Kapitel 14 ~ Vermutung
Mehrere Minuten später kam ich dann an der Wohnung an und ging auf mein Zimmer. Ich zog mich um, kämmte mir die fasst luftgetrockneten Haare und machte mir einen Ponyschwanz, oder wie auch immer man das nennt.
Dann ging ich wieder aus der Wohnung und schlug den Weg Richtung Schule ein. Viele Zimmer waren dort und ich wollte jemanden besuchen. Ich brauchte jetzt einfach ein offenes Ohr.
Kurze Zeit später stand ich auch schon vor der Tür und klopfte vielleicht etwas fester als nötig.
Mir wurde aufgemacht und die hübschen Bernsteinaugen musterten mich neugierig.
"Hey Elly, alles klar? Warum bist du hier? Wolltest du nicht mit deinen Freundinnen in den Sommerwald?"
"Hey Brandon." Ich seufzte leicht. "Darf ich rein?"
"Klar, aber was ist los?" Er hielt mir die Tür offen und ich trat ein. Er hatte ein Zweierzimmer, sein Mitbewohner war anscheinend nicht da. Gut.
"Ich muss mit dir reden. Aber versprich, dass du es keinem erzählen wirst, okay?"
Er sah much neugierig an, willigte ein und deutete auf ein Zimmer. "Setzt dich doch aufs Bett."
Das tat ich und atmete einmal tief durch.
Sollte ich das wirklich machen? Wenn ich einen rat haben wollte, musste Brandon die ganze Geschichte wissen.
"Also, was gibt's?", fragte er.
Ich erzählte erneut die ganze Geschichte, wie bei Fiona. Nur das dieses mal eben etwas hinzugefügt wurde.
Brandon war ein super Zuhörer, unterbrach mich nicht und stellte keine Fragen. Er hörte einfach zu.
Als ich endete sah ich ihn vorsichtig an, versuchte in seinem Blick zu deuten, was er dachte.
Langsam nickte er. Verständlich, das Brandon das alles erstmal verarbeiten musste.
"Das ist ...", er machte eine kurze Pause.
"So ziemlich das coolste, was ich je gehört habe!" Grinsend sah er mich an und ich konnte förmlich die tausend Steine hören, die von meinem Herzen fielen.
Im Gegensatz zu Fiona stellte er nur eine Frage.
"Aber warum erzählst du mir das?"
Die Frage traf mich überraschend und ich hatte keine konkrete Antwort parat.
Damit ich...
...mich besser fühlte?
...einen Rat bekomme, wie ich mich jetzt Fiona gegenüber verhalten solle?
...sehen konnte, wie er reagiert?
Ich blieb einfach stumm und wartete auf seine Reaktion.
"Was erwartest du jetzt von mir? Das ich dir den besten aller Ratschläge gebe und es wieder heißt Friede, Freude, Eierkuchen?
Ich verstand zwar nicht, was Eierkuchen jetzt mit dem Thema zu tun harte, aber der Rest traf schon irgendwie zu.
"Sowas in der Art?", sagte ich dann schließlich.
Er seufzte und blickte mich durch seine Bernsteinfarbenen Augen an. "Hör zu, ich bin nicht wirklich ein experte in so... speziellen Beziehungen. Vielleicht suchst du dir jemand anderen. Jemanden mit einem offenen Ohr und der sich damit auskennt", schlug er vor.
"An sich eine gute Idee. Nur wer käme in Frage?", überlegte ich laut.
"Wie wär's mit... dieser Junge. Der, der in Geschichte neben dir sitzt. Er scheint dich echt zu mögen. Als du umgekippt bist, war er total besorgt. Er hat dich sogar zur Krankenschwester getragen."
Warte, was? Matthew war besorgt um mich? Und hatte mich...?
Ich merkte, wie die Röte mir ins Gesicht stieg. Das war auch so eine doofe Menschensache!
"Weißt du, wo Matthew gerade ist? Oder vielleicht, wo seine Wohnung ist?", fragte ich.
Brandon fuhr sich durch die Haare und dachte nach. "Heute hab ich ihn noch nicht gesehen. Obwohl... noch vor Eileen dreiviertel Stunde war er auf dem Schulhof, mit deinem Freund."
Erleichtert atmete ich aus. Dann musste ich mich immerhin nicht auf eine lange Suchexpedition begeben.
Ich stand auf. "Danke, wirklich. Ich bin froh, dass du darauf so gelassen reagierst."
"Na ja... ich wusste schon vorher dass es Frost- und Firebirds wirklich gibt. Ich war mal im Winterwald. Ich war erst ungefähr sechs. Dann habe ich ein paar Frostbirds gesehen. Aber... der Wald war verkohlt. Ich war da mit-" Bevor er sich in einen unausweichlichen Redeschwall vertiefen konnte, bremste ich ihn.
"Ja, tut mir leid, aber ich muss wirklich los. Danke nochmal!"
"Klar, immer gerne", sagte Brandon.
Ich ging durch die Tür und joggte dann an den Klassenräumen vorbei, am Sekretariat und am Krankenflügel, bis ich im Schulhof stand.
Mein Blick glitt durch die vereinzelten Schülergruppen, doch Matthew konnte ich nicht identifizieren. Ich schaute mich nochmal schnell um.
Dann ist er wahrscheinlich schon woanders. Mist!
Doch dann sah ich ihn. Er kam aus Richtung Innenstadt angelaufen, und damit meine ich wirklich gelaufen. Sogar mit einem ziemlich raschen Tempo. In seinen Augen lag ein bisschen Panik.
Hinter ihm lief sein Freund, dessen Namen ich immer noch nicht kannte. Beide blickten sich immer wieder um, als würden sie jemanden suchen. Ungefähr wie ich, eben.
Als Matthew mich sah, kam er auf mich zu. Erleichterung stand ihm ins Gesicht geschrieben.
"Hey, alles in Ordnung?", fragte ich. Er sah in der Tat ziemlich aufgeregt aus.
"Ja... ja, alles in Ordnung", murmelte er abwesend.
"Wolltest du nicht mit deinen Freundinnen in den Sommerwald gehen?", wechselte er das Thema.
"Hattest du nicht irgendwas vor?", fragte ich zurück.
"Na ja... kleine Planänderung. Es kam ein... unerwartetes Ereignis."
"Aha. Und nein, ich bin ab jetzt offiziell wieder zur Verfügung. Es gab ebenfalls... eine kleine Planänderung."
"Hast du dann jetzt Zeit?", fragte Matthew vorsichtig. Sein Freund hinter ihn seufzte laut auf und rollte überschwänglich mit den Augen. Ich musterte ihn kritisch.
Auch Matthew drehte sich um. "Finn. Lass es. Du weißt doch, dass-" Er brach ab.
Finn hinter ihm murmelte nur win leises Ja ja.
"Also, sollen wir in die Stadt gehen oder so?", fragte Matthew.
"Ja, gerne. Aber... bitte nicht in die Stadt." Ich wollte kein Risiko eingehen, Fiona oder die anderen zu treffen.
"Okay... magst du klettern? Ich kenne einen coolen Kletterwald, hier in der Gegend."
"Klettern hört sich gut an. Wo genau ist der?" Ich hatte schon mal vom Klettern gehört. Es schien Spaß zu machen.
"Super. Treffen wir uns dann in einer halben Stunde wieder hier? Nimm am besten einen Rucksack und feste Schuhe mit", schlug er vor und ich nickte bestätigend.
Dann gingen wir jeweils in unsere Wohnungen und machten uns fertig. Ich schnappte mir etwas kürzere Sachen, Shorts und ein T-Shirt. Außerdem nahm ich mir noch ein paar Socken. Dann füllte ich meine Wasserflasche und packte auch ein paar Snacks ein.
Dann war ich soweit fertigt und verließ die Wohnung wieder.
Draußen vor dem Zaun, hörte ich aber die Stimmen von Fiona und den anderen. Schnell versteckte ich mich hinter ein paar Büschen, die dem Nachbarhaus gehörten. Sie gingen zum Glück an mir vorbei in die Wohnung.
Ich schaute mich nochmal um, dann ging ich wieder zur Schule. Auf dem Hof angekommen, hatte ich noch eine Viertelstunde.
Ich setzte mich auf eine Bank und ließ meinen Gedanken freien lauf. Während der Suche nach Matthew und dem Fertigmachen hatte ich die Gedanken an den Streit mit Fiona erfolgreich verdrängt. Doch jetzt konnte ich nicht anders als darüber nachdenken.
Doch dann... dann kam mir eine Vermutung. Sie war jedoch so sinnlos, dass ich sie sofort wieder verdrängte. Ich versuchte es jedenfalls, jedoch nistete sie sich in meinem Unterbewusstsein ein.
Dann, endlich, kam Matthew. Und im Gegensatz zu den letzten malen war diese Finn nicht dabei.
"Hey. Können wir los?", fragte er.
"Klar, du musst nur sagen, wo es langgeht."
"Folge mir einfach." Mit den Worten ging er in Richtung Stadtrand und ich folgte ihm.
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