Kapitel 8 - Avery (neu!)

Ich besuchte Giulia noch zwei weitere Male und jedes Mal waren entweder Tyler oder Alec um uns herum. Sie schienen mir wirklich nicht zu vertrauen. Zu recht...Obwohl ich meinem Vater bisher noch nichts interessantes zu erzählen hatte. Noch dazu hatte ich mir geschworen, dass, sollte es jemals so sein, ich ihm es nicht erzählen würde. Giulia war die erste Person, welche ich ansatzweise als Freundin bezeichnen konnte.Ich würde sie nicht hintergehen...

Zum Schein jedoch sagte ich ihm, wie viel Sicherheitsmänner im Penthouse waren, erzählte von dem Butler der mein Auto immer in die Tiefgarage fuhr und von dem Codesystem am Eingang des Hochhauses. Sonst konnte ich auch nichts relevantes beobachten und ich fragte mich langsam ernsthaft, was die Intention meines Vaters, dahinter sein sollte. Doch solange er mit dem, was ich sagte zufrieden war, wäre es nicht mein Problem.

Giulia und ich verstanden uns immer besser, auch wenn wir uns nur bei ihr im Penthouse treffen konnten. Sie erholte sich deutlich und redete viel mit mir über das was passiert war. Ich bewunderte sie wirklich für ihre Stärke...Ich wünschte ich hätte sie ebenfalls, denn immer öfter kam mir der Gedanke, dass mir die Black's vielleicht helfen könnten, wenn ich mit ihr darüber sprechen würde. Auch wenn ich bisher nur Alec und Tyler kannte, war ich mir sicher, dass Giulia Eltern ebenso toll waren. So hörte man es zumindest aus ihren Erzählungen heraus.

Wir fanden heraus, dass wir beide dieses Jahr unseren Abschluss per Privatunterricht absolvieren würden und dass wir beide Englisch als Hauptfach hatten. Von da an begannen wir gemeinsam zu lernen, was meine Eltern noch mehr begeisterte. Ja, ich bekam sogar mal ein lächeln von meinem Vater...Das war im letzten Jahrzehnt kaum passiert und mein dummes Mädchenherz begann, obwohl ich ihn eigentlich verabscheute, schneller zu schlagen. Dieser fast schon freundliche Zustand meines Vaters würde jedoch nicht für immer halten, dass war mir bewusst. Es war wie die Ruhe vor dem Sturm...Und ich wusste nicht wann er wieder ausbrechen würde. Letztendlich war es an einem Abend, nachdem ich von Giulia heimkam und wie immer nur dasselbe zu berichten hatte, jedoch ohne etwas zu verschweigen. Ich bekam dort nicht mehr mit...Ich kannte ja noch nichtmal ihren Vater.

Mein Vater war jedoch so paranoid, dass es mir mal wieder nicht glaubte.

"Du elende Lügnerin!"Fauchte er und gab mir eine schallende Ohrfeige.Ich zuckte zurück, weil meine Wange so brannte. "Du würdest irgendeiner dahergelaufenen Freundin von mir doch nach 2 Wochen auch nicht so vertrauen, dass du sie zum essen einladen würdest. Und noch weniger würdest du vor ihr über deine Geschäfte reden. Was erwartest du denn?"Schon als ich es ausgesprochen hatte, wusste ich das es zu viel gewesen war. Sein Blick wurde noch kälter und keinen Moment später sauste seine Faust in meinen Magen. Ich keuchte schmerzerfüllt auf.

"Was denkst du wer ich bin? Ein Idiot?"Seine Stimme war gefährlich leise, als er mich an den Haaren packte und zu sich her zog. "Denkst du ich bin ein Idiot? Ich dein Vater?"Ich schüttelte schnell den Kopf, unfähig etwas zu sagen, weil sein Griff in meinen Haaren so sehr schmerzte. "Ich denke schon, dass du das sehr wohl denkst...es sollte bestraft werden. So denkt eine Tochter nicht über ihren Vater, der ihr ein Leben im Reichtum ermöglicht."Und dann warf er mich von sich, sodass ich mit voller Wucht auf den Rücken flog. Der Aufprall presste mir alle Luft aus den Lungen doch als er mich wieder packte, aufrichtete und erneut in meinen Magen schlug. Dann in mein Gesicht. Wieder in meinen Magen. Er wirbelte mich herum und schlug meinen Kopf gegen die Wand. Der Schmerz durchzuckte meinen ganzen Körper, während ich mir so auf die Zuge biss, dass ich Blut schmeckte. Ich wollte nicht schreien. Diese Genugtuung würde ich ihm nicht geben. Es schien ihn nur noch wütender zu machen, denn seine Schläge wurden härter, gezielter. Irgendwann schrie ich doch. Bis ich zu schwach war um zu schreien. Ich spürte wie meine Seele Stück für Stück in der Dunkelheit verschwand. Versunken in seine Grausamkeit...DIe Grausamkeit eines Menschen, der mich eigentlich bedingungslos lieben sollte.Irgendwann beschloss er wohl fertig zu sein, denn er zog mich an meinen Haaren zu sich.

"Dass sie dir nicht vertrauen, ist dein Problem. Sorge gefälligst dafür, dass sie es tun!"Und dann ging er und lies mich einfach so auf dem kalten Boden liegen. Ich versuchte mich langsam zu bewegen, doch es ging wirklich nicht. Alles brannte. Alles schmerzte. Vor allem meine Rippengegend. Vermutlich war eine gebrochen. Ich wollte mich nicht bewegen. Nicht aufstehe. Rein garnichts wollte ich machen, auch wenn ich nachher eigentlich mit Giulia verabredet war. Mein Handy lag nur leider oben in meinem Zimmer und wenn ich ihr absagen wollte, müsste ich aufstehen. Ich versuchte es. doch mein Oberkörper kippte unsanft zurück auf den Boden. Mein Kopf dröhnte und mir wurde schwarz vor Augen...Nur fünf Minuten, dann stehe ich auf....

Ich fiel in Ohnmacht und wurde erst wach, als meine Mutter unsanft an mir rüttelte. "Avery!Avery!!"Zittrig öffneten sich meine Augenlider. Ich stöhnte als sie mir direkt auf die schmerzenden Rippen faste. "Hast du arge schmerzen? Giulia Black steht vor der Tür. Wir können ihr sagen, dass du von jemandem auf der Straße verschlagen wurdest."Sie klang fast schon begeistert. Natürlich...Sie wollte eine reiche Black im Haus haben.Mein Herz brannte in diesem Moment.

"I...Ich glaube nicht das ich stehen kann o...oder das sie mir das glauben wird."Sie sah mich zweifelnd an und versuchte dann mich vom Boden zu ziehen. Ich lies mich von ihr hin und her rollen, weil ich keine Kraft hatte mich zu wehren oder ihr weiter zu erklären, das mein Körper nicht mehr konnte. Irgendwann schien sie selbst darauf zu kommen, denn sie lies mich los. "Ich werde ihr sagen, dass du Magendarm hast, weil du etwas Falsches gegessen hast."Ich konnte nur schwach nicken. Sie ging aus der Küche und lies mich allein. Ich blieb liegen und spürte wie sich eine einsame Träne über meine Wange bahnte. Sie hätte mir helfen sollen...Sie ist doch meine Mum...

Die Träne wurde zu einem Schluchzen, das meine Rippen nur noch mehr pochen lies.Meine Mutter kam zurück, doch ich bekam es kaum mit. "Na kam Avery, die Köchin kommt bald, du kannst hier nicht bleiben."Jetzt klang ihre Stimme fast schon sanft, doch vielleicht wollte ich mir das auch nur einbilden.Sanfter als zuvor half sie mir nun wirklich beim aufstehen und führte mich hinauf in mein Zimmer. "Ich bring dir Desinfektionsmittel und Wundsalbe."Es war etwas, dass sie manchmal tat und es war als würde sie Salz in meine offenen Wunden streuen, denn alles andere war mir eigentlich egal. Ich wollte nur von ihr in den Arm genommen werden.

Sie kam zurück und half mir aus den Kleidern. Dann versorgte sie meine Wunden, während ich sie durch meine tränenverschwommene Sicht beobachtete. Sie hatte in den letzten Jahren einen leichten grauen Ansatz bekommen, doch sie färbte ihre Haare regelmäßig in ihrem Naturblond nach. Sie war immer noch eine hübsche Frau, trotz ihrem Alter und vereinzelten Falten. Vom aussehen kam ich direkt nach ihr. Ich hatte dieselben blauen Augen, die selben lockigen, blonden Haare, nur das meine ein wenig dunkler geworden sind in den letzten Jahren. Sie ignorierte meinen Blick und starrte stur auf die aufgeplatzte Beule an meiner Stirn. "Warum seit ihr so grausam zu mir?"Sie erstarrte. "Dein Vater ist krank."

"Und du?"Ihre Hände verkrampften sich. "Ich kann nichts gegen ihn tun und das weißt du auch."

"Natürlich könntest du. Wenn du wolltest. Du bist nur viel zu feige und egoistisch. Nachher würde er dich noch schlagen, stimmt?"Meine Stimme ähnelte dem Fauchen einer verletzten Katze. Sie stand auf, als hätte ich sie verschlagen. "Ich habe gerade versucht dir zu helfen. Wenn du meine Hilfe nicht annehmen willst, dann gehe ich."Und genau das tat sie. Sie ging und lies mich nur in Unterwäsche bekleidet und völlig lädiert auf meinem Bett liegen. Tränen quollen aus meinen Augen, bis ich zu müde war um wach zu bleiben. Ich sank in einen Schlaf, in dem alles so unglaublich dunkel und einsam war.Ich rannte vor meinen Eltern weg, doch es war zu dunkel um zu sehen wohin. Ich spürte nur das er direkt hinter mir war.


Als ich aufwachte, war auch das letzte Adrenalin aus meinem Körper gewichen und alles schmerzte nur noch viel mehr. Um mich herum war es stockdunkel, fast so wie in meinem Traum. Irgendwie schaffte ich es den Arm zu meiner Nachttischlampe auszustrecken und das Licht anzuknipsen. Und dann bekam ich den Schock meines Lebens, als ich ihn in dem Sessel neben meinem Bett sitzen sah. Trotz meiner Prellungen wich ich an mein Kopfende zurück, konnte mir aber kein schmerzerfülltes Stöhnen verkneifen, als meine Rippen anfingen zu pochen, weil ich meinen Oberkörper bewegte.

"Wie bist du hier rein gekommen..?Wie bist du in mein Zimmer gekommen?"Sein Blick war fest auf mein Gesicht gerichtet, als er Antwortete.

"Durch den Keller."Sein Blick wanderte weiter über meinen Körper und mir fiel auf, dass ich nur meine Unterwäsche drug und somit konnte er meinen geschundenen Körper sehen. Ich versuchte hilflos an die Decke an meinem Fußende zu gelangen, doch bei der Bewegung schmerzte alles. Wortlos stand Tyler plötzlich vor meinem Bett, nahm die Decke und legte sie viel zu sanft über mich. Ich schluckte und musste die aufkommenden Tranen verdrängen.

"Wer hat dir das angetan, Avery?"Ich sah ihm nicht in die Augen.

"Warum bist du hier?"Plötzlich spürte ich seine Hand an meinem aufgeschürften Kinn und zuckte zusammen. Sanft brachte er mich dazu, ihm ins Gesicht zu schauen. Seine Augen funkelten und in all dem dunklen Grün erkannte ich um seine Iris herum helle Punkte, die wie funkelnde Sterne wirkten.

"Dein Vater?"Er holte mich zurück in unsere Welt und ich spürte wie mein Herz schneller schlug. Ich schüttelte viel zu schnell den Kopf.

"Lüg mich nicht an."Seine Stimme war so kalt, dass ich mich nur noch mehr ins Kissen drückte und ihn zu meinem Schrecken, ängstlich ansah. Als hätte er sich verbrannt, lies er mein Kinn augenblicklich los und wich zurück, bis er ungefähr einen Meter vom Bett entfernt stehen blieb.Er atmete tief ein und aus.In meinem Zimmer sah er riesig aus. Es schien, als wäre kaum mehr Platz für ihn...

"Giulia hat sich Sorgen gemacht, als du nicht kamst und sie dich nicht erreichen konnte. Sie hat mich so lang malträtiert, bis ich nachgegeben und sie zu dir gelassen habe. Als deine Mutter sie weggeschickt hat, wurden ihre Sorgen noch größer. Sie hatte schon immer ein gutes Gespür für die Wahrheit. Vor ihr kann man kaum etwas verbergen...Sie wollte unbedingt das ich nach dir sehe."Ich schloss die Augen und versuchte gegen die aufkommenden Tränen anzukämpfen, doch es war hoffnungslos. Ich krümmte mich, als durch die Erschütterung des Weinens mein Oberkörper in Schmerz explodierte.

"Scheiße!"Von weither hörte ich Tyler fluchen. Keinen Moment später wurde mir irgendwie die Decke entzogen und er zwang mich mit festen Griffen dazu mich ausgestreckt auf den Rücken zu legen. "Avery du musst ruhig atmen."Die Worte drangen nur langsam zu mir hindurch, denn seine Hände an meinen Armen und meiner Hüfte machten erstmal alles nur noch schlimmer. Doch er lies nicht locker, redete solange beruhigend auf mich ein, bis ich mich tatsächlich aufhörte zu zittern und zu weinen.

"Shh...Ein und aus..."Ich befolgte seine Worte und atmete langsam ein und wieder aus. Währenddessen sah ich in seine Augen, die nicht beruhigender hätten sein können. Als er spürte das es mir besser ging, entfernte er sich von mir. "Du musst zum Arzt."Ich schüttelte panisch den Kopf. "Nein!"

"Avery, deine Rippen sind mit Sicherheit gebrochen. Ich weiß nicht wie es mit deinen Organen in der Bauchgegend aussieht. Solche Schmerzen zu haben, wenn man nur blaue Flecken hat ist unnormal."Trotz allem ballte ich meine Hände zu Fäusten.

"Ich werde schon wieder gesund."Für einen Moment schloss er die Augen, als müsste er sich kontrollieren. "Ich bin immer wieder gesund geworden..."Hauchte ich, als er nichts erwiderte. Sein Blick wurde dunkel und alles spannte sich an ihm an. "Wie oft kommt das vor?"Ich leugnete es nicht mehr. Er wusste sowieso schon alles.

"1-2 Mal im Monat...Manchmal auch weniger...machmal mehr."Meine Stimme war kaum mehr ein Flüstern. Er erwiderte nichts, sondern ging einfach in mein anliegendes Badezimmer. Ich konnte nichts sagen. Ich konnte ihn nicht aufhalten. Ich konnte mich nicht wundern, wie er in unser Haus gelangt ist, um das überall Kameras und Bewegungsmelder hingen...Einfach weil ich zu schwach war.

Tyler kam wieder zurück, in der einen Hand ein Glas Wasser, in der anderen Tabletten, Desinfektionsmittel, Wundcreme und Mullbinden.

"Trink das."Er hielt mir das Glas Wasser und eine Schmerztablette hin. Ich tat wortlos was er mir befohlen hatte, doch da ich mich kaum aufrichten konnte, flößte er mir, nach einem hoffnungslosen Versuch es selbst zu tun, geduldig die Flüssigkeit ein. Erschöpft lies ich mich zurück ins Kissen sinken. "Darf ich?"Er deutete auf die Decke. Ich nickte nur. Zögerlich schob er die wärmende Decke weg und zog scharf die Luft ein, als hätte er schon wieder vergessen, wie mein Oberkörper aussah. Ich wollte es garnicht sehen. Es fühlte sich schon schlimm genug an.

Er nahm etwas vom Nachttisch und lies sich neben mich auf die Matratze sinken. "Das wird jetzt weh tun."Ich nickte wieder nur. Als er begann das Desinfektionsmittel auf all den Schürfwunden zu verteilen, wünschte ich, ich hätte nicht zugestimmt. Als er fertig war, die Haut zu reinigen, trug er großflächig die Wundsalbe auf.

"Okay, jetzt musst du dich hinsetzten."Er half mir übervorsichtig beim aufrichten. Ich stöhnte vor Schmerzen. Während Tyler mich mit einer Hand an meiner gesunden Schulter stützte, packte er mit der anderen die Mullbinde aus. Gekonnt wickelte er sie um meinen gesamten Oberkörper, genau mit so viel Druck, dass sie hob, aber nicht drückte. Dann holte er ein großes Shirt aus meinem Kleiderschrank und hob es mir wortlos hin. Ich nahm es entgegen und er drehte mir den Rücken zu. "Vielleicht solltest du deinen BH ausziehen. Er wird drücken."Mein Herz klopfte schneller, als mir klar wurde wie aufmerksam Giulia sonst so kalter und abweisender Bruder sein konnte.

Mit zittrigen Fingern löste ich den Verschluss an meinem Rücken und schlüpfte vorsichtig in mein Shirt. Dank der Mullbinde, brannte es nicht mehr so, als ich zurück auf die Matratze sank.

"Danke."Meine Stimme war nur ein Flüstern, doch er hörte es, denn er drehte sich langsam zu mir um. Er trat an mein Bett und sah mich eine ganze Weile schweigend an. ich konnte nichts aus seinem Blick lesen, nicht einmal Mitleid war da. "Du solltest dich wehren...Das hast du nicht verdient."Erneut standen Tränen in meinen Augen, weil er der erste war, der mir sagte, das ich es nicht verdient hätte. Das ich mehr Wert war als das. "Ich k...kann nicht."Ich erwartete so etwas wie Enttäuschung in seinem Blick du entdecken, doch da war einfach garnichts.

"Schlaf jetzt, Avery."Und mit diesen Worten drehte er sich um, steuerte meine Zimmertür an.
„Tyler?"Er hielt inne und drehte sich nochmal zu mir um.
„Bitte sag Giulia nichts hiervon."Er nickte.
„Okay.Du hast wirklich Magendarm."Ich atmete erleichtert aus und keinen Moment später war Tyler verschwunden. Es war der Moment, indem alles um mich herum wie ein Kartenhaus zusammenbrach. Ich weinte still. Fragte mich warum er hier gewesen war. Ich fragte mich warum er einfach wieder gegangen war. Ich fragte mich warum ich mich trotz seiner Kälte so wohl bei ihm fühlte...

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