Kapitel 12
Früh am Morgen wachte ich auf. Mein ganzer Körper fühlte sich schlapp und kalt an. Ich hob meine müden Füße vom Sofa und stand ächzend auf.
Während ich an mir herunter sah, fiel mir ein schwarzer Streifen auf meiner rechten Hand auf. Ich hob sie etwas hoch und betrachtete sie genauer.
Ab da an stürzten die Erinnerungen wie Flutwellen über mich hinein. Ich musste schlucken und setzte mich wieder. Langsam aber sicher, bildeten sich Tränen in meinen Augenwinkeln. Ich wischte sie mir bestimmt weg, stand wieder auf und ging in die Küche. Ich würde mich nicht von Ju so runter ziehen lassen!
Ich setzte mich auf einen Küchensessel und überlegte was ich essen könnte. Schließlich öffnete ich den Kühlschrank. Besonders viel war nicht darin, also machte mir fürs erste nur einen Kakao.
Langsam nahm ich Schluck für Schluck von dem heißen Getränk. Ich schloss meine zitternden Finger um die Tasse und starrte ausdruckslos gerade aus. Ich hätte mir niemals Urlaub nehmen sollen. Ich hätte niemals hier her kommen sollen. Was sollte ich jetzt tun? Einfach weiterleben? So etwas ging nicht so schnell. Es hinterließ Narben. Diese Narben würden nie komplett verheilen. Manchmal rissen sie von Neuem auf. Diese Momente konnten mir ruhig erspart bleiben.
Das Klopfen an der Tür unterbrach meine Gedanken. Ich zuckte zusammen und schaute leicht zur Seite. Ich würde nicht aufmachen. Nicht jetzt. Der Schock saß noch zu tief. Erst jetzt war ich mir wirklich bewusst geworden, was passiert war. Es war doch kein Weltuntergang... Oder?
Mein Blick richtete sich auf meine immernoch zitternden Finger. Wie lange würde es wohl dauern, diesen Schmerz zu verdauen?
Die Tür wurde aufgesperrt. Ich nahm das auch nicht wirklich wahr. Na, und? Sollte doch ein Einbrecher oder Fans in meine Wohnung kommen. Raus werfen würde ich sie für das Erste nicht. Ich wollte einfach nur da sitzen und mich selbst bemitleiden.
Wo war eigentlich Ramona? War sie gerade hinein gekommen?
"Caro?" Ich kannte diese Stimme, doch ich konnte sie nicht zuordnen. Es war, als hätte ich sie schon oft gehört, doch sie aus meinen Gedanken verdrängt.
"Carolina?" Dieses Wort brach das Eis zwischen uns. Ich schluckte und drehte mich um. Mich konnte gar nichts mehr schocken. Selbst nicht der zerstörte Anblick von Lucy. "Was ist passiert?", fragte sie und kam näher. Ich öffnete kurz den Mund, doch schloss ihn wieder. Ein Kloß hatte sich in meinem Hals gebildet. Mein Mund war ganz trocken. Ich brachte einfach keinen Ton heraus.
"Komm" Sie winkte mir zu und ging vor ins Wohnzimmer. Doch ich saß weiter so da und starrte weiter in die Luft. "Ich habe mit Julien geredet" Eine Träne rollte über mein ausdrucksloses Gesicht.
"Sag etwas. Das ist gruselig." Ich holte tief Luft und drehte langsam meinen Kopf zu ihr. "Gut, wenn ich etwas sagen soll, dann tu' ich es. Ich liebe Julien, verdammt! Aber er hat mir einen Korb gegeben und das zieht mich runter! Ich weiß, dass er es bei dir auch getan hat, aber das interessiert mich nicht. Er hat dich niemals geliebt und das wolltest du einfach nicht wahr haben! Ich habe es schon fast gewusst, dass er mich liebt. Die Zeichen waren einfach zu eindeutig und jetzt? Jetzt verlässt er mich wegen seiner Arbeit. Das fuckt mich ab. Ich will einfach nur alleine sein. Also verlasse jetzt meine Wohnung", warf ich ihr an den Kopf und ging wütend ins Wohnzimmer. Ich legte mich weinend wieder auf das Sofa. Mir war gerade einfach alles egal.
Ich hörte noch, wie die Tür laut zu schlug, bevor ich meinen Laptop schnappte und ihn öffnete. Es hielt mich hier nichts mehr.
Ich vollendete meine Ticketbuchung von gestern und lehnte mich erlöst zurück. Ich würde morgen zu Melina nach Island fliegen. Weit weg von Ju. Weit weg von Köln. Weit weg von den Schmerzen.
Woher Lucy meinen Schlüssel hatte, darum konnte ich mich später noch kümmern.
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