38 Die unausgesprochene Wahrheit
Ein starkes, dämonisches Geräusch schallte im ganzen Raum.
"WAS TUST DU DA" sagte Taehyungs Vaters Stimme in verzweifelter Wut.
Taehyung hält Jungkook in seinen Armen. Er war bewusstlos und sein Körper war kalt. Taehyungs Herz schlug schnell, er war gerade noch rechtzeitig gekommen. Er legte Jungkooks Körper auf den Boden, weit weg vom Spiegel. Er stand dann auf und ging dann wütend zum Spiegel.
"HALT DICH VON JUNGKOOK FERN" schrie er. Aus dem Inneren des Spiegels war ein Zischen zu hören,
"DU TÖRICHTER JUNGE! Ich hatte ihn auf meiner Handfläche! Du musstest ja kommen und alles ruinieren, Taehyung! Bring den Jungen her! JETZT!"
Taehyung ignorierte das Schreien seines Vaters. Er schaute sich verzweifelt im Raum um. In seinem Kopf kreisen verschiedene Gedanken. Dieser Spiegel war eine Bedrohung für Jungkook, er musste etwas tun. Wäre er nicht rechtzeitig gekommen, wäre Jungkook schon weg gewesen. Taehyungs Herz wollte herausspringen. Jungkook konnte nicht mehr hier drin bleiben, er war nicht sicher. Das war er nie. Er hätte nie in Taehyungs Leben treten dürfen.
Hätten er und Jungkook sich nie getroffen, würde ihm das, was gerade geschieht, nie passieren. Jungkook müsste nicht durch sowas gehen und Taehyung würde nicht so sein, wie er sich grad veränderte. Er wäre nicht so schwach.
"Du bist so schwach Taehyung! Was für ein König bist du? Er ist ein Engel Taehyung! Wir müssen Rache nehmen!" sagte Taehyungs Vater.
"Nein! Er trägt keine Schuld! Er hat uns gar nichts getan!" sagte Taehyung.
"Seine Art hat uns alles angetan, Taehyung. Engel sind törichte, schwache Kreaturen! Wir Dämonen sind stärker! Wir müssen über sie herrschen. Sie auslöschen. Diese Welt gehört uns!", zischte er. "Die Engel behaupten, gute Wesen zu sein, Taehyung, aber das sind sie nicht. Sie sind egoistisch! Denk daran, was sie deiner Mutter angetan haben, Taehyung! Sie haben SIE ERMORDET!"
Taehyung zuckte zusammen. Bei der Erwähnung seiner Mutter begann sein Verstand sofort, die Szenen wieder abzuspielen. Ihr Körper. Die Blutlachen. Die Szenerie. Seine verzweifelten Schreie der Qualen. Alles spielte sich in seinem Kopf so detailliert und klar ab, als wäre es gestern passiert.
"Mein Sohn!" Die Stimme von Taehyungs Vater wurde leiser, aber sie klang genauso verzweifelt: "Mein Sohn, lass mich raus! Dieses Königreich braucht Führung! Ich weiß, dass du verloren bist. Ich weiß, dass du auf der Flucht bist. Lass mich raus und ich werde das in Ordnung bringen! Ich werde dich diesen Schmerz vergessen lassen! Ich werde uns beiden den Sieg bringen! Tu das für sie, mein Sohn. Tu dies für deine Mutter"
Taehyung antwortete nicht. Er lief verzweifelt hin und her. Er hatte das Gefühl, dass er jeden Moment zu hyperventilieren beginnen würde. Er fühlte sich zwischen zwei Wänden eingeklemmt. Erstickt.
Vielleicht hatte sein Vater recht. Vielleicht war er nur in dem immerwährenden Schmerz über den Tod seiner Mutter verloren. Vielleicht brauchte er einfach nur Führung. Macht.
Vielleicht war Jungkook ein Fehler. Eine Ablenkung, die ihn von dem ablenkte, was er wirklich sein sollte, der grausame, gefährliche, mächtige Dämonenkönig.
Kein schwacher Dämon, der sich in einen Engel verliebte.
"Taehyung" flüsterte sein Vater. "Mein lieber Sohn, lass mich dir assistieren. Lass mich für dich da sein. Bring den Jungen und das alles wird vorbei sein!"
Taehyung schaute zurück zu Jungkooks ohnmächtigen Körper. Wie hatte er es geschafft, so ätherisch auszusehen, selbst wenn er bewusstlos war? Seine Augen ruhten sanft und ließen ihn wie ein Baby aussehen, das um jeden Preis beschützt werden muss.
Er dachte an all die Momente, die er und Jungkook zusammen hatten. All die peinlichen und doch verbindenden Momente, die sie erlebt hatten. Die Küsse. Die Anspannung. Ihre Körper, die zu einer Einheit verschmolzen. Wie sie sich in den Augen des anderen verloren.
Sein Herz setzte einen Schlag aus.
Taehyung biss sich auf die Lippe und seine Hände wurden zu festen Fäusten. Nein, sein Vater wird ihm nicht auf den Geist gehen. Er würde ihm nicht erlauben, ihn zu manipulieren.
"Ich bin Kim Taehyung, der König. Nicht dein Sohn. Ich bin der König. Du manipulierst mich nicht" sagte er, und starrte seinen Schatten durch den Spiegel an.
"Verdammt noch mal! Du bist so nutzlos! Was für eine Enttäuschung hat diese Schlampe geboren! Nutzlose, schwache, widerwärtige Kreatur! Du bist kein Sohn von mir", schimpfte sein Vater wütend.
Taehyungs Körper füllte sich mit Wut, er fühlte, wie sich seine Fäuste verhärteten und er spürte, wie der Druck durch seine Adern pulsierte: "Wie hast du meine Mutter gerade genannt?!"
"Eine nutzlose Schlampe ist sie! Ich habe das Richtige getan, als ich ihr Leben beendet habe! Sie war eine Enttäuschung für diese Welt der Dämonen. Genauso nutzlos und schwach wie ein dreckiger Engel! Ich tat ihr einen Gefallen, als ich sie tötete! Sie war zu schwach für dieses Leben", sagte Taehyungs Vater böse und lachte am Ende seines Satzes.
"Was?"
Taehyungs Fäuste lockerten sich.
"Das ist richtig Taehyung! Ich war derjenige, der deine Mutter getötet hatte!"
Aber sie wurde mit vier goldenen Pfeilen attackiert? Goldene Pfeile gehörten den Engeln.
Nein, das machte keinen Sinn.
"Während Kim Namjoon in der Schlacht hinter mir her war, war ich bei deiner Mutter. Sie kam und suchte mich, weinte verzweifelt wie ein verdammtes Baby. Sie hatte Angst und suchte überall nach dir, aber sie konnte dich nicht finden, also kam sie zu mir. Wir wurden von Engeln angegriffen, und sie machte sich nur Sorgen um ihren Sohn! Der kleine Kim Taehyung. Sie war zu schwach und nutzlos für diese Welt. Ich sagte ihr, dass es das Beste für sie sei, diese Welt zu verlassen. Alles mir zu überlassen. Sie beschimpfte mich. Nannte mich arrogant. Böse. Grausam. Ein paar Meter von uns entfernt lag ein toter Engel. Ich habe den Pfeil des Engels gestohlen und sie zum Schweigen gebracht! Jedes Mal, wenn ich einen Pfeil in ihren schwachen Körper stieß, flossen Lust und Macht durch meine Adern. Ich stach viermal in sie hinein. In jeden Flügel, ihren Hals und ihr Herz, um sicherzugehen, dass sie nicht überleben würde. 'Du bist besser dran, mein Schatz', sagte ich, als ihr Körper schließlich blutüberströmt auf den Boden fiel"
Taehyungs Kopf begann sich zu drehen.
Wie konnte man dies seinen eigenen Partner antun? Die Mutter des eigenen Kindes?
Nein, das konnte nicht sein.
Er fühlte Hitze und Schweiß, die auf seinen Körper krabbelten. Sein Körper begann zu zittern und seine Knie kämpften damit, um an seinen Platz zu bleiben.
Sein ganzes Leben lang war er belogen worden. Jahrelang hasste er die Engel, weil sie ihm seine Mutter weggenommen hatten. Aber es stellte sich heraus, dass alles eine Lüge war. Es war sein eigener Vater. Das war er schon immer.
Er hatte sie ermordet und es so aussehen lassen, als hätte es ein Engel getan.
Heiße Tränen rannen Taehyungs Augen hinunter. Er spürte, wie sich seine Brust zusammenzog und seine Kehle sich verknotete.
Die Stücke kamen nun zusammen, er fand seine Mutter kaum lebend und sah keinen Verdächtigen in der Nähe.
Seine arme geliebte Mutter. Ermordet von ihrem eigenen Ehemann.
"Schau dich an, weinend! Von solch sinnlosen Wesen bin ich umgeben! Du bist erbärmlich, genau wie sie! Du hättest auch so enden sollen wie sie. Es war ein Fehler, euch beide zu nehmen. Diese Hölle wäre besser, wenn ich sie allein leiten würde!", schimpfte sein Vater wütend.
Aber Taehyung war in einem labilen Geisteszustand. Sein Körper fühlte mehrere Dinge auf einmal. Traurigkeit, Enttäuschung, Hass, Schmerz, Verrat - aber vor allem Wut. Pure Wut.
Er hasste seinen Vater. Er hasste sein Leben. Sein ganzes Leben war voll von Dunkelheit und Ungerechtigkeit. Er hatte es satt. Er hatte alles satt.
Neben einem Bücherregal stand eine große Axt. Taehyung griff es und hielt es zitternd.
Sein Verstand war geblendet von Wut.
Obwohl sein Gesicht von Tränen überflutet war und sein Körper jeden Moment umzufallen drohte, schlossen sich Taehyungs Hände fest um die Axt und er hob sie langsam an.
"Du wirst alleine verrotten. Du wirst für immer leiden. Niemand wird dir jemals helfen, denn du verdienst es zu verrotten! Weißt du, was man sagt? Deine Taten werden sich immer rächen", sagte Taehyung mit fester Stimme, in der sich Wut und Hass so klar wie Wasser widerspiegelten.
Taehyung hob die Axt hoch und sagte mit Nachdruck: "Du hast das Leben meiner Mutter jämmerlich beendet, und meines auch. Jetzt beende ICH DEINS IM NAMEN MEINER MUTTER!" rief Taehyung wütend, und mit einer schnellen, kräftigen Bewegung schlug er die Axt gegen den Spiegel, so dass der Kristall vollständig zerbrach.
Er hörte, wie die dämonischen Schreie seines Vaters langsam verklangen, während der Spiegel sich für immer versiegelte. Was auch immer draußen war, konnte nun nicht mehr hinein, und was auch immer drinnen war, konnte nicht mehr hinaus. Das Portal war versiegelt worden.
Sein Vater war für immer darin gefangen. Da gab es keinen Weg hinaus. Der Spiegel war zertrümmert.
Taehyung ließ die Axt fallen, was einen lauten Aufprall machte. Er starrte das zerbrochene und den zertrümmerten Spiegel vor sich an. Stücke vom Kristall lagen auf dem Boden verteilt, während andere immer noch zusammen waren. Da war kein Schatten durch den Spiegel mehr zu sehen.
Es war vorbei. Er war weg.
Taehyung stieß einen zittrigen Atemzug aus, von dem er nicht wusste, dass er ihn die ganze Zeit angehalten hatte. Er fuhr sich mit den Händen durch die Haare und schob sie zurück.
Sein Vater jetzt war wirklich gegangen.
Er wartete darauf, dass die Schuld kommt. Dass die Schuldgefühle, das eigene Familienmitglied loszuwerden, kommen würden. Aber das tat es nie. Er fühlte sich nicht ein bisschen schuldig. Sein Vater verdiente seinen Hass. Er verdiente allen Hass der Welt. Er verdiente den Tod
Ein Gefühl der Erleichterung und Freiheit überkam Taehyung. Obwohl er die hässliche Wahrheit über den Tod seiner Mutter erfahren hatte, fühlte er, dass das Gefühl der Verzweiflung und des Hasses, das seit seiner Jugend immer tief in ihm vergraben war, nun verschwunden war. Er fühlte sich frei. Endlich.
Es war, als hätte er endlich das fehlende Stück gefunden.
Taehyung holte noch einmal Luft und ging langsam auf Jungkooks ohnmächtigen Körper zu.
Wie schön er aussah.
Vorsichtig hob er Jungkook wie eine Braut auf.
Jetzt konnte er in Frieden leben, denn er wusste, dass Jungkook in Sicherheit war und dass er endlich, endlich den Sieg für seine Mutter errungen hatte.
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