Ein ganz normaler, vorgetäuschter Tod

Bevor ich irgendwie reagieren kann, wird mir etwas in die Hand gedrückt.
„Überleg dir mal, Hosen in deiner tatsächlichen Größe zu kaufen. In die 24er passt doch eh so gut wie keiner rein."
Ich glotze wenig intelligent auf meine Beine. Dann wieder zu Torben. Dann wieder auf meine Beine. Dann wieder zu Tristan. Beine. Timo. Beine.
Zwei Dinge schließe ich daraus:
1. Ich habe schon wieder eine Hose den heiligen Aufprall-Göttern geopfert.
2. Till lebt.
3. Er hat mir schon wieder seine Hose gegeben und trägt heute Boxershorts mit kleinen, lila Sternchen darauf.
Okay, das waren drei Dinge. Zurück zu Punkt 2.
„Du leeebst?", lalle ich ungläubig.
Theodor lacht. „Natürlich lebe ich. Nur musste ich meinen Tod vortäuschen, damit ich hier einziehen und meine verborgenen Talente und Gaben ausüben kann. So wie du auch. Und da du die Protagonistin bist, wirst du eh nach einigem Struggeln und Verkacken die Overpowertste von uns allen sein und die Welt retten. Ach ja, und falls du dich fragst, warum ich nicht entsprechend deiner Koma-Dauer gealtert bin: Ich hab dem Arzt Geld gegeben, damit er dir einen kleinen Schrecken einjagt, es war einfach zu lustig. In Wirklichkeit warst du nur eine Woche oder so weg."
Ich glotze weiterhin ungläubig.
Tarek fährt fort: „Ist ja auch egal. Ich muss los, supergeheime Superkraft-Dinge tun und so."
Mein ungläubiges Glotzen richtet sich bei seinem Weggehen auf den mit lila Sternen bestückten Hintern. Kopfschüttelnd sammle ich meine Kinnlade vom Boden auf und schlüpfe in die zweite geschenkte Hose innerhalb eines Monats. Ich werde nicht einmal im Ansatz versuchen zu verstehen, was da gerade passiert ist. Etwas unschlüssig stehe ich im Gang herum und wundere mich, wie weit ich vorhin in meiner Gedankenversunkenheit gelaufen bin. Und vor allem wohin. Wäre es nicht langsam Zeit für die obligatorische...
„Oh hallo, du musst Faith sein! Soll ich dir unser gemeinsames Zimmer zeigen? Ich bin deine zukünftige beste Freundin und, wie ich gerade schon erwähnt habe, deine Zimmergenossin! Mann, ist das aufregend, ich hab so viel von dir gehört, du bist die Auserwählte und so. Ich bin eigentlich ganz nett, aber gnadenlos introvertiert, deshalb hab ich kaum Anschluss hier und ich hoffe, meine Beliebtheit bei den anderen zu steigern, indem ich mich an dich hänge. Natürlich werde ich dadurch schlussendlich das Gegenteil erreichen, nämlich dass auch du zur Außenseiterin wirst, aber das ist egal, weil die Meisten hier eh voll oberflächlich sind und wie in der echten Welt nur Alkohol und das Übrige im Kopf haben. Aber man darf doch davon träumen, dazuzugehören, nicht?"
Mein Arm wird langsam taub durch das gewaltsame Händeschütteln der obligatorischen Neubekanntschaft.
„Bitte hör auf, meinen Arm auszureißen", winsle ich dem Mädchen entgegen.

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