Teil IV
Monatelang verkroch ich mich in meinem Haus, bestellte nur noch Fast Food und brach jeglichen Kontakt zur Außenwelt ab. Immer wieder überkam mich der Drang nach draußen zu gehen und ich wusste auch, dass mich dieser Drang zu ihm führen würde, doch ich konnte nicht, denn ich wusste nicht, was es mit dem fremden Mann auf sich hatte, der mir 6 Monate gegen das Leben meiner Schwester versprochen hatte. Sie war nicht zurück gekommen oder doch? Wusste ich es nur nicht, da ich mich eingeschlossen hatte? Bedächtig schritt ich die Treppe nach unten und in Richtung Haustür, als ich sie öffnete kamen mir haufenweise Briefe und Postkarten entgegen. Post von insgesamt 5 Monaten und 30 Tagen, heute war die Briefträgerin nich nicht da gewesen. Auf den Postkarten erkannte ich die kleine, zierliche und saubere Handschrift meiner Schwester.
Aber wie war das nur möglich?
Zusammengesunken saß ich am Küchentisch und las all die Briefe und Postkarten, die sie mir geschickt hatte und auf denen sie mir von ihren Flitterwochen mit Mark erzählte. Es klingelte. Ich zuckte zusammen, seit Wochen hatte ich keine Klingel mehr gehört. Freunde, Nachbarn, alle hatten irgendwann aufgegeben, also wer konnte das sein, nach fast 6 Monaten?
Ich öffnete die Tür bloß einen Spalt breit, doch seine blauen Augen durchbohrten mich und ich sah zu Boden. "Estiel, was machst du denn hier?", meine Stimme war leise und kratzig, hatte ich mich doch seit einer Ewigkeit nicht mehr mit Jemandem unterhalten. "Du warst nicht da. An der Bank, ich habe jede Woche auf dich gewartet, aber du bist nicht gekommen. Ich habe nach dir gerufen, aber du hast nicht geantwortet", nüchtern und sachlich, genauso wie vor 6 Monaten als er mir das Taschentuch reichte. "Was meinst du mit, du hast mich gerufen?" Plötzlich bemerkte ich, dass wir nicht mehr an der Haustür standen, sondern mitten in meinem Wohnzimmer.
"Wie....?!", erstaunt und schockiert sah ich mich um. "In deinen Gedanken, ich wollte das du zu mir kommst", er sah sich um. "Hübsch eingerichtet" Irritiert starrte ich ihn an, das erste Mal, dass er etwas persönliches zum Ausdruck brachte und dann war es ein Kommentar zu meiner Einrichtung? Mir wurde schlecht und ich setzte mich auf die Couch. "Alles in Ordnung?", ich nickte, doch er glaubte mir nicht, stattdessen setzte er sich neben mich und legte eine Hand auf meine Stirn. Die dunkelblauen Augen schienen einen Moment nich etwas dunkler zu werden, doch dann krempelte er meinen Ärmel hoch, was mich von seinen Augen ablenkte. Er drehte meinen Arm, sodass er mein Handgelenk sah.
Ich hatte seine Bewegung nicht gesehen, doch auf einmal stand er 2 Meter vom Sofa entfernt und starrte auf das blassrosa Mal an meinem Gelenk. "Du hast deine Seele verkauft? Wofür?", zum ersten Mal klang seine Stimme nicht völlig kalt, sie war voller Emotion: Erschrecken, Schock, Traurigkeit. Mein Blick schweifte von meinem Handgelenk zu Estiel und wieder zurück. "Sie ist meine Schwester", flüsterte ich und er schüttelte den Kopf. "Aber ihr Leben ist doch nicht mehr wert als deines. Du solltest dein Leben nicht so wegwerfen!" Ich runzelte die Stirn und ein Gedanke verhedderte sich im Netz meiner sonstigen Überlegungen. "Du warst immer dort, im Park. Immer, wenn ich diesen Drang verspürte zu dir zu kommen, warst du dort gewesen. Wie ist das möglich? Du hast meine Gedanken gekannt, ohne dass ich jemals etwas sagen musste. Wie ist das möglich? Du wusstest, das meine Schwester tot war. Wie ist das möglich?" Seine Augen bohrten sich in meine. "Was bist du?", ich hielt seinem Blick stand und stellte mich vor ihn. Er schüttelte den Kopf. "Das würdest du nicht verstehen. Du gehörst nicht in meine Welt" "Deine Welt?! Wie meinst du das?" "Ich bin nicht von hier, nicht von der Erde meine ich.", sagte er und Verwirrung beherrschte meinen Blick. "Du bist also ein Alien?", ich lachte. "Nein, kein Alien", ein Lächeln umspielte seine Lippen, es sah so wunderschön aus. "Ich bin ein Engel" Wieder lachte ich, "Ein Engel? Na sicher, und ich diene den Teufel oder was" "Da du deine Seele gegen das Leben deiner Schwester getauscht hast, stimmt das sogar. Aber es ist die Wahrheit, ich bin Estiel, Engel und Diener des Herrn" Ich sah ihn geschockt an. "Du meinst das wirklich ernst oder?" Er nickte. "Du spürst es doch schon, oder? Wie dir langsam alles zu viel wird? Du bist krank, das Leben weicht langsam aus deinem Körper", seine Stimme hatte etwas mitfühlendes. "Wieso erzählst du mir das alles?" "Ich kann dir helfen", wie ein schmaler Streifen Seide, der sich in mein Fleisch schnitt.
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