26. Kapitel
Verschlafen blinzelte ich noch und versuchte den Grund dafür ausfindig zu machen, weshalb ich so früh aufgewacht war, den Mal wieder der Vorhang bildete, den ich gestern wie sonst auch immer tatsächlich vergessen haben musste zuzuziehen, als die Schmetterlinge in meinem Bauch schon wieder zu toben begannen.
Aufregung erfasste mich, doch anders als sonst war sie nicht so unangenehm und bestand zum Großteil als Angst, sondern gab mir das Gefühl so leicht zu sein wie schon lange nicht mehr und ließ mein Herz auf eine angenehme Art und Weise schnellerschlagen.
Langsam fiel mir wieder der Ausritt ein, den Lino und ich zusammen unternommen hatten und ich musste an die einfach unglaublich schönen Momente der Nähe denken, die wir in den wenigen Stunden auf der Wiese hatten erleben dürfen.
Doch auch die Minuten, die wir einfach nur glücklich und unbeschwert damit verbracht hatten über die hohe Wiese zu rennen um uns gegenseitig zu fangen, waren einfach nur unglaublich schon gewesen. Selbst Dino hatte sich dank Feder dabei beteiligt und ich war mir sicher, dass dies der schönste Tag seit langem für uns alle gewesen sein musste.
Das einzige was gestern noch schöner gewesen war, als unser fliegender Galopp, mit dem wir zusammen die unendlichen Weiten der Felder überwunden hatten war nur die Tatsache gewesen, dass ich es wirklich geschafft hatte Lino zu überreden. Allein bei dem Gedanken daran, dass Dino und Feder sich nun jeden Tag für einige Stunden sehen würden ließ mich Lächeln und langsam schlug ich meine dünne Bettdecke zurück.
Fast hatte ich das Gefühl noch immer den Wind spüren zu können, der meine Haare nach hinten wehte und für einen Moment sah ich auf meine rechte in meinem Schoss ruhende Hand hinab, die Lino erst wieder losgelassen hatte, als unsere Wege sich trennten. Während er nämlich den Umweg machte und außen rum über den Hof zurückritt, da er so am leichtesten zu dem Stall kam, in dem Dino stand, war ich wie immer mit Feder über den Zaun ihrer Weide gesprungen. Anders als sonst waren wir dort jedoch auch noch eine Weile lang einfach weitergaloppiert, genauso atemberaubend schnell, da wir beide das Gefühl des Fliegens noch nicht aus unserer Seele hatten schwinden lassen wollen.
Trotzdem waren wir irgendwann, ohne dass ich auch nur mein Gewicht nach hinten verlagern musste, denn Feder schien auch so zu wissen was ich, oder bessergesagt wir gemeinsam wollten erst zum Trab und wenig später zum Schritt durchpariert.
Ein paar Minuten hatte ich mich noch nach vorne gebeugt und von oben ihren Hals mit meinen Händen umschlungen, bevor ich mich wieder aus der Umarmung löste, was sie mit einem sehnsuchtsvollen Schnauben quittiert hatte.
Denn Feder hatte schon genau gewusst, dass ich mich anschließend von ihrem Rücken gleiten lassen würde und mich von ihr verabschieden musste. Anders als sonst, aber genauso wie schon die Nacht zuvor konnte ich nicht bei ihr bleiben und ich wusste das ich nicht die einzige war die dies vermisste. Jedoch wollte ich Lino noch im Stall helfen, deshalb verabschiedete ich mich noch mit einem Küsschen auf ihre Nasenspitze und einer innigen Umarmung, bei der ich ihr noch ein „Schlaf schön Maus", in ihr linkes Ohr flüsterte, bevor ich über den Weidezaun kletterte, bis zu dem sie mich noch begleitet hatte.
Danach hatte ich ohne weiter darüber nachzudenken den Weg zum Stall eingeschlagen und war leise durch die rote, breit geöffnete Seitentür geschlüpft. Inzwischen war es schon dunkel geworden und so hatte Lino sich dazu entschlossen drinnen abzusatteln.
Wie ich es schon erwartet hatte stand Dino ziemlich am Ende des Ganges an seiner eigenen Box angebunden und wieherte leise als ich zu ihm ging. Als ich ihn in seiner Mähne gekrault hatte, hatte ich leise hinter mir eine Tür zufallen hören und wusste somit, dass Lino in der Sattelkammer gewesen sein musste.
Mit einer Geschmeidigen Bewegung war ich unter Dinos großem Hals durchgetaucht und hatte mich, da er doch um einiges größer war als ich selbst auf seiner anderen Seite versteckt. Obwohl man meine dunkelblaue Jeans und die braunen Schnürschuhe von mir bestimmt auf der anderen Seite gesehen haben musste, schien Lino mich tatsächlich nicht zu bemerken, als er wieder auf Dino zutrat, ihm eine Möhre als Belohnung gab, welcher dieser nur zu gerne annahm und den Sattelgurt löste.
Erst als er um Dino herumging um den Sattelgurt auf dieser Seite auf den Sattel zu legen, damit er ihn dann einfacher von seinem Rücken heben konnte, sah er mich und zuckte tatsächlich merklich zusammen, worauf ich mein Lachen nicht unterdrücken konnte.
Dieses ignorierte Marcellino allerdings gekonnt: „Was machst du denn hier?"
„Bei deinem Pferd stehen?", erwiderte ich erst spaßhaft, da dies ja nicht zu übersehen war, bevor ich zu einer richtigen Antwort ansetzte: „Ich dachte ich könnte dir noch helfen, aber wenn du mich nicht brauchst..."
Ich machte Anstalten ein paar Schritte wegzugehen, doch Lino hielt mich schmunzelnd am Arm fest: „Keiner hat gesagt, dass ich dich nicht brauche!"
Lächelnd drehte ich mich wieder zu ihm herum wobei mein Blick einmal wieder in den so geheimnisvollen Tiefen seinen grün-braunen Augen hängen blieb, in denen ich immer noch die Freude und Ausgelassenheit des heutigen Tages erkannte.
Die Schmetterlinge, denen ich kurze Zeit keine Beachtung geschenkt hatte, meldeten sich mit einem Mal wieder zurück und an der Stelle, an der er meinen bloßen Arm berührte, fing meine Haut an zu kribbeln. Einen Moment verharrten wir so, doch dann schnappte ich mir schnell die Trense, die links an dem Harken hing, der eigentlich für das Halfter von Dino vorgesehen war.
„Wenn du mich so sehr brauchst, werde ich mal anfangen.", neckte ich ihn, bevor ich mir auch noch die Gamaschen nahm, die auf den Boden lagen und zur Sattelkammer ging. Nur bei dem Waschbecken am mittleren Stalleingang blieb ich kurz stehen, um das Gebiss, das durch das ganze Gras das Dino gegessen hatte mit grüner Spucke und einzelnen kleinen Grashalmen geschmückt war zu säubern.
Lächelnd wusch ich es in dem dünnen und vor allen Dingen kalten Wasserstrahl ab und erinnerte mich daran, wie oft Lino und ich das früher gemeinsam gemacht hatten. Jeder natürlich mit einer eigenen Trense, ich mit der von Feder und Lino mit der von Dino, doch trotzdem hatten wir uns dabei nur allzu oft so Doll gekabbelt, dass das ganze am Ende in einer Wasserschlacht ausgeartet war.
Immer noch in den Gedanken daran, wie wir uns dann pitschnass in unsere Häuser geschlichen hatten, nur damit unsere Eltern nichts bemerkten und wir keinen Ärger bekamen, was dann meistens sowieso am nächsten Morgen geschah, da ja der ganze Stallgasseneingang unter Wasser stand, drehte ich den Wasserhahn wieder aus und ging in die Sattelkammer.
In dieser war Lino inzwischen auch schon und räumte genauso wie früher den Sattel in den Spind neben Feders. Als ich vor ein paar Wochen hier gewesen war um Feders Abschwitzdecke zu holen hatte ich die neuen, schwarzen Namensschilder zwar auch schon bemerkt, mich aber noch nicht darum gekümmert, ob die Einteilung so wie früher geblieben war, was allerdings der Fall zu sein schien.
Nachdem Marcellino Platz gemacht hatte, hängte ich sorgfältig die farblich zum Sattel passende, ziemlich schlicht gehaltene Trense an ihren Platz, der sich an der Innenseite der Schranktür befand und legte die ebenfalls schwarzen, wenn auch nicht mehr so sauberen Gamaschen in das oberste Fach.
Nachdem ich den Spind geschlossen, das Licht in der Sattelkammer ausgemacht und die Tür hinter mir zugezogen hatte, ging ich wieder auf die beiden zu die noch immer vor Dinos Box standen und beobachtete aus der Ferne wie Lino dem fuchsfarbenem Wallach eine weitere Möhre zusteckte, die er genüsslich, wenn auch etwas hastig verspeiste.
Während Lino ihn in die Box führte und Dino das Halfter abnahm, was er an den Harken hängte, nachdem er ihm „Gute Nacht" gesagt hatte und die Boxen Tür schloss, ging ich langsam auf ihn zu, sodass wir uns in der Mitte des langen Ganges trafen.
Als wir uns einander wieder in die Augen sahen und ich das Gefühl hatte in seinen so ausdrucksvollen wie in einer ganz eigenen Welt zu versinken, berührte er mit seinen Fingern ganz vorsichtig meine Hand. Im ersten Moment stockte mein Herz bevor es auf einmal deutlich schneller weiterschlug und sich ein wohliges Kribbeln auf meiner Handfläche ausbreitete.
Wie selbstverständlich verschränkten sich unsere Finger miteinander und zum ersten Mal spürte ich wie gut sich seine große Hand in der meinen anfühlte. Ein seltsam vertrautes Gefühl der Geborgenheit ergriff mich als seine Finger meinen Handrücken berührten und sanft auf ihm zur Ruhe kamen.
Die Sekunden verstrichen und doch wünschte ich mir in diesem Moment nichts sehnlicher, als dass die Zeit stehen bleiben würde, einfach jetzt, nur für uns beide. Doch bevor ich weiter darüber nachdenken konnte wie gerne ich das hier für immer festhalten wollen würde, riss seine leise Stimme mich behutsam aus meinen Gedanken: „Ich wollte dir nur sagen wie schön ich es heute fand..." Ein Lächeln stahl sich auf meine Lippen.
„...aber das liegt nicht nur daran, dass ich heute das erste Mal seit langen wieder an meinem Lieblingsplatz war und das Dino und Feder endlich wieder zusammen grasen durften, es war so wunderschön für mich, weil du es mit mir erlebt hast. Heute habe ich verstanden, dass für mich alles tausend Mal schöner ist, wenn du an meiner Seite bist, Lotte und das ist ein Gefühl das ich am liebsten nie wieder missen würde."
Auf seine Worte wollte ich so viel erwidern, ihn wissen lassen, dass es mir mit ihm ganz ähnlich oder sogar genau gleich ging, doch kein Wort kam über meine Lippen, denn er hatte es mit seinem Kompliment wortwörtlich geschafft mir die Sprache zu verschlagen.
Allerdings schien auch er mich so gut zu kennen, dass er nun genau wusste, was in mir vorging, denn er lächelte, seinen Blick noch immer auf mein Gesicht gerichtet nun auch und als ich in seine Augen blickte, lief ein wohlig-warmer Schauer meinen Rücken hinab, weil es auch diese erreicht hatte.
Ganz vorsichtig zog er mich in seine Arme und ich legte meinen Kopf an seine Schulter. Ich wusste gar nichts mehr. Ich wusste nicht mehr was ich nun fühlte, geschweige denn was ich gerade dachte, doch mir war sehr wohl bewusst, dass es keinen Ort gab, an dem ich mich gerade lieber befinden würde als hier, weil hier Lino war.
„Habe ich es wirklich geschafft dich so sehr zu überraschen, dass dir nicht sofort eine Antwort eingefallen ist?" Stumm nickte ich. „Dir? Charlotte die nicht nur nie schweigen kann, sondern auch noch allen und jedem dazwischenredet?", er schob mich ein Stück von sich weg um mich besser mustern zu können, doch dieses mal blieb ich mit meinem Blick nicht an seinem so hübschen Gesicht, mit den markanten Wangenknochen und den scheinbar perfekten Lippen hängen. Denn ich dachte noch über seine Worte nach. Zweifelslos hatte er über mich geredet und ich wusste auch das alles was er gesagt hatte stimmte, doch ich wusste nicht, ob ich wirklich noch diese Person war.
Im letzten Jahr hatte ich mit überhaupt keinem geredet, außer es musste wirklich sein und auch dann hatte es sich nur auf das allernötigste beschränkt. Wie er mich beschrieben hatte war ich zweifelsohne mal gewesen, doch das war lange her, genauer gesagt war es vor dem Tod meiner Eltern gewesen.
Mein Herz schien in zwei Stücke gerissen worden zu sein, als ich daran dachte und mir bewusstwurde, dass ich kein einziges Mal auf unserem Ausritt an sie gedacht hatte. Sofort ergriff mich mein schlechtes Gewissen, doch ich wehrte mich nicht dagegen.
Ja, früher war ich wirklich so gewesen und teilweise hatte mein Mund keine zehn Sekunden stillstehen können, aber jetzt? War ich wieder so wie früher? Und wenn ja, war das etwas Gutes oder Schlechtes?
„Hey", besorgt hob Lino meinen Kopf an und zwang mich so ihm in seine Augen zu sehen: „Alles ok?"
Schwach nickte ich mit meinem Kopf doch mir war bewusst, dass er mir das keine Sekunde lang abkaufen würde.
„Habe ich etwas falsches gesagt?", der Spaß und das Glück in seinen Augen waren auf einmal Ernsthaftigkeit und Besorgnis gewichen: „Lotte, rede doch mit mir. Habe ich etwas falsch gemacht?"
Zu gerne hätte ich ihm geantwortet, doch ich konnte nicht, denn ich war mir sicher, dass sonst meine Stimme gebrochen wäre. Doch dass er sich so liebevoll um mich Sorgte bedeutete mir sowieso weitaus mehr, als ich jemals zugegeben hätte.
Stattdessen ging ich wieder auf ihn zu und umarmte ihn. Auch Marcellino schloss seine Arme um mich und gab mir das Gefühl mich zu halten, wenn ich fallen würde.
Ohne dass ich es verhindern konnte verschwamm meine Sicht und ich verfluchte die einzelne Träne, die keine Sekunde später meine Wange hinabrann und von Linos weichem T-Shirt aufgesogen wurde.
Ein paar Mal schluckte ich schwer aber schaffte es zum Glück meine anderen Tränen zurückzuhalten, da Lino mich keine Sekunde später wieder ein Stückchen von sich wegschob um mich mustern zu können.
„Du weißt aber, dass du mit mir über alles reden kannst und dass immer, oder?", er sah mich prüfend an und ich wusste das er sein Angebot absolut ernst meinte. Aber ich schaffte es nicht jetzt darüber zu reden, wobei ich eigentlich auch gar nichts hatte worüber ich reden konnte. Manchmal vermisste ich sie einfach nur fürchterlich und der Gedanke, sie fast für einen Tag verdrängt zu haben machte mir mehr Angst als ich es eigentlich wollte, denn ohne, dass ich es verhindern konnte kam mit ihm auch der Hintergedanke, dass ich sie eines Tages vielleicht ganz vergessen würde.
Somit nickte ich nur schwach und flüsterte ein „Danke", bevor er mich wieder in seine beruhigende und sicherheitsspendende Umarmung zog, von der er genau zu wissen schien, wie sehr ich sie gerade brauchte.
Lange Zeit standen wir einfach ganz still da und hörten nichts außer dem leisen Kauen der Pferde, die ihr Heu aßen oder still dastanden und dösten.
Erst als ich mich wieder soweit beruhigt hatte, dass ich es schaffte meine Gedanken zu sortieren, was Lino zu merken schien, ließ er mich langsam los, wobei seine linke Hand noch immer die meiner rechten hielt.
„Ich glaube wir sollten langsam reingehen, was meinst du?"
„Ja das hört sich gut an."
Hand in Hand verließen wir den Stall und Lino schloss noch die Tür, bevor wir uns auf den Weg zu dem alten Fachwerkhaus machten. Der kleine Pfad auf dem wir im Dunkeln durch den Wald liefen kam mir heute fast schon ein bisschen geheimnisvoll vor. Doch dennoch war es für mich so schön wie noch nie ihm bis zu unserem Vorplatz zu folgen, was vielleicht auch an der Tatsache lag, dass Lino noch immer meine Hand hielt.
Als wir die gähnende Leere auf dem Parkplatz direkt vor dem Haus sahen, atmeten wir beide erleichtert aus, denn auch wenn es keiner von uns angesprochen hatte, hatten wir wohl beide gehofft, dass seine Eltern noch nicht wieder zuhause waren, damit wir die Frage wo wir uns herumgetrieben hatten nicht beantworten mussten.
So konnten wir in aller Seelenruhe den runden Platz überqueren, die fünf Steinstufen auf der rechten Seite hochsteigen, die wir schon als Kinder immer bevorzugt hatten, wenn wir vom Stall auskamen und die Tür öffnen.
Nur zum Schuhe ausziehen lösten wir unsere Hände voneinander und als ich seine Wärme in meiner Handinnenfläche somit nicht mehr spüren konnte, hatte ich das Gefühl, dass etwas fehlte. Marcellino schien es ganz ähnlich zu gehen, denn sobald wir unsere Schuhe in der Holzkommode verstaut hatten, suchten seine Finger wieder die meinen.
Zusammen gingen wir schweigend die Treppe in den 1. Stock hinauf, doch es war eine total angenehme und entspannte Stille gewesen. Viel zu schnell hatten wir vor meiner Zimmertür gestanden und er hatte mich zum Abschied noch einmal umarmt.
„Schlaf schön", hatte er in mein Ohr geflüstert.
„Du auch und träum etwas Schönes.", bei meinen leisen Worten hatte er schon wieder Lächeln müssen und erst als er sich schon von mir abgewandt hatte, fiel mir noch etwas ein: „Lino"
„Ja?", er drehte sich wieder um und ich lehnte mich an meinen Türrahmen: „Heute hast du mir deinen Lieblingsort gezeigt...", er nickte bei meinen Worten.
„Dann bin Morgen ich dran."
„Was möchtest du mir denn zeigen?", seine Worte bewirkten, dass mir schlagartig warm ums Herz wurde, denn zum einen signalisierte er mir damit, dass er auch gerne nochmal mit mir ausreiten würde und zum anderen schien ich wirklich die Neugier in ihm geweckt zu haben.
„Das wirst du Morgen sehen."
„Bist du dir denn sicher, dass du mir nicht wenigstens einen kleinen Tipp geben kannst?"
„Ja.", bei meinen Worten oder vielmehr dem gespielt beleidigtem Hundeblick den er danach zog musste ich leise Lachen und war kurz davor nachzugeben. Doch eine Sekunde später hätte ich über mich selber schon wieder den Kopf schütteln können, denn ich hatte mir vorgenommen ihn Morgen zu überraschen und wollte das jetzt unter keinen Umständen zerstören. Dennoch konnte ich in seinen Augen nur allzu gut erkennen, wie gerne er eine Antwort von mir bekommen hätte.
„Falls es dich beruhigen sollte, ich bin mir sicher es wird dir gefallen.", mit einem Schmunzeln hatte ich mich von ihm abgewandt und war in meinem Zimmer verschwunden.
Bei dem Gedanken daran, dass ich die Tür zu seinem Zimmer erst etwa eine halbe Minute später hatte zuschlagen hören musste ich noch immer lächeln und konnte es nicht verhindern mir vor meinem inneren Auge auszumalen, wie Lino noch nachdenklich auf den Holzdielen des Flures gestanden haben musste.
Obwohl es noch total früh sein musste, dafür war Sonnenaufgang vor meinem Fenster Beweis genug, schaffte ich es nicht, noch länger still liegen zu bleiben und stand mit einem Seufzen auf. Mir war bewusst, dass ich bestimmt noch ein paar Stunden in Ruhe hätte weiterschlafen können, doch in diesem Moment war ich viel zu hibbelig um auch nur eine Minute zu versuchen wieder einzuschlafen.
Nachdem ich meine Sachen zusammengesucht hatte, was heute ein bisschen länger dauerte, da ich meinen blau-weiß gestreiften Bikini erst nach ein paar Minuten in dem Wäschefach meines Kleiderschrankes fand, öffnete ich ganz leise die Tür zu meinem Zimmer. Möglichst ohne auf die knarrenden Dielen zu treten schlich ich barfuß bis zum Bad und erst als ich die Tür leise hinter mir schloss, atmete ich erleichtert wieder auf, da ich tatsächlich keinen geweckt zu haben schien.
Nachdem ich mir meine Zähne geputzt und meine Haare gekämmt hatte, zog ich mich um. Die hellblaue Jeans die ich mir heute ausgesucht hatte, war früher meine absolute Lieblingshose gewesen und als ich sie mir nach so langer Zeit wieder über meine Beine streifte und hochzog, wurde mir auch sofort wieder bewusst wieso: sie passte nicht nur einfach perfekt, sondern war dabei auch noch so bequem wie keine andere.
Nachdem ich mir noch mein Bikinioberteil unter meinen BH gezogen hatte, wie ich es vorhin auch schon bei meiner Hose getan hatte zog ich mir mein weinrotes, bereits etwas verwaschenes T-Shirt an, das Lino mir vor Ewigkeiten einmal geschenkt und damit meinen Geschmack echt gut getroffen hatte.
Schnell warf ich noch einen kritischen Blick in den Spiegel und blieb an meinen Sommersprossen hängen, die durch die viele Sonne in letzter Zeit noch einmal um einiges intensiver geworden waren.
Mit einer Handbewegung schnappte ich mir meine Wäsche und verließ genauso leise das Bad wie ich es vorhin betreten hatte. Meine Zimmertür öffnete ich nur einen Spalt breit, da ich verhindern wollte, dass sie wie sonst auch immer quietschte und warf meine Klamotten auf den Boden, bevor ich sie behutsam wieder schloss.
Erst als ich mir meine Schuhe angezogen und das Haus ganz verlassen hatte, konnte ich wieder erleichtert aufatmen. Ich wusste nicht wie spät es war, doch ich war mir ziemlich sicher, dass alle anderen noch schlafen würden, was um diese Uhrzeit eigentlich auch noch ganz verständlich war.
Bei mir war dies jedoch heute anders, denn bereits seit den ersten zwei Sekunden nachdem ich wachgeworden war, war ich ein reines Nervenbündel gewesen und konnte an nichts anderes denken als an den Ausritt heute.
Ob es Lino wirklich gefallen würde? Zumindest hoffte ich das sehr, denn ich hatte mir schon so lange vorgenommen ihm diesen wundervollen Ort zu zeigen. Dennoch konnte ich nichts gegen die kleinen Zweifel tun, die mich immer wieder überkamen und mir scheinbar zuflüstern wollten, dass er an dem für mich magischen See doch keinen Gefallen finden würde.
Gedankenverloren ging ich durch den Wald zu Feders Weide. Keine Sekunde lang dachte ich überhaupt darüber nach, ob es richtig war Marcellino Feders und mein geheimes Reich zu zeigen, denn es gab nur eine Person der ich mehr vertraute als ihm und das war Feder selbst.
Inzwischen war ich diesen schmalen Trampelpfad so oft gegangen und immer wieder war in mir die Frage aufgekeimt, wie ich ihn mein ganzes Leben über hatte nicht einmal bemerken können, wenn er und vor allem sein Ziel für mich inzwischen so unfassbar wichtig waren.
Bevor ich Feder oder ihre Weide überhaupt sehen konnte, hörte ich sie schon leise Wiehern und beschleunigte unterbewusst meine Schritte. Sie würde die einzige sein, die es jetzt vielleicht schaffen konnte meine viel zu schnellen Gedanken und Zweifel zu verdrängen, zumindest so lange bis ich Lino sehen und diese dann wahrscheinlich sowieso mit einem Mal verfliegen würden.
Anders als erwartet konnte ich diese These jedoch bereits wenige Sekunden später auf die Probe stellen, denn sobald ich Marcellino erblickte, waren meine Zweifel und all die unnötigen Gedanken die ich mir über unseren heutigen Ausflug gemacht hatte tatsächlich verschwunden. Denn ich kannte ihn so lange und so gut, dass ich auf einmal wieder mit Sicherheit sagen konnte, dass der unendlich klare See ihm nicht nur gefallen, sondern auch er ihn so wie Feder und ich lieben würde.
Dies änderte jedoch dennoch nichts an der Tatsache, dass ich sehr verwundert war ihn hier zu sehen. Oder bessergesagt nicht nur ihn, sondern auch Dino, der keine fünf Meter weiter an dem dunklen Holzzaun stand und fertig gesattelt und getrenzt Feder begrüßte.
„Guten Morgen"
„Morgen", Linos grün-braune Augen, in denen wie schon in den Tagen zuvor und beim Ball das Smaragdgrün überwog und sie somit noch schöner und tiefer aussehen ließ musterten mich abwartend: „Hast du gut geschlafen?"
„Ja und du?"
„Auch", ich musste ihn so ungläubig angesehen haben, dass er von alleine weiterredete: „Ich habe wirklich gut geschlafen, bin allerdings schon ziemlich früh aufgewacht. Da dir das allerdings ähnlich zu gehen scheint und du auch die ähnlichen Hintergründe haben wirst wie ich, denke ich nicht das wir uns damit noch länger aufhalten sollten.", er grinste schief und ich fragte mich ob er wusste, dass mein Herz wegen dieser einfachen Geste auf einmal viel schneller schlug.
Auch wenn ich nicht sagen konnte wieso fand ich seine Worte einfach nur unglaublich süß. Denn zum einen zeigten sie mir, dass er nicht nur genauso wenig geschlafen hatte wie ich, sondern auch noch wegen unserer gemeinsamen Verabredung aufgeregt zu sein schien und zum anderen fand ich es unglaublich toll, dass er so ehrlich damit umging. Erst jetzt wurde mir wieder bewusst, wie sehr ich schon immer seine Ehrlichkeit bewundert und geschätzt hatte, mit der er stets jedem begegnete.
Trotzdem musste ich schmunzeln als mein Blick auf Dino und Feder fiel und ich die schwarze Trense und den sauberen Sattel sah die Dino trug.
„Was denn?", Marcellino schien meinem Blick nicht nur gefolgt, sondern auch die Belustigung richtig in ihm erkannt zu haben.
„Alles gut. Ich glaube nur nicht, dass du das heute brauchen wirst.", einen Moment genoss ich die Verwunderung in seinen Blick mit dem er mich musterte, bevor ich doch beschloss ihn ganz an meiner Entscheidung teilhaben zu lassen: „Naja, gestern hast du bestimmt was wir machen, richtig?"
Lino nickte und ich fuhr fort: „Deshalb bin heute ich dran und ich habe nicht nur einen wundervollen Ort den ich dir gerne zeigen würde, ich würde auch gerne etwas anderes mit dir erleben, doch glaub mir, dafür brauchst du weder Sattel noch Trense."
Noch immer wirkte er nicht ganz überzeugt, doch mir war bewusst, dass es mir an seiner Stelle wahrscheinlich auch nicht anders gehen würde. Trotzdem ging er zögerlich auf Dino zu und während ich ihm folgte und Feder, die noch immer am Zaun stand mit einem Kuss auf die Stirn begrüßte, löste er bereits dem Sattelgurt.
Wenig später gingen wir nebeneinander her zum Stall und auch wenn ich nichts sagte bewunderte ich, mit was für einer Leichtigkeit er den Sattel auf dem ganzen Weg trug ohne sich nur einmal über das Gewicht zu beschweren. Nur, dass er mir tatsächlich so Doll vertraut hatte, dass er Dino ganz ohne Trense, die ich übrigens auf dem Weg zur Sattelkammer trug bei Feder hatte stehen lassen bedeutete mir noch mehr. Denn mir war nur allzu bewusst wie wichtig ihm Dino war und ihn ohne begrenzenden Zaun und ganz frei zurück zu lassen war ihm sicher nicht leichtgefallen. Vor allen Dingen hatte ich gedacht viel länger auf ihn einzureden, doch kaum das ich erwähnt hatte, dass er unter allen Umständen bei Feder bleiben würde, da diese ihm so wichtig war, hatte er mir schon zugestimmt was mir zeigte wie viel Glauben er meinen Worten mittlerweile schenken musste.
Wie selbstverständlich öffnete ich ihm die rote Stalltür und hörte gleich das rascheln von Hufen in dem weichen Stroh, da es noch so früh war, dass keiner die Pferde auf die Weide gebracht hatte. Da dies jedoch nicht unsere Aufgabe war und nur die Frage aufgeworfen hätte, warum wir schon so früh wach gewesen waren, gingen wir einfach nur weiter zur Sattelkammer.
Das kleine Licht das man auch tagsüber brauchte, da die hohen Schränke an den Wänden keinen Platz für Fenster boten flackerte wie immer ein paar Mal bevor es dann doch ansprang und ich öffnete die Tür zu Dinos Spint, damit Marcellino den Sattel ablegen konnte.
„Danke", sein warmes Lächeln ließ die Schmetterlinge in meinem Bauch Purzelbaum schlagen und auch wenn meine Wangen glühten hoffte ich, dass sie nicht so Rot waren wie ich es befürchtete.
Ohne mich danach zu fragen nahm Lino mir die Trense ab, damit ich das Gebiss nicht auswaschen musste und ging aus der Sattelkammer um im Nebengang an das Waschbecken zu treten.
Anders als früher folgte ich ihm dieses Mal jedoch nicht, sondern öffnete die Holztür von Feders Schrank. Es dauerte mich ein bisschen bevor ich mich in meinem mir eigentlich vertrauten Chaos wiederzurechtfand doch noch bevor Lino wieder über die Türschwelle trat, hatte ich gefunden was ich suchte.
Mit etwas Kraft zog ich an dem Stück meines braun-weißen Halsringes, dass ich in dem Fach über mir erahnen konnte und konnte keine Sekunde später gerade noch verhindern, dass mir meine Putztasche auf den Kopf fiel.
Erst als ich hinter mir ein leises Lachen hörte gab ich auch den Kampf mit meiner Longe und den unzähligen Stricken auf, die ich ebenfalls unbemerkt mit nach vorne gezogen haben musste und drehte mich zu Lino um.
Dieser stand noch immer schmunzelnd da und sah nicht so aus als ob er mir zu Hilfe kommen wollen würde, obwohl der ganze Inhalt des Spindes gerade auf mich hinab zu prasseln schien.
„Na, danke auch.", obwohl ich ernster klang als beabsichtigt wusste er, dass mein anscheinend beleidigter Tonfall nur gespielt war.
„Immer gerne wieder.", lässig hängte er die Trense an die Innenseite der Tür bevor er seinen Schrank schloss und aus dem kleinen Raum schritt, nicht um vorher noch das Licht auszuschalten.
So schnell wie möglich stopfte ich die einzelnen Dinge wieder in den Spind und knallte die Holztür zu, bevor sie mir wieder entgegenkamen. Noch bevor ich anfing zu rennen und erst aus der Sattelkammer und dann aus dem Stall stürmte um Lino wieder einzuholen, nahm ich mir fest vor, später wirklich aufzuräumen, auch wenn ich genau wusste, dass das wahrscheinlich nicht passieren würde. Ordnung war schließlich noch nie so richtig mein Ding gewesen.
Lachend rannte ich hinter Lino her, der sich jedoch, egal wie schnell ich lief immer weiter von mir zu entfernen schien. Schon bevor wir überhaupt an dem Kieselplatz angekommen waren, war mir bewusst geworden, dass ich ihn nie im Leben würde einholen können, doch trotzdem gab ich nicht auf.
Allein die Tatsache, dass er zwischenzeitlich sogar mit Absicht stehenblieb um mir zu signalisieren wie langsam ich eigentlich war, spornte mich so weit an, dass wir doch noch fast gleichzeitig wieder an Feders Weide ankamen.
Doch noch in der Bewegung mit der Marcellino sich zu mir umdrehen wollte, um mir spaßeshalber entgegenzuschleudern, dass ich noch immer genauso langsam wie früher war, stockte er.
Keine Sekunde später entdeckte auch ich das was ihn so erstaunt haben musste. Wie ich es ihm schon von Anfang an gesagt hatte, standen Dino und Feder noch immer beieinander und das sogar dicht. Ziemlich dicht genaugenommen denn nun gab es keinen Zaun mehr, der die beiden voneinander trennte.
„Feder", lachend ging ich auf sie zu und konnte nicht anders als sie an ihrem Wirbel an der Stirn zu kraulen: „Du bist mir ja eine, du kleine Maus!"
Auch Lino kam langsam zu uns und blieb neben mir stehen, während ich Feder noch immer lächelnd in meine Arme schloss. Erst jetzt viel mir ein, dass Lino ja noch gar nicht wusste, dass Feder sich so schon etliche Male befreit hatte, aber auch jedes Mal wieder zurückgekommen war.
„Siehst du", meinte ich an ihn gewandt: „Ich habe dir ja gesagt, dass Dino bei Feder bleibt."
„Ja das hast du, nur irgendwie hast du mir dabei verschwiegen, dass Feder dafür zu ihm kommt."
„Tja", schmunzelnd sah ich ihn an: „Das muss ich wohl ausversehen völlig vergessen haben.", keine Sekunde später spürte ich seine Hände an meiner Taille und wusste, dass er gleich versuchen würde mich an meiner Seite zu kitzeln, so wie er es früher immer getan hatte.
„Das ist unfair!", stieß ich prustend hervor.
„Nenn mir einen Grund warum das unfair sein sollte.", sein Atem, der bei seinen Worten meinen Hals gestreift hatte, sorgte dafür das sich dort augenblicklich meine feinen Härchen aufstellten und ein wohliger Schauer mich durchfuhr.
Nur Feders und Dinos ungeduldiges Wiehern hinderte Lino daran mich noch weiter zu kitzeln, doch schon nach diesen wenigen Sekunden spürte ich die Röte in meinem Gesicht. Diese stammte jedoch nur zur Hälfte von der Tatsache, dass ich keine Luft mehr holen konnte, wenn mich auch nur jemand an meiner Seite berührte, denn eigentlich lag es er daran, dass es Lino gewesen war, der mich dort gekitzelt hatte.
Diesem schien das zum Glück jedoch nicht aufzufallen, auch wenn ich seinen Blick noch immer auf mir spürte, während ich mich bückte um den Halsring vom Boden aufzuheben, den er erst jetzt zu bemerken schien.
„Hier", ich hielt ihm das braun-weiße, runde und stabile Seil hin und zögerlich ergriff er es. Auch wenn er vorhin seinen Sattel mit weggebracht hatte, schien er erst jetzt zu bemerken worauf ich hinauswollte und unweigerlich musste ich lächeln.
„Glaub mir, es ist einfach nur wunderschön.", alles was er darauf erwiderte war ein vorsichtiges Nicken und auch wenn er zu Dino ging und ihm vorsichtig den Halsring umlegte wusste ich, dass ich ihm noch immer nicht ganz überzeugt hatte.
„Du wirst zwar erst verstehen was ich meine, wenn du es selber erlebst, doch ich verspreche dir, es wird das Wort Freiheit für dich neu definieren."
„Okay", seine Augen funkelten und ich wusste das er sich gerade sehr zurückhalten musste um nicht einen Witz über meine, für seinen Geschmack viel zu philosophischen Worte zu machen.
„Wollen wir?"
Einen Moment musterte er mich noch nachdenklich. „Aber nur wenn du mir endlich verrätst wohin wir reiten.", ganz beiläufig griff er nach der Mähne von Dino und streckte sein linkes Bein aus, sodass ich ihn den Schwung geben konnte, den er benötigte um aufzusteigen.
Als ich zu ihm hochblickte sah ich das Strahlen in seinen Augen, dass den leichten Zweifeln, die er mehr oder weniger erfolgreich versucht hatte vor mir zu verbergen gewichen war und wusste das er jetzt schon anfing zu verstehen was ich meinte.
„Ich bleibe dabei, du wirst es sehen, wenn du da bist.", grinsend wandte ich mich zu Feder und bemerkte erst jetzt, dass diese sich schon hingelegt hatte.
Inzwischen war es mir so unheimlich vertraut mein rechtes Bein vorsichtig über ihre Kruppe zu schwingen und auf der anderen Seite ihrer Flanke hinabgleiten zu lassen, dass ich mir nicht vorstellen konnte, auch nur einen Tag in meinem weiteren Leben darauf verzichten zu können.
Als ich mich nach vorne beugte und ihr ein leises „Danke", ins Ohr flüsterte, war ihr zufriedenes Schnauben alles, was ich in diesem Moment hören wollte.
Langsam stand sie auf und schon während ich mein Gewicht wie in letzter Zeit so oft so verlagerte, dass ich ihr möglichst wenig zur Last fiel, wusste ich wieder wo ich hingehörte und dass ich niemals irgendwo anders würde sein wollen als bei Feder.
Ich streichelte ihr über die dicke, wenn inzwischen auch wieder vollkommen verdreckte Mähne und auch wenn ich die Energie spüren konnte, die heute jede Zelle ihres Körpers zu durchfluten schien, wartete sie ganz geduldig.
Auch wenn ich es schon tausend Mal zuvor begriffen hatte, war es immer wieder unbeschreiblich, wenn ich diese Verbundenheit zwischen uns beiden spürte, die inzwischen um Meilen Tiefer war als jemals zuvor. Ich vertraute ihr mehr als allen anderen und es gab niemanden, der mir jemals wichtiger sein könnte als sie und das schien sie zu wissen, auch wenn ich es ihr nicht sagen konnte. Doch vielleicht brauchte ich das auch gar nicht, denn wir verstanden uns auch so, ganz einfach und leichter als es mir jemals zuvor gefallen war, egal worum es ging und das ganz ohne Worte.
Wir gehörten einfach zusammen, mit diesem Gedanken drehte ich mich nach hinten und sah zu Lino, der etwas zu Dino sagte, dass ich nicht verstehen konnte. Jedoch wusste ich, dass es auch gar nicht für meine Ohren bestimmt war, sondern nur für die beiden und zumindest Dino schien mit seinen beiden zu Lino zugewandten Ohren eifrig seiner Stimme zu lauschen.
Einen Moment beobachtete ich die beiden noch und wieder einmal wurde mir bewusst, wie gut sie zusammenpassten. Nicht nur vom äußerlichen, obwohl sie in diesem Aspekt auch perfekt miteinander harmonierten, sondern auch von den inneren Werten.
Wenn Dino mal ein bisschen aufgedreht war gab Lino ihm die Ruhe die er brauchte und andersherum gab Dino ihm den Halt den er benötigte um in seiner Reiterlichen Karriere so weit gekommen zu sein, wie er es inzwischen war und noch immer Spaß daran zu haben.
Nur der intensive Blick aus den mir so unendlich vertrauten grün-braunen Augen schaffte es wieder mich in die Gegenwart zurückzuholen und auf einmal schien kein Blut, sondern nur noch die Aufregung durch meine Adern zu rauschen. Diese stammte jedoch nicht von irgendeinem Bedenken, sondern von der Tatsache, was wir gleich zu viert erleben würden. Denn auch wenn wir noch nicht einmal losgeritten waren, schien es einer der schönsten Tage in meinem Leben zu werden.
Hatte ich das nicht sogar vorhin schon zu Lino gesagt? Eines seiner schönsten Ereignisse? Auch wenn ich damit eigentlich etwas anderes gemeint hatte, schien es auf einmal auch auf Feder und mich und den ganzen gemeinsamen Tag bezogen zu sein.
Ein Lächeln breitete sich auf seinen vollen Lippen aus und es viel mir unendlich schwer, meinen Blick wieder von ihnen abzuwenden, doch bei meinen Worten wollte ich ihm direkt in die Augen sehen.
Er erwiderte meinen Blick genauso eindringlich wie meiner es war, doch es schwangen noch so viel mehr Gefühle darin mit, die mein Herz höherschlagen ließen. Ein Schauer durchfuhr mich und mit einem Mal konnte ich mit Sicherheit sagen, dass ich mir noch nie bei einer Entscheidung so sicher gewesen war wie jetzt: ich wollte ihm und Dino den kleinen, verborgenen und für mich schon lange magischen See zeigen, denn ich wusste, dass ich ihnen vertrauen konnte.
Auf meinen Lippen breitete sich allein bei dem Gedanken daran ein leichtes Lächeln aus, das Marcellino noch immer erwiderte.
Unsere Blicke schienen sich ineinander zu verhaken und ich holte noch einmal tief Luft bevor ich zu sprechen begann: „Bereit?"
„Bereit, wenn du es bist!"
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