Kapitel 27 - Tyler (neu!)
Ich beobachtete Avery wie sie ihr Eis abschleckte und genüsslich die Augen dabei schloss. Es war verrückt, wie anders sie sein konnte und mir wurde einmal mehr bewusst, wie sehr sie unter ihren Eltern gelitten haben musste.Das was sie mir nach und nach erzählte und auch zeigte war grausam und obwohl ich viele Menschen mit schweren Schicksalen kannte, nahm es mich bei ihr mehr mit als es sollte.
Wir saßen am Pier auf einer Bank im Schatten einer Palme und aßen unser Eis, während mir klar wurde, dass ich soetwas normales schon lange nicht mehr gemacht hatte. Ich konnte es auch eigentlich nicht einfach so machen, weil ich wortwörtlich aufpassen musste, dass ich nicht auf offener Straße erschossen würde. Doch der mir viel zu warme Kaputzenpullover verdeckte mein Gesicht und hier unter den Touristen in den gutsittuierten Gegenden Miamis vermutete mich auch niemand. Das Avery soetwas noch nie gemacht hatte, war jedoch die deutlich größere Schande.
Während das blonde Mädchen neben mir ihren Blick über den vor uns liegenden Strand gleiten lies und fasziniert die vielen Famlien, Kinder und Paar beobobachtete die das schöne Wetter von Miami genossen, lies ich meine Gedanken erstmalig zu gestern Abend gleiten. Ich wusste noch immer nicht wie, doch mit ihren Worten hatte Avery gestern den tiefsten, wundesten Punkt in meiner Seele getroffen. Ich war mir auch schon vor ihr bewusst gewesen, dass ich, indem ich Anderen nichts von mir preisgab, auch mir selbst gegenüber meine Gefühle unterdrückt hatte. Es war meine Art mit meiner Vergangenheit umzugehen. Eine Vergangenheit, an die ich mir noch bis heute jeglichen Gedanken verbot, weil sie so grausam war. Kurz nachdem ich damals frei kam, hatten mich haufenweiße Flash-Backs überrollt, bis ich gelernt hatte wie ich sie unterdrücken konnte...Indem ich anderen, aber vor allem mir selbst was vorpielte und meiner Psyche etwas vorgaukelte.
Gestern Abend war ich kurz davor gewesen zurück in einen diese Flash - backs zufallen. Einzig und allein der Gedanke daran, dass ich Avery hätte verletzten können hatte mich die Kraft aufbringen lassen, dagegen anzukämpfen. Meine Hände durchzuckte ein pochender Schmerz, als ich daran dachte... Meien Fäuste waren blau und die Haut an meinen Fingerknöcheln war aufgesprungen weil ich die Kontrolle fast verloren hatte. Der Schmerz hielt mich auch jetzt in der Realität und erinnerte mich daran, wo ich war...Wo ich nicht war.
Mit allem was ich gerade für Avery tat, hielt ich mich in der Realität, doch ich wusste dass es nur eine Frage der Zeit war, bis mich alles einholte. Und während ich daran dachte machte sich eine kalte Angst in mir breit, denn ich wusste, dass ich vieles von damals wirklich verdrängt hatte und sich nur mein Unterbewusstsein noch daran erinnerte. Und das war auch gut so...Die jetzigen Erinnerungen machten mich schon genügend fertig.
„Tyler?"Ich fuhr hoch und sah in Averys zartes und unschuldiges Gesicht,welches dem einer Elfe glich. Sie blickte mich fast traurig an, sie schien bemerkt zu haben, dass ich nicht mehr bei ihr war. Ich seuftze und strich mir meine störenden Haare aus dem Gesicht.
„Was ist?"
„Ich hab dir gerade was erzählt..."Sie klang sanft und ich räusperte mich, während ich das letzte Stück meiner Waffel aß und dann aufstand.
„Wirklich..?Wir sollten dann jetzt auch weiter."Meinte ich zwar nicht unhöflich, aber abweisend und hasste mich innerlich für diese desinteressierte Art, konnte aber nicht anders. In mir kam der Drang auf einfach vor ihr wegzurennen. Vor ihr, mir selbst und der ganzen Welt. Mit aller Kraft hielt ich mich tatsächlich davon ab, einfach auf mein Motorrad zu steigen, welches am Straßenrand hinter unserer Bank stand und wegzufahren.
Ich sah ihren enttäuschten und leicht verletzten Blick. Innerlich flehte ich sie förmlich an mir zu verzeihen, doch äußerlich blieb meine Mimik unbewegt und ich sah sie auffordernd an.
„S....Sicher."Sie schob sich ebenfalls das letzte Stück ihrer Waffel in den Mund und stand zögernd auf. Ich war ihr dankbar, dass sie nichts sagte, denn sonst hätte ich sie vielleicht wirklich stehen gelassen.
Wortlos gingen wir zu meiner Maschine und setzten unsere Helme auf.
„Ich fahr."Lies ich sie wissen und schwang mich auf das Motorrad. Zögernd stieg Avery auf das Trittfeld und lies sich mit Abstand hinter mir nieder. Im Rückspiegel sah ich wie sie unsicher ihre Hände an die kleinen Halter links und rechts von ihrem Sitz legte. Ich seufzte.
„Halt dich an mir fest."Murmelte ich, lies das Bike an und als ich ihre warmen Hände auf meinem Bauch spürte, verspannte ich mich für einen Moment.
Ich lenkte mich von der Präsens ihres zarten Körpers ab, indem ich das Motorrad geschickt in den Verkehr einfädelte und uns zielsicher auf dem direkten Weg zu meinem Strandhaus manönvrierte. Während der gesamten Fahrt spürte ich Averys Unwohlsein und mein schlechtes Gewissen...Mir wurde klar, dass ich Abstand zu ihr brauchte. Nicht weil sie mir auf den Geist ging, nein...Eher weil ich nicht anders konnte als sie ständig zu verletzen.
—
Am späten Nachmittag packte ich meine Reisetasche und fuhr nach Orlando auf unser Anwesen. Da ich Avery nirgends gefunden hatte, ging ich, ohne mich von ihr zu verabschieden und war vielleicht sogar froh darüber, ihr nicht mehr unter die Augen treten zu müssen. Keine Ahnung, was dann nämlich passiert wäre.
Da ich innerlich kurz vor dem Abgrund stand war ich froh über die Ablenkung, die mir das monatliche Meeting mit meinem Vater, Alec und unserem Onkel aus Sizilien, gab.
In Gedanken versunken passierte ich das stählerne Tor unseres Familien-Anwesens und winkte Armando, der wie immer im Überwachungsraum hinter dem Tor saß, zu. Schnell lenkte ich meinen Bugatti über die lange Auffahrt und parkte ihn dann unter dem Carport neben dem Dodge SUV meines Vaters.
Als ich den großen Konferenzraum im Obergeschoss erreichte, waren Gabriele, Alec sowie mein Vater schon da und unterhielten sich angeregt über etwas. Als sie mich kommen hörten, verstummten sie und drehten sich alle zu mir um.
„Ciao Luca!"Ich seufzte tief als mein Onkel mich bei meinem italienischen Zweitnamen nannte. Das machte sonst niemand, weil jeder wusste, dass ich das nicht mochte. Doch Gabriele machte es immer mit Absicht um mich zu ärgern. Dass hatte er schon immer so gemacht und würde es wohl auch nie aufhören...
Ich schlug ihm freundschaftlich die Hand und begrüßte so auch Alec und Ricardo.
„Wie gehts Mia?"Erkundigte sich mein Bruder direkt und in mir versteifte sich für einen Moment alles.
„Bestens. Sie hat morgen ihren ersten Schultag."Ich gab Alec diese Information einfach nur, damit er nicht weiter fragte.
„Marco und Alessio treffen in einer Stunde ein. Sie müssen in Miami noch was für mich erledigen."Erklärte ich das Fehlen meiner wichtigsten Männer, die auch bei solchen Treffen meistens dabei waren und uns oft zur Hand gingen.
„Okay, das Erste was ich mit euch besprechen wollte, ist sowieso international."Mein Vater lies sich auf den Stuhl am Kopfende des großen Besprechungstisches fallen. Wir setzten uns alle und Klara, eine der Haushälterinnen, brachte uns Kaffee, Sandwiches und eine Flasche Whiskey - für die nervzerreißenden Themen, die es bei uns zu Hauf gab.
Als die Angestellte das Zimmer wieder verlies, begannen wir zuerst mit belanglosen Zahlen und Finanzen über einige Hotelketten in Europa und Asien. Es waren Dinge, die vor allem meinen Vater und Gabriele was angingen. Mit den ganzen Zahlen hatten Alec und ich wenig am Hut. Wir übernahmen meist die Arbeit die vor den Zahlen stand. Als wir dann langsam in Richtung der wichtigeren Dinge übergingen, trafen auch Marco und Alessio ein.
„Alec, berichte mir, wie sieht es bei unseren Einheiten aus die im Irak und Syrien stationiert sind?"Mein kleiner Bruder koordinierte einen Großteil unserer Soldaten im Osten, die wir im Auftrag von großen Geldgebern wie zum Beispiel Senatmitgliedern der Vereinigten Staaten oder auch im Auftrag der Nato oder des FBI's ausliehen, beziehungsweise sationierten und führten. Es war mittlerweile unser Hauptgeschäft und die meisten Verträge mit Kunden führte mein Vater persönlich, weil sie ihm wichtig waren. Er wollte keine Terrormilizen untersützen weil der Hintergrund des Auftrags zu wenig erforscht wurde. Er wollte legal und militärisch die Einheiten im Osten unterstützen, die dort gegen die vorhandenen Terrororganisationen vorgingen. Daher durften nur die hier im Raum vorhandenen Personen einige wenige Verhandlungen für ihn führen, was wenig war, denn wir nahmen monatlich um die fünfzig Aufträge weltweit an und befehligten knapp 1 Millonen Soldaten über den gesamten Globus.
„Die zwei Teams, die in Damaskus stationiert sind haben ihren Auftrag vor drei Tagen erfolgreich abgeschlossen und die gewünschte Zielperson eliminiert. Senator Harris hat sich mit dem Auftrag als zufrieden erklärt. Wir können die Jungs also abziehen. Anders sieht es bei Einheit 372 aus."Ich wurde hellhörig. Es war das Team, welches unter unseren Kosten und in unserem Auftrag noch immer im Osten agierte. Außerdem war Bryan, einer der Soldaten der früher in meiner Einheit gewesen war, mittlerweile der Kopf des Teams.
„ Wir haben seit über einer Woche nichts mehr von ihnen gehört, geschweige denn konnten wir Kontakt zu ihnen aufnehmen.Ihre GPS -Tracker sind ebenfalls offline."Alec klang besorgt und auch die Miene meines Vaters wurde ernst.
„Was ist ihr Auftrag?"Alec schaltete den Beamer an und es öffnete sich eine genaue Karte, die einen Ausschnitt der Badia-Wüste im Irak zeigte. „Wir haben über Sateliten die Informationen erhalten, dass sich hier..."Alec wies auf einen kleinen schwarzen Punkt in mitten der Wüste. „Ein Lager des IS's befindet. Wir haben Grund zur Annahme, dass sie dort die vor einem Monat verschwundenen Frauen und Kinder aus festhalten. Es war ihr Auftrag dieses Lager unbemerkt auszuspionieren und uns dann weitere Informationen zukommen zu lassen."Wir wussten alle, was es bedeutete, wenn die Jungs sich nicht meldeten. Entweder sie waren tot, gefangen genommen worden oder saßen in der Falle.
„Was war ihr letzter Standort?"Fragte mein Vater. Alec deutete auf einen Punkt circa 50 Kilometer nortöstlich des Lagers. Mir war klar, dass jemand von uns dort hin müsste. Und zwar so schnell wie möglich. Die Einheiten waren in unserer Verantwortung und es war schon lange nicht mehr passiert, dass eine von ihnen vollkommen abtauchte. Die letzte war meine gewesen...Ich schluckte als diese Erinnerung in mir hoch kam. Doch aus genau diesem Grund war ich der beste Mann hierfür.
„Ich werde hinfliegen."Es wurde mucksmäuschen still im Raum, bis mein Vater plötzlich aufstand.
„Nein."Seine Worte hallten so fest durch den Raum, dass ich schluckte.
„Nein, Tyler du wirst nie wieder dort hin gehen!Das ist mein letztes Wort."Ich atmete tief durch, denn Wut stieg in mir auf. Ricardo und ich waren selten nicht derselben Meinung, doch wenn es so war, wurde es scheiße.
„Es muss aber jemand von uns persönlich dort hin um zuschauen was los ist. Wir sind für die Männer verantwortlich."Wies ich alle daraufhin und als mein Blick den von Alec traf, wusste ich was er vor hatte. Nun war ich es der aufsprang.
„Nein Alec!DU wirst das nicht übernehmen. Du magst ja vielleicht die Theorie bestens kennen, aber scheiße die Praxis kennst du nicht und das wird auch so bleiben!"Alecs Blick wurde bissig und die Stimmung im Raum sank auf die Null Grad. Es war das kritischste Thema, welches es wohl gab.
„Keiner von euch wird das machen.Ich werde das selbst erledigen."Die Stimme unseres Vaters war fest und duldete keinen Widerspruch.
„Nein, ich werde gehen. Es gibt niemand, der sich dort besser auskennt, geschweige denn die Leute besser kennt und ihre Sprache spricht. Ich werde gehen."Verdeutlichte ich nochmals eindringlich. Ich wäre nicht der Sohn meines Vaters, wenn ich ihm nicht wiedersprochen hätte. Jeder hier wusste, dass ich die Wahrheit sagte und das ich die beste Option hierfür war. Doch jeder hatte Angst...Angst um mich und davor, was passieren könnte...
„Tyler Luca Black, wenn ich sage, dass ich das selbst regele, dann wird das so gemacht!Oder willst du dich meinem Wort entwinden?"Mein Vater klang so beängstigend ruhig und mir wurde tatsächlich kalt. Ich hatte einen Respekt vor meinem Vater, wie vor niemandem sonst. Doch ich wusste, dass er diese Entscheidung nur traf weil ich sein Sohn war und weil er mich liebte.
„Ich respektiere dich und das weißt du ganz genau!Aber hör mir zu, wenn ich dir sage, dass deine Entscheidung aus dem Herzen kommt und nicht von deinem Verstand.Du hast Angst um mich und diese benebelt dir den Kopf. Niemand kann diese Angelegenheit besser regeln als ich und es ist wichtig, dass die Sache ordentlich verläuft weil wir hier nicht nur über die Leben unserer Männer, sondern auch über unser Eigenes sprechen." Die Funken der Wut sprühten von meinem Vater in den gesamten Raum und ich atmete tief durch als er sich mit beiden Händen am Tisch abstütze und mich ernst ansah. Sein zuckender Kiefermuskel wies draufhin, dass er verdammt sauer war.
„Du wirst dort nie wieder hingehen, hast du mich verstanden?"Der bedrohliche Unterton war unverkennlich. Ich schüttelte den Kopf und stützte mich ebenfalls am Tisch ab.
„Wie soll das werden, wenn ich in ein paar Jahren mal deine Position einnehmen soll? Willst du mir dann auch noch verbieten nach meinen Männern zu schauen, wenn diese wie vom Erdboden verschluckt sind?"Ich sah wie mein Vater sich anspannte.
„Die Betonung liegt auf ein paar Jahren, Tyler!Du wirst tun was ich dir sage!Und wenn ich dich dafür einsperren muss."Das war der Moment, indem mein Geduldsfaden riss. Meine Faust donnerte unkontrolliert auf den massiven Holztisch vor mir und sorgte dafür das sogar mein Vater zurückzuckte.
„Ich bin fünfundzwanzig und nicht mehr dein scheiß Baby!Wenn du jetzt nicht sofort aufhörst mich als solches zu behandeln, dann raste ich aus!"Ich bebte, spürte wie die Wut in mir hervor brach und sich gegen meinen Vater richtete. Ich hasse es, wenn man mich wegen meiner Vergangenheit anders behandelte und es machte mich rasend, weil ausgerechnet er es tat.
Ich blickte in sein geschocktes Gesicht und mir wurde klar, dass ich die Kontrolle seit Jahren nicht mehr verloren hatte. Ich richtete mich auf und öffnete und schloss meine sowieso schon maldrätierte Faust, während ich versuchte mich zu beruhigen.
„Okay."Überrascht blickte ich auf und auch die Anderen, die unseren Streit wortlos verfolgt hatten, sahen Ricardo überrumpelt an.
„Okay?"Fragte ich unsicher. Mein Vater nickte langsam.„Aber ich werde mitkommen."
Nun war es an Alec zu protestieren.
„Wenn ihr beide drauf geht ist das gesamte Familienerbe in Gefahr."So abgedroschen er auch klang, ich erkannte die Angst in seinem Blick.
„Keiner von uns wird sterben. Wir haben mehr Waffen und Kampfjets als die gesamte Navy zusammen und unsere Männer sind um Welten besser ausgebildet, wir werden da leben rein und wieder rauskommen.Aber ich lass dich nicht nochmal allein gehen Tyler. Ob du es willst oder nicht, wenn ich es tun würde, dann würde mich deine Mutter aus ihrem Haus schmeißen und ich könnte keine Auge mehr zu tun. Du bist unserer Sohn und wirst es immer bleiben, egal wie sehr du versuchst uns von dir zu stoßen."
Leute, es wird spannend....😉
Aber mal eine Frage, die mich einfach interessiert:
Aus welchem Bundesland kommt ihr?
Ich aus dem guten Schwabenländle: Baden-Württemberg 👀😇
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