Chapter 1
Vier Monate später...
"Ach, komm schon!", jammerte Lucy aus dem Bad und kam mit einem Makeup-Pinsel bewaffnet ins Wohnzimmer, während sie bloß in Dessous bekleidet war. "Du kannst dich nicht ewig hier verstrecken. Du musst auch mal raus!"
"Lucy, nein..", winkte ich gelassen ab und schlürfte aus meiner Kaffeetasse. Ich saß im Wohnzimmer auf der dunkelgrauen Couch meiner besten Freundin, während ich mir das Abendprogramm reinzog und damit auch ehrlich gesagt den heutigen Tag gemütlich ausklingen lassen wollte. "Ich will nicht. Echt nicht.."
Lucy erstarrte und sah mit hochgezogener Augenbraue zu mir rüber. "Dein Ernst? Wovor hast du Angst?"
Ich seufzte und verdrehte die Augen. Diese Frage kam öfters. Manchmal sogar mehrmals am Tag. "Vor Nichts und das weißt du auch. Ich bin im Moment einfach nur viel am Arbeiten."
Ihr Mund verzog sich zu einer geraden, schmalen Linie. Ich wusste, dass sie mit dieser Art von Antwort nicht zufrieden war. Aber das war sie eh mit keiner, wenn sie diese Frage stellte. Ich hörte, wie sie tief Luft holte und den Pinsel in ihrer Hand senkte, ehe sich ihr Gesicht langsam entspannte.
"Das weiß ich, Kate", murmelte sie und setzte sich neben mich auf die Couch. Sie lehnte ihren Blondschopf gegen meine Schulter und seufzte leise. Es klang mehr verzweifelt, als frustriert. "Ich möchte einfach nur, dass du wieder glücklich wirst und Spaß hast. Ich merke doch, dass du dich hier nur verkriechst."
Dieses Thema war für mich ab und zu noch ein wunder Punkt. Seit diesem Vorfall ging ich allem aus dem Weg. Vor allem mir selbst. Ich stellte mir oft die Frage, wie ich nur so einem Menschen vertrauen konnte. Und egal wie oft ich unsere Beziehung Revue passierte, es gab keine Anzeichen dafür, dass er mich betrog. Er war nie lange weg. Er war ständig Zuhause und hatte sich nie auffällig verhalten - im Gegenteil. Er war vorbildlich. Doch was brachte einen Menschen dazu, sich plötzlich so anders zu verhalten? Ein anderes, vielleicht sogar sein wahres Gesicht zu zeigen?
Ich seufzte, ein wenig geplagt von meinen eigenen Gedanken, die mich haben abdriften lassen und verzog meinen Mundwinkel. "Danke, Lucy. Ich weiß das sehr zu schätzen, dass du dich um mich sorgst. Aber ich komme klar. Wirklich."
Ich verstand sie auch, dass sie sich Sorgen machte. Doch ich habe damit abgeschlossen. Es war verdammt schwer zu realisieren und zu verstehen, dass mich an seinem Seitensprung keine Schuld traf. Verbote gab es keine. Mit seinen Freunden und Freundinnen verstand ich gut und wenn er Abstand brauchte, dann hab ich ihm diese auch.
Im Gegenzug akzeptiert er leider meine Grenzen nicht und verbot mir Dinge. Das fiel mir aber erst nach der Trennung auf. Nichtsdestotrotz bereue ich diese Beziehung nicht und habe für meinen Teil daraus gelernt.
Lucy setzte gerade an etwas zu sagen, als mein Handy neben mir klingelte und ich eine Nummer auf dem Display sah, die mir bekannt vorkam. Wer ist das?
"Ist das Kyle's Nummer?", fragte meine beste Freundin neugierig neben mir und versuchte den leicht missmutig klingenden Unterton zu unterdrücken. Sie saß nun kerzengerade neben mir und hob mit zusammengezogenen Augenbrauen warnen den Finger.
"Wenn es er ist, heb' bloß nicht ab! Den können wir gerade gar nicht gebrauchen."
Sie spielte auf seine regelmäßigen Anrufe und SMSen an, die ich gekonnt ignorierte. Oder das er ab und zu vor der Arbeit versucht, mir nach zu stellen. Live habe ich es zum Glück nie miterleben müssen, da Lucy mit mir in der selben Firma arbeitet und gleichzeitig auch die Chefin dort ist. Dadurch hat Kyle gleich von Anfang an Hausverbot bekommen.
Ich schüttelte nachdenklich den Kopf und nahm mein Handy in die Hand. Für einen Moment bildete sich eine kleine Furche zwischen meinen Augenbrauen.
"Nein, ich glaube, dass ist der Notar, der die Verlassenschaft meiner Mutter abwickelt.", murmelte ich und drückte anschließend aufs Display, um den Anruf anzunehmen.
„Osborne."
Kurze Stille. Ein Räuspern am andere Ende der Leitung. Eine tiefe, ruhige Stimme sprach zu mir, die ich dem Notar zuordnen konnte, der mich im letzten halben Jahr bei dem Nachlass meiner Mutter geholfen hat.
„Grüße Sie, Ms Osborne. Hier ist Dr. Benoit", begrüßte er mich und klang etwas eindringlich. „Haben Sie für mich eine Minute?"
Ich starrte ruhig auf den Couchtisch vor mir und versuchte gelassen zu bleiben. Ganz genau konnte ich seinen Anruf nicht zuordnen, denn wir sprachen bereits vor ein paar Tagen miteinander in seiner Kanzlei.
Dabei ging es nur um einige Dokumente, die ich nachreichen sollte. Umso verwirrter war ich über diesen Anruf und dementsprechend zitterte auch meine Stimme. „Hallo Dr. Benoit. Kein Problem. Wie kann ich Ihnen helfen?"
„Helfen nicht.", gestand er offenkundig und fuhr direkt fort. „Aber ich habe noch etwas in der Verlassenschaft ihrer Mutter herausgefunden, dass sie vielleicht wissen sollten. Ich habe es, offen gestanden, gerade selbst erst erfahren."
Ich schluckte und griff, ohne zu darüber nachzudenken, nach der Hand meiner besten Freundin. Sie sah nun selber ganz verwirrt drein und legte den Kopf schief. Ob sie hören konnte, was der Notar zu ihr sagte?
„Oh okay. Um was geht es denn?"
Es raschelte kurz am anderen Ende der Leitung. So, als würde er gerne die Seite eines Buches umblättern. In diesem Fall wohl ein Blatt im Akt. „Ist Ihnen eine Mrs. Murphy bekannt?"
Ich zögerte. Der Name war mir durchaus bekannt und keineswegs fremd. Doch ich fragte mich, was es damit auf sich hatte und n welchem Zusammenhang dies mit meiner Mutter stünde. „Ehrlich gesagt ja und nein. Meine Mutter sprach einmal von einer Freundin, die so hieß. Aber das ist schon länger her. Da war ich noch ein Kind."
„Hm, ich verstehe...", kam es nachdenklich von Dr. Benoit. „Dann wird Ihnen die Rosewood Farm wohl auch nichts sagen."
„Nein, tut mir leid.", erwiderte ich achselzuckend und lauschte.
„Ihre Mutter hat Ihnen ein Landhaus in Neuseeland vermacht. Es war wohl vor einigen Jahren noch im Besitz einer Mrs. Murphy und-", drang die tiefe Stimme des Notares durch den Hörer zu mir hervor und machte mich stutzig.
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