Ganz Wien - (Einzelhaft) 1982
Ganz Wien. Das erste Lied, das auch auf seinem ersten Album 'Einzelhaft' erschien, aber bereits schon ein paar Jahre früher ein Hit war. Eigentlich befindet es sich auf Position 5 im Album, aber da es eben sein erstes Lied war...
Oben das Lied, die zeitlich "jüngere" Symphonic Version live mit Orchester. Unter der Geschichte der Songtext, zum Nachlesen.
Er geht die Schönbrunner Straße entlang, vorbei an Werbeplakaten für den anstehenden Wiener Opernball, die sich mit diversen Aufklebern der hiesigen Fußballmannschaft abwechseln. In seinem Kopf hallt noch die Heavy Metal Musik nach, mit der er seine Ohren strapaziert hatte, bevor er losgegangen war. In der Innentasche seiner Lederjacke hat er ein ganzes Sortiment an Betäubungsmitteln versteckt. Sein Gesicht und überhaupt sein ganzer Körper weist bereits Spuren von seinem exzessiven Drogenkonsum auf. Vor zwei Minuten hatte er sich noch in eine Nebenstraße gestellt und etwas Lemmon 714 zu sich genommen, weniger bekannt als Mozambin. Sein Blut rauscht durch seinen Körper. Vielleicht hat er auch noch etwas anderes zu sich genommen, aber sicher ist er sich nicht mehr. Es ist ihm eigentlich auch egal. Sein Rausch täuscht ihn zwar über seinen schlechten Zustand hinweg, aber der wird abklingen. Bald ist es für ihn so weit, dass es für ihn keinen nächsten mehr geben wird.
Etwas strauchelnd betritt er das U4. Hier versammelt sich gefühlt ganz Wien. Er schiebt sich in die Arme seiner Freunde, die sofort in seine Jackentasche greifen. Sie machen sich keine Mühe, das Teufelszeug zu verstecken. Hier hat mindestens jeder zweite etwas eingeschmissen. Weiter hinten im Raum befindet sich eine Bühne, auf der die chaotische Band Drahdiwaberl spielt. Vorne weg, der sich von der Gruppe abhebende Bassist. Irgendwas mit Gottehrer oder Stürmer heißt der, aber das ändert sich eh von Zeit zu Zeit. Künstler halt.
Ein junger Bursche nach dem anderen versinkt in seinem Rausch. Sie werden euphorisch, klatschen begeistert zu der Musik und einige ziehen los, Mädchen angraben. Bei einem von ihnen dauert es etwas länger, bis die Wirkung einsetzt. Vielleicht weil er zum ersten Mal Drogen nimmt. Aber dann verschwimmt die Realität auch vor seinen Augen und wird durch eine verworrene Kulisse ersetzt. Das Umstoßen eines Wasserglases durch einen seiner unkoordiniert herumwandernden Freunde, das irgendwie aus unerfindlichen Gründen dort auf dem Tisch Platz gefunden hatte, löst in ihm eine heftige Halluzination hervor. Vor seinen Augen ergießt sich der Inhalt des Glases auf den Boden, aber es fließt immer mehr und mehr Wasser. Es hört gar nicht auf, sich zu leeren. Wogen von Wasser ergießen sich aus diesem winzigen 0,33 l Glas und füllen in Windeseile das gesamte U4. Darauf kommen aus dem Glas Landmassen geschossen und Brücken mit Namensschildern. Donaubrücke", liest er auf einem davon, 'also muss das die Donau sein, die sich hier im U4 breit macht'. Er ist ganz begeistert von sich, dass er dieses schwere Rätsel hatte lösen können und fängt deshalb an, enthusiastisch zu lachen. Aus dem Glas kommen Goldfische geschwommen, riesige Goldfische, mit Geigen, die die kleine Nachtmusik von Mozart fiedeln. Das Wasser steigt aber noch weiter an, immer höher und höher. Links von ihm ist sein Kumpel Bruno dabei auf die Bar zu springen, was sich als schwieriger herausstellt, als er gedacht hatte. Letzten Endes sind seine Versuche doch von Erfolg gekrönt und jetzt steht er einigermaßen sicher dort oben. Er brüllt quer durch den Raum:
"Hannes! Komm her! Hier kannst du was sehen!"
Die Illusion verzehrt dem jungen Mann allerdings dieses Geschrei und sieht Bruno auf einem Landstück stehen und hört ihn rufen:
"Hannes! Komm her ins sichere Barland!"
Hannes leistet natürlich folge und wird erstaunlich sicher von Bruno auf die Bar gehievt. Der junge Mann will schon dazukommen, seine Kumpel rufen schon:
"He, komm her!"
Selbstverständlich gefolgt von wirrem Gelächter. Plötzlich verwandelt sich alles Wasser um ihn herum in Schnee. Reinen, weißen Schnee. Er atmet etwas davon ein und sofort treibt er wieder im Wasser. Alle um ihn herum treiben mit ihm umher, einige beginnen mit Schwimmbewegungen und werden immer besser. Nur er kann sich nicht bewegen. Er versucht es, reißt seinen Körper hin und her, doch er schafft es nicht. Er ist mit den Kräften am Ende, er spürt es bis in jeden Winkel seines Körpers, dass er gleich ertrinken wird.
Doch mit einem mal verwandelt sich alles Wasser wieder in Schnee. Diesmal weicht der Schnee von ihm weg und sammelt sich um seine Kumpel herum, umgibt sie wie eine weiße Robe. Seine Kumpel gehen und hüpfen erbärmlich durch die Gegend, alle in diesen weißen Gewändern. Auf einmal steuern alle auf ihn zu und wollen ihn auch in Weiß einhüllen. Sie verschmelzen zu einem Riesen mit Hörnern.
"Der Teufel!",
schreit der arme Mann panisch. Der riesige Teufel in dem weißen Gewand steuert auf ihn zu, kommt immer näher, hat ihn schon fast erreicht.... Puff. Plötzlich verschwindet er. Alles verschwindet, bis auf die dröhnenden Kopfschmerzen, die dem Burschen bleiben. Er kämpft sich durch, bis der Schmerz nach zehn Minuten abebbt. Dann schaut er sich im U4 um. Seine Kumpel torkeln und wanken durch die Gegend, einige sind wieder dabei etwas einzunehmen und manch andere verschwinden in Richtung Toilette, um die selbige für ein paar Minuten, oder auch mehr, einmal kräftig zu umarmen. Wohl dem, der vorher etwas gegessen hat. Da kommt dann wenigstens auch etwas raus und verschafft ein wenig Erleichterung. Der von seinem Trip erschöpfte junge Mann wandert etwas durch die Disse und bleibt bei einem der riesigen Lautsprecher stehen. Er hatte ein Geräusch gehört. Da ist es wieder. Er linst hinter den Lautsprecher, nur um sich gleich darauf wieder entgeistert und etwas verstört zurückzudrehen und schnurstracks sich einen anderen Platz zu suchen. Hinter dem Lautsprecher war einer seiner Kumpels gerade dabei eine Blondine leidenschaftlich zu vernaschen. Das Bild würde er so schnell nicht mehr aus dem Kopf bekommen. Das hat sich regelrecht in seine Netzhaut eingebrannt.
Das alles hat ihn zum Nachdenken gebracht. Er sitzt auf seinem Stuhl und beobachtet die Leute, unter anderem auch seine Kumpels und denkt bei sich: Oh Gott, wie peinlich. Wer weiß, was ich in meinem Wahn so getan habe. Ich erinnere mich nur an vereinzelte Teile.' Da überfluten ihn die Erinnerungen und er denkt nur noch wie schrecklich'. Wie ein Häufchen Elend sitzt er zusammengesunken und in sich gekehrt da. Seine Nahtoderfahrung war zwar nur eine Illusion, aber sie hatte sich verdammt echt angefühlt und er wollte das auf keinen Fall wiederholen. Er steht auf und geht nach Hause. Er überlässt seine Freunde ihren peinlichen Stunden. Er würde soetwas nie wieder erleben. Er spürt die Erschöpfung, die es ihm bereitet hat und die Erinnerungen an seinen Rausch brennen ihm in seinem Kopf nach. Wenn er sich so seine Freunde und gefühlt ganz Wien, das sich im U4 versammelt hat anschaut, dann musste er Angst um sich und sie haben. Ein Fehler, ein Fehltritt und du hast dein ganzes Leben versaut. Nie wieder Drogen. Bei dem Gedanken überfällt ihn ein Gefühl von Glückseligkeit und er summt vor sich hin, während er fröhlich nach Hause hüpft: Dadadada, badadada, badadada, badadada..."
Ganz Wien, Falcos erster nennenswerter Erfolg als Solokünstler.
Ich habe die Symphonic Live Version angefügt, die ist mit dem Wiener Orchester aufgenommen, da er da zwar immernoch 'bescheiden' aussieht, aber wenigstens nicht mehr so albern rumhopst wie damals, in den Änfangen bei Drahdiwaberl. Das Lied Ganz Wien ist komplett von ihn und wurde zunächst von ihm 1979 mit der Band Drahdiwaberl gespielt, bei der er eigentlich der Bassist war.
Hier der Songtext, für alle, die kein Wienerisch können :
GANZ WIEN
1982 / Text: Falco / Musik: Falco
Er geht auf der Straß'n
Sagt net wohin
Das Hirn voll Heavy Metal
Und seine Leber ist hin
Seine Venen san offen
Und er riecht nach Formalin
Des alles macht eam kan Kummer
Weil er ist in Wien.
Ganz Wien - ist heut auf Heroin
Ganz Wien - träumt mit Mozambin
Ganz Wien - Wien, Wien, greift auch zu Kokain überhaupt in der Ballsaison
Man sieht ganz Wien, Wien, Wien is so herrlich hin, hin, hin
Kokain und Kodein, Heroin und Mozambin
Machen uns hin, hin, hin, 1,2,3
Kokain und Kodein, Heroin und Mozambin
Machen uns hin, hin, hin
Einmal wird der Tag kumman
Die Donau außer Rand und Band
Im U4 geigen die Goldfisch'
Der Bruno längst im sich'ren Land,
Der Hannes A
Dann lernen wir Schwimmen
Treib'n tan ma eh.
Alle Teuferl weisses Gewandl
Und weiss wie Schnee
Wien
Kokain und Kodein, Heroin und Mozambin
Machen uns hin, hin, hin, that you know
Kokain und Kodein, Heroin und Mozambin
Machen uns hin, hin, hin
Ganz Wien
da, da, da, da
Ganz Wien
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