GIRLS JUST WANT TO HAVE FUN
[Valerie]
,,Valerie", ertönte die quengelige Stimme von Jenna neben mir, während ich gerade an der Kanzel Papiere zur Entlassungen heraussortierte. Bei dieser Stimmlage von ihr war es ratsam, schnell das Weite zu suchen.
Tief atmete ich durch.
,,Was ist los, Jenna?" Ich drehte mich zu ihr um und sah sie erwartungsvoll an.
Ihre hellbraunen Haare hatte sie in einen lockeren Dutt gezogen und in ihren blauen Augen lag ein listiger Glanz, der mich in Alarmbereitschaft setzte.
,,Der Angriff ist jetzt vier Tage her und du hast dir kein einziges Mal frei genommen. Du musst dich mal ablenken."
Ich setzte gerade zum Reden an, um zu argumentieren, dass Lloyd auch arbeitete, doch sie unterbrach mich indem sie eine Hand hob.
,,Nein, nein. Dich hinter der Arbeit zu verstecken hilft dir nicht."
Ich verdrehte nur die Augen. ,,Mir geht es super."
,,Mhm. Superscheiße, vielleicht."
Spöttisch zog sie die Augenbrauen hoch und betrachtete mich von oben nach unten. Ihr waren also durchaus die Augenringe aufgefallen. Durchgeschlafen hatte ich lange nicht mehr. Ich wachte immerzu aus Albträumen auf und danach konnte ich nicht wieder einschlafen.
Daraus folgte natürlich Müdigkeit und die konnte ich in meinem Job nicht gebrauchen.
,,Wir machen heute einen Mädelsabend. Mit viel Alkohol, heißen Outfits und scharfen Kerlen. Wir gehen in den Club, der einen Block von dir entfernt ist, also können wir so viel trinken wie wir wollen und müssen uns nicht um Fahrmöglichkeiten kümmern."
Angewidert verzog ich den Mund.
,,Definiere heiße Outfits, Jenna."
Als Antwort wackelte sie nur mit den Augenbrauen.
,,Ich denke, da passe ich. Außerdem bin ich mit Connor zusammen." Irgendwie, jedenfalls.
,,Ich bitte dich. Dieses Hin und Her geht jetzt schon seit Wochen. Ein bisschen Spaß kann da nicht schaden. Du sollst ja niemanden in dein Bett einladen oder dir eine Alkoholvergiftung holen. Es ist Freitag und weder du oder ich haben am Wochenende Schicht. Also können wir und das ganze Wochenende erholen."
Eigentlich brauchte ich nur den Samstag zum Erholen. Den Sonntag brauchte ich, um die Party zu bereuen.
Sie klopfte auf den Tresen und sah mich erfreut an.
,,Dann wäre das ja geklärt. Ich komme um Acht, weil ich ganz genau weiß, dass du zu unfähig bist dir was zum Anziehen herauszusuchen, also helfe ich dir", sagte sie noch bis sie sich umdrehte und mich einfach stehen ließ.
,,Ich werde ganz sicher nicht heute Abend mit Feiern verbringen! Hey! Jenna!", rief ich ihr verärgert hinterher, doch sie tat so als ob sie mich nicht hören könnte. Also ließ ich es sein, denn der ganze Gang hatte sich schon zu mir umgedreht.
Ich ließ ein genervtes Stöhnen aus.
Aber irgendwie hatte sie auch Recht, das musste ich mir eingestehen.
Ich stürzte mich förmlich in die Arbeit, machte Überstunden. Und das alles nur, weil ich mich der Erinnerung des Gefühls der Angst nicht stellen möchte oder konnte.
Aber dazu gleich in einen Club gehen? Ich war so schon kein großer Party-Fan.
Für gewöhnlich mied ich Alkohol in Kombination mit einer großen Menschenmenge.
Denn wenn ich betrunken war, tat ich Sachen für die ich mich später in Grund und Boden schämen würde.
Und das passierte überraschend schnell. Anscheinend war ich nicht sehr Alkohol resistent.
Ich neigte unteranderem dazu Musical- oder Disneylieder auf offener Straße zu grölen, mit fürchterlich falschen Text oder peinliche Dinge von mir zu geben.
Unter Spaß verstand ich einen Serien Marathon oder Bücher zu lesen mit einer Packung Eis von Ben&Jerry's, oder mich mit Freunden zu treffen. Nicht mich in einem Nachtclub abzuschießen.
Ich vertrat stur die Meinung, dass man auch ohne Alkohol Spaß haben konnte.
Aber anscheinend war ich heute gezwungen mit ihm Spaß zu haben, denn Jenna würde garantiert dafür sorgen.
Ein oder Zwei Shots konnte ich ja noch genehmigen, aber mein Ziel war nicht mehr als 0,5 Promille. Denn ich wusste genau, das war die Grenze, nach der ich hackebreit war.
Dann bekam ich einen Filmriss.
Ich hatte auch schon genug live Beispiele an Patienten gehabt, denen es dann echt mies ging. Manche Besäufnisse endeten manchmal nicht nur mit Schlägereien, sondern mit Gesundheitsschäden und ich hatte echt keine Lust, den Magen ausgepumpt zu bekommen.
Ich hatte jetzt schon genug Päckchen mit mir herumzutragen.
Ich nahm seufzend die Papiere mit, um sie dem behandelnden Arzt zu übergeben und versuchte mir keine große Gedanken über heute Abend zu machen.
Ich war schließlich eine vernünftige Frau, die ihre Limits kannte.
Selbst wenn sie betrunken war.
-
Zweifelnd stand ich vor meinem Kleiderschrank und versuchte herauszufinden, welche Sachen Jenna meinte, als sie heiß sagte.
Dieses Wort war nicht in meinem Schrank zu finden. Nur 'gemütlich' und 'leger'. Ein paar Kleider waren dabei, doch die waren viel zu elegant für einen Club. Mein Schlafzimmer sah aus als hätte mein Schrank eine Erkältung gehabt und den ganzen Inhalt auf den Boden ausgeniest hatte.
Frustriert schlug ich meinen Kopf and die Schranktür.
Letztendlich zog ich ein schlichtes, schwarzes bauchfreies T-Shirt heraus und kombinierte es mit einer Blue Jeans. Meine Haare zog ich in einen hohen Zopf. Die Mühe mich aufwendig zu schminken sparte ich mir. Ich trug nur dunkelbraunen Liedschatten auf, verblendete ihn dann mit einem helleren Braunton und überschminkte die Schramme an meinem Hals. Und mit einem rosanen Lippenstift hatte es sich dann auch getan.
Ich sah zwar nicht heiß aus, doch wie ein prüdes, kleines Mädchen auch nicht.
Als es an der Tür klingelte stieg ich barfuß über die Kleiderberge hinweg und machte mich auf, um die Tür zu öffnen.
Ich erkannte Jenna erst nicht wieder.
Die gelockten offenen Haare umspielten ihr Gesicht. Das schulterfreie rote Kleid schmiegte sich perfekt um ihre runden Hüften und endete an ihren Knie.
Der dunkle Liedschatten hob das helle Blau ihrer Augen hervor und ihr Mund war in einem knalligen rot geschminkt.
Verdammt. Das war heiß.
Der Look sah nicht nuttig oder zu edel aus, sondern einach nur toll.
,,Was zum Teufel hast du da an?" Entgeistert musterte sie mich.
,,Das trage ich an Wochenenden. Nicht auf Partys, Valerie."
Ich sah an mir herunter und zuckte mit den Schultern.
,,So schlimm ist es auch nicht", entgegnete ich ihr.
,,Äh... doch", sagte sie vorwurfsvoll, bevor sie sich an mir vorbei in die Wohnung drängte. Erst jetzt fiel mir der Kleidersack auf, den sie um ihre freien Schultern geworfen hatte.
,,Was hast du da drin?", verlangte ich neugierig zu wissen, während ich die Tür wieder schloss.
,,Deine optische Rettung."
Sie legte ihre Clutch auf mein Sofa und öffnete vorsichtig den Sack.
,,So, hier bitte. Anscheinend war es eine gute Entscheidung dieses Schätzchen mitzunehmen."
Mir fiel die Kinnlade herunter.
,,Das werde ich auf gar keinen Fall anziehen. Vergiss' es!", rief ich aus und hielt abwehrend meine Hände vor meinen Körper.
In der rechten Hand hielt Jenna ein goldenes Kleid, dass mir womöglich nicht mal über die Hälfte des Oberschenkels ging.
Es glitzerte mit jeder Bewegung und hatte zusätzlich, als wäre es schon nicht kurz genug, einen kleinen Schlitz. Wenigstens war der Rücken und die Schultern bedeckt. Ich müsste mich nicht in einen ungemütlichen trägerlosen BH zwängen.
,,Oh doch. Das wirst du, meine Dame." Sie hielt mir das Kleid hin und sah mich an, als ob sie keinen Widerspruch duldete.
Prüfend sah ich sie an, aber nahm ihr dann ergeben den Bügel aus der Hand.
Im Schlafzimmer zog ich Jeans und T-Shirt aus und stieg in das Kleid.
Als der Reißverschluss geschlossen war schaute ich in den Spiegel. Oh ja, das Ding hörte nur kurz unter meinem Hintern auf.
Vorbeugen und hinknien konnte ich also vergessen.
Verdammt! Ich hatte Over-Size-Shirts, die weiter als das waren.
Wenigstens rutschte es nicht nach oben, sondern blieb an seinem Platz, wenn ich mich bewegte.
Das goldene Schimmern ließ meine Haut gebräunter wirken und passte zu meiner Haarfarbe.
Aber trotzdem.
,,Ich sehe aus wie eine Nutte."
Vorwurfsvoll schaute ich Jenna an, als ich mich ihr zeigte. Sie schaute beim Klang meiner Stimme von ihrem Handy auf.
,,Aber wie eine sehr edle." Sie besaß die Frechheit zu lachen, stand auf und betrachtete mich von oben bis unten.
,,Jetzt ziehst du dir diese Schuhe an", sie zeigte auf meine schwarzen Sandaletten, ,,und machst deine Haare auf. Bei deinen Naturlocken muss ich dir keinen Lockenstab aufzwingen und die Schminke kannst du auch lassen."
Wie gütig von ihr.
Doch ich tat was sie mir sagte, denn es hatte keinen Sinn mit ihr zu diskutieren. Das hatte ich schon mehrmals festgestellt.
Als ich dann in den Spiegel schaute stellte ich fest, dass mir dieser Look auf eine komische Art gefiel.
Ich strich den Stoff glatt und sah mir in die Augen.
Ich würde heute Abend Spaß haben, um mich abzulenken und ein bisschen unter Leute zu kommen.
,,Okay. Wir können los", sprach ich während ich mir einen Mantel umwarf, der doch tatsächlich länger als das Kleid war, und nach meiner silbernen Clutch griff.
Ich hasste diese Form von Taschen.
Wie eine Henne ihr Ei bewachte, musste man die Tasche die ganze Zeit in der Hand halten, denn wenn man sie nur für eine Sekunde aus der Hand legte war sie weg. Jedenfalls nach meiner Erfahrung.
Mein Gott.
Ich schloss die Wohnungstür und lief mit Jenna den Flur hinab.
,,Ich sag's dir, Val. Dieser Abend wird der Hammer. Das spüre ich", plapperte sie drauf los. Gezwungen lächelnd nickte ich und wäre am Liebsten wieder umgedreht, als ich die kalte Luft um meine Schenkel spürte.
,,Nein, versuch's gar nicht erst. Du kommst schön mit." Sie hakte sich bei mir unter und zog mich mit beachtlicher Kraft die dunkle Straße entlang.
Ich erkannte, ein wenig abseits des Clubs, haufenweise Leute, die sich entweder die Seele aus dem Leib kotzten oder rauchten.
Pikiert presste ich meine Lippen aufeinander und achtete darauf niemanden zu berühren, als wir den Night Club betraten
,,Jetzt hab dich nicht so", raunte Jenna mir zu.
Doch das war schwerer getan als gesagt.
Ich verzog das Gesicht als ich in den Club trat.
Schweiß und Alkohol vermischten sich zu einem Geruch, den man nüchtern nicht aushalten konnte.
Die Musik wummerte so stark aus den Boxen, dass ich den Bass förmlich spüren konnte.
Anscheinend ging es Jenna nicht so, denn sie zog mich munter zur Bar und bestellte sofort irgendeinen Cocktail, dessen Namen ich noch nie gehört hatte.
Geschweige denn aussprechen konnte.
Ich ließ mein Blick durch den riesigen Raum schweifen, doch alles was ich sehen konnte waren eng aneinander gepresste Körper, die sich bewegten. Anscheinend sollte es tanzen sein, obwohl es eher wie Trockensex aussah.
Ich legte meine Hand in die Stirn. Wozu hatte ich mich nur überreden lassen? Ich seufzte und drehte mich zu Jenna um, die zwei Gläser in der Hand hielt.
Sie prostete mir zu und zusammen tranken wir einen Schluck.
,,Scheiße, ist der stark!", brachte ich hervor und merkte, dass die Wärme des Alkohols in meinem Magen ausbreitete. Wenn dieses Glas leer war, war ich entweder betrunken oder beschwipst.
So viel stand fest.
,,Was?", schrie sie mir entgegen.
Ich wiederholte meine Aussage um zehn Dezibel lauter um die Musik zu übertönen.
,,Ja, voll!", plärrte sie und dann: ,,Diese Typen da, scheinen dich voll abzuchecken!" Sie zog eine Schnute, so als wäre sie eifersüchtig. Ich drehte mich suchend um und tatsächlich. Eine ganze Gruppe Jungs, die deutlich jünger waren als ich, starrten auf meinen Hintern.
Ich verdrehte nur die Augen.
,,Tja, du hättest das Edelnutten-Kleid anziehen müssen. Dann würden sie auf dich fliegen und ich würde mich wohler fühlen."
Sie wollte etwas erwidern, doch wir wurden von einem schreienden Mann unterbrochen, der die Musik leiser drehte.
Er trug so ein rotes Karohemd und hatte seine schwarzen Haare in einen kleinen Dutt gezogen, der nun wild auf und ab hüpfte.
,,Ladys und Gentlemen, der Karaokeabend hat begonnen! Aber bitte nur Gute Laune Songs! Kein Gejaule!", wurde durch ein Mikro geschrien.
Die Menge reagierte darauf mit lautem Jubel und Gekreische.
Wow, diese Leute standen auf Karaoke? Das hätte ich nicht gedacht. Und was wurde unter 'Gejaule' verstanden?
,,Wer hat Bock den Anfang zu machen?", wurde wieder schreiend gefragt. Mehrere Hände gingen sofort hoch und etwas später wurden zögerlich die Hände gehoben.
,,Willst du denn nicht mitmachen? Du liebst doch das Singen!" Jenna zeigte aufmunternd nach vorne auf die kleine Bühne.
Ich schüttelte lachend den Kopf.
,,Ich glaube, ich muss mir erst Mut antrinken."
,,Warum? Du hast eine tolle Stimme. Meine Stimmbänder beneiden deine", sagte sie lachend.
Ich musste grinsen.
Ich sah zu wie ein Mädchen ausgewählt wurde und aufgeregt auf die Bühne trat.
Sie hatte auch ein Kleid an, sah aber etwas züchtiger aus, als ich. Ich hoffte einfach nur, dass ich nicht die Einzige war, die so kurz gekleidet war.
Ich verschränkte die Arme und wartete gespannt auf ihre Lied Auswahl.
Kaum stand sie auf der Bühne ertönten schon die ersten Takte von Sweet Caroline.
Ich verschluckte mich an meinem Drink, als sie vollkommen betrunken anfing, in das Mikro zu lallen.
Ich wollte mich wieder Jenna zu wenden, doch die stand ein wenig Abseits mit einem Typen an der Bar und flirtete was das Zeug hielt.
Meine Augenbrauen zuckten in die Höhe, als sie ein mädchenhaftes Kichern ausstoß. Wenigstens hatte sie Spaß.
Das Versprach ein langer Abend zu werden.
Ich schaute auf mein Glas hinunter, kniff die Augen zusammen und kippte alles auf einmal runter.
,,Shit." Ich musste husten, doch merkte ziemlich schnell, wie meine Sorgen in den Hintergrund rückten.
Wie befreit fing ich an zu lächeln und mischte mich unter die Tanzenden.
Danach streckte ich die Hände in die Höhe und tanzte im Takt des Liedes.
Mir war es egal ob ich dabei aussah wie ein dreibeiniger Elefant, der sich durch die Menge wälzte, sondern tat das was mir Spaß machte.
Himmel.
Das ging schnell.
Ich war ganz und gar nicht Alkohol resistent, denn es störte mich nicht im geringsten, dass sich fremde Hände um meine Hüften legten und dort auch liegen blieben.
Ich schaute verwirrt hinter über meine Schulter und erkannte...
,,Michael?", rief ich verblüfft und drehte mich nun ganz um. Er war komplett in Schwarz angezogen. Schwarzes Shirt, kombiniert mit einer schwarzen Lederjacke und schwarzen Jeans.
Scheiße, sah er gut aus.
Ich sollte ihn von mir stoßen und flüchten, doch ich tat genau das Gegenteil.
Ich legte meine Hände auf seine Schultern, was mir durch meine hohen Schuhe nicht sehr schwer fiel und lächelte ihn an.
Und ja, mir war es in dem Moment egal, dass ich mit Connor zusammen war.
Ich wollte gerade anfangen zu reden, doch das Lied war zu Ende und ich wollte mir diese Chance nicht entgehen lassen auch zu singen
Also streckte ich beide Hände in die Höhe als wieder gefragt wurde.
,,Wie wäre es mit der Dame ganz in Gold?", fing der Kerl an das Publikum zu fragen. Laute Pfiffe und aufmunterndes Klatschen ließen mich breit grinsen. Ich sah Michael kurz entschuldigend an und bahnte mir ein Weg durch die Menge.
Auf den Weg zur Bühne fühlte ich mich einfach unbesiegbar und bereit mein Leben heute einfach nur zu genießen.
Ich lief leichten Schrittes die kleinen Treppen hoch und wurde direkt von den hellen Scheinwerfern geblendet, die mit weißem Licht mich anschienen.
,,Hey Süße! Was willst du performen?", wurde ich gefragt. Ich konnte genau sehen, dass der schwarzhaariger Mann sich zwang mir ins Gesicht zu sehen.
,,Livin' on a Prayer von Bon Jovi", sagte ich und sah mit Genugtuung zu, wie er kurz verwirrt wirkte.
Anscheinend traute er es mir nicht zu.
Hah! Eigentlich hasste ich das, dass man mir, generell Frauen solche Lieder nicht zutraute.
Aber die Befriedigung in deren Gesichtern zu sehen, die nicht an mich geglaubt hatten, waren danach einfach unbezahlbar.
,,Ach, ich brauch keinen Text. Ich kann es auswendig."
Er nickte nur und setzte sich hinter das DJ-Pult.
Ich nahm das Mikro in die Hand, schloss kurz die Augen und versuchte die leichte Nervosität zu unterdrücken
Doch als ich die ersten Takte des Liedes hörte, waren alle Zweifel verflogen.
Als ich anfing zu singen herrschte erst Verwirrung, denn meine rauchige und kräftige Stimme passte natürlich nicht zu meinem Aussehen. Doch allmählich fassten sie sich wieder. Und flippten aus.
,,She says, we've gotta hold on to what we've got
It doesn't make a difference if we make it or not
We got each other and that's a lot for love
We'll give it a shot"
Und ab diesem Moment fühlte es sich an, als ob ich fliegen würde. Jeder hier kannte das Lied und alle brüllten den Text mit, den ich ins Mikro schmetterte.
Ich hob meinen linken Arm zur Decke, als ich anfing den Refrain mit noch nie dagewesener Energie zu singen.
,,Wooah
We're half way there
Woah-oh
Livin' on a prayer
Take my hand, we'll make it, I swear
Woah-oh
Livin' on a prayer"
Ich steckte meine Gefühle und mein ganzes Sein in diesen Song.
Dieser Text ließ mich schwerelos werden und die Bestätigung der Leute machten diesen Moment zum Schönsten, seit langen.
Scheiße, dass war besser als ein Orgasmus.
Der Riff des Schlagzeugs und der E-Gitarre gingen mir in Mark und Fleisch über, bis ich mich wie ein Teil des Liedes fühlte.
Leidenschaft floss durch meinen Körper, als ich zum letzten Mal den Refrain anstimmte.
Leider war der Song viel zu schnell zu Ende und mein Flug neigte sich dem Ende zu. Doch trotzdem fühlte ich noch dieses Höhegefühl, dass meinen Magen im Karussell fahren ließ.
Ohrenbetäubender Applaus und Rufe schwappte durch den dunklen Raum und ich konnte einfach nicht aufhören zu grinsen.
Ich deutete einen Knicks an, weil ich nicht riskieren wollte, dass jemand meine Kehrseite sah, wenn ich mich verbeugte. So viel Selbstachtung hatte ich dann doch noch.
Dann steckte ich das Mikro wieder in den Ständer und wollte die Bühne verlassen.
,,Zugabe!", schrie jemand und nach einigen Augenblicken verlangte der ganze Raum grölend eine Zugabe.
Wow.
So etwas hatte ich noch nie erlebt.
Jetzt verstand ich warum Künstler Konzerte genossen.
Diese Bestätigung von anderen Leuten.
Die Freude, die die Lieder in den Fans verbreiteten, damit sie kurz die Welt um sich vergessen konnten.
Dieses Gefühl war einfach nur unbezahlbar.
Ich schaute den Mann an, der am Pult saß. Der nickte mir ermutigend zu. Und als ich mein Blick durch die Menge schweifen ließ wusste ich welches Lied ich singen wollte. Denn wenn ich Bon Jovi die Ehre gegeben hatte, dann musste ich diese auch Freddie Mercury geben
Mein Lieblingslied von Queen 'We will rock you'.
,,Na gut Leute. Für das Nächste Lied brauche ich eure Unterstützung", rief ich und hatte sofort die ganze Aufmerksamkeit des Clubs.
Dann fing ich an mit den Füßen zu stampfen und dann in die Hände zu klatschen. Natürlich ahmten mich alle nach und schon hob ich wieder ab, im Rhythmus der Stampfer und Klatscher meiner ausrastenden Zuschauer.
,,Buddy, you're a boy, make a big noise
Playing in the street, gonna be a big man someday
You got mud on your face, you big disgrace
Kicking your can all over the place, singin'
We will, we will rock you
We will, we will rock you"
Vereinzelt nahm ich war, dass Handykameras mich filmten, doch das störte mich nicht im Geringsten. Ich legte nur noch mehr Stärke in meine Stimme, die sogar fast von den Leuten hier übertönt wurde.
Verdammt, ich glaube ich wurde süchtig nach dieser Emotion.
-
Außer Atem ging ich unter Applaus von der Bühne.
Ich brauchte unbedingt etwas zu Trinken, denn meine Stimme war ziemlich heiser vom Rumschreien. Also suchte ich im Getümmel nach Jenna, die mir hilfsbereit zuwinkte.
Die, an denen ich vorbei kam, prosteten mir zu oder riefen etwas, dass ich nicht so recht verstehen konnte.
Trotzdem nickte ich lächelnd.
,,Scheiße, Val. Du bist einfach Wahnsinn", schrie sie mir zu, packte mich an den Schultern und schüttelte mich durch, sobald ich bei ihr angekommen war.
Lachend nickte ich und nahm ihr ihr Getränk aus der Hand nur um es in einem Zug runterzukippen.
,,Nein, echt jetzt. Du bist seit zehn Minuten auf Instagram und hast schon die fünfhundert Likes geknackt!", schrie sie mir entgegen.
,,Was, echt?! Zeig mal."
Wild nickend schaltete sie ihr Handy an und zeigte mir das Video. Es zeigte noch die Hälfte von Livin' on a Prayer und dann das volle Queen-Lied. Ohne mich selbst zu loben: Ich sah nicht einfach nur wahnsinnig heiß aus, sondern meine Stimme rockte die ganze Halle in einer sehr guten Handy Qualität. Zum Glück war das Kleid an seiner Stelle geblieben.
Eine verräterische Röte stahl sich auf meine Wangen.
Sie wollte noch etwas sagen, doch die Worte blieben ihr im Hals stecken, als ihr Blick über meine Schulter glitt.
,,Oh. Ich glaube da will jemand mit dir reden. Und Val, ich habe fast nichts getrunken, also kann ich mich auch alleine auf den Weg nach Hause machen." Anzüglich lachte sie, bevor sie mich umarmte.
,,Pass' auf dich auf. Ich hab dich lieb'", wisperte sie mir ins Ohr.
,,Ich dich auch. Ich melde mich morgen bei dir, okay?"
Sie nickte, winkte noch einmal und wand sich dann zu ihrer Errungenschaft des heutigen Abend zu.
Und ich mich meiner.
Ich ignorierte mein Gewissen, dass mir zuschrie, dass ich einen Freund hatte, sondern brachte es zum Schweigen in dem ich den letzten Schluck des Cocktails herunterschluckte, genauso wie mein Scham.
Meine Nachfolgerin sang gerade Girls Just Want to have Fun, und genau das machte ich mir zum Motto, als ich mich zu Michael zu drehte. Ich hatte keine Lust das hinauszuzögern was ich heute Abend wollte.
Also ging ich auf ihn zu und legte meine Lippen stürmisch auf seine.
-
,,Oh." Stöhnend griff ich mir an meinen schmerzenden Kopf.
Hämmernde Kopfschmerzen, zusammen mit dem hellem Licht, ließen mich langsam aufwachen.
Die großen weichen Kissen betteten meinen Kopf zwar angenehm ein, doch...
,,Scheiße." Mir wurde schlagartig klar, dass ich keines solcher Kissen besaß und nun saß ich kerzengerade und in Alarmbereitschaft im Bett. Durch diese Bewegung schien mein Kopf nur noch mehr zu schmerzen und mein Körper protestierte dabei.
Wo zum Teufel war ich? Ich lag auf der rechten Seite eines Bettes, dass ich definitiv noch nie gesehen hatte.
Das große Panoramafenster zeigte die Skyline von Duluth im strahlenden Sonnenschein, also müsste es so elf Uhr sein.
Langsam kamen die Erinnerungen zurück.
Jenna und ich waren auf einer Party gewesen, ich stand auf der Bühne und danach...
Scheiße, was danach?
Ich zwang mich ruhig Ein- und Auszuatmen, um nicht zu hyperventilieren.
Etwas neben mir bewegte sich kurz und ich hätte fast aufgeschrien, denn niemand anderes als Michael lag neben mir.
Ich lugte vorsichtig unter die Decke... und, ach du heilige Scheiße!
Ich war nackt.
-
Ba da dum.
Ja, der Cliffhänger ist gemein.
Jetzt ist die Absicht von Michael doch klar, oder? *übertrieben zwinkernd*
Ich hoffe euch gefällt dieses Kapitel und die Idee, die mich antreibt diese Geschichte zu schreiben (:
Bitte verzeiht mit, dass das Titellied nicht aus dem Rockgenre kommt, sondern aus der Pop Musikrichtung.
Es hat halt einfach so gepasst.
haha.
Ach so noch was: Wie gefällt euch Valeries Karaoke-Auswahl?
Ich hab ech alle lieb und passt auf euch auf ^^
~liebliche
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