08 - chapteя

Der eisige Wind war schon beinahe unerträglich, das nass-kalte Wetter wirklich trüb und mein Magen drehte sich, wortwörtlich. Ich hatte Hunger. Ich bereute meine Entscheidung von heute morgen, als ich meinen vollbepackten Teller, mit frischem gesundem Essen, von mir wegschob. Als ich zusammen mit ihm aufstand, um eine Ecke lief und die Lebensmittel in einer Mülltone entsorgte. Verschwendung, ich weiß. All dies nur durch das plötzliche Auftreten des Koreaners, welcher mich all die vergangen Jahre wegen meiner Figur, meiner Essgewohnheiten und meines äußerlichen Erscheinungsbild nieder machte. Jungwoo.

„Okay..ich glaube, dass ist gut." Murmelte der Kameramann und ich schüttelte, nach kurzem betrachten der Kulisse meinen Kopf. „Stellt das Greenscreen hinter den Umriss des ausgeschlagenen Fensters und filmt alles nochmal seitlich, nur zum Vergleich." Der Staff reagierte sofort und ich nickte abwiegend. Ich stemmte meine Hände in meine Hüften, streckte mein Rücken durch, ließ mein Kopf zurückfallen und atmete die pustende Luft tief ein. Für einen kurzen Moment schloss ich meine Augen, doch das sich mir geboten worden'e Bild, im Inneren meiner Lider, jagte mir einen weiteren Schauer über den Rücken. Ich sah ein Mädchen. Ein hübsches, großes, schlankes Mädchen vor dem Spiegel der Schultoiletten stehen, daneben ich. Das moppellige-Etwas, welches ihr hinterher schaute, als sie den Raum verließ. Als ich langsam an den Spiegel heran trat und mich mit leidenden Blicken hinabfuhr. Als ich meine Augen auf meinen Arm senkte und die rot-glühende, brennende Haut betrachtete. Es schmerzte fürchterlich. Allerdings war dieser Schmerz, dieses Leiden, nichts im Vergleich zu dem was mir täglich zugeführt wurde.

Dieses Grinsen. Es schnürte mir die Luft ab.

„Ms. Paker! Die Szene wäre nun abgedreht!" Ich senkte schnell meinen Kopf und öffnete wieder meine Augen. Noch etwas abwesend nickte ich und kam ihnen mit gesenktem Blick entgegen. Nebenbei glitt meine Hand unter meine Tränensäcke und wischte die aufgetretenen Tränen unauffällig weg. „Besser." Meinte ich einstimmig, nach betrachten der zuvor abgedrehten Videoszene. „Es ist wirklich besser." Kam es nachgebend vom Regisseur und ich erschrak als sich eine kalte Hand auf meine Schulter legte. „Woah..das sieht geradezu ästhetisch aus." Staunte WinWin mit riesig weit aufgerissenen Augen und leicht aufstehendem Mund. Ich machte einen Schritt beiseite, der Chinese zog sofort seine Hand weg und ich nickte in mich hinein. Es gefiel mir, dass er es mochte. Doch seine Berührung..war zu viel des Guten.

Die Sachen, all die Stative, Kameras, Beleuchtungen etc. wurden zusammengepackt und unter extra vorgesehen Planen vor dem feinen Schneeregen geschützt. Ich drehte mich, zusammen mit dem Stuff, um und wir liefen in Richtung Van's. Derweil die ganzen elektronischen Gerätschaften samt Gestell verstaut wurden, lief ich zu dem provisorisch ausgebauten Pavillon hin. Unter dem weißen Dach standen zudem die anderen Member welche mitwollten oder, der Szene wegen, mussten. Demnach standen dort nicht alle Mitglieder der Gruppe, mit dicken Jacken, welche genauso froren wie ich. Sie unterhielten sich, einige mit roter Nase, andere wiederum standen mehr abseits oder saßen in einem der ebenso weißen Plastikstühle. Meine Augen glitten hinter die Jungs an das voll befühlte Buffet. Süßes, frisches, herzhaftes. Ich stellte mich unauffällig an den Tisch, worauf die ganzen Köstlichkeiten standen, biss mir auf meine Unterlippe und schaute zu diesem Apfel, welcher mich mit seiner saftig roten Schale allem Anschein nach verführen wollte. Hinter meinem Rücken wollte ich nach ihm greifen, doch ertönte plötzlich dieses herzhafte Lachen, das Lachen Jungwoo's. Ich zögerte und überlegte, schaute von meiner Hand hoch zu dem Asiaten. Meine Fingerkuppen hatten sich bereits auf dem Obst niedergelassen, doch ich konnte nicht. Ich konnte einfach nicht.

Enttäuscht zog ich meinen Arm wieder an mich heran und lief hinter das Pavillon, um den pustenden Wind mitzubekommen. Ich war enttäuscht, sehr sogar, von mir selbst. Eigentlich war ich doch hier um ihm zu zeigen wie stark ich nun geworden war, um ihm zu beweisen, dass ich besser war. Doch allein sein Lachen reichte aus, um mich in Wehmut zu versetzten. Erbärmlich. „Hey," erklang es plötzlich neben mir und ich erkannte im Augenwinkel leicht herumwirbelndes Türkises Haar. Ich drehte mein Kopf vollständig und atmete erleichtert auf als ich Ten und nicht Jungwoo vorfand. In seiner Hand hielt er einen angebissenen Schokoriegel, welches abgebissene Stück er gerade wohl kaute. „Ten." Gab ich nickend zurück, wobei meine Augen ungewollt auf seine Mahlzeit wanderten. Der Thailänder schluckte runter und hob musternd eine Augenbraue als er meine Blicke bemerkte. Ich biss mir auf die Zunge und wandte meinen Kopf auf Zwang von ihm ab. Unterdrücken, ich musste es unterdrücken. „Verzeihung." Nuschelte ich und betrachtete nun wieder die weite Landschaft, wo man jedoch einige Hochhäuser in der Ferne erkannte. „Hier." Meinte er und hielt mir den Riegel hin. Nicht verstehend schaute ich in sein Gesicht, wo mich dieses Schmunzeln empfing, sein alt bekanntes Schmunzeln. Ich schüttelte, mit einem aufgesetzten und unbeschwerten Lächeln, mein Kopf und wollte seine Hand von mir drücken. Doch allein der Gedanke an Körperkontakt ließ mich versteinern. „Ich hab dich vorhin beobachtet.." Murmelte er und ich musste automatisch an Jungwoo denken. Hatte er wohl meine Blicke ihm gegenüber bemerkt?

„Nimm." Wiederholte er und dieses Mal nahm ich an. Vielleicht etwas zu süß, doch es fühlte sich so gut an. Stillschweigend betrachteten wir nun gemeinsam die Landschaft, nur das Knistern der Schokoriegel Verpackung und meine dumpfen Kaugeräusche waren zu hören. In Zusammensetzten des pfeifenden Windes eine angenehme Atmosphäre.
„Ten! Amélia! Wir fahren dann!" Rief jemand plötzlich hinter uns und wie auf Knopfdruck drehten wir unsere Köpfe zurück. Es war Mark welcher uns zu sich winkte, was, um ehrlich zu sein, belustigend in seiner dicken Jacke aussah. Angekommen schlossen wir uns gleich an den voreilenden jüngeren an welcher seine Hände tief in seine Taschen drückte. „Der erste Van ist schon los." Berichtete er uns und ich lief neben ihn hin. „Mit den Anderen?" Hackte ich genauer nach um er nickte zu mir hin. „Ja, nur Jaehyun wartet noch auf uns." Erläuterte er mir und mit 'warten' bezog er sich wahrscheinlich auf 'bereits ihm Auto sitzend'. Schnaufend ließen wir uns auf die noch leere hintere Reihe des Wagens fallen und ich wurde nervös, als ich zu letzt einstieg und nur mehr den Platz in der Mitte als frei verzeichnen konnte. Zögernd ließ ich mich zwischen Ten und Mark fallen, zwischen die Jungs, zwischen die Männer, zwischen die, vor welcher Spezies sich mich fürchtete. Sie waren keine Tiere, gefährlich oder etwas der gleichen, das war mir durchaus klar, allerdings gab es dieses Flüstern. Dieses Flüstern in meinem Unterbewusstsein, welches mich von ihnen fern halten wollte und sie als Bedrohung für mich betitelte.

Ein Tippen auf meinem Oberschenkel ließ mich aufschrecken und ich zuckte zusammen. Der zierliche Finger wurde sofort weggezogen und ich schaute in das Gesicht eines erschrockenen Mark's. „Ich wollte dich nicht erschrecken, tut mir leid." Sagte er sofort und ich schüttelte schnell ab. „Nein, alles gut." Beteuerte ich und sah wie er auf Jaehyun zeigte, welcher sich zu uns umgedreht hatte. „Ich glaube, dass nicht. Das hat gerade Taeyong geschickt. Eine Sturmwarnung kam gerade rein, bis heute Abend Regen." Erklärte er, schreckte mir sein Handy entgegen und ich schüttelte wie hypnotisiert meinen Kopf. Meine Hände griffen nach seinem Smartphone, rissen es ihm aus der Hand und ich lass den, mir angezeigt werdenden, Wetterbericht mit Entsetzen durch. Gefrustet ließ ich mich zurück in meinen Sitz fallen, schloss meine Augen, wollte weinen. „Das darf doch nicht wahr sein.." Gab ich hoffnungslos von mir und legte das Handy zurück in die Hand des Blond-Braunen. Ich griff nach meinem Mobiltelefon, öffnete wieder meine Augen und bemerkte dann erst, dass ich etwas hinunter gerutscht war. Egal. Ich googlete Auswegs-Möglichkeiten, doch überall das Selbe. Der Schauer würde kommen, nicht mehr aber auch nicht weniger, soviel stand fest. Mark's Handy fing an zu vibrieren und er hob den eingehenden Anruf ab, er gab ein einfaches 'warte' von sich, legte seine Hand auf sein Display und schaute zu mir hinunter/hinüber. „Es sind die Jungs aus dem anderen Auto. Sie fragen, ob wir nun weitererfahren?" Ich richtete mich wieder auf und überlegte für einen stillen Moment. Es warf mich nach hinten, mein gesamter Plan fuhr aus dem Konzept, doch ich wusste, dass ich nachgab als ich dem Jüngeren antwortete. „Kursänderung. Zurück zum Hotel." Er nickte und gab alles weiter, sowie der Fahren welcher nun einen Blinker setzte und das Fahrzeug wendete.

Der Schauer war heftig und im Nachhinein betrachtet, war es die bessere Lösung gewesen nicht weiter gefahren zu sein. Es war kurz vor halb acht, die Gewitterwolken hatten sich verzogen und nur noch die Abendsonne erstreckte sich an Horizont. Hinterließ einen orange-goldenen Schimmer und die Jungs verbrachten ihre freie Zeit wohl in ihren Zimmern. Es war mir egal was sie taten, genauso wenig interessierte es mich wo sie diesem nachgingen. Ich saß jedenfalls alleine in der riesigen, stillen Hotellobby und überarbeitete einige Dokumente sowie den Plan der Gruppe, welcher durch den unvorhergesehen Wetterwechsel ja durcheinander gebracht wurde. Ich hatte es mir mit einer Tasse heißem Kakao und meinem Laptop in einem der edel aussehenden, dennoch sehr komfortablen, Sessel bequem gemacht. Kaffee bot das noble Hotel nur am Morgen an..welch ein grandioser Einfall. Sarkasmus.

Nachdem jedoch meine Tasse leer und mein Mund mit einem unerträglichen Nachgeschmack geziert war, entschied ich mich dazu eine kleine Pause einzulegen und mir die Beine zu vertreten. Mein Weg führte durch den großen Glasdurchgang zu den Toiletten hin wo ich mir auch gleich den Mund ausspülte. Fertig und frisch wollte ich schon sogleich wieder gehen, allerdings vernahm ich plötzlich einige Basstöne. Bass? In einem Hotel? Einem noblen? Das konnten nur die Jungs sein. Etwas wütend folgte ich rasch den Klängen und kam an einer Tür ganz in der Nähe zu stoppen. Ich drückte die Klinke tonlos runter und stoppte in meiner Bewegung bei dem sich mir geboten worden werdenden Bild.
Es war Jungwoo, welcher tanzte.

Er schien gereizt zu sein und brach immer wieder in seinen Bewegungen ab. Wie gerne hätte ich ihn doch jetzt ein Beinchen gestellt, jedoch..ein verletztes Idol? Es war schrecklich, ich war in einer Zwickmühle gefangen. Einerseits wollte ich ihm Schaden zufügen und ihn leiden lassen. Anderseits musste ich meinem Job nachgehen und gute Arbeit leisten. Es war zum Haare ausreißen!

Ich trat in den Raum hinein, nachdem die Musik einigermaßen leiser wurde. „Schlecht." Schallte es durch den Raum und der tanzende stolperte erschrocken zur Seite, fing sich jedoch zum Schluss. Schade. „Amélia." Schnaubte er unkontrolliert und lief zu seinem Handy hinüber, um dieses von den Boxen zu trennen. „Das war schlecht." Wiederholte ich und er griff nach einem Handtuch um sich damit den herunterlaufenden Schweiß wegzuwischen.

„Findest du?" Fragte er noch immer außer Atem nach und ich nickte unbeeindruckt. „Du bist schlecht." Meinte ich leiser, aber immer noch verständlich und er nickte. „Ich weiß." Antwortete er mir und ich runzelte meine Stirn. Er gab zu, dass er schlecht war? Ich trat einige Schritte an ihn heran und er legte sein Handtuch beiseite, trank aus einer Flasche und schaute dann zu mir hoch. „Sie sind alle so talentiert." Murmelte er, doch verwirrte mich nur noch mehr. „Was meinst du?" Hackte ich wissbegierig nach und er drehte die Flasche wieder zu. „Taeyong, Mark, Jaehyun..sie alle." Schnaufte er deprimiert, fuhr sich durch seine Haare, vermied Augenkontakt. „Manchmal frag ich mich, ob ich da mithalten kann. Ich weiß, dass sie meine Freunde sind und immer für mich da wären, doch.." Er legte eine Pause ein. „Es ist wie ein Wettkampf. Ein Duell des immer besseren, wer ist am flexibelsten, wer sing die höchsten Etappen, wer rappt am schnellsten. Es reicht nur ein Makel und man ist raus. Wer ist zu braun, wer ist zu dick. Eine Sache und du hast den Kampf sofort verloren." Er spielte mit dem Saum seines Pullovers, wirkte nervös und war es vermutlich auch. „Darf ich dir etwas anvertrauen Amélia?" Ohne zu zögern nickte ich, wobei es mir gleich war. „Das ist mein erstes Comeback und ich habe Angst. Angst davor wie die Fans mich finden werden, ob ich in die Gruppe reinpassen kann und ich akzeptiert werde. Ob ich mithalten kann. Davor, hab ich Angst." Er kam auf mich zu und lächelte mich leicht verletzt an, in seinen Augen, etwas derartiges wie Kummer. Man hätte sagen können;

Wahrhaftige Angst.

Er legte kurz seine Hand auf mein Schlüsselbein und stellte sich mit seiner Schulter neben mich. „Danke." Flüsterte er und lief, zusammen mit seinem Handy und Handtuch an mir vorbei.

Das war der Moment in welchem ich ihn für einen Augenblick mit anderen Augen sah. Der Moment in welchem ich Mitleid verspürte, Mitleid mit Kim Jung Woo.

Ich dämliches Ding.

..Fortsetzung folgt..

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