08.04.1889
'Und wieso zeigst du mir das?', frage ich Leon vorsichtig. 'Ich brauche Nachfolger. Der Vampirrat schickt bestimmt Spione. Und falls sie den Auftrag geben, jemanden zu schicken, der mich umbringen soll, brauche ich Spione. Und falls ich sterbe, einen Nachfolger. Du scheinst gut dafür gemacht zu sein, Miss Anonym.', erzählt er wissend.
'Ich fühle mich geehrt Leon, aber...', stottere ich herum. 'Was?', zischt mein eigentlicher Feind.
'Ich würde gerne bei den Abtrünnigen bleiben...', flüstere ich.
'Das verstehe ich doch. An wem hängst du denn so sehr, dass derjenige dich davon abhält für mich zu arbeiten?', bohrt Leon nach.
'Poison...', murmele ich. 'Ich habe da schon eine Lösung!' Leon kichert wieder.
'Welche?', frage ich hellhörig. 'Ich verwandele sie zu deinem Diener!', freut sich Leon über seine 'brillante' Idee.
'Oder ich frage sie einfach ob sie da bleiben will?', entgegne ich.
'Das geht natürlich auch...' Leon verzieht kurz sein Gesicht und wendet sich mir zu: 'Du übernachtest heute bei mir. Die Reise hat bestimmt lange gedauert, nicht wahr?' 'Na ja, also das geht eigentlich...', will ich widersprechen, aber Leon holt schon einen Schatten, der mich zu dem Gästezimmer führt.
Ich gehe dem Schatten hinterher. Das schlechte Gefühl breitete sich immer mehr aus. 'Wo schlafe ich denn?', fange ich ein Gespräch mit dem Mann an. Er antwortet nicht. Stumm gehen wir weiter.
'Und wie heißen sie?', frage ich ihn weiter aus. 'Keine Ahnung.', nuschelt er durch seinen Vollbart. 'Wollen sie einen Namen?' Mein Gefühl verschwindet durch das Gespräch.
'J...Ja.', gab der Schatten zurück. 'Ich nenne Sie Ben.', überlege ich laut. Sehe ich da ein kurzes lächeln? Vielleicht habe ich mich auch nur getäuscht, denke ich.
'Wir sind da.', verkündet Ben und stoppt vor einer hölzernen Tür. Die Tür ist geschmückt mit geschwungenen Linien am Rahmen und oben mit der Zahl 12.
'Danke für den... Namen.', sagt Ben noch, bevor er spurlos verschwindet. Die Schatten von Leon konnten doch noch Gefühle haben...
Ich öffne die Tür und staune. Ein gesäubertes Himmelbett und ein Sarg steht am Ende des Raumes, ein Schrank steht davor und eine halb offene Tür offenbart einen Balkon.
Schnell öffne ich den Schrank und sehe mehrere Regale voll mit Handtüchern und die restlichen mit schwarzen Kleidern und Latzhosen mit einer schwarzen Jacke dazu. Hemden dürfen wohl auch nicht fehlen, die stapeln sich neben den Kleidern. Leon hatte sogar eine Gaderobe für mich herrichten lassen. Man könnte sagen, er wäre ein Gentleman, aber bei dem Gedanken, was er vor hatte, darf ich nicht daran denken.
Nach dem ich den Schrank geschlossen habe, trete ich auf den Balkon. Er ist künstlerisch geschnitzt, auf den Ecken stehen hölzerne Eulen.
Man sieht vom Balkon aus das Werk, was Leon bisher vollbracht hatte. Seine Schatten Armee bringt sich gerade in Stellung, um zu üben. Ich muss an die armen Menschen denken, die Leon zum Opfer fielen. Ich seufze lang.
Wie es Marco wohl geht? Ob er noch immer Sehnsucht nach mir hat? Ob er mich noch liebt?
Plötzlich fällt mir auf, das der Wolf Marco nicht bei mir ist. 'Wo bist du?' Frage ich in meinem Kopf. 'Bei Leons Wölfis.', erklärt Marco angespannt. 'Wo befindest du dich genau?' Ich muss wissen, ob es ihm gut geht oder er in Gefahr ist.
Ohne lange zu überlegen renne ich aus meinem 'Zimmer'. Wenn Marco etwas passieren würde... Würde ich mir die Schuld geben.
Ich darf nicht aufgeben. Ich muss Marco finden.
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