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Kopfschmerzen durchschossen mich. Schmerzen, die mich davon abhielten direkt die Augen zu öffnen. Starke Schmerzen, die mich beinahe tränen ließen. Ich ahnte, woher die Kopfschmerzen kamen. Sie stammen vom Schlag, der von Jimin kam.
Doch sobald ich mich fing, versuchte ich meine Augen vorsichtig aufzuschlagen. Ich erwartete eine üble Helligkeit, an die ich mich gewöhnen müsste, aber sie kam nicht.
Es war stockdunkel... Etwas zu dunkel, wenn man bedachte, dass ich mich auf einer Party befand. Eine Party, die noch voll im Gange war. Ich hörte sie schließlich, aber nur gedämpft. Ich zog verwundert die Augenbrauen zusammen, als ich zur Decke aufsah, um zu sehen, wie die hängende Lampe unter den tanzenden Füßen vibrierte.
Wo war ich...
Verwundert blickte ich mich um. Ich wollte mir über die Haare streichen, um sie mir aus dem Gesicht zu streifen, damit ich besser sehen konnte, aber... Ich konnte nicht.
Mein Herz setzte aus.
Metallgeräusche ertönten in meinen Ohren. Ganz vorsichtig, nicht zu hektisch, sah ich auf meine Hände.
Sie waren angekettet. Angekettet an einem... Rohr.
Mein Mund wurde mit einem Mal trocken und das Pochen meines Herzens überschlug sich.
Wo war ich hier? Was passierte gerade? Wo waren die anderen? War ich nicht in Ohnmacht gefallen? Wohin verschleppte man mich? Weshalb wurde ich fest gekettet?!
Überfordert versuchte ich mich von den Ketten loszureißen, indem ich an ihnen rüttelte. Das Metall schnitt sich dabei in mein Fleisch, weil sie so eng festgemacht wurde. Ich versuchte es dennoch weiter.
Plötzlich schoss mir der Augensammler durch den Kopf, weshalb ich für einen Moment inne hielt. Eine unglaubliche Angst überkam mich. Eine, die es soweit trieb, dass mir die Tränen in die Augen stiegen.
„Hilfe...", atmete ich leise, als ich stärker zu rütteln begann und meine Handgelenke blutig wurden. „Hilfe!"
Ich schrie. Ich fing an zu schreien.
„Hilfe!", wurde ich hektisch. „Seungyoun! Chan!", ich rüttelte wieder. „Jimin! Irgendwer! Hilfe!", die Tränen drohten zu kullern. „Seungyoun! Bitte! Woodz!"
Erschrocken war ich aufgezuckt und verstummte, als ich ein Pfeifen hörte. Panisch sah ich mich um. Ich spürte, wie dabei der Schweiß von meiner Stirn tropfte.
Das Pfeifen kam von links... Und... Es wurde das Geburtstagslied gepfiffen... Die Melodie des Liedes löste in mir eine Verwirrung aus, auf die ich nicht näher eingehen konnte. Meine Atmung verschnellerte sich.
Ich hatte Angst zu sehen, wer mich erwarten könnte. Dennoch fokussierten meine Augen die Dunkelheit. Anders war es nicht zu kontrollieren. Ich hörte nicht einmal die Schritte desjenigen, der pfeifend auf mich zukam. Mein Herzschlag und meine Atmung waren dafür viel zu laut gewesen.
Ich schaffte es nicht einmal zu blinzeln... Da trat ein Schatten aus der Dunkelheit. Ein Schatten, welcher sich zu einer Figur formte. Sie wurde zu einem Menschen und auf der Stelle entspannten sich meine Muskeln. Ich erkannte bereits in der ersten Sekunde, in der er an das Licht trat, wer vor mir stand.
Es war... Mein Bruder. Mein Bruder, der aufhörte zu pfeifen.
„Seungyoun... Du hast mich gehört", atmete ich aus. „Bitte... Hilf mir."
Obwohl ich meinen Bruder sah, der den Retter meines Lebens darstellte, konnte ich nicht ruhig werden. Ich fühlte mich dennoch wie, als stünde ich unter Strom. Ich zitterte am ganzen Leib, während ich den Blick meines Bruders auf mir spürte. Er kam auf mich zu.
Unruhig zu ihm gesehen, fühlte jede Sehne meines Körpers, dass etwas nicht stimmte. Irgendwas schien... Anders.
Die Atmosphäre um mich herum wurde stickend.
Der Gang meines Bruders war anders... Seine Augen leuchteten nicht wie gewohnt... Er sagte nichts... Und... Der Schweiß tropfte meiner Nasenspitze hinab, als ich an ihm runter sah. Seine Hände...
Ich schrie auf.
Blut! Ich sah Blut! An seinen Händen! Sie strahlten rot!
„Pscht...", versuchte er mich zu beruhigen.
Nur konnte mich gerade nichts beruhigen. Was war hier los? Wieso hatte er Blut an den Händen? Weshalb kettete er mich nicht endlich los?! Warum war er so ruhig geblieben? Wo befand sich Chan?!
„Was ist passiert?!", schrie ich und er rollte die Augen.
„Halt die Klappe, habe ich gesagt!", zischte er. „Nichts. Es ist nichts passiert."
Nichts? Das hier sah nicht nach nichts aus. Wie könnte er meinen, dass nichts sei, wenn ich an Ketten hing und er Blut an den Händen kleben hatte?! Konnte er eigentlich noch klar denken?
„Nimm mir die Ketten ab, bitte!", verzog ich weinerlich das Gesicht, aber mein Bruder schüttelte bloß den Kopf.
Mein Herzklopfen drohte auszusetzen.
„Was...", kam es fragend aus mir, als ich zwischen seinen Augen hersah.
Mein Bruder hob nur den Kopf. Er schluckte, bevor er beiseite schaute.
„Erinnerst du dich, Y/N... Einst fragtest du mich, weshalb ich so beschützerisch bin..."
Total überfordert mit der Situation heftete mein Blick noch immer an Woodz. Wieso sollte er jetzt über solche Dinge sprechen?! Ich verstand hier gerade absolut nichts und ehrlich gesagt... Machte er mir Angst.
„Das hier ist der Grund", hob er den Kopf, wobei seine eiskalten Augen auf meine trafen, sodass ich eine Gänsehaut bekam. „Menschen, wie ich... Sie sind nämlich unscheinbar und könnten überall sein."
„Wovon redest du?!", schrie ich, weil ich ihn wirklich nicht verstand!
Um ehrlich zu sein... Fing ich sogar an zu weinen. Ich hing noch immer an eiskalten Ketten, die mir weh taten. Zudem stand mein Bruder mit blutgetränkten Händen vor mir! Ich fühlte mich alleine, obwohl ich es nicht einmal war. Die ganze Situation schien zu viel für meinen Verstand.
Doch... Mein Bruder? Ihm war das auf einmal... Egal.
„Jimin war so einer.", sprach er, als hätte ich gerade nicht geschrien und stand kurz davor, ein erneutes Mal in Ohnmacht zu fallen.
Jimin? Jimin?! Wie kam er denn jetzt auf Jimin? Was wollte er von ihm? Was war mit ihm? Was für einer war er denn? Was sollte er getan haben? Wieso sprach Woodz in Rätseln?!
Moment mal...
Wieso sprach er in der Vergangenheitsform?
„War... Wieso...", murmelte ich.
Als hätte er darauf gewartet, hielt er mir plötzlich etwas hoch. Erst wich ich mit dem Kopf hoch, bevor ich die Augen verengte, um zu erkennen, was er mir da hinhielt.
Urplötzlich wurde mir schlecht, als ich rausfand, um was es sich hierbei handelte. Sofort warf ich den Kopf beiseite und fing an zu würgen. Meine Beine fingen auf einmal an zu zittern, wobei ich mich kaum noch halten konnte.
Ein Auge... Sein Auge... Eine tiefbraune Iris, in der ich mich regelmäßig verlor...
Jimin's Auge...
Schließlich konnte ich es nicht mehr kontrollieren. Das Essen von heute Mittag kämpfte sich den Weg hinauf und ich fing an mich zu übergeben. In Gedanken an Jimin... Jimin, der von meinem Bruder... Ich presste die Augen zusammen, da ich den Gedanken nicht ausführen wollte.
Mein Hals brannte, sowie meine Nase. Alles in mir stand in Flammen und schmerzte.
Mein Bruder... Der Junge, mit dem ich zusammenlebte... Der mir die Welt bedeutete...
Ich fing an zu schluchzen.
Er war... Der Augensammler...?
„Wieso?!", heulte ich verzweifelt.
„Weil er es wusste...", zuckte er die Achseln. „Ich meine... Hast du sein Verhalten mal beobachtet? Er wusste, was ich tue."
Ich atmete hektisch, verschluckte mich dabei mehrmals an der Luft. Oder am Schmerz, den ich empfand... An der Enttäuschung, die mir mein Herz brach...
„Sag mir nicht... Seungyoun... Bitte... Du bist nicht...", hoffte ich dennoch tränend.
„Nicht?", er hielt mir ein erneutes Mal das Auge hoch. „Aber wie nennst du das dann?"
Ich sah beiseite. Meine Atem ging stockend. Krampfhaft versuchte ich nicht wieder zu spucken, obwohl mir danach war. Ständig fing ich an zu würgen, bis er das Auge von Jimin wieder runternahm.
Mein Bruder war der Augensammler...
Er ermordete Ryujin...
Er tötete Jimin...
Er tötete sechs weitere Leute... Frauen!
Was war mit Chan?! Brachte er ihn auch um?!
Würde er mich auch töten...?
Meine Tränen verstärkten sich ein erneutes Mal. Ich konnte das nicht. Dafür war ich einfach nicht gemacht. Ich konnte das nicht ab. Ich würde das emotional nie überleben. Die Wahrheit...
„Wer hätte es gedacht, hm? Seine Augen sind schöner, als ich dachte", hörte ich ihn grinsen. „Und, wer weiß? Vielleicht mache ich ja Karriere mit dem, was ich tue... Mich werden sie nämlich nie kriegen!"
Er lachte rau und ich stieß nur wieder auf.
„Jimin ist mein erstes männliches Opfer..."
Er wollte nach meinem Kinn fassen, damit ich ihn wieder ansah. Ohne, dass er mich jedoch berühren musste, schaute ich von selbst zu ihm. Seine blutverschmierten Hände sollten mich nicht anrühren. Er sollte mich nie wieder anfassen.
Mit einem tränenüberströmten Gesicht versuchte ich die Liebe in den Augen meines Bruders zu finden, denen ich eigentlich täglich begegnete. Aber die Liebe war weg. Sie war wie... Ausgestorben. Nie da gewesen...
„Ich sage dir ganz ehrlich. Ohne dich wäre er niemals gestorben. Du musstest ihn mir ja nach Hause bringen...", schüttelte er den Kopf, was in mir die Schuldgefühle aufbrachte. „Du bringst mir immer Probleme, Y/N. Irgendwann habe ich's satt..."
Ich machte ihm Probleme?
Wow...
Ich dachte, er hätte mir durch seine grauenvollen Taten bereits das Herz aus der Brust gerissen. Nur... Nein. Er tat mir gerade so weh. Noch nie verletzte er mich auf solch eine Art, wie er es jetzt tat. Er zerstörte mir gerade mein ganzes Weltbild. Alles, an das ich je glaubte und alles, was ich je liebte... Das hatte mir soeben kaputt gemacht.
In innerhalb von Minuten.
„Stell dir vor...", sahen seine Augen plötzlich einleuchtend zu mir. „Wie ästhetisch wäre es, wenn ich ein weibliches und ein männliches Auge zurücklasse?"
„Woodz...", fiel es mir erneut schwer nach Luft zu atmen.
Unheimliche Gedanken schlichen sich in meinen Kopf. Bilder, die ich nicht sehen wollte...
„Keine Sorge, liebste Schwester. Chan werde ich verschonen. Seine Augen tun's mir nicht an."
„Woodz!", schrie ich heulend.
Doch mein Bruder lachte. Er lachte, während er gerade darüber sprach mein Leben zu opfern...
„Weine nicht, Y/N. Lache! Ich habe deine Augen schon immer komplimentiert. Erinnerst du dich? Das Funkeln, welches ich immer betone? Ich konnte dir nur nie weh tun, weil... Ich dich liebe. Deshalb dachte ich... Sich als Augensammler auf die Welt zu stürzen, wäre interessant. Um meinen Durst nach deinen Augen zu stillen...", er zog scharf die Luft ein. „Jetzt habe ich aber Spaß an dem, was ich tue. Zudem... Glaube ich, dass du mir tot mehr bringen könntest", er strich mir über die Wange, was mich verletzt zurückweichen ließ. „Ich verspreche dir. Es wird nicht weh tun... Ich könnte dir niemals weh tun..."
Ich schüttelte verzweifelt den Kopf. Das konnte nicht wahr sein! Wie konnte er mir sowas sagen? Etwas, das ich nicht hören wollte! Ich wollte ihn nicht hören! Ich wollte ihm nicht glauben! Ich wollte seine Hand nicht auf meiner Wange fühlen!
Er sprach davon mich zu töten? Verdammt! All seine Worte schlitzten mich bereits bis ins Innere auf. Ich blutete schon, ohne dass er das Messer benutzen musste...
„Und... Ich lasse bei dir einen Strauß an weißen Lilien zurück. Schließlich ist sie deine Lieblingsblume. Das wird wunderschön aussehen. Die Menschen werden alle nur noch an dich denken müssen..."
Die weiße Lilie...
Meine Lieblingsblume... Oh... Ich war so dumm und naiv gewesen...
Am liebsten hätte ich mich fallen lassen, damit ich an den Ketten hinab hing und wer wusste es schon? Vielleicht hätte mein Körper aufgegeben, sodass ich nicht durch die Hand meines Bruders sterben müsste. Einem Mörder...
Aber mein dummer Überlebensdrang wollte nicht. Dieser wollte einfach nicht aufgeben. Schon gar nicht, als ich sah, wie er nach seiner Hosentasche griff. Er holte ein Skalpell hervor...
Verbittert schluchzte ich auf.
„Pscht...", versuchte er es, nur brachte es nichts.
Ich weinte und schrie. Je näher er mir kam...
Noch bevor er es jedoch anwenden konnte, ertönte eine Stimme. Eine Stimme, die ihm kurz vor meinem linken Auge erfrieren ließ.
Meine Augen weiteten sich schlagartig. Ein eiskalter Schauer lief mir den Rücken hinab. Die Stimme... Eine Stimme, die ich auswendig kannte, genauso wie mein Bruder es tat.
Chan...
„Y/N?!"
Ich hielt die Luft an, als sich unsere Blicke kreuzten. Mein Bruder sah mir tief in die ängstlichen Augen.
Er hob einen blutverschmierten Finger und hielt sich den an die Lippen.
Im nächsten Moment ging er zurück. Er ging zurück, um in der Dunkelheit zu verschwinden...
The End!
———
*hust... hust...*
Ein Open-End! Ach, herrlich! Wie ich sie hasse zu lesen, aber genieße sie zu schreiben 😂
NA?! Was habt ihr beim Lesen empfunden? Panik? Neutralität? Schock? Trauer? Freude? WAS?
Habt ihr Woodz, den Bruder, kommen sehen? Konntet ihr seine Handlungen verstehen, bei der spärlichen Erklärung, die er gab?
Was meint ihr... Wie hier das wohl mit Chan ausgehen könnte?
Wäre gespannt, was ihr so denkt oder gedacht habt- also teilt eure Gedanken gerne, wenn ihr mögt!
Ansonsten... Bedanke ich mich herzlich!
Natürlich verabschiede ich mich wieder mit... Es hat mir Spaß gemacht und... Hoffentlich begegnen wir uns irgendwann mal wieder! 🐥
Stay healthy!
In love, N 🤍🙊
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