41 Auf Wiedersehen
Taehyung setzte sich langsam im Bett auf und stellte sicher, den schlafenden Jungkook neben ihn nicht zu wecken. In seinem Kopf kreisen die unterschiedlichsten Gedanken gleichzeitig.
Er blieb die ganze Zeit wach und dachte über Jungkook und sich selbst nach. Er wollte wieder anfangen. Er wollte alles noch einmal von vorne beginnen, aber er war sich nicht sicher, ob das, was er vorhatte, richtig war.
Er ging zur Tür und trat aus dem Zimmer, schloss sie hinter sich und vergewisserte sich, dass Jungkook noch schlief.
Das Schloss war unheimlich schummrig beleuchtet und still wie immer. Taehyung ging geradewegs die Treppe hinunter und betrat den Zaubertränkesaal.
Drinnen angekommen, ging er zu einem Bücherregal und holte einen Stapel Pergament zwischen den Büchern hervor. Er legte den Stapel auf eine nahegelegene Tafel und griff nach Tinte und Federkiel.
Er nahm ein Stück Pergament in die Hand und begann zu schreiben:
Hallo Kim Namjoon, Seokjin;
Ich weiß, dass keiner von euch beiden mit mir interagieren möchte, da wir dazu bestimmt sind, Feinde zu sein. Ich sollte jedoch Folgendes erklären;
Zunächst einmal möchte ich mich im Namen aller Dämonen für alles entschuldigen. Für jede Schlacht und jeden Krieg, den es jemals zwischen Engeln und Dämonen gab.
Ich entschuldige mich dafür, dass ich euch Jungkook weggenommen und ihn in irgendeiner Weise verletzt habe. Ich war verletzt und auf der Suche nach Rache für meine Vergangenheit, nur um herauszufinden, dass ich die ganze Zeit in einer Lüge gelebt habe. Es tut mir also leid.
Mein Vater ist nicht mehr am Leben, oder zumindest habe ich mich entschlossen, dies zu glauben, nehmt dies als Friedensangebot an.
Ich möchte klarstellen, dass ich Jungkook schließlich befreit habe und ihm gesagt habe, er solle gehen. Aber er selbst hat sich geweigert. Er hat sich entschieden zu bleiben.
In der Zeit, in der Jungkook hier war, haben wir auf viele verschiedene Arten interagiert.
Seine Persönlichkeit, seine Art zu sein, sein Charakter, er ist so einzigartig. Langsam wurde mir klar, dass ich die ganze Zeit von der falschen Kraft angetrieben wurde, dem Hass.
Jungkook ließ mich eine Menge Dinge in Frage stellen, er verwirrt wahnsinnig meinen Geist und Gefühle. Durch ihn fühlte ich mich verwirrt, verletzlich, aber er brachte mich auch dazu, mich selbst langsam zu finden - oder zumindest half er mir, mich selbst zu finden.
Bitte habt Verständnis dafür, dass seither einiges zwischen uns passiert ist.
Unabhängig davon, dass es Jungkook gut geht und er in Sicherheit ist. Er ist völlig gesund und glücklich, wie immer.
Warum ist er immer so glücklich und sorglos?
Ich bitte euch, sich keine Sorgen um ihn zu machen. Es wird ihm gut gehen, auch wenn er vielleicht eine Weile nicht nach Hause kommt. Uns wird es gut gehen.
Ich weiß, dass ihr im Moment sehr verwirrt seid, und wenn ihr dies lest, werden wir wahrscheinlich schon weg sein, aber das ist kein Ende.
Wir werden zurückkommen.
Mit freundlichen Grüßen, Kim Taehyung.
Taehyung seufzte und legte den Federkiel nieder. Er stand da und überlegte, ob er das wirklich tun sollte. War dies das Richtige? Könnte dies vielleicht ein neuer Anfang sein?
Würde Jungkook es gutheißen?
Taehyung seufzte ängstlich.
Du weißt nicht, wie etwas schmeckt, bis du es probiert hast.
Taehyung beschloss, nicht weiter darüber nachzudenken, rollte den Brief zusammen, nahm ihn an sich und verließ den Raum.
Durch die vertraute Dunkelheit bahnte er sich seinen Weg zum Vordereingang, wo normalerweise zwei Ritter standen.
Als sie Taehyung bemerkten, verbeugten sie sich respektvoll: "Eure Majestät".
"Du musst diesen Brief sofort an das Engelskönigspaar Kim Namjoon und Kim Seokjin überbringen", befahl Taehyung einem der Ritter. Sie standen etwas verwirrt da, beschlossen aber, den Befehl des Königs nicht in Frage zu stellen.
Bevor der Ritter mit seiner Aufgabe beginnen konnte, sprach Taehyung: "Überbringe einfach die Nachricht. Greif keinen Engel an." Der Ritter nickte und ging davon.
Taehyung ging zurück ins Schloss, um nach Yoongi zu suchen. Sein Herz schlug schnell und sein Verstand warf immer wieder besorgte Gedanken auf.
Die Entscheidung, die er treffen wollte, war für sie beide, für ihn und Jungkook. Es war eine Gelegenheit für sie, neu anzufangen, weg von allem. Aber Taehyung hatte Angst, dass es sich als Fehler herausstellen würde.
Ängstlich klopfte er an die Tür vor ihm, Yoongis Zimmertür. Er klopfte und klopfte, aber er bekam keine Antwort. Schließlich wurde die Tür nach hinten gezogen und ein verwirrter Yoongi stand da.
Yoongi starrte Taehyung an und wartete darauf, dass er ihm den Grund für das unangenehme Klopfen erklärte.
"Hyung", Yoongi beobachtete ihn. Taehyung nannte ihn kaum noch Hyung. "Bitte komm mit mir, ich brauche deine Hilfe", beendete Taehyung leise.
Yoongi antwortete nicht, denn sein verwirrter Gesichtsausdruck sprach für ihn. Taehyung drehte sich um und begann zu gehen, Yoongi folgte ihm.
Durch ruhiges Gehen gelangten sie wieder in den Tränkeraum. Taehyung vergewisserte sich, dass niemand in der Nähe war, bevor er die Tür hinter sich schloss.
"Taehyung, geht es dir gut? Was geht hier vor sich?" sagte Yoongi endlich. Taehyung sah ihn nervös an.
"I-Ich glaube, ich habe mich in Jungkook verliebt" begann Taehyung. Yoongi gab ihm einen einladenden Blick zum fortsetzen, "Und ich möchte uns eine Chance geben, ich denke, dass er es auch möchte. Ich möchte mit ihm neu starten"
"Wie meinst du mit neu starten?" sagte Yoongi.
"Ich möchte, dass wir Menschen werden. Ich möchte mich mit ihm in einen Menschen verwandeln"
"Taehyung-"
Taehyung stoppte und schaute Yoongi an, der aufmerksam zuhörte. "Hyung, alles was ich von hier, Hölle, bekam, ist Schmerz. Schon seit dem ich Kind war, habe ich nur leiden gesehen. Ich habe es satt, Hyung. Ich möchte ein neues Leben. Ich möchte alles vergessen. Über meine Mutter. Über meinen Vater. Über die Kriege. Über die Engel. Über dieses Königreich. Über diese lebendige Hölle. Ich möchte all das vergessen" sagte Taehyung. Seine Stimme klang verletzt und leise, mit einer Spur von Verzweiflung und Müdigkeit in ihr.
Yoongi starrte ihn an. Er konnte die Verletztheit in Taehyungs Augen sehen. Den verletzten kleinen Jungen, der hier für immer gefangen war. Der heraus wollte.
Yoongi trat näher und nahm sanft Taehyungs Hand. In diesem Moment vergaß er über König Kim Taehyung. In diesem Moment war dort kein Royalty mehr, sondern zwei beste Freunde aus Kindertage, die sich gegenseitig anstarren.
"Taehyung" begann Yoongi leise. "Ich weiß alles, was du durchgemacht hast. Ich bin schon bei dir, seit meiner Existenz. Ich sah alles mit an, was dir passierte, und es tut mir leid. Du verdienst ein Leben, frei und ohne Negativität. Du verdienst ein neues Leben, mit jemanden, der dich lieben und dir beistehen wird" Taehyungs Augen waren ein wenig wässrig, aber er weinte nicht.
"Du verdienst ein neues Leben mit Jungkook" sagte Yoongi und gab ihm ein kleines Lächeln. "Ich werde dir helfen"
Taehyung lächelte, "Vielen dank"
Yoongi ließ seine Hand los und trat von ihm weg, verschwand zwischen Bücherregale. Er kam mit einem dicken Buch in seinen Händen zurück zu Taehyung.
"So, Mensch sagst du?" begann Yoongi. Er platzierte das dicke Buch oben auf ein Tisch und öffnete es, blätterte durch staubige Seiten. "Es ist selten, dass ein übernatürliches Wesen die Form eines Menschen annimmt, aber es ist möglich" erklärte er, während Taehyung aufmerksam zuhörte.
Nachdem er mehrere Seiten überflogen hatte, blieb Yoongi schließlich bei einer stehen. "Hier ist es. Es erfordert ein Ritual", sagte Yoongi. "Das Ritual besteht darin, dass du deinen Geist und deine Seele mental von deinem derzeitigen Ursprung, in diesem Fall Himmel und Hölle, trennst und dich auf das Leben konzentrierst, das du als Mensch führen möchtest. Es heißt, wenn das Ritual funktioniert hat und sich Geist und Seele erfolgreich von diesem Ursprung gelöst haben, wird das übernatürliche Wesen einfach aus seiner ursprünglichen Welt verschwinden und als Mensch in der menschlichen Welt erscheinen", schloss Yoongi.
"Es klingt einfach" murmelte Taehyung.
"Es sagt auch, 'Wenn das übernatürliche Wesen in seine wahre Gestalt zurückkehren möchte, muss es eine Phiole seines eigenen Blutes trinken und sagen, dass es in seine ursprüngliche Gestalt zurückkehren möchte, was es auch meint. Aber beachte: Wenn du dieses ganze Ritual durchführst, egal ob du dich in einen Menschen verwandelst oder zu deiner entsprechenden Form zurückkehrst, werden die Dinge nicht mehr so sein, wie sie vorher waren' " las Yoongi.
Taehyung schluckte. Er war sich nicht sicher, was genau passierte, um sich in einen Menschen zu verwandeln. Aber er wollte dies tun.
"Bist du dir sicher, dass du das tun möchtest Taehyung?" fragte Yoongi leise. "Ich meine, was ist mit dem Königreich? Wer wird es regieren?"
Taehyung ignorierte seine Frage, "Ich möchte das versuchen Hyung. Mit Jungkook. Wenn wir es nicht mögen, dann können wir doch immer noch zurück in unsere wahre Form, richtig?" sagte Taehyung und Yoongi nickte leicht. "Richtig"
"Ich werde Jungkook holen, bitte warte hier" sagte Taehyung und verließ sofort den Raum.
Er ging nach oben zu seinem Raum und öffnete still die Tür. Jungkook schließ immer noch friedlich auf seinem Bett. Taehyung lächelte.
Er ging leise auf ihn zu und platzierte sanft seine Arme hinter Jungkooks Rücken und Knie, hob ihn sachte in Brautstil hoch. Selbst in seinen Armen, schlief Jungkook heiter weiter.
Taehyung musterte ihn. Wie friedlich er schließ, ahnungslos darüber, was Taehyung im Begriff war zu tun.
Taehyungs Intentionen waren gut. Der einzige Grund, wieso er sie in Menschen verwandeln wollte, war, dass sie ein neues Leben starten konnten, weg von all den übernatürlichen Dingen. Damit sie sich selbst eine Möglichkeit für eine freie Beziehung geben. Frei von Dämonen und Engel, frei von ihrer Vergangenheit.
Er wusste, dass Jungkook das auch tun wollte, er konnte es sehen. Er hatte es sogar vorhin gesagt.
'Weißt du..es wäre toll, ein Menschen zu sein. Wir könnten einmal von dieser Welt frei sein.'
'Wir könnten frei leben, du und ich, meinst du nicht?'
Aber dennoch, Taehyung nahm Jungkook von seiner Familie weg, von Namjoon, Seokjin, Hoseok, von seinem Zuhause, ohne zu wissen, ob er das gutheißen würde.
Und das war es, das Taehyung angst einjagte; ob Jungkook nicht damit okay war.
•••
"Ich habe Jungkook mitgebracht" Taehyung betrat den Tränkeraum, wo Yoongi wartete.
"Okay...stehe mit ihm in der Mitte des Raumes. Versuch auch, ihn zu wecken, wenn du kannst" sagte Yoongi.
Taehyung ging mit Jungkook in die Mitte des Raumes, er legte Jungkook ab und hielt ihn, da sein Körper noch schlief. Taehyung schüttelte ihn sanft, "Jungkook, wach auf" wisperte er mit einer sanften Stimme in sein Ohr.
Jungkooks Augen flatterten langsam mit langsamen zwinkern auf. Taehyungs Herz begann zu rasen.
"Okay, nun müsst ihr beiden euren Geist von dieser Realität lösen, von eurem Ursprung" sagte Yoongi.
Jungkook stand dort, gehalten von Taehyung, müde und verwirrt. Er war wirklich noch müde, was ihn nicht erlaubte, aufzunehmen, was gerade passierte.
"Taehyung..was passiert hier?" murmelte er müde. Taehyung lächelte leicht und wisperte in sein Ohr, "Hör mir zu, Baby, ich möchte, dass du deine Augen schließt und dich selbst als einen Menschen vorstellst. Ich möchte, dass du vergisst, wer du bist" sagte er. Jungkook schloss einfach seine Augen und begann, sich selbst als einen Menschen vorzustellen. Ohne Flügel. Ohne einer königlichen Familie. "Stell dir das Leben vor, dass du dir wünschst" wisperte Taehyung zu ihm. "Stell uns zusammen vor, frei und glücklich lebend"
Yoongi gab Taehyung einen Blick für du bist dran.
Taehyung schloss seine Augen und begann nun, sich selbst als einen Menschen vorzustellen. Er stellte sich das Leben vor, welches er wollte. Er sah sich selbst mit Jungkook. Händchenhaltend, während sie im hellen Gras lagen. Lachend. Verloren sich in den Augen des anderen. Genossen die Anwesenheit des anderen. Liebten den anderen.
Taehyung spürte, wie er sich von dieser Realität löste.
Er konnte all den Schmerz, Familiendrama, Negativität, Unklarheit, Hass spüren, er konnte spüren, wie alles freigesetzt wurde.
Es passierte.
Sie betraten eine neue Phase. Einen neuen Anfang.
Immer noch mit geschlossenen Augen, bevor er komplett die Welt verließ, sprach er endlich, "Kümmere dich für mich um dieses Königreich, Hyung"
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