habe Angst. Aber die Entscheidung muss richtig sein. 'Ich bleibe.' Leon scheint damit zufrieden zu sein. Um dich dann umzubringen... Denke ich grimmig.
'Dann lass ich euch beiden Mal allein!', säuselt Leon und verlässt den Raum. Marco schmiegt sich tröstend gegen mein Knie.
'Wenn du bleibst, bleibe ich auch. Zur Probe.', antwortet Poison endlich auf meine Bitte. 'Danke.', seufze ich erleichtert. Ich war nicht alleine mit diesem 'nicht' Gentleman.
Da klopft es an der geöffneten Tür.
Ich sehe Ben. 'Ich habe gehört, Poison will bleiben. Ich zeige ihr ihr Zimmer.', meldet sich der Schatten.
Ich warte noch, bis Ben und Poison nicht mehr zu sehen sind, dann lege ich verzweifelt meine Hand auf Marcos Fell.
'Was soll ich nur machen?', stöhne ich.
'Schlafen. Es ist gerade Mittag.', schlägt Marco mit wedelnden Schwanz in meinen Gedanken vor und ich nicke. Das war wohl gerade das beste.
Müde ließ ich mich in das luxuriöse Sarg Polster sinken und schloss den Sarg.
Ich wollte nicht mehr aufstehen.
Ich wachte an der Abenddämmerung auf. Durch den Balkon sah man nicht nur Leons Werk, man sah durch ein zerstörtes Stück am Vulkan den Sonnenuntergang. Ich gehe zum Schrank und überlege was ich anziehen soll. Normalerweise ziehe ich irgendwas an was mir gerade in die Finger kommt, aber diesmal musste ich mich zwischen einem Kleid und Hemd mit Hose entscheiden. Schwere Entscheidung, wenn man mich fragt. Wenn.
Ich schließe die Augen und lasse den Zufall Entscheiden.
Mein Finger fährt an den Regalen entlang, ohne die Kleidungsstücke zu berühren. 'Stopp!' Denke ich mir und mache die Augen auf. Der Finger blieb am Regal der Hemden stehen. Gut, dann ein Hemd, eine Jacke darüber, Latzhose und fertig.
Ich drehe mich zum Spaß noch um die eigene Achse und stolpere fast über Marco. Er liegt erschöpft auf dem Boden. Ich kann ihn verstehen: Nicht jeder Wolf in seinem Alter muss einem Vampir Mädchen sein Blut zum Überleben spenden. Ich hatte Glück, das ich ihn dabei habe. Viele Vampire hatten einen qualvollen Tod durch einen Wolf ohne Hilfe bekommen.
Mit gemischten Gefühlen ging ich vorwärts. Leon zu finden würde doch nicht schwierig sein.
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