36. México 🇲🇽 [ 2 ] Max Verstappen & Liam Lawson

Hey Ihr Lieben, viel Spaß mit Teil 2 von Mexico
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Max Verstappen & Liam Lawson

Max
Samstag
Vor FP3

Das Gewicht des gestrigen Tages hängt mir schwer in den Knochen, als ich an diesem Samstag früher als sonst ins Paddock stapfe.

Die Sonne brennt schon vom Himmel, obwohl es noch früh ist, aber meine Laune bleibt düster. Die Trainings gestern waren ein Desaster, jede der wenigen Runden fühlten sich wie ein Kampf gegen einen unsichtbaren Gegner an.

Keine Chance, dass ich so vorne lande, wenn das Auto sich nicht dramatisch verbessert.

Lando ist mir zwar punktemäßig noch nicht bedrohlich nahe, aber der Abstand ist kleiner geworden. Zu klein, wenn ich mir ehrlich bin, vor allem mit einem Auto, das so unberechenbar ist wie meins im Moment.

Es gibt keine Spielräume für Fehler, nicht mehr. Jeder Punkt zählt, und ich weiß, dass Lando lauert. Ein Fehler von mir, und er wird da sein, bereit, den Vorteil zu nutzen.

Mit gesenktem Blick bin ich auf dem Weg zum Motorhome, den Kopf voller Gedanken und Strategien, als ich plötzlich aufsehe und Liam sehe.

Genau in diesem Moment kommt er aus dem Motorhome, die Tür schließt sich hinter ihm, und er bleibt wie angewurzelt stehen, als er mich bemerkt.

Ein kurzer Augenblick der Stille, in dem alles andere ausgeblendet ist. Nur er und ich, mitten im hektischen Treiben des Paddocks, wo die Welt normalerweise keinen Moment stillsteht.

Unsere Blicke treffen sich, und da ist dieses vertraute Gefühl, das in mir aufflackert. Für einen Moment scheint alles wieder so zu sein wie früher. Die Nächte, die wir miteinander geteilt haben, die Gespräche, die scharfe Mischung aus Nähe und der Absicht, nicht mehr als das zu wollen, all das taucht wie ein Schatten zwischen uns auf.

Doch jetzt ist da eine Distanz, die mir fast körperlich wehtut. Ich weiß nicht, wann, aber sie ist da.

Und sie scheint unüberwindbar.

Liam nickt kaum merklich, sein Blick ist unlesbar, und ich weiß nicht, ob das daran liegt, dass er tatsächlich gleichgültig ist oder einfach nur versucht, es zu sein.

Ich will etwas sagen, irgendetwas, aber in diesem Moment weiß ich nicht, was. So viele Worte drängen in mir nach oben, aber keins davon klingt richtig. Keins davon würde wirklich treffen, was ich sagen will.

Also gehe ich weiter, ohne dass wir ein Wort gewechselt haben. Der Moment verfliegt, wie so viele andere zwischen uns.

Für einen Moment überlege ich tatsächlich mich umzudrehen und Liam doch anzusprechen. Ein Teil von mir will wissen, ob er gerade wieder eines dieser Meetings mit Christian oder dem Dr. Helmut Marko hinter sich hat.

Sie führen diese Gespräche jetzt auffällig oft, und es geht dabei ganz offensichtlich um Liams Zukunft. Ich habe ohnehin nie verstanden, warum das so lange dauert, der Neuseeländer hat in den letzten Jahren mehr als genug Leistung gezeigt, wenn man mich fragt.

Er gehört ins Cockpit, und das nicht erst seit gestern.

Ich verdränge das mulmige Gefühl und gehe weiter, aber meine Gedanken bleiben an dem Thema hängen.

Unweigerlich komme ich zu meinem eigenen Teamkollegen, Sergio. Normalerweise ist es mir ja wirklich egal, ob er mal P2 oder P10 landet. Ich fahre mein Rennen, er seines. Doch dieses Jahr ist die Lage anders. Der Kampf um den Teamtitel? Können wir uns eigentlich abschminken. Nach außen hin redet zwar jeder von Red Bull gegen Ferrari und McLaren, aber wenn wir mal ehrlich sind, sehe ich uns nicht wirklich vorne mitspielen.

Letztes Jahr hatte ich schon das Gefühl, den Konstrukteurstitel allein gestemmt zu haben. Aber dieses Jahr ist es, als ob ich wirklich auf mich allein gestellt wäre. Rennen für Rennen kämpfe ich gegen die Fahrer von Ferrari, McLaren und Mercedes und Sergio fährt irgendwo weit hinten.

Ich weiß nicht, ob er den Druck einfach nicht aushält oder ob es etwas anderes ist, das ihn so aus der Spur bringt. Ein Teil von mir hofft, dass die heimischen Fans ihm hier in Mexiko Flügel verleihen.

Wortwörtlich.

Er könnte das jetzt wirklich gebrauchen, denn allein gegen das ganze Feld anzutreten, zerrt langsam auch an mir.

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Max
Nach dem Qualifying

Mit einem zufriedenen Grinsen lehne ich mich gegen die Wand des Hotelaufzugs. P2 im Qualifying, das war das Maximum, was ich mit dem Auto heute rausholen konnte.

Nach den Katastrophentrainings gestern ist das schon fast ein kleiner Sieg für mich. Jetzt freue ich mich nur noch auf eine heiße Dusche und dann auf ein Abendessen mit ein paar anderen aus dem Team.

Gerade als die Fahrstuhltüren sich schließen, huscht eine Gestalt durch den Spalt.

Liam.

Einen Moment lang sehe ich, wie sein Blick auf mich fällt und wie er sofort stutzt, fast so, als würde er lieber sofort wieder aussteigen. Doch bevor er sich's anders überlegen kann, sage ich lächelnd: „Hey, der Fahrstuhl ist schon groß genug für uns beide."

Er zwingt sich zu einem Lächeln, aber ich sehe sofort, dass es nicht echt ist. Ich kenne ihn gut genug, um zu merken, dass das alles nur Fassade ist.

Kein Wunder, er hatte richtig Pech heute.. seine letzte Runde wäre sicher für Q3 gut genug gewesen, aber Yuki hatte es geschafft, irgendwo in die Wand zu fahren und damit Liams Runde unbeabsichtigt zerstört.

Er wirkt angespannt, die Enttäuschung steht ihm ins Gesicht geschrieben, so sehr, dass es mich fast schon schmerzt, ihn so zu sehen.

Früher hätten wir solche Momente anders gelöst. Ohne groß zu reden, hätten wir einfach das gemacht, was wir damals immer gemacht haben, wenn der Druck zu viel wurde oder einer von uns einfach nur abschalten wollte.

Der Gedanke drängt sich mir auf, und bevor ich groß überlegen kann, sage ich: „Weißt du, zur Frustbewältigung könnten wir auch einfach wieder mal ein bisschen Spaß zusammen haben."

Für einen Moment sehe ich, wie er meine Worte aufnimmt, bevor sein Gesicht sich wieder verschließt. „Nein, danke," sagt er kühl. „Wir haben uns damals darauf geeinigt, das nicht mehr zu machen."

„Stimmt," sage ich langsam und versuche, ihm in die Augen zu sehen. „Aber das war, weil dir die Distanz zu groß wurde und du meintest das wir uns eh kaum noch sehen.. Jetzt ist das Problem doch nicht mehr da."

Er zögert, und ich sehe, dass er weiß, dass ich recht habe. Aber ich kenne ihn gut genug, um zu wissen, dass er trotzdem bei seinem Standpunkt bleiben wird. Und das tut er auch. „Max, nur weil du Max Verstappen bist und ich nur Liam Lawson, heißt das nicht, dass ich mache, was du willst."

Ich öffne den Mund, will gerade ansetzen, um zu sagen, dass er doch wissen sollte, dass ich nicht so bin, dass es mir nicht darum geht, über ihn zu bestimmen, sondern dass ich einfach nur...

Aber er unterbricht mich, als die Fahrstuhltür aufgeht. Ohne mir einen zweiten Blick zu schenken, sagt er nur: „Lass einfach gut sein, Max."

Dann geht er, ohne sich noch einmal umzusehen, und ich bleibe im Fahrstuhl zurück. Allein mit dem Gedanken, wie sehr sich zwischen uns etwas verändert hat, das ich nicht wirklich fassen kann.

Als ich in mein Hotelzimmer komme, lasse ich mich einfach rücklings aufs Bett fallen. Ein seltsames Lächeln schleicht sich auf mein Gesicht, obwohl ich gerade eigentlich einen ziemlich deutlichen Korb von Liam kassiert habe.

Ich weiß nicht genau, warum mich das so zum Lächeln bringt.. vielleicht, weil er mich mit seiner Reaktion an etwas erinnert hat, das ich fast vergessen hätte.

Es fühlt sich an wie eine halbe Ewigkeit her, aber mein Kopf wandert zurück ins Jahr 2022. Damals war Liam für mich nur einer der vielen Red Bull Juniors. Wir hatten natürlich hin und wieder miteinander geredet, ein paar Worte gewechselt, wie man das eben tut, wenn man in dasselbe Team-Umfeld gehört.

Aber in jenem Jahr hat sich das erste Mal etwas geändert. Zum ersten Mal habe ich wirklich wahrgenommen, wer Liam eigentlich ist.

Vielleicht ist es das, was mich jetzt so zum Grinsen bringt. Dass er sich nicht verändert hat. Dass er immer noch dieser Typ ist, der mir ohne Umschweife sagt, wenn er etwas nicht will.. auch wenn das bedeutet, mir einen Korb zu geben.

Ich seufze und bleibe noch einen Moment einfach so auf dem Bett liegen, den Blick zur Decke gerichtet und das seltsame Lächeln immer noch auf den Lippen.

⏪⏪⏪

Max
Juli 2022

Im Sommer 2022 war ich eh wegen einiger Meetings in Milton Keynes, und als die Termine durch waren, beschloss ich, noch jemanden zu besuchen.

Es lag mir schon eine Weile schwer im Magen, wie Red Bull mit Jüri umging. Seit die Geschichte hochkochte, wurde er von allen Seiten niedergemacht, als hätte er ein widerliches Verbrechen begangen. Ja, was er gesagt hatte, war absolut daneben gewesen, und er bereute es. Aber die Welt tat so, als wäre er unverzeihlich, und Red Bull? Die ließen ihn fallen wie eine heiße Kartoffel.

Ich mochte Jüri und sah das Talent, das in ihm steckte, wir hatten uns von Anfang an gut verstanden und waren irgendwie Freunde geworden. Und jetzt? Jetzt schien es, als könnte keiner ihm die zweite Chance zugestehen, die er verdient hätte.

Ich war nicht naiv, ich wusste, dass ich daran nichts ändern konnte. Christian würde in dieser Sache nicht mit sich reden lassen, das hatte ich früh gemerkt. Aber ich wollte Jüri wissen lassen, dass er nicht allein ist.

Manchmal reicht es schon, wenn man einfach da ist.

Die Tür zum Mehrfamilienhaus stand offen, und ich ging hoch bis zu Jüris Wohnung. Ich klingelte und klopfte, ziemlich sicher, dass er da war, und hörte nach ein paar Versuchen endlich Schritte drinnen.

Doch als die Tür mit einem Ruck aufgerissen wurde, stand nicht Jüri vor mir, sondern Liam Lawson.

Der Blick, den er mir zuwarf, war fest und voller Misstrauen, seine Augen ein einziger Schutzschild für seinen Freund. Ohne zu zögern, fragte er: „Was willst du hier, Max? Willst du ihn noch weiter runterziehen?"

Ich hielt einen Moment inne, überrascht von der Entschlossenheit, mit der Liam mich konfrontierte. Das hier war ernst für ihn, das war ihm deutlich anzusehen. Er riskierte eine Menge, nur um sich für Jüri stark zu machen. Er wusste sicher genauso gut wie ich, dass Red Bull Konsequenzen für jeden zog, der nicht nach ihren Regeln spielte. Für einen Moment stand ich da, beeindruckt davon, dass er bereit war, all das für seinen Freund zu riskieren.

„Ich bin nicht hier, um ihn runterzumachen, Liam," erklärte ich ruhig und hielt seinem Blick stand. „Ich will einfach nur helfen." Ich musste ein paar Argumente ins Feld führen, bis er schließlich zustimmend nickte und mich reinließ.

Als wir später mit Jüri im Wohnzimmer saßen Tür erschien, bot ich ihm auch direkt an, ihm beizustehen, falls er etwas brauchen sollte, Hilfe beim Umzug oder wobei auch immer.

Es war kein großes Versprechen, aber ich wollte, dass er wusste, dass er nicht ganz allein war.

Später, als ich mich verabschiedete und die Wohnung verließ, folgte Liam mir hinaus. „Tut mir leid, dass ich dich so angefahren habe," murmelte er und sah mich beinahe entschuldigend an.

Ich winkte nur ab und grinste leicht. „Schon gut," sagte ich. „Ich mag Leute, die eine starke Meinung haben und keine Angst, sie zu äußern. Egal, wer vor ihnen steht." Liam lächelte zögernd zurück, und für einen kurzen Moment spürte ich, dass ich hier jemanden getroffen hatte, der die Dinge ebenso direkt nahm wie ich.

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Max

Immer noch mit einem unbewussten Lächeln auf den Lippen liege ich auf dem Bett und starre an die Decke.

Seltsam, dass so ein Flashback mich zum Lächeln bringt, obwohl ich doch gerade erst eine Abfuhr kassiert habe. Aber irgendwie erinnert mich das alles daran, wie es damals mit Liam begonnen hat.

Unser erstes richtiges Gespräch, diese Entschlossenheit in seinem Blick, als er sich für Jüri einsetzte.. das war der Moment, in dem ich gemerkt habe, dass wir mehr gemeinsam haben, als ich je gedacht hätte.

Es blieb auch nicht nur bei dieser einen Begegnung. Anfangs schrieben wir uns vor allem, um uns abzusprechen, wie wir Jüri am besten unterstützen konnten. Aber irgendwann fing das an, mehr zu werden. Unsere Nachrichten wurden persönlicher, fast tägliche Gespräche. Wir fingen an, über alles Mögliche zu reden, nicht nur über Jüri.

Irgendwie... verstanden wir einander einfach.

Ich schüttle den Gedanken ab, schwinge die Beine aus dem Bett und gehe zur Dusche. Das Wasser rauscht über mich, aber meine Gedanken bleiben hartnäckig bei Liam hängen. In den letzten Wochen habe ich mich oft dabei ertappt, dass ich an ihn denke.

Es ist nicht mal das, was er heute im Fahrstuhl gesagt hat, was mich beschäftigt, es ist eher der Abstand zwischen uns, seit er mir aus dem Weg geht.

Es fällt mir schwer, das zuzugeben, aber ich merke inzwischen, dass ich die gemeinsamen Momente mit ihm vermisse. Früher hätte ich einfach gesagt, dass es nur das körperliche war, das mir fehlt.

Aber diesmal ist es irgendwie anders.

Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich es nicht genieße, ihn einfach in meiner Nähe zu haben, selbst wenn wir nur reden.

Aber ich bin eben ich, und wenn Liam sich entschieden hat, mich auf Abstand zu halten, dann ist das eben so. Ihm hinterherlaufen oder ihn darum bitten, das kommt für mich nicht in Frage. Ich bin schließlich nicht der Typ, der jemanden verfolgt.

Also versuche ich mir einzureden, dass es mir egal ist. Doch während ich so unter der Dusche stehe, merke ich, dass das nicht so einfach funktioniert.

Mit einem tiefen Atemzug schließe ich die Augen und versuche, meine Gedanken abzuschütteln. Aber die Wahrheit ist, dass sie immer wieder zu ihm zurückkehren.

Nach der Dusche liege ich frisch und bereit fürs Abendessen auf dem Bett, aber meine Gedanken wandern wieder zurück. Irgendetwas scheint sich verändert zu haben, seit er zurück ist und langsam frage ich mich, ob ich etwas verpasst habe, das sein Verhalten mir gegenüber erklärt.

Ich greife nach meinem Telefon und scrolle zu Jüris Nummer. Wenn jemand mir helfen kann, dann er. Seit damals in Milton Keynes wissen wir beide, dass wir uns aufeinander verlassen können, und auch er und Liam sind ziemlich eng miteinander befreundet.

Jüri geht schon nach dem ersten Klingeln ran, und wir starten das Gespräch locker mit Smalltalk. Ich frage ihn beiläufig, wann er mal wieder nach Europa kommt, und er erzählt mir, dass er demnächst ein paar Sachen hier zu erledigen hat.

Doch kaum vergeht eine Minute, da stoppt er mich mit einem amüsierten Unterton in der Stimme. „Max, warum rufst du wirklich an?"

Ich merke, wie ich kurz zögere.. ich hatte es mir schon denken können. Jüri war immer gut darin, Leute zu durchschauen, und heute scheint er mich sofort durchblickt zu haben. Also atme ich einmal tief durch und spreche das an, was mich wirklich beschäftigt: „Hast du in letzter Zeit was von Liam gehört?"

Am anderen Ende höre ich, wie Jüri grinst, bevor er antwortet. „Klar, ich hab gerade erst mit ihm telefoniert. Wieso fragst du?"

Sofort kommt mir der Gedanke, ob Liam ihm vielleicht vom Vorfall im Fahrstuhl erzählt hat. Wenn ich Jüri richtig einschätze, weiß er wahrscheinlich mehr über das, was Liam und ich mal hatten. Damals haben wir nie darüber gesprochen, mit wem wir es teilen würden, aber ich vertraute Liam genug, dass er diskret damit umging.

Jüri holt mich aus meinen Überlegungen, als er nachfragt: „Max? Bist du noch dran?"

„Ja, ja, sorry." Ich räuspere mich und entscheide mich, ehrlich zu sein. „Ich verstehe nicht, was mit Liam los ist. Wir haben uns damals mehr oder weniger einvernehmlich entschieden, das Ganze auf Eis zu legen, als er in der Super Formula gefahren ist. Und jetzt ist er zurück, aber er hält immer noch Abstand. Ich dachte, du könntest mir da vielleicht weiterhelfen."

Jüri wird für einen Moment still, und ich spüre ein seltsames Unbehagen, eine Art Nervosität, die ich nicht ganz einordnen kann. Dann höre ich ihn am anderen Ende die Luft einziehen, als ob er seine Worte genau überdenkt. „Max, ich kann dir nichts erzählen, was Liam mir im Vertrauen gesagt hat," antwortet er schließlich, seine Stimme ruhig, aber fest. „Wenn du wirklich wissen willst, was los ist, dann musst du mit Liam selbst reden."

Ich spüre, wie Enttäuschung in mir aufkommt. Ich hatte gehofft, dass Jüri mir helfen könnte, vielleicht nur einen kleinen Hinweis geben würde.

Doch dann fragt Jüri, beinahe beiläufig: „Aber mal ehrlich, Max.. warum geht dir das alles so nah? Wenn das, was ihr hattet, wirklich nur locker war, dann sollte es doch eigentlich egal sein, oder?"

Irgendetwas an dieser Frage trifft mich seltsam, und ich spüre ein nervöses Kribbeln, das ich kaum unterdrücken kann. „Liam war mir nie egal," sage ich fester, als ich erwartet hätte. „Es geht mir nicht um das Körperliche, nicht darum, was wir früher hatten. Ich... ich will einfach wieder Zeit mit ihm verbringen. Ich will ihn als Menschen zurückhaben."

Am anderen Ende herrscht kurz Stille, und ich habe das Gefühl, dass Jüri etwas auf der Zunge liegt, aber er sagt nichts.

Ich blicke auf die Uhr und stelle fest, dass ich fast schon zu spät fürs Abendessen bin. „Danke, Jüri," murmle ich ins Telefon, auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob das Gespräch mir wirklich weitergeholfen hat. Jüri verabschiedet sich, und ich lege auf, während ein mulmiges Gefühl zurückbleibt.

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Später am Abend sitze ich mit ein paar Leuten aus meinem Team beim Essen. Ich versuche, mich auf die Gespräche zu konzentrieren, aber als ich den Kopf hebe, bleibe ich wie erstarrt sitzen.. Liam ist auch hier zusammen mit Yuki.

Sie sind Teamkollegen, also klar, dass sie mal gemeinsam essen gehen. Ich versuche, mir das einzureden. Trotzdem schweifen meine Augen immer wieder zu ihrem Tisch. Es fällt mir schwer, wegzusehen.

Die beiden lachen viel, besonders Liam, und ich merke, wie sehr mich sein Lachen trifft. Es hat etwas an sich, etwas Unbeschwertes und Ehrliches, das mich jedes Mal aufs Neue fasziniert.

Normalerweise freue ich mich, wenn ich ihn so sehe, aber heute... Heute nagt es an mir, dass es ausgerechnet Yuki ist, der ihn so herzlich zum Lachen bringt.

Die Vorstellung, dass Liam im Moment so viel mehr Zeit mit Yuki verbringt als mit mir, lässt eine seltsame Anspannung in mir aufsteigen. Ohne es zu wollen, umklammere ich mein Wasserglas fester, spüre den Druck gegen meine Finger und merke, wie mir der Gedanke kommt, es einfach auf den Boden zu schmettern. Natürlich mache ich es nicht, aber die Idee, wie es klirrend in Stücke zerspringt, fühlt sich einen Moment lang viel zu gut an.

Während ich versuche, mich zu beruhigen, trifft sich plötzlich unser Blick. Für einen kurzen Moment vergesse ich die anderen Gespräche, den ganzen Raum, alles. Doch kaum sieht Liam zu mir herüber, verschwindet sein Lächeln. Und das tut fast noch mehr weh. Ein Stich fährt mir durch die Brust, als ich sehe, wie das Strahlen aus seinen Augen verschwindet, nur weil er mich ansieht. Ein Teil von mir will aufspringen und ihn fragen, warum es so ist, was ich falsch gemacht habe, warum er jetzt so distanziert ist.

Kurz danach sehe ich, wie Liam aufsteht und sich in Richtung der Toiletten bewegt. Das ist meine Chance. Ich lege mein Besteck zur Seite, entschuldige mich knapp bei den anderen am Tisch und folge ihm, unauffällig, aber entschlossen.

Als ich den Raum betrete, sehe ich Liam, wie er sich die Hände wäscht. Seine nassen Hände fahren durch sein Gesicht, sein Ausdruck... verzweifelt?

Ehe ich nachdenken kann, höre ich mich schon fragen: „Also, ist es jetzt Yuki? Ist er der Grund, weshalb du mir aus dem Weg gehst?"

Liam sieht mich überrascht an, sein Blick trifft mich über den Spiegel. Er verdreht die Augen, bevor er sagt: „Max, nicht die ganze Welt dreht sich immer nur um dich."

Irgendwie erleichtert das mich fast. „Also hast du nichts mit Yuki?" Ich komme ein paar Schritte näher.

Zu meiner Überraschung weicht Liam nicht zurück. Er dreht sich mir entgegen, lässt mich sogar näher kommen, und für einen Moment halten wir nur den Blick des anderen fest. Da ist etwas in seinen Augen.. Unsicherheit, vielleicht auch ein Hauch von Verlangen, und noch etwas, das ich nicht ganz deuten kann.

„Warum interessiert dich das so sehr?" fragt er schließlich, fast leise. In seinen Augen flackert etwas wie ein Hoffnungsschimmer, oder vielleicht bilde ich es mir auch nur ein.

Ich zucke leicht mit den Schultern, versuche dabei jedoch, ihm nicht den Blick abzuwenden. „Weil wir Freunde sind, Liam. Trotz allem. Und ich will nur, dass es dir gut geht."

Liam presst kurz die Lippen zusammen, dann sagt er leise: „Yuki und ich, wir sind nur Freunde. Normale Freunde. Nicht... das, was du und ich hatten."

Sein Blick verrät mehr, als er wahrscheinlich selbst bemerkt. Ein fast sehnsüchtiger Ausdruck liegt darin, und jetzt stehe ich schon fast direkt vor ihm. Wir verharren so, wie in einem stummen Duell, niemand will den ersten Schritt wagen. Langsam, fast zögernd, lege ich eine Hand an seine Wange und streiche sanft darüber.

„Ich vermisse dich, Liam," sage ich schließlich.

Seine Augen schließen sich kurz, als würde er die Berührung in sich aufnehmen. „Das wäre nicht gut, Max," flüstert er. „Wenn wir das einfach so wieder anfangen."

„Ich sehe das anders," erwidere ich und beuge mich ein Stück vor. Meine Lippen schweben kurz vor seinen, und ich warte. „Sag mir, wenn du das nicht willst," flüstere ich. „Sag es einfach, und ich höre sofort auf."

Aber Liam sagt nichts. Er weicht nicht zurück. Das genügt mir, um die restliche Distanz zu überbrücken, und schließlich lege ich meine Lippen auf seine.

Der Kuss trifft mich tiefer, als ich erwartet habe, eine Welle von Gefühlen, die ich in den letzten Monaten weggedrängt habe. Ich weiß, dass wir hier stehen und alles riskieren, mitten auf einer öffentlichen Hoteltoilette, aber das kümmert mich gerade nicht.

Für diesen Augenblick gibt es nur ihn und mich.

Wir lösen uns schließlich voneinander, als der Kuss von der einfachen Tatsache des Atmens beendet wird. Kaum einen Zentimeter von ihm entfernt sehe ich Liam an und blicke in seine vertrauten, tiefen Augen, in denen mir ein seltsames, warmes Gefühl entgegenströmt, das mich komplett vereinnahmt.

Und genau in diesem Moment.. mit diesem Blick, mit diesem Gefühl in meiner Brust.. macht es „klick." All die Fragen, die Unruhe und der Wunsch, ihn ständig in meiner Nähe zu haben, fügen sich plötzlich zusammen.

Ich habe mich in Liam verliebt.

Ein Teil von mir will die Zeit anhalten, will in diesem warmen Augenblick mit ihm verweilen. Aber die Erkenntnis bricht den kleinen, flüchtigen Raum, den wir für uns hatten, als wären wir plötzlich wieder auf festem, kühlem Boden.

Die Wärme weicht einer leichten Unsicherheit, die mich dazu bringt, meine Hand von ihm zu lösen. Ich streiche mir nervös durch den Nacken, unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen.

„Ich sollte jetzt los," murmele ich, und die Worte kommen mir zu schnell und zu leise vor. „Ich wollte dir noch viel Erfolg für morgen wünschen." Ich versuche, so locker wie möglich zu klingen, nicke ihm zu und verlasse schließlich den Raum, ehe er noch etwas sagen könnte.

Auf dem Rückweg zum Tisch rede ich mir ein, dass das Ganze schon nichts bedeutet, dass Liam wahrscheinlich nichts von alledem ahnt, dass das Ganze in meiner eigenen Vorstellung vielleicht viel größer geworden ist, als es tatsächlich ist.

Trotzdem finde ich den Gedanken an seine Augen und sein vertrautes Lächeln so präsent, dass es mir schwerfällt, den Abend mit meinen Teamkollegen fortzusetzen. Die paar Worte, die ich noch brauche, um mich von allen zu verabschieden, kommen mir mechanisch über die Lippen, während ich insgeheim nur darauf warte, endlich allein zu sein.

Zurück in meinem Zimmer atme ich tief durch. Es trifft mich, eine Mischung aus Erleichterung und Verwirrung.

Die Realität dessen, was ich gerade erkannt habe, sitzt schwer auf meiner Brust, und mein Verstand rast. Ich habe mich in Liam verliebt. In seine warmen Augen, sein Lächeln und diese weiche Stärke in seiner Art, die mich immer fasziniert hat.

Es ist nicht nur sein Aussehen, es ist viel mehr: seine Art, für andere da zu sein, wie er mit einem klaren Selbstbewusstsein doch niemals arrogant wirkt, seine Liebe zu seinen Freunden und seine Ruhe.

Und jetzt frage ich mich, ob es vielleicht nicht doch besser gewesen wäre, auf seinen Wunsch nach Abstand einzugehen. Wenn ich ihn hätte loslassen können, hätte ich jetzt diese Erkenntnis vielleicht nie gehabt.

Aber ich weiß auch, dass das alles für Liam anders ist. Wenn er so etwas für mich empfunden hätte, dann hätte er unsere Sache nicht beendet, hätte mich vielleicht nie auf Abstand gehalten. Und trotzdem... der Gedanke, einfach abzuschließen, ist schwerer als je zuvor.

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Max
Nach dem Rennen

Ich ließ die Tür hinter mir ins Schloss fallen und lehnte mich gegen die Wand, versuchte, tief durchzuatmen, aber es brachte nichts.

Die Unruhe in mir pochte immer noch, ein seltsamer Mix aus Frust und etwas, das ich nicht so genau definieren wollte. Das Rennen hatte schon nicht nach Plan funktioniert, und dann diese hitzige Diskussion zwischen Christian und Helmut über Liam, ausgerechnet über einen verdammten Mittelfinger, die ich grade unweigerlich mitbekommen habe.

Ja, okay, vielleicht war das von Liam nicht die beste Wahl und ich kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass der Finger wahrscheinlich der einzige Weg war, den Frust loszuwerden, den er die letzten Monate aufgebaut hat.

Aber die beiden? Nein, natürlich nicht. Statt die Leistung zu sehen, hängten sie sich an so einer Kleinigkeit auf.

Ich zog die Augenbrauen zusammen und presste die Zähne aufeinander, bevor ich mich dann nicht mehr zurückhalten konnte und in ihr Büro geplatzt bin.

Die Worte kamen einfach aus mir raus, wie ein Damm, der gebrochen ist. Ich sagte ihnen genau das: Sie kennen Liam seit Jahren, wissen, was er draufhat, und dann beschweren sie sich über sowas. Ich hielt auch nicht zurück, klarzumachen, dass er endlich seine Chance nutzt und sein Können abliefert, während andere das hier einfach nicht tun.

Ihre Blicke, das plötzliche Schweigen. Für einen Moment stand ich da und merkte, dass ich wohl mehr gesagt hatte, als ich geplant hatte. Aber ich war auch zu stolz, um es zurückzunehmen. Ohne ein weiteres Wort drehte ich mich um und ließ sie einfach dort stehen. Es war mir egal, was sie davon hielten.

Jetzt jedenfalls.

Auf dem Weg zurück in mein Fahrerzimmer merkte ich erst, wie sehr mich das alles mitgenommen hatte. Die Anspannung, die ich eigentlich nur aus dem Rennen mitgebracht hatte, war jetzt zu etwas Größerem geworden, und obwohl ich das einfach ablegen wollte, schaffte ich es nicht.

In letzter Zeit hatte sich so vieles in mir aufgestaut, als würde alles auf einmal an die Oberfläche kommen, und viel davon, ich konnte es mir kaum eingestehen, drehte sich nicht nur um die Meisterschaft sondern auch um Liam.

Mit einem dumpfen Gefühl ließ ich mich auf die Couch fallen. Die Meisterschaft, die Fehler, die sich plötzlich häufen, die wachsende Erwartung und dazwischen Liam, der nicht nur im Team, sondern auch in meinem Kopf seinen Platz eingenommen hatte.

Je mehr ich mich ablenken wollte, desto öfter dachte ich an ihn. Wie er sich durchgekämpft hatte, wie er das alles trotz allem geduldig ertragen hatte. Und wie er jetzt, endlich, sein Talent zeigen konnte nur damit sie ihm dann wieder mit solchen Kleinigkeiten kommen.

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Max

Es war schon spät und ich lag im Hotelzimmer.Ich fuhr mir mit der Hand übers Gesicht, schloss die Augen und versuchte, die Gedanken zu ordnen. Das Rennen war vorbei, das Wochenende auch fast, aber ich konnte die Unruhe einfach nicht abschütteln.

Da klopfte es an der Tür.

Ich öffne genervt die Tür, schon bereit, jemandem klarzumachen, dass ich heute keine Geduld mehr übrig habe. Doch bevor ich überhaupt dazu komme, etwas zu sagen, spüre ich Liams Lippen auf meinen, seinen Körper, der mich gegen die Türrahmen drückt.

Für einen Moment bin ich wie gelähmt vor Überraschung, aber das Gefühl verfliegt schneller, als ich mir vorstellen kann. Die Gedanken an das Rennen, die Frustration, der Ärger mit Christian und Helmut alles fällt von mir ab, als wären sie nie da gewesen.

Alles, was noch bleibt, ist Liam.

Als wir uns langsam lösen, sehe ich in seine Augen, versuche in seinem Blick zu lesen, was ihn hierher gebracht hat. Er sieht mich an, atemlos und doch mit einer Entschlossenheit, die ich kaum fassen kann. „Warum jetzt, Liam?" frage ich leise, mehr zu mir selbst, als ob ich es wirklich verstehen könnte.

Liam nimmt sich einen Moment, sein Atem geht schnell, doch er antwortet mit einer Mischung aus Sehnsucht und Ehrlichkeit, die mich trifft: „Weil ich gerade... alles andere vergessen will. Und ich hoffe, dass du mir das schenken kannst, Max."

Die Worte treiben mir die letzte Spur von Zurückhaltung aus dem Kopf. Diesmal bin ich es, der die Führung übernimmt, meine Hände auf seine Schultern legt und ihn sanft, aber bestimmt zu mir zieht.

Mein Kuss ist tief, spürbar voller der Leidenschaft, die ich nicht länger unterdrücken will, und Liam erwidert ihn, ohne eine Sekunde zu zögern. Die hitzige Nähe, die zwischen uns aufflammt, lässt alles andere in den Hintergrund treten.

Hier, in diesem Moment, existieren nur wir und das Gefühl, das immer stärker wird.

Wir landen auf dem Bett, die Welt um uns verschwindet. Es fühlt sich so vertraut an, als ob kein Tag vergangen wäre seit dem letzten Mal.

Fast zwei Jahre, und doch sind wir immer noch genau aufeinander eingespielt, wie wenn jeder von uns den Rhythmus des anderen noch auswendig kennt. Stück für Stück verlieren wir unsere Klamotten, und mit jedem Moment spüre ich, wie der Abstand, den ich mir vielleicht noch eingeredet habe, endgültig verfliegt.

Ich bin mir bewusst, dass ich Liam hier dabei helfe, für einen Moment zu entkommen, sich zu verlieren, aber zugleich wird mir klar, wie sehr auch ich das gebraucht habe.

Niemand sonst schafft es, diese Welle an intensiven Gefühlen in mir auszulösen. Leidenschaft, ja, aber auch etwas Tieferes, das Gefühl von Sicherheit und Vertrautheit, das ich so selten spüre.

Zwischen uns ist es mehr als nur Verlangen. Es ist, als ob die letzten zwei Jahre und die unausgesprochenen Worte in der Stille zwischen unseren Blicken und Berührungen aufgehen und sich in Flammen auflösen.

Alles, was ich in diesem Moment empfinde, ist pur und ungefiltert. Es ist eine Mischung aus Glück, Sehnsucht und einem Frieden, den ich nur mit ihm finde, einem Gefühl, das ich kaum zuzugeben wage, aber das sich nicht länger ignorieren lässt.

🇳🇱 & 🇳🇿

ENDE?

So Ihr Lieben, viel später als geplant jetzt hier auch mein zweites Mexico Kapitel und ich hoffe das es euch gefallen hat

Ich bin mir selbst noch unsicher, ob ich mit den beiden fertig bin oder ob es da noch weiter geht, denn theoretisch ist zwischen Ihnen noch nichts geklärt.

Vielen Dank für alle Views, Votes und Kommentare

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