Chapter 12
Diesmal war es windig auf dem Schuldach. Und ungewöhlich kalt für einen Juli.
Langsam näherte ich mich Yoongi und setzte mich vorsichtig neben ihm. Ich fürchtete jede Bewegung könnte einen Wutanfall in ihm auslösen.
Doch zum Glück war es nicht so. Yoongi war die Ruhe in Person.
"Woher weisst du es?", fragte er mich plötzlich kalt. Ich zuckte zusammen.
"Von einem deiner früheren Freunde", antwortete ich ihm kleinlaut. Ich hatte Angst vor seinen weiteren Reaktionen. "Sprich mich nie wieder darauf an, verstanden? Oder ich rede kein Wort mehr mit dir", machte er klar und deutlich. Ich nickte. Erleichtert atmete ich aus und entspannte mich.
Würde er wirklich nie wieder mit mir reden? Mich total vergessen?
"Würdest du das echt tun? Kein Wort mehr mit mir reden? Für immer?", fragte ich.
Yoongi seufzte genervt. "Halt die Klappe, Engel und halt einfach meine Hand", weiste er an. Ich nahm sie vorsichtig in meine. Konnte ich mal anmerken wie wunderschön sich seine Hände anfühlten? Es brannte, aber trotzdem waren sie wunderschön. Wunder wunder schön.
Irgendwann sind wir vom Händchen halten in eine Umramung übegegangen. Ich wusste nicht wie.
Aber etwas anderes wusste ich.
Ich wollte ihn nie wieder loslassen.
Nie wieder.
Wie 2 hilflose Ertrinkende umklammerten wir uns. Hilflos und ohne Zukunft.
Ich wusste nicht das Yoongi solche Stimmungsschwankungen hatte. Im selben Moment war er noch abweisend zu mir und jetzt war er einfach nur- traurig süß.
"Ich wünschte ich könnte die Gefühle bei dir ausschalten. Aber sie knipsen sich von selbst automatisch an", sagte er irgendwann. Ich hielt seine Hand fester. "Geht mir genauso", murmelte ich an seiner Brust.
"Engel?", fragte er. "Hm?", brummte ich als Antwort.
"Versprich mir, mich abzuweisen. Zu sagen das du nicht das gleiche fühlst. Versprich es mir. Schütze mich bitte vor diesem Schmerz", bettelte er. Ich sah zu ihm hoch.
"Alles und noch mehr", flüsterte ich. Konnte ich das? Ihn schützen? Ich hatte mich doch selbst verloren. Ich konnte mich doch selbst nicht mehr vernhalten.
Von ihm.
"Was machst du in den Sommerferien?", fragte mich Yoongi. Ich packte meine Tasche. "Weiss nicht. Wenn wir nicht umziehen oder sonst was, dann werdens 6 einsame Wochen in Seoul. Oder vielleicht Busan", sagte ich. "Busan? Hey, lass uns doch an den Strand gehen. Wenn du willst", fragte er interessiert.
Strand, Yoongi und ich? Kann das gut gehen?
Ich zuckte mit den Schultern. "Warum nicht", stimmte ich zu. Yoongi lächelte und sofort erhellte sich meine Stimmung. Jedes Lächeln von Yoongi war selten und somit umso kostbarer.
"Du weisst schon, dass es dort von Pärchen nur so wimmelt. Willst du dir das antun?", merkte ich an. Yoongi grinste. "Dann müssen wir eben auch so tun", sagte er. Ich stoppte und boxte ihm gegen die Schulter. Er hob sofort die Hände hoch. "War nur Spaß, ich kenne da ein paar einsame Stellen", lachte er. Yoongi lachen zu hören war wie als würde ein Engel singen. Ich war echt geblendet.
"Je weniger Menschen desto besser", sagte ich. Er stimmte mir zu.
Mit kritische Blick begutachtete ich mich im Spiegel. Heute war der große Tag. Das erste halbe Jahr in Seoul war geschafft. Heute würde ich mein Zeugnis kriegen, bevor es im September wieder mit der ekelhaften Schule weiterging. 6 Wochen Frieden und Ruhe vor den ganzen Penner in der Schule. 6 Wochen Einsamkeit. Naja, Yoongi war auch dabei.
Eigentlich wäre heute ein guter Tag. Aber leider musste ich diese hässliche Ansprache auf Wunsch des Direktors halten. Vor der ganzen Schule. Dutzende Augenpaare die mich kritisch beobachten werden. Keine Lust auf sowas.
Ich war eigentlich ganz schlicht angezogen. Es war ja nicht mein Abschluss oder so etwas. Heute war der einzigste Tag an dem man seine Uniform ablegen durfte.
Das Kleid hörte kurz bis über dem Knie auf und hatte lilane Blumen über dem transparenten Stoff verteilt.
Es war eines meiner Lieblingsdesignerkleider. Und es passte zu Korea und den blühenden Blumen hier.
Die langen dunklen Haare hatte ich hinten im Nacken zu einem tiefsitzenden glatten Pferdeschwanz gebunden.
"Mum, lass uns gehen!", rief ich ins Wohnzimmer. Meine Mutter kam sofort angestöckelt. Sie hatte ein hochgeschlossenes kleines Schwarzes an und dazu schwarze Stilettos. Mein Vater war in einem schwarzen Anzug gekleidet. Gemeinsam liefen wir zum Chauffeur um uns zur Schule fahren zu lassen. Ich wollte jetzt schon in mein Zimmer zurück und nie wieder rauskommen.
Im Innenhof war schon eine bunte Masse versammelt. Die Jungs hatten Anzüge an. Die Mädchen überwiegend kurze Kleider. Die Kicher-Mädchen haben die Gunst des Tages genutzt und sich in besonders kurze und freizügige Kleider gezwängt. Bitches, dachte ich nur und lief meinen Eltern hinterher. Doch eigentlich hatte ich nur Augen für einen. Ich suchte Yoongi in der Masse ab, konnte ihn aber nicht entdecken.
Meine Mum drehte sich zu mir um. "Wir unterhalten uns ein wenig mit den anderen Eltern, geh du doch zu deinen Freunden", flöhtete sie. Ich nickte, schüttelte aber innerlich gleichzeitig den Kopf. Welche Freunde denn? Fast musste ich trocken lachen.
Es war schon komisch zu sehen, wie meine Eltern und ich die einzigen Europäer hier waren inmitten der ganzen Koreaner. Ich lief durch die Menge und ging in das Oberstufengebäude. Drinnen hielt ich Ausschau nach Yoongi. Gerade wollte ich wieder umkehren nach draußen, da lief mir schon ein mintgrüner Junge entgegen. Er stoppte vor mir uns sah mich an.
"Schön siehst du aus, mein Engel", flüsterte er und strich mir leicht mit seinen Finger über meine Wange. Ich atmete seinen Duft ein. Yoongi sah selbst unverschämt gut aus. Der schwarze Anzug saß angegossen an ihm und machte ihn sehr begehrenswert.
Ich ließ meinen Blick über seinen Körper wandern und biss mir auf die Unterlippe. Wenn ich mich nicht so beherrschen könnte, würde ich ich ihn hier und jetzt küssen. Aber nein. Soweit würde ich es nie kommen lassen.
"Willst du meine Eltern kennenlernen?", fragte er mich. Beinahe häte ich mich an meinem Cockatail verschluckt. Was? "Noch sind wir nicht zusammen, Kaugummi Junge", taddelte ich ihn. Er grinste. "Noch nicht", sagte er. Ich schüttelte den Kopf. Aish, dieser Junge.
Seine Eltern waren ein nettes Koreanerpaar. Seine Mutter hatte die gleichen weichen Haare wie Yoongi, und auch seine Lippen hatte er von ihr. Von seinem Vater hatte er die Hände, wie ich festellen konnte. Auch sie fanden mich "nett". Yoongi hatte mich zum Glück als eine "Bekannte" vorgestellt. Meine Eltern waren irgendwo verschwunden.
Yoongi und ich schlenderten über den Platz.
"Oho, da hat sich aber jemand extra für Yoongi aufgehübscht", sagte Jungkook gehässig von der Seite. An dieser Stelle würde ich ihm den Mittelfinger zeigen, aber es waren zuviele Menschen da. "Reiß ihr nicht gleich das Kleid runter auf dem Klo, Yoongi!", rief Jungkook noch.
Jetzt reichts. Ich ließ Yoongi stehen, machte auf den Absatz kehrt und lief zu Jungkook. Er war mit ein paar anderen Koreanern und Mädchen. "Jungkook, würdest du mal bitte mitkommen?", fragte ich zuckersüß. Na warte, du kleines Miststück. Jungkook hob beide Augenbrauen hoch, kam aber mit. "Was will sie mit unserem Oppa?", hörte ich ein Mädchen noch sagen.
Ich führte Jungkook in das Oberstufengebäude. Niemand war drinnen.
Ich schubste ihn gehen eine Wand. "Was soll das?", zischte ich ihn an. "Hast du nicht gesagt, dass du mich verdammt nochmal in Ruhe lässt?!", wurde ich lauter. Jungkook grinste nur dumm. "Ist doch nur Spaß, Süße", raunte er. Aber für mich war das kein Spass.
Ich war keine Schlägerin. Im Gegenteil, ich machte mir nicht mal Mühe in einem Streit mit Menschen zu diskutieren. Und schon gar nicht wurde ich handgreiflich. Aber manche Menschen mussten einfach bekommen, was sie verdient hatten.
Einen Moment lang sah ich ihn an, bevor meine Faust nach vorne schnellte, mitten in sein Gesicht. Er ging zu Boden und hielt sich mit seiner Hand seine Nase. Sie blutete. Mir egal. Ich nahm mein Bein und schlug in die Seite rein. Er keuchte auf und versuchte aufzustehen. Noch zu einem Schlag wollte ich aushohlen, doch ich wurde von hinten festgehalten.
"Hyu Hwa, nicht! Er ist es nicht wert", sagte Yoongi neben meinem Ohr. Er zog mich von Jungkook weg. Wäre Yoongi nicht da gewesen, hätte ich Jungkook noch eine verpasst.
"Was ist in dich gefahren?", stellte mich Yoongi zu rede. "Er hat es verdient", sagte ich und nippte an meinem Cocktail. Wir waren wieder draußen. Yoongi schüttelte ungläubig den Kopf. "Guter Schlag", sagte er irgendwann und zwinkerte mir zu. "Danke", sagte ich und lächelte.
Irgendwann kam Jungkook aus dem Gebäude und lief mit einem Taschentuch vor der Nase wieder zu seinen Freunden. Beim Vorbeigehen funkelte er mich böse an. Ich ignorierte ihn.
"Omg, Oppa was ist passiert", kreischte sofort ein Mädchen in einer Piepsstimme. "Nur Hingefallen", sagte Jungkook unter seinem Taschentuch.
Ich grinste.
Ich hielt meine Ansprache in Englisch vor der gesamten Schule und alle applaudierten begeistert. Der Direktor verkündete stolz, dass ich auch weiteres Schuljahr mit dabei sein werde und schwaffelte noch etwas von "Eine Ehre eine internationale Topschülerin zu haben" und dann war mein Auftritt für heute auch schon zu Ende. Erleichtert ging ich vom Podest runter, wo mich meine Eltern mit offenen Armen unten schon empfingen. Ich musste eine Umarmungsattacke über mich ergehen lassen und dann dann war ich wieder frei. Die Unterstufenschüler trugen noch so etwas wie Gedichte und Tänze vor.
Yoongi hielt hinter meinen Eltern einen Daumen hoch. Ich lächelte. Alles gut heute.
Es ging langsam zu Ende und viele Schüler warteten schon auf ihren Chauffeur. Meiner kam auch, doch bevor ich einstieg, teilte mir Yoongi noch etwas mit.
"Übermorgen will ich dich fertig gepackt vor deiner Haustür haben. Busan wartet", sagte er.
"Willst du meine Nähe so gern haben, dass du nicht mehr warten kannst?", neckte ich ihn.
Er zwinkerte. "Vielleicht", hauchte er. Dann schlug er meine Autotür zu und verschwand. Mit Herzklopfen saß ich drinnen.
Yoongi und ich. Ganz allein am Strand. Halleluja.
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