KAPITEL 22

Als ich am nächsten Morgen langsam aufwachte, bemerkte ich sofort, dass etwas nicht stimmte. Es fühlte sich an, als würde mich etwas... oder besser gesagt, jemand, erdrücken. Mein erster Gedanke war: Bin ich unter eine Lawine geraten? Doch als mein Kopf langsam klarer wurde und ich versuchte, mich zu bewegen, stellte ich fest, dass das „etwas" neben mir Sanemi war.

Er lag schlafend neben mir, seine Arme schwer um mich gelegt, als ob er mich in einem Albtraum festhalten würde. Wie um alles in der Welt ist er hier gelandet?

Ich versuchte, mich vorsichtig zu befreien, aber Sanemi reagierte darauf, indem er mich noch fester an sich drückte. „Oof!" Ein leises Quieken entkam mir, und ich fühlte, wie die Luft aus meinen Lungen gepresst wurde.

„Sanemi!" flüsterte ich und gab ihm einen kleinen Schubs. „Du erstickst mich!"

Er grummelte nur im Schlaf und bewegte sich kein Stück. Sein Kopf lag auf meiner Schulter, und ich konnte sein ruhiges Atmen spüren. Es hätte fast süß sein können... wenn ich nicht gerade halb zerquetscht worden wäre.

„Sanemi, wach auf!" Ich schob ihn dieses Mal etwas fester. Langsam öffnete er ein Auge, sah mich verschlafen an und blinzelte verwirrt. „Was...?" murmelte er, als ob er noch nicht ganz in der Realität angekommen wäre.

„Du... erdrückst... mich!" japste ich, wobei ich versuchte, meine Stimme nicht zu laut werden zu lassen, obwohl ich kurz davor war, ihn anzuschreien.

Er blinzelte noch ein paar Mal, dann hob er abrupt seinen Arm und setzte sich auf, als ob ihm erst jetzt klar wurde, was passiert war. „Oh. Verdammt."

Ich atmete tief durch und versuchte, meinen Brustkorb zu entspannen. „Ja, verdammt! Was zum Teufel machst du hier?"

Sanemi kratzte sich am Kopf, noch immer halb schlafend, und sah mich an, als ob er es selbst nicht ganz wüsste. „Ich... äh, keine Ahnung. Bin zurückgekommen, war total erledigt und... hab mich wohl einfach hingelegt."

„Ja, einfach in mein Bett", murmelte ich und setzte mich auf. „Und dann hast du mich fast plattgedrückt. Nenn das mal einen stürmischen Empfang."

Sanemi sah etwas verlegen aus und schüttelte den Kopf, als ob er sich selbst tadeln wollte. „Tut mir leid, Ai. War 'ne lange Nacht. Obanai ist ein verdammter Sklaventreiber, was Missionen angeht."

Ich versuchte, nicht zu lachen, aber als ich an Obanais ernste, stechende Blicke dachte, konnte ich es mir nicht verkneifen. „Ich kann mir vorstellen, wie er dir die Hölle heiß gemacht hat."

„Hölle ist noch milde ausgedrückt." Sanemi rieb sich die Augen und stand langsam auf. „Aber hey, wenigstens bin ich zurück."

„Ja, das bist du", sagte ich, während ich mich streckte und aufstand. „Ich hab dich vermisst."

Sanemi blieb kurz stehen, als ich das sagte, und sah mich aus dem Augenwinkel an. „Du hast mich vermisst?" Seine Stimme klang nicht spöttisch, eher erstaunt.

Ich nickte. „Natürlich hab ich das. Was hast du denn gedacht? Dass ich mich hier zu Tode langweile, während du Dämonen jagst und mich vergisst?"

Er grunzte, aber ich konnte sehen, dass er versuchte, ein kleines Lächeln zu unterdrücken. „Hätte ja sein können, dass du dir hier ohne mich die Zeit vertreibst und mich gar nicht brauchst."

„Glaub mir, Yoga ist keine ausreichende Ablenkung für die Hölle der Langeweile, die du hinterlässt", sagte ich, halb im Scherz, aber doch mit einem ernsten Unterton. „Es war schrecklich langweilig."

Sanemi schüttelte den Kopf und lachte leise. „Yoga? Echt jetzt?"

„Ja, echt jetzt. Und es war furchtbar", gestand ich und rieb mir den Nacken. „Ich hab's nur gemacht, weil ich nicht wusste, wie ich sonst die Zeit totschlagen soll."

„Das klingt echt erbärmlich", sagte er trocken, aber mit einem Schmunzeln.

„Du hast ja keine Ahnung! Also danke, dass du endlich wieder da bist, damit ich das nicht nochmal machen muss."

Er nickte und trat einen Schritt auf mich zu, sah mir in die Augen und legte eine Hand auf meine Schulter. „Keine Sorge, Ai. Ich bleib jetzt ne Weile hier. Kein Yoga mehr für dich."

Für einen Moment blieb die Welt still, und ich bemerkte, dass er mich sanft ansah – viel sanfter, als ich es jemals von ihm gewohnt war. Es ließ mein Herz einen Moment schneller schlagen, und ich musste wegsehen, um nicht selbst rot zu werden.

„Gut", murmelte ich und versuchte, das Grinsen zu unterdrücken. „Ich hab genug Verrenkungen für ein ganzes Leben gemacht."

„Das glaub ich dir", sagte er mit einem kurzen Lachen und ließ seine Hand von meiner Schulter gleiten. „Ich sollte mich duschen und das Blut loswerden. Du siehst mich an, als wär ich ein wandelndes Massaker."

„Nun, das bist du irgendwie auch", erwiderte ich und verzog das Gesicht, als ich die Blutflecken auf seiner Kleidung bemerkte. „Das ist... nicht alles deins, oder?"

„Nein", sagte er, schüttelte den Kopf und grinste, „nur das von den Dämonen."

„Gott sei Dank", seufzte ich und lehnte mich erleichtert gegen den Türrahmen. „Aber wirklich, geh duschen. Du siehst aus, als wärst du gerade aus der Hölle zurückgekehrt."

„Ja, ja", murmelte er und ging in Richtung Badezimmer. Doch bevor er verschwand, blieb er kurz stehen und drehte sich nochmal um. „Ai..."

„Hm?" Ich sah ihn neugierig an.

„Danke, dass du mich vermisst hast." Dann verschwand er, und ich stand für einen Moment wie angewurzelt da, überrascht von der plötzlichen Sanftheit in seiner Stimme.

Dieser Kerl bringt mich noch um den Verstand, dachte ich und konnte nicht anders, als zu lächeln.

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