KAPITEL 24
Als Sanemi nach sechs langen Stunden endlich wieder zurückkam, fand er mich immer noch schmollend auf dem Sofa sitzend. Ich hatte meinen Unmut in den letzten Stunden in mehrere Kissen geschlagen und wäre am liebsten vor Langeweile an die Decke gegangen. Er war nach dem Frühstück einfach losgegangen.
„Endlich!" rief ich, als er zur Tür hereintrat, die Arme verschränkt. „Ich dachte schon, du lässt mich hier ewig sitzen."
Sanemi sah mich nur mit diesem genervten Gesichtsausdruck an, den er so oft trug, als wäre es meine Schuld, dass er weg war. „Schön, dass du mich so vermisst hast," sagte er trocken und ließ sich auf den Stuhl in der Nähe des Fensters fallen. „Aber glaub mir, ich wäre auch lieber hier geblieben."
„Ach ja?" fragte ich skeptisch, während ich mich aufrichtete und ihn direkt ansah. „Warum warst du überhaupt so lange weg?"
Sanemi schnaubte und lehnte sich zurück. „Weil die Säulen jetzt auch noch dazu verdonnert wurden, andere Dämonenjäger zu trainieren. Als ob wir nicht schon genug zu tun hätten."
„Was?" Ich blinzelte überrascht. „Ihr müsst jetzt auch noch andere trainieren? Aber... das bedeutet, du wirst noch weniger Zeit haben!"
Er nickte und rieb sich die Stirn, als wäre das alles ein riesiger Kopfschmerz für ihn. „Ja, das bedeutet, dass ich auch diese Anfänger trainieren muss. Die kriegen ja nichts auf die Reihe."
„Na großartig", murmelte ich und ließ mich wieder aufs Sofa fallen. „Als ob es nicht schon schlimm genug wäre, dass du ständig weg bist, um Dämonen zu jagen. Jetzt musst du auch noch Babysitter spielen."
Sanemi hob eine Augenbraue und sah mich mit einem schiefen Grinsen an. „Babysitter? Die sind keine Kinder."
„Kommt drauf an", sagte ich und verschränkte die Arme wieder vor der Brust. „Wenn du so genervt bist, wie du gerade klingst, dann verhalten sie sich wahrscheinlich wie Kinder."
„Du hast keine Ahnung", antwortete er und schloss kurz die Augen, als wollte er sich den Schmerz dieser Erfahrung ersparen. „Die meisten von ihnen wissen kaum, wie man ein Schwert richtig hält, geschweige denn, wie man kämpft."
„Das klingt... furchtbar", sagte ich, als ich mir das Szenario vorstellte. „Aber hey, wenigstens hast du dann bald eine ganze Armee von Dämonenjägern, die deine Techniken kopieren."
Sanemi verdrehte die Augen. „Oh ja, genau das wollte ich immer: eine Gruppe von Mini-Sanemis, die sich genauso wie ich aufführen."
Ich lachte laut auf und stellte mir vor, wie eine Armee von kleinen, griesgrämigen Sanemis durch die Gegend marschierte und jeden anmotzte, der ihnen in die Quere kam. „Das wäre doch ein Anblick. Kleine, wütende Sanemis überall!"
Er grinste leicht, konnte sich das Lachen wohl auch nicht ganz verkneifen. „Ich glaube, einer von mir reicht schon."
„Vielleicht, aber stell dir das mal vor", sagte ich und tat so, als würde ich es mir in Gedanken ausmalen. „Ein Sanemi mit einem winzigen Temperament und einem viel zu großen Schwert für seine Größe. Das wäre... unglaublich."
„Unglaublich nervig, ja", stimmte er zu, während er sich die Haare zurückstrich. „Aber jetzt mal ernsthaft, das Training ist anstrengend. Ich habe keine Lust, den Leuten zu erklären, wie man nicht stirbt."
„Naja, immerhin hilfst du ihnen, am Leben zu bleiben. Das ist doch was, oder?" Ich zuckte mit den Schultern. „Und vielleicht gibt es ja den einen oder anderen, der tatsächlich ein bisschen Talent hat."
„Vielleicht", brummte Sanemi und lehnte sich gegen die Wand. „Aber es bleibt dabei: Das ist nicht mein Job. Ich jage Dämonen, ich babysitte keine Möchtegern-Jäger."
„Tja, jetzt musst du es wohl tun", sagte ich und schüttelte leicht den Kopf. „Aber hey, wenn du mit ihnen fertig bist, wirst du vermutlich der gefürchtetste Lehrer der Dämonenjäger-Geschichte sein."
Sanemi grinste breit. „Das wäre ja mal was."
„Ich kann es mir vorstellen", sagte ich und tat so, als würde ich eine offizielle Ankündigung machen. „Hier kommt der gefürchtete Sanemi, der Babysitter von Dämonenjägern. Niemand hat Angst vor Dämonen mehr, sondern vor seinem Unterricht!"
Er lachte diesmal wirklich, ein seltenes, aber echtes Lachen, das ihm gut stand. „Wenn das mal kein Albtraum für sie wird."
„Na, für mich bist du der schlimmste Lehrer", stichelte ich, konnte mir aber ein Lächeln nicht verkneifen. „Aber wenigstens bist du auch ein bisschen nett, wenn du willst."
„Ein bisschen", gab er zu und schüttelte den Kopf. „Aber nicht zu viel. Ich hab meinen Ruf zu verlieren."
„Verstanden", sagte ich und stand auf, um in die Küche zu gehen. „Möchtest du was essen? Nach all dem Training und Babysitting solltest du bestimmt eine Stärkung gebrauchen."
„Ja", sagte er und folgte mir in die Küche. „Das wäre nicht schlecht. Aber nur, wenn du nicht zu viel redest."
„Versprochen", sagte ich grinsend. „Ich lasse dich in Ruhe – zumindest bis nach dem Essen."
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